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Die Sünde Adams und der Tod


Flo77

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Iste s nicht so, dass der sich bewusste Mensch eben nciht emhr im Paradies leben kann?

 

Vermutlich empfinden meine Nichten die Welt noch ziemlich paradiesisch- die ältere aber schon weniger als die Kleine, und auch die Kleine fägt an, etwas auszusetzen zu haben.

Und der Prozess des Erwachsenwerdens schließt mit ein, dass wir die Welt als eben nicht paradiesisch erleben.

Und dieser Prozess hat ja auch in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit stattgefunden(resp. findet noch statt). Und dieses Erleben wird in bildhaften Texten festgehalten.

Mit dem Menschen KAM das Bewusstsein, kamen 'Sünde' udn Tod in die Welt.

Denn der Mensch ist das einzig irdische Lebewesen, das so bewusst um seine Vergänglichkeit weiß und auch das einzige, dass in Katgeorien von "Schuld" denkt. Was dann bis nzu "Erbschuld" geht.

Ich nehme an, dass Tierverbände, die ja durchaus mal ein Gruppenmitglied ausgrenzen, wenn es gegen Gruppenregeln verstoßen hat, dennoch nicht an Konzepten von 'Erbschuld' feilen oder gefeilt haben.

Das ist eine Eigenschaft der Spezies Homo.

 

Das mit dem Gebären ist ja nun tatsächlich dem aufrechten Gang zu 'verdanken', Vierfüßlern tut das Ganze weniger weh.

 

Und wenn Menschen erleben: Gebären tut weh, der Ackerboden ist mühsam zu bearbeiten, wir sterben etc, dann versuchen sie, es einzuordnen. Und religiöse Menschen stellen es in einen Bezug zu Gott. Was im Übrigen auch dann funktionieret, wennman um die naturwissenschaftlichen Hintergünde weiß.

bearbeitet von mn1217
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Long John Silver
Ich muss zugeben, ich kann mit Hiob nichts anfangen. Da sind sämtliche Zugänge blockiert.
Das halte ich nicht für einen Zufall. Das Hiobsbuch ist auch um Grade schwieriger zu verstehen, als die Story vom Sündenfall.
Du lässt außer acht, daß ich ohnehin davon ausgehe, daß wenn Gott nicht barmherzig ist, ich ohnehin in der Hölle landen werde. Darauf beruht mein Verhältnis zu dem "unbegreiflichen Gott". Du hast mich damit in die Nähe Luthers gesteckt und ich hege den Verdacht damit gar nicht so weit von den Grundsätzen Hiobs gar nicht so weit weg bin.

 

Was aber nichts daran ändert, daß ich die Geschichte einfach seltsam (um es mal ganz vorsichtig auszudrücken) finde.

 

 

Das ist gar nicht so seltsam. Das Buch Hiob ist entstanden in der Auseinandersetzung mit der Frage, warum die Rechtglaeubigkeit offenbar nicht allen hilft, ein gutes Leben zu haben, dass der propagierte Tun-Ergehen-Zusammenhang offenbar nicht so schlicht funktioniert wie religioes angenommen, dass (auch die Psalmen handeln teilweise davon), offenbar schlimme Verbrecher und Gotteslaestern ein gutes sattes Leben fuehren waehrend die Rechtschaffenen von allem moeglichen Uebeln geplagt werden und kein Fuss vor den anderen bekommen. Es war also Zeit fuer eine Lehrerzaehlung, die sich mit der Problematik des Tun-Ergehen-Zusammenhangs auseinandersetzte und das in Form von abwechselnden Personen und Dialogen. Es stellte sich aber heraus, dass weder die Frage des Tun-Ergehen-Zusammenhangs geklaert werden konnte noch die Frage warum es boesen leuten gut geht und guten Leuten schlecht und dass jeder Versuch, der Loesung naeher zu kommen, immer mehr in die Wirrnis fuehrte, weil naemlich dabei vergessen worden war Jahwes Ausspruch: Ihr sollt mich nicht erforschen (ihr koennt es auch nicht, versucht es erst gar nicht). Am Ende kommt es zu dem, was auch vorher schon gesagt worden war: Gott hat gegeben, Gott hat genommen, gelobt sei der Name des Herrn! Und mehr kam nicht dabei heraus (oder: es kam ganz viel dabei heraus, denn zu merken, dass man sich im Kreis dreht, wenn man den falschen Denkansatz verfolgt, ist eine ganze Menge).

 

PS: Nicht dass ein falscher Eindruck entsteht - ich mag die Erzaehlung sehr und es steht ganz viel darin, was mich beeindruckt. Aber ein bisschen witzig finde ich sie, ich denke, das ist auch nicht verkehrt empfunden.

bearbeitet von Long John Silver
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Da es sich nicht um eine heisse Herdplatte handelt, warum ist die Erkenntnis von Gut und Böse strafbewehrt? (Ich sehe da keine Strafe, eher Eifersucht, wenn ich die Genesis ohne Erbschuldbrille lese.)

Na ... weil Du mein Gebot übertreten hast, verfluche ich den Boden auf dem Du stehst und unter Mühsal sollst Du davon essen ... soll keine Bestrafung sein?

Wenn Du ein Gesetz überschreitest, stecke ich Dich in den Kerker. Ist das auch keine Bestrafung? Wo ist der Unterschied, wenn man das eine als Strafe bezeichnet, das andere aber nicht?

Meckys, da steht: Weil du das getan hast, nicht: Weil du mein Gebot nicht gehalten hast! Da steht nix von Sünde oder Schuld!

Higgs redet von Handlung und Folge, du von Gebot und Strafe, aber ich denke, Higgs hat Recht.

 

Was nichts daran ändert, dass Gott die Menschen nicht richtig gewarnt hat. sein Fehler: Er hat ein Paradies mit heißer Herdplatte erschaffen.

 

Und der Rausschmiß erfolgt, damit der Mensch nicht vom Baum des Lebens isst und unsterblich wird.

 

Das mit der Erkentnis des Todes sehe ich da jetzt nicht so.

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Ist es nicht so, dass der sich bewusste Mensch eben nicht mehr im Paradies leben kann?

Das scheint mir der entscheidende Punkt, und das scheint mir auch die einzig befriedigende Antwort auf Flos Frage. Ich halte nichts von Silvers neutheologischer Erklärung für eine "Trennung von Gott" oder von Meckys paulinischer Erklärung im Sinne einer Ausrede für das Vermasseln des Theodizee-Problems durch Gott.

 

Die Leute, von denen die GEschichte stammt, hatten kein Theodizee-Problem, weil ihr Gott kein gütiger war, und sie hatten kein Problem einer "Trennung von Gott", weil ihr Gott bei ihnen noch ziemlich präsent war. SIe hatten aber das Problem des Leids, und sie hatten das Problem der Sünde: Wie ist dieses entstanden?

 

Dazu muss man sich vorstellen: Ein Affe, erst recht eine Amöbe, kennt kein Gut und Böse, und somit auch keine Sünde. Ein Affe kennt streng genommen nicht einmal den Tod. Es ist nicht bekannt, dass Affen irgendwie ihre Toten betrauern. Das gilt erst recht für niederere Tiere (Hunde sind in gewisser Weise Ausnahmen, das dürfte aber auf die Züchtung durch Menschen zurückzuführen sein).

 

So gesehen besitzt die Gechichte vom Sündenfall eine tiefe Weisheit: Die Menschen haben vom Baum der Erkenntnis gegessen, und ab da waren sie Menschen im heutigen Sinne: Mit der Erkenntnis von Gut und Böse, mit dem Bewusstsein ihrer Sterblichkeit, mit Schmerzen und Leid, ja überhaupt mit "Ich-Bewusstsein" als ein Eigenschaft, die sie von Tieren unterscheidet. Mit der Erkenntnis des Leids kam allerdings auch das Leid in die Welt: Solange keiner da ist, der das Leid fühlt, ist die Welt tatsächlich paradiesisch: Ohne leidendes Subjekt kein Leid. Beutetiere werden gefressen, aber es juckt sie nicht, da keiner zu Hause ist. Ohne Erkenntnis kein Subjekt. Das "Essen vom Baum der Erkenntnis" ist lediglich die Erklärung für den Umstand, dass der Mensch erkennen kann. "Gott" ist in dieser Geschichte nichts anderes als die Erklärung dafür, dass etwas ist.

 

Damit sieht man das Essen vom Baum der Erkenntnis zu recht als "Ursünde" an: Ohne Erkenntnis gibt es keine Sünde. Das war die "Mutter aller Sünden". Allerdings eine, ohne die wir keine Menschen wären.

Eine überzeugende Antwort, dankeschön.

Allerdings schließt sich (bei mir) die (rein theoretische) Frage an, was nach diesem Gott bzw. dem Schreiber des diskutierten Satzes der (noch) nicht von der verbotenen Frucht genascht habende Mensch sein/werden sollte - nichts als eine weitere Tierart?

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Long John Silver

 

Ich halte nichts von Silvers neutheologischer Erklärung für eine "Trennung von Gott" oder von Meckys paulinischer Erklärung im Sinne einer Ausrede für das Vermasseln des Theodizee-Problems durch Gott.

 

Oh, das ist nicht meine Erklaerung, ich dachte, ich haette geschrieben, dass ich mich dabei auf eine bestimmte Exegese beziehe und diese ist sicher unverdaechtig, neutheologisch zu sein. Zu viel der Ehre, dass das alles auf meinem unmassgeblichen Mist gewachsen sein soll, was ich schreibe. Gerhart vom Rad ist soweit ich mich erinnere, 1971 oder so gestorben, das meiste schrieb er wohl so um 1940 bis 1960 herum. Ich halte ziemlich viel von ihm, weil er wie gesagt, sich strikt auf das juedische bezieht und er ist als Exeget des AT sehr bekannt.

 

Die Leute, von denen die Geschichte stammt, hatten kein Theodizee-Problem, weil ihr Gott kein gütiger war ...

 

Nein, natuerlich nicht, fuer sie war Gott Allverursacher und genau das ist, das manchen Christen das Verstaendnis des AT so erschwert und gut und boese waren fuer sie keine abstrakten moralische Kategorien, sondern Folgen von Handlungen. Notwendigerweise kommt man zu nix, wenn man das katholische Theodizee-Problem versucht auf juedisches Denken aufzupropfen. Allerdings ergab sich um Laufe der Jahrhunderte im Judentum Gespraechsbedarf, ob der Tun-Ergehen-zusammenhang wirklich durchgaengig haltbar sei, wobei die strikte Rechtglaeubigkeit, die im NT angeprangert wird, durchaus eine versteinerte Form ist dieser Auffassung, also eine Folge, wenn der Tun-Ergehen-Zusammenhang voellig unreflektiert tradiert wird. Insgesamt jedoch ist das ueberhaupt nicht vergleichbar mit der Theodizee, an der sich manche Christen die Zaehne aus beissen und wie ich bereits schrieb, es ist m.E. voellig falsch, die Paradies-Erzaehlung auf die Frage zu reduzieren wie Tod und Leid in die Welt kam. Wie ja ueberhaupt - wie ich bereits sagte - der Stellenwert der Paradies-Erzaehlung im Judentum eine ganz andere ist als im Christentum.

bearbeitet von Long John Silver
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Allerdings schließt sich (bei mir) die (rein theoretische) Frage an, was nach diesem Gott bzw. dem Schreiber des diskutierten Satzes der (noch) nicht von der verbotenen Frucht genascht habende Mensch sein/werden sollte - nichts als eine weitere Tierart?

Die "was ist" Frage kann ich nicht beantworten, weil ich sie nicht wirklich verstehe. Ich würde daher lieber die Frage beantworten: Wie ist es, ein Mensch zu sein, der noch nicht vom Baum, der Erkenntnis genascht hat? Wie fühlt es sich an?

 

Es ist in der Tat eine schwierige Übung: Man versuche sich bewusst zu machen, wie es wäre, wenn man kein Bewusstsein hätte. Könnte man Dich foltern, wenn Du kein Bewusstsein hättest? Könntest Du Liebeskummer haben? Könnte man Dich beleidigen? Verletzen?

 

Es geht dabei m.E. nicht darum, was nach "diesem Gott" bzw. "dem Schreiber des diskutierten Satzes" ein solcher Mensch fühlen kann, sondern was er objektiv (ersatzweise: Nach Deiner oder meiner Meinung) fühlt bzw. fühlen kann. Meiner Meinung nach: Er kann gar nichts fühlen. Die Frage, "wie ist es, so zu sein", ist meiner Meinung nach nur so zu beantworten: "Es ist gar nicht". Die Frage "wie ist es, so zu sein" ist nur sinnvoll für Wesen mit Bewusstsein. Wenn aber ein Wesen mit Bewusstsein die Frage extrapoliert, wie das wohl vorher war, dann muss es zu dem Ergebnis kommen, dass es wohl paradiesisch war, weil all die Sorgen, die uns plagen, nicht existent waren. (Man vergisst dabei allerdings, dass es in diesem Paradies auch kein Glück gab).

 

Ein schönes Lied von Milva zu dem Thema:

 

http://www.songtextemania.com/du_hast_es_gut_songtext_milva.html

 

Edit: Ich schiebe noch was nach.

 

Wenn es niemanden gibt, der mit der armen vom Löwen gefressenen Antilope Mitleid hat, könnte der Löwe genau so gut Gras gefressen haben. Damit ist der vegetarisch lebende Löwe ein klasse Bild für den Menschen, bevor er vom Baum der Erkenntnis gegessen hat: Der hatte genau so viel Mitgefühl mit Antilopen oder anderen Menschen, wie der Post-Erkenntnisbaum-Mensch (also wir) mit dem Gras und den Steinen.

bearbeitet von Sokrates
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Long John Silver

Allerdings schließt sich (bei mir) die (rein theoretische) Frage an, was nach diesem Gott bzw. dem Schreiber des diskutierten Satzes der (noch) nicht von der verbotenen Frucht genascht habende Mensch sein/werden sollte - nichts als eine weitere Tierart?

 

Nein. Du musst beruecksichtigen, dass der Schreiber nicht die Kenntnis hatte ueber die Entwicklungsgeschichte des Homo sapiens wie wir, man kann also annehmen, dass er die geschilderten Menschen auf derselben Entwicklungsstufe sah wie sich selbst. Daher unterscheiden Adam und Eva sich unterschieden wohl nicht vom Bewusstsein fuer ihn von ihren Nachfahren und Vorfahren, sondern in der Beziehung zu Gott. Es ging ihm m.E. auch nicht um die Bewusstwerdung in dem Sinn, wie sie heute oft (und auch hier) exegetisch vermutet wird, denn die Geschichte (die Verlockung durch die Schlange etc.)machte fuer ihn keinen Sinn, wenn die beiden nicht davor bereits die Moeglichkeit gehabt haetten, ihre Situation zu erkennen und als positiv einzustufen. Sie ergibt nur Sinn, wenn Eva als denkendes bewusstes Wesen imaginiert wurde, denn er schreibt nicht schliesslich, sie erlangte Denkvermoegen und Reflexion, sondern die Menschen meinen erkennnen zu koennen, was gut und boese ist im Sinn von "Gott sein". Das konnten sie davor nicht und das konnten sie danach nicht (in der Geschichte). Ich denke, es ist sinnvoll, sich eng an die Geschichte selbst zu halten, was eigentlich darin steht, an die Spannungsboegen und die literarischen Aufbau, da entdeckt man ganz gut, worauf der Schreiber vor allem wert legte.

 

Man kommt leicht in Gefahr, die Geschichte voellig im heutigen Sinn und im Licht unseres heutigen Wissen ueber zu interpretieren, aber m.E. gibt sie das weder her noch ist so intentiert, dass der Schreiber eine anthropologische Abhandlung verfassen wollte oder Aussagen ueber einen Entwicklungsstand der Menschheit treffen.

 

So wuerde ich sagen, Sinn ergibt die Erzaehlung nur, wenn der Schreiber Adam und Eva als bewusst im Paradies lebende Geschoepfe sah, die um ihren Zustand wussten und wie prima es war, dort in der Gemeinschaft mit Gott und allem andere zu leben und die auch bwusst sich entscheiden konnten, diese Gemeinschaft aufs Spiel zu setzen. Vom Wissen des Schreibers konnte das nicht anders sein, er konnte die beiden sich nicht anders vorstellen und es waere auch sinnlos gewesen, ihnen die Folgen einer Handlung anzulasten, die sie gar nicht haetten beurteilen koennen.

 

Ich weiss, dass das gewaltig mit bestimmten aktuellen Auslegungen kollidiert, aber Auslegungen sind eine Sache, was in einer Geschichte enthalten ist und wer die Verfasser waren und was sie beabsichtigten und wie ihr Weltbild war, eine andere.

 

Und wie Sokrates schilderte: etwas wie ein Paradies machte nur dann Sinn fuer jemanden, wenn er es als Paradies erkennen kann und als Vorteil und wenn er sich daran erfreuen kann und es beurteilen (und bewusst aufs Spiel setzen).

bearbeitet von Long John Silver
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Und wie Sokrates schilderte: etwas wie ein Paradies machte nur dann Sinn fuer jemanden, wenn er es als Paradies erkennen kann und als Vorteil und wenn er sich daran erfreuen kann und es beurteilen (und bewusst aufs Spiel setzen).

Das ist so ziemlich das Gegenteil von dem was ich gemeint habe. Meine Interpretation der Geschichte vom Paradies macht nur Sinn, wenn die Menschen im Paradies ihrer selbst nicht bewusst waren. Die Vertreibung aus dem Paradies besteht genau aus der Bewusstwerdung, aus der "Erkenntnis".

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... Wie ist es, ein Mensch zu sein, der noch nicht vom Baum, der Erkenntnis genascht hat? Wie fühlt es sich an?

 

Es ist in der Tat eine schwierige Übung: Man versuche sich bewusst zu machen, wie es wäre, wenn man kein Bewusstsein hätte. Könnte man Dich foltern, wenn Du kein Bewusstsein hättest? Könntest Du Liebeskummer haben? Könnte man Dich beleidigen? Verletzen? ...

Das ist kein Schalter, sondern ein fließender Übergang.

Jeder, der mal einen Hund oder eine Katze hatte, kann das bestätigen.

Diese Tiere kann man beleidigen, sie kennen Trauer und Angst, sie haben Albträume und sie können sich freuen.

"Der Baum der Erkenntnis" ist daher ein völlig unzureichendes Bild, weil er suggeriert, der Mensch habe all diese Gefühl ganz plötzlich bekommen.

Aber so ist das mit Bildern, sie sind immer unzureichend, darum sollte man auch nicht allzuviel hineininterpretieren.

 

Werner

bearbeitet von Werner001
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Allerdings schließt sich (bei mir) die (rein theoretische) Frage an, was nach diesem Gott bzw. dem Schreiber des diskutierten Satzes der (noch) nicht von der verbotenen Frucht genascht habende Mensch sein/werden sollte - nichts als eine weitere Tierart?

 

Nein. Du musst beruecksichtigen, dass der Schreiber nicht die Kenntnis hatte ueber die Entwicklungsgeschichte des Homo sapiens wie wir, man kann also annehmen, dass er die geschilderten Menschen auf derselben Entwicklungsstufe sah wie sich selbst. Daher unterscheiden Adam und Eva sich unterschieden wohl nicht vom Bewusstsein fuer ihn von ihren Nachfahren und Vorfahren, sondern in der Beziehung zu Gott. Es ging ihm m.E. auch nicht um die Bewusstwerdung in dem Sinn, wie sie heute oft (und auch hier) exegetisch vermutet wird, denn die Geschichte (die Verlockung durch die Schlange etc.)machte fuer ihn keinen Sinn, wenn die beiden nicht davor bereits die Moeglichkeit gehabt haetten, ihre Situation zu erkennen und als positiv einzustufen. Sie ergibt nur Sinn, wenn Eva als denkendes bewusstes Wesen imaginiert wurde, denn er schreibt nicht schliesslich, sie erlangte Denkvermoegen und Reflexion, sondern die Menschen meinen erkennnen zu koennen, was gut und boese ist im Sinn von "Gott sein". Das konnten sie davor nicht und das konnten sie danach nicht (in der Geschichte). Ich denke, es ist sinnvoll, sich eng an die Geschichte selbst zu halten, was eigentlich darin steht, an die Spannungsboegen und die literarischen Aufbau, da entdeckt man ganz gut, worauf der Schreiber vor allem wert legte.

 

Man kommt leicht in Gefahr, die Geschichte voellig im heutigen Sinn und im Licht unseres heutigen Wissen ueber zu interpretieren, aber m.E. gibt sie das weder her noch ist so intentiert, dass der Schreiber eine anthropologische Abhandlung verfassen wollte oder Aussagen ueber einen Entwicklungsstand der Menschheit treffen.

 

So wuerde ich sagen, Sinn ergibt die Erzaehlung nur, wenn der Schreiber Adam und Eva als bewusst im Paradies lebende Geschoepfe sah, die um ihren Zustand wussten und wie prima es war, dort in der Gemeinschaft mit Gott und allem andere zu leben und die auch bwusst sich entscheiden konnten, diese Gemeinschaft aufs Spiel zu setzen. Vom Wissen des Schreibers konnte das nicht anders sein, er konnte die beiden sich nicht anders vorstellen und es waere auch sinnlos gewesen, ihnen die Folgen einer Handlung anzulasten, die sie gar nicht haetten beurteilen koennen.

 

Ich weiss, dass das gewaltig mit bestimmten aktuellen Auslegungen kollidiert, aber Auslegungen sind eine Sache, was in einer Geschichte enthalten ist und wer die Verfasser waren und was sie beabsichtigten und wie ihr Weltbild war, eine andere.

 

Und wie Sokrates schilderte: etwas wie ein Paradies machte nur dann Sinn fuer jemanden, wenn er es als Paradies erkennen kann und als Vorteil und wenn er sich daran erfreuen kann und es beurteilen (und bewusst aufs Spiel setzen).

 

Da würde ich dir gern widersprechen :).

(Sokrates dann auch noch :D ).

So wie du das schilderst, klingt es, als wären das lauter punktuelle Ereignisse. Da war das Paradies. Da setzte Gott den sich seiner selbst bewusst seienden Menschen hinein und verbot ihm etwas. Dann missachtete der Mensch das Gebot und meinte wie Gott zu sein und setzte damit bewusst die Gemeinschaft mit Gott aufs Spiel.

 

Womit ich dir recht gebe: es geht bei dem ganzen Prozess (!) nicht rein um das Bewusstsein des Menschen, sondern Mensch wird der Mensch, indem er sich zunehmend bewusst als Wesen erlebt, das in Beziehung ist.

Das Bild des den Odem einhauchenden Gottes zeigt das m.E. klar. Lunge ist das Organ, das den Austausch mit der Umwelt bewerkstelligt, Atmen bedeutet in Beziehung sein, "Ruah, Hauch, Atem, Geist..." ist der Name für die Beziehungsfunktion "Gottes" (der schöpferischen, wirkenden Wirklichkeit). Und weil der Mensch so elementar auf Beziehung hin angelegt ist, "ist es nicht gut, dass er allein bleibt" und er erkennt denn auch erleichtert die ihm zugedachte, genau zu ihm passende "Hilfe".

"Das endlich ist Bein von meinem Bein, Fleisch von meinem Fleisch..."

 

Ich tu mir ganz schwer mit so einer theologisierenden Sprache, wie "wie prima es war, dort in der Gemeinschaft mit Gott und allem andere zu leben und die auch bewusst sich entscheiden konnten, diese Gemeinschaft aufs Spiel zu setzen." (Noch viel krasser ist es in der Einleitung zur Einheitsübersetzung: "Das Buch Genesis wählt Ereignisse aus, die für die Menschheitsgeschichte charakteristisch sind, und zeigt an bestimmten Personen, wie Gott die Menschen zum Heil beruft, wie die Menschen das Heilsangebot Gottes ausschlagen und sich damit selbst immer tiefer ins Unheil stürzen;...")

Das ist so ähnlich die damalige Sprache gewesen - wenn man heute diese Sprache verwendet, passiert genau das, was es für Melancholy schwierig macht, diesen Text als mythologische Beschreibung der Urgeschichte des Menschen zu lesen. M.E. kann man das nicht übersetzen, indem man wieder Worte wie "Gemeinschaft mit Gott" verwendet. Sondern man muss sich überlegen, welche Erfahrung mit all diesen Worten gesagt werden soll.

 

Und da scheint mir klar, dass diese Geschichte rund um den Baum der Erkenntnis natürlich noch viel differenzierter ist als es hier bis jetzt beschrieben worden ist. Auf einen Aspekt hast du meiner Meinung nach zurecht hingewiesen - und der zeigt, wie sehr diese Geschichten nach wie vor Relevanz haben: den des Gefühls "wie Gott zu sein", der mit zunehmendem Wissen und zunehmender kognitiver Kompetenz einhergeht. Ich denke, wenn wir heute alles tun, was wissenschaftlich möglich ist, wenn wir uns zu Herren über Tod und Leben aufspielen und Menschen nach unserem Geschmack kreieren, weil wir wissen, wie es geht, dann geschieht das bei einigen durchaus aus dem Gefühl heraus "wie Gott zu sein". Und dass uns das wieder aus einem Paradies heraushaut, scheint mir auch evident zu sein: plötzlich wächst uns eine neue Verantwortung zu, die wir davor noch nicht hatten. Plötzlich geht es um ethische Entscheidungen, die wir davor nicht treffen mussten, weil uns das Wissen fehlte, überhaupt darauf Einfluss zu nehmen und die uns deswegen bis auch nicht kümmern mussten.

 

Und wir werden noch eine ganze Menge an bitteren Folgen unserer Lust am Erkennen zu spüren bekommen.

Wir hätten uns durchaus auch in den letzten Jahren entscheiden können, bestimmte Früchte vom Baum der Erkenntnis nicht zu naschen, an bestimmten Dingen nicht weiter zu forschen usw. und haben es wie Eva damals nicht getan, sondern sind unseren neugierigen Gefühlen gefolgt und unserer Lust, immer mehr auszuprobieren. Adam (der Verstand, der vielleicht erkennen hätte können, dass das nicht nur positive Folgen haben wird), folgte bereitwillig nach. Er ist ja nicht schuld, die uns angeborene Neugier und Freude am Entdecken lässt sich ja leider nicht blockieren.

 

 

Nochmal zu deinem Posting: ich denke, alles, worüber du schreibst, sind ineinandergreifende Prozesse. Die allgemeine Bewusstseinsentwicklung, die Entwicklung des Beziehungsbewusstseins (dazu gehört das Gefühl, "in Gemeinschaft mit Gott", mit dem schöpferischen Urgrund zu sein oder eben auch nicht mehr - in Abgrenzung zu dieser natürlichen Verbundenheit zu handeln...), das Herausfallen aus dem Paradies der kreatürlichen Unschuld...

Da war nicht eins vorher und eins nachher, sondern das geht Hand in Hand. So wie es jetzt auch Hand in Hand geht, lauter ganz winzig kleine Schritte, deren Brisanz und Folgen minimal erscheinen und trotzdem steht am Ende des Prozesses eine Welt, in der Menschen unter ganz anderen Bedingungen leben als davor. Mit einem Zugewinn an Erkenntnis, mit mehr Freiheit zu gestalten und schöpferisch aktiv zu sein - aber auch mit viel mehr Verantwortung, mit der man erst umgehen lernen muss und ganz neuen Problemen und Herausforderungen, Abhängigkeiten und Schmerzen.

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Allerdings schließt sich (bei mir) die (rein theoretische) Frage an, was nach diesem Gott bzw. dem Schreiber des diskutierten Satzes der (noch) nicht von der verbotenen Frucht genascht habende Mensch sein/werden sollte - nichts als eine weitere Tierart?

Die "was ist" Frage kann ich nicht beantworten, weil ich sie nicht wirklich verstehe. Ich würde daher lieber die Frage beantworten: Wie ist es, ein Mensch zu sein, der noch nicht vom Baum, der Erkenntnis genascht hat? Wie fühlt es sich an?

 

Es ist in der Tat eine schwierige Übung: Man versuche sich bewusst zu machen, wie es wäre, wenn man kein Bewusstsein hätte. Könnte man Dich foltern, wenn Du kein Bewusstsein hättest? Könntest Du Liebeskummer haben? Könnte man Dich beleidigen? Verletzen?

 

Es geht dabei m.E. nicht darum, was nach "diesem Gott" bzw. "dem Schreiber des diskutierten Satzes" ein solcher Mensch fühlen kann, sondern was er objektiv (ersatzweise: Nach Deiner oder meiner Meinung) fühlt bzw. fühlen kann. Meiner Meinung nach: Er kann gar nichts fühlen.

Da geht es mir wie Werner: das kann ich so nicht sehen.

Fühlen und leiden kann auch jemand, der sich seiner selbst nicht bewusst ist, der noch kein Ich-Bewusstsein entwickelt hat. Sowohl die Not eines Tieres kann entsetzlich sein (das verzweifelte Suchen und Rufen unseres Kanarien-Männchens als das Weibchen gestorben ist, tat allein beim Zuschauen weh) als auch die Verzweiflung eines Säuglings, wenn er Hunger hat und nichts bekommt oder ihn niemand aufnimmt, wenn er schreit, verbietet den Satz: "Jemand der kein Ich-Bewusstsein hat, kann gar nichts fühlen." Was er nicht kann, ist, sich dessen bewusst sein, dass er fühlt. Aber Schmerz und Mangel und Not fühlen, das kann wohl jedes Wesen mit einem etwas ausgereifteren Nervensystem. Was dabei geschieht, geschieht halt noch nicht im Neocortex eines erwachsenen Menschen, sondern in älteren bzw. beim Säugling tieferen Hirnstrukturen (und bei Vögeln vielleicht irgendwie ganz anders) und prägt sich beim Säugling auch in die impliziten Gedächtnissysteme ein - aber man k a n n jemanden (auch ein Tier) quälen - es fühlt. Es kann auch Liebeskummer haben im Sinn von Verzweiflung über den Verlust des Partners.

 

Liebeskummer im Sinn von bewusster Wahrnehmung des Verlassenwordenseins wird es nicht haben, auch die anderen Begriffe, die du aufgezählt hast (foltern, beleidigen, verletzen) setzen eine funktionierende kognitive Mitbeteiligung bei der Perzeption der ausgelösten Gefühle voraus. Fühlen an sich kann man aber auch ohne das!

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Soweit lässt sich dann wohl auch der Begriff von der "gefallenen Schöpfung" nicht mehr wirklich aufrechterhalten.

 

Die Schöpfung selbst ist, wie sie immer war - nur der Mensch hat sich verändert...

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Soweit lässt sich dann wohl auch der Begriff von der "gefallenen Schöpfung" nicht mehr wirklich aufrechterhalten.

 

Die Schöpfung selbst ist, wie sie immer war - nur der Mensch hat sich verändert...

Das fasst es m.E. gut zusammen. Die Tiere leben so gesehen immer noch im Paradies.

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Soweit lässt sich dann wohl auch der Begriff von der "gefallenen Schöpfung" nicht mehr wirklich aufrechterhalten.

 

Die Schöpfung selbst ist, wie sie immer war - nur der Mensch hat sich verändert...

Ja.

Wobei ich mit dem Begriff sowieso noch nie was anfangen konnte.

Im Römerbrief (Röm 8,18ff), auf den er sich anscheinend bezieht, geht es doch genau nicht um einen Fall, sondern um Entwicklung: "Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt."

bearbeitet von Ennasus
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Ist es nicht so, dass der sich bewusste Mensch eben nicht mehr im Paradies leben kann?

Das scheint mir der entscheidende Punkt, und das scheint mir auch die einzig befriedigende Antwort auf Flos Frage. Ich halte nichts von Silvers neutheologischer Erklärung für eine "Trennung von Gott" oder von Meckys paulinischer Erklärung im Sinne einer Ausrede für das Vermasseln des Theodizee-Problems durch Gott.

 

Die Leute, von denen die GEschichte stammt, hatten kein Theodizee-Problem, weil ihr Gott kein gütiger war, und sie hatten kein Problem einer "Trennung von Gott", weil ihr Gott bei ihnen noch ziemlich präsent war. SIe hatten aber das Problem des Leids, und sie hatten das Problem der Sünde: Wie ist dieses entstanden?

 

Dazu muss man sich vorstellen: Ein Affe, erst recht eine Amöbe, kennt kein Gut und Böse, und somit auch keine Sünde. Ein Affe kennt streng genommen nicht einmal den Tod. Es ist nicht bekannt, dass Affen irgendwie ihre Toten betrauern. Das gilt erst recht für niederere Tiere (Hunde sind in gewisser Weise Ausnahmen, das dürfte aber auf die Züchtung durch Menschen zurückzuführen sein).

 

So gesehen besitzt die Gechichte vom Sündenfall eine tiefe Weisheit: Die Menschen haben vom Baum der Erkenntnis gegessen, und ab da waren sie Menschen im heutigen Sinne: Mit der Erkenntnis von Gut und Böse, mit dem Bewusstsein ihrer Sterblichkeit, mit Schmerzen und Leid, ja überhaupt mit "Ich-Bewusstsein" als ein Eigenschaft, die sie von Tieren unterscheidet. Mit der Erkenntnis des Leids kam allerdings auch das Leid in die Welt: Solange keiner da ist, der das Leid fühlt, ist die Welt tatsächlich paradiesisch: Ohne leidendes Subjekt kein Leid. Beutetiere werden gefressen, aber es juckt sie nicht, da keiner zu Hause ist. Ohne Erkenntnis kein Subjekt. Das "Essen vom Baum der Erkenntnis" ist lediglich die Erklärung für den Umstand, dass der Mensch erkennen kann. "Gott" ist in dieser Geschichte nichts anderes als die Erklärung dafür, dass etwas ist.

 

Damit sieht man das Essen vom Baum der Erkenntnis zu recht als "Ursünde" an: Ohne Erkenntnis gibt es keine Sünde. Das war die "Mutter aller Sünden". Allerdings eine, ohne die wir keine Menschen wären.

 

 

Ich denke, das ist die zutreffende Erklärung.

Gott erkennt die Folgen ja auch am veränderten Verhalten des Menschen: der Mensch muss sich vor Gott verstecken - seine Nacktheit ist nicht mehr Zeichen der Unschuld, sondern Anlass für Scham.

Die Gschichte ist ja aus der retrospektive gschrieben: warum erkennt der Mensch Gut und Böse? Warum unterscheidet er sich dadurch vom Tier? Warum weiß der Mensch um seine Mühen und sein hartes Los? Diese Fragen sollen mit der Erzählung vom Sündenfall erklärt werden.

 

Hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt. Man stellte sich ja seine Götter bzw. seinen Gott in Israel sehr anthropomorph vor. Ein Gott hat ähnliche Bedürfnisse wie ein Mensch: er muss bekleidet und mit Nahrung versorgt werden. Insofern waren Gott und Mensch in der altisraelitischen Vorstellung sehr ähnlich. Allein die Unsterblichkeit unterschied sie.

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Seltsam, dass wir so mit der Theologie »infiziert« sind, dass niemand auf die simpelste Erklärung kommt, nicht mal Atheisten.

 

Mythen dienen teilweise der Erläuterung der Welt (Schöpfungsmythos, beispielsweise) wie der Deutung innerer Erlebnisse - wie in diesem Thread ausgiebig gezeigt wurde. Weiterhin kann man damit das Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt interpretieren.

 

Es gibt noch eine Funktion: Verhaltenssteuerung, Beeinflussung. Die urbanen Legenden transportieren bevorzugt eine konservative Moral.

 

Es wurde schon darauf hingewiesen, dass die jüdische Interpretation der Genesis weder Ur- noch Erbsünde noch Sündenfall kennt. Diese Sicht kommt erst mit Paulus. Der Evangelist Johannes sah das anders (Kapitel 9):

 

1 Und da er vorbeiging, sah er einen Menschen, der blind war von Geburt an. 2 Und seine Jünger fragten ihn und sprachen: Rabbi, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, daß er blind geboren ist? (Lukas 13.2) 3 Jesus antwortete: Weder dieser hat gesündigt, noch seine Eltern; sondern damit die Werke Gottes an ihm offenbar würden!

 

Dasselbe Verfahren, das wir bei der Interpretation der Bibel finden, benutzen Psychosekten. Es funktioniert so:

 

1. Demütigung - der Mensch an sich wird als sündig, verdorben, schlecht, psychisch instabil, unwürdig o. ä. hingestellt.

2. Aufbau: Für dieses Problem wird eine Lösung angeboten, die meist darin besteht, an die Lehren des Sektengurus zu glauben.

 

Man erfindet ein angebliches Problemstellung, destabilisiert die Zufriedenheit der Menschen, dekonstruiert ihre bisherigen Verfahrensweisen, damit umzugehen, konstruiert eine Maßnahme, rekonstruiert die Persönlichkeit. Das Individuum ist nicht besser dran als zuvor, glaubt es aber – und wird abhängig von der Organisation, die diese »Hilfe« anbietet. Deswegen wurden Kirchen unfassbar reich. Scientology benutzt dasselbe Verfahren.

 

Kurz: Die Erb- oder Ursünde ist ein per Auslegung aus der Bibel herausgedeutetes Problem. Man kann sich darauf verlassen, dass wer dies akzeptiert, eine passende Interpretation findet, um das auf geänderte Lebensweisen zu adaptieren. Denn man hat dafür eine Lösung, die nichts wert wäre ohne die zugrunde liegende Problemstellung.

 

Würde man sich eingestehen, dass die Problematik fiktiv ist, so müsste man alle Investitionen in den Glauben – Zeit und andere Ressourcen – abschreiben. Der Verlust scheint vielen unannehmbar, folglich investiert man seine Energie lieber darin, weitere auf das eigene Leben anwendbare Deutungsmöglichkeiten zu finden.

 

Niedermachen und aufbauen, für die letztere »Leistung« verlangt man dann Unterwerfung oder mindestens Geld, oder beides. Das Individuum hat davon einen Scheingewinn, es geht ihm besser als nach dem man seinen Selbstwert in den Dreck getreten hat. Ohne die Lösung fürchtet man, dies zu verlieren.

 

Verstärkt wird dies noch durch mehr oder wenig subtile Erpressung nach Mafiaart: Du hast eine sooooo schöne Seele – wäre doch Schade, wenn der etwas zustoßen würde! Für diese benötigt man einen Hebel, den man selbst erschaffen hat. Das muss keine bewusste Erfindung sein, es reicht, wenn man als Rückkoppelung die Wirksamkeit dessen auf andere feststellt, sodass dieses Verhalten vertieft wird. Die Entdecker dieser Verfahren profitieren meistens davon. Wenn nicht diese, dann die nutznießenden Erben der Gruppe, Sekte oder Kirche. Diese Methoden setzen an realen Problemen an, versteht sich, sonst würde das nicht klappen. Man könnte ja sonst auf die Idee kommen, dass man selbst ein Leben führt, das gut genug ist, um von Gott als anständig akzeptiert zu werden. Bei einer Sünde als Geburtsfehler geht das nicht. Für seine anderen Vergehen sollte man die Schuld nicht anderen aufbürden, egal, wer das ist, und sei es Jesus. Vieles gilt natürlich als Sünde, was keine ist, etwa, wenn man voller Begierde eine andere Frau ansieht. Der Blick alleine schadet niemanden, wer immer sich da eine Schuld hat einreden lassen, leidet unter "Morbus Leichtgläubigkeit" zur Erzeugung von Pseudoschuld. Die katholische Kirche ist deswegen so sexbesessen, weil man aus diesem natürlichen Trieb so schön Sünden konstruieren kann, für die sie dann "Erlösung" anbietet.

 

Kurz: Die Erbsünde ist eine Vorstellung von Menschen zur Manipulation des Betragens der Mitmenschen, herausgedeutet aus einer »Heiligen Schrift«. In diesem Fall ist es so, dass wie bei einem Kartenhaus, entfernt man diesen Trumpf, bricht das Ganze Gebäude in sich zusammen. Ohne Ursünde keine Erlösung durch Jesus, ohne Jesus kein ewiges Leben, keine Höllendrohung, kein Paradiesversprechen, keine reiche Kirche.

 

Jesus starb zum Nutzen von Generationen von Priestern, Bischöfen, Kardinälen und Päpsten. Dazu muss er nicht real existiert haben, das ist ein verzichtbares Detail. Er starb nicht für oder wegen unserer Sünden, sondern um eine fiktive Lösung für ein ebenso eingebildetes Problem liefern zu können. Die einzige an Jesus Tod unmittelbar beteiligte Übeltat nennt man »Leichtgläubigkeit«. Sie ist die wahre Ursache seines Leidens und Sterbens, das nie wirklich stattgefunden hat, stattdessen rein im Glauben.

Die Erbsünde ist die nachträgliche Rechtfertigung für sein angebliches Opfer, die Rationalisierung, um eine unmoralische Handlung namens »stellvertretendes Sühneopfer« legitimieren zu können.

 

Adam und Eva hat es nie gegeben. Ihre »Missetat« ist irreal, damit auch alle Konsequenzen daraus – sie sind eher Folge, was die moderne Interpretation angeht, von biologischer sowie kultureller Evolution, Umwelt, Genen, sozialer Rückkoppelung, Interessenkonflikten etc. Die Lösung ist fiktiv, weil sie keinen kausalen Zusammenhang mit den Wirkungen hat, die aus diesen Umständen hervorgingen.

 

Die Deutung dessen hat an keiner Stelle einen Bezug zur Realität, nur zu inneren Vorstellungen. Änderungen dieser Probleme müssten an den Ursachen ansetzen, nicht an eingebildeten Krankheiten.

 

Im Grunde genommen, im Mythos um die angebliche "Erbsünde", ist die gegenteilige Deutung viel besser: Der Verstoß gegen eine von außen aufgezwungene Moral, die Neugier, das Aufdecken der Tatsache, dass Gott gelogen hat, das war eine heroische Tat. Es war die erste Auflehnung gegen Autorität (deswegen hassen Priester das so sehr!), die erste selbstständige, autonome Handlung, die erste moralische Handlung überhaupt. Der Mensch entdeckt sich als unabhängiges moralisches Wesen, der oberste Tyrann reagiert cholerisch und rächt sich, legt dadurch seinen miesen Charakter offen, wird beim Lügen erwischt und erweist sich als trotziger, egomaner Kleingeist, mit dem man lieber nichts zu tun haben will. Dass dies im Christentum negativ, Abrahams Opferung seines Sohnes hingegen positiv gedeutet wurde, beweist die moralische Verkommenheit des Christentums. Es geht nicht um Moral, es geht um Manipulation, und wer das nicht mitbekommen hat, hat den Schuss nicht gehört. Grundlage des Christentums ist der Glaube, dass die Menschen nur dann moralisch handeln, wenn man sie dazu manipuliert oder zwingt oder besticht, durch Zuckerbrot (Paradies, ewiges Leben) und Peitsche (Hölle, Gottesferne, Verdammnis). Autonomie gilt als "Unfall", wäre aber eigentlich die Voraussetzung einer jeglichen möglichen Moral. Eva ist die erste echte Heldin im christlichen Mythos, von Adam kann man wenig Positives sagen. Natürlich, mit freundlichen Grüßen vom Patriarchat, muss diese Heldin in den Schmutz gezerrt werden, muss man sie verdammen, weil man Ungehorsam nicht billigt. Man möchte Gehorsam gegenüber seinen Vorstellungen vom "rechten Leben". Was für ein schauderhaftes, schauriges Schauspiel schurkischer, schräger, schimpflicher Schönfärberei schadhafter, scheinheilger Schummelei! Da fällt einem glatt noch ein anderes Wort ein, das auch mit "Sch" beginnt.

 

Was immer auch die angeblichen Folgen der Erbsünde sein sollen, alles das gab es schon vor den Menschen. Strukturelle Sünde, auch eine schöne Sache, ist nur ein anderer Begriff für "ungünstige Umstände".

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Soweit lässt sich dann wohl auch der Begriff von der "gefallenen Schöpfung" nicht mehr wirklich aufrechterhalten.

 

Die Schöpfung selbst ist, wie sie immer war - nur der Mensch hat sich verändert...

 

Und der Mensch ist nicht Teil der Schöpfung?

Die Schöpfung selbst ist immer wie sie war, inclusive aller ihrer Veränderungen, seien sie des Menschen oder der Birkenspanner.

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Da es sich nicht um eine heisse Herdplatte handelt, warum ist die Erkenntnis von Gut und Böse strafbewehrt? (Ich sehe da keine Strafe, eher Eifersucht, wenn ich die Genesis ohne Erbschuldbrille lese.)

Na ... weil Du mein Gebot übertreten hast, verfluche ich den Boden auf dem Du stehst und unter Mühsal sollst Du davon essen ... soll keine Bestrafung sein?

Wenn Du ein Gesetz überschreitest, stecke ich Dich in den Kerker. Ist das auch keine Bestrafung? Wo ist der Unterschied, wenn man das eine als Strafe bezeichnet, das andere aber nicht?

Meckys, da steht: Weil du das getan hast, nicht: Weil du mein Gebot nicht gehalten hast! Da steht nix von Sünde oder Schuld!

Higgs redet von Handlung und Folge, du von Gebot und Strafe, aber ich denke, Higgs hat Recht.

 

Was nichts daran ändert, dass Gott die Menschen nicht richtig gewarnt hat. sein Fehler: Er hat ein Paradies mit heißer Herdplatte erschaffen.

 

Und der Rausschmiß erfolgt, damit der Mensch nicht vom Baum des Lebens isst und unsterblich wird.

 

Das mit der Erkentnis des Todes sehe ich da jetzt nicht so.

 

Nein, das Paradies hat KEINE heisse Herdplatte. Die heisse Herdplatte verbietet sich aus sich selber heraus, die heisse Herdplatte zu verbieten ist vernünftig. Worin besteht das Problem bei der Erkenntnis von Gut und Böse?

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Worin besteht das Problem bei der Erkenntnis von Gut und Böse?

Dass "gut" keineswegs immer = gut und "böse" keineswegs immer = böse ist?

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Worin besteht das Problem bei der Erkenntnis von Gut und Böse?

Dass "gut" keineswegs immer = gut und "böse" keineswegs immer = böse ist?

 

Das war meine Frage an Mecky, dass wir Menschen nicht wirklich unterscheiden können und daher das Urteil alleine Gott zusteht. Was eine ausgesprochen moderne Interpretation wäre. (Was nicht passt, da der Verfasser ja Gott selber sagen läßt, wir wären dadurch geworden wie er und dies nicht einschänkt, sonst wäre der Rausschmiss, um den Zugriff auf den Baum des Lebens zu verhindern, nicht nötig.)

bearbeitet von Higgs Boson
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Kurz: Die Erb- oder Ursünde ist ein per Auslegung aus der Bibel herausgedeutetes Problem. Man kann sich darauf verlassen, dass wer dies akzeptiert, eine passende Interpretation findet, um das auf geänderte Lebensweisen zu adaptieren. Denn man hat dafür eine Lösung, die nichts wert wäre ohne die zugrunde liegende Problemstellung.

 

 

 

Du schreibst von Manipulation, versuchst zu verdeutlichen, daß sich Menschen die Bibel ausgedacht haben und und und. Das kann mich alles nicht überzeugen.

 

Gott ist eine Realität in meinem Leben und im Leben vieler anderer Christen. Deshalb werde ich nicht alles erklären können, dann wäre ich ja Gott.

 

Aber seine Liebe und Annahme habe ich erfahren und die hl. Schrift als sein lebendiges Wort kennen gelernt und lerne immer noch und werde wohl nie auslernen.

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Long John Silver

[

So wie du das schilderst, klingt es, als wären das lauter punktuelle Ereignisse. Da war das Paradies. Da setzte Gott den sich seiner selbst bewusst seienden Menschen hinein und verbot ihm etwas. Dann missachtete der Mensch das Gebot und meinte wie Gott zu sein und setzte damit bewusst die Gemeinschaft mit Gott aufs Spiel.

 

 

 

Nein, das ist ein Missverstaendnis. Ich halte das ueberhaupt nicht fuer Ereignisse, schon gar nicht fuer punktuelle, sondern fuer die Beschreibung einer Beziehung bzw. Beziehungen, welche ein Mensch hat, untereinander, mit der Umwelt, mit Gott. Und welche Veraenderungen diese Beziehungen erfahren, je nachdem, in welcher Position ein Mensch sich selbst sieht oder erhofft. Fuer mich ist wie gesagt keine Suendenfall-Geschichte, sondern die Geschichte einer zunehmenden Entfremdung, eine Entfremdung, die wir erst jetzt langsam beginnen wieder aufzuloesen (in Ansaetzen). Das Paradies ist kein Ort, sondern ein Zustand, es birgt die Versuchung es aufs Spiel zu setzen in der Hoffnung auf noch groesseres, Gewaltigeres (in dem Fall der Einfluesterung, Gott sein zu koennen, als die ultimative Karriere). Und wie es nun eben ist, wird man sehr schmerzhaft auf den Boden der Tatsachen zurueck geholt, naemlich auf den harten Ackerboden und die Gefahr im Kindbett zu sterben, denn die Tatsachen zeigen sehr genau, dass wir Menschen sind und gebunden dadurch an bestimmte Dinge, woran auch alle Einfluesterungen und egomanistische Vorstellungen nichts aendern. Ich denke also, die Erzaehlung beruehrt Erfahrungen, welche Menschen bereits gemacht haben, naemlich "hinaus geworfen zu sein", auf sich selbst zurueck geworfen, ins Fremde gestellt, sich selbst unschluessig, wer sie eigentlich sind. Gott ist, wie im AT immer, auch hier der Versucher, derjenige der Dinge in Gang setzt in Inneren der Menschen, der stellvertretend fuer bestimmte Prozesse steht.

 

Nein, ich denke tatsaechlich, dass in dieser Geschichte kollektive Erfahrungen verarbeitet wurden, die durchaus bereits bewusste Prozesse betrafen und dass der Erzaehler eine literarische Moeglichkeit suchte, die kulturelle Situation der juengeren Vergangenheit in die Geschichte einzubinden sowie einen Erfahrungsschatz aus aelterer und noch aelterer Zeit. Denn Literatur ist es schliesslich, mit der hier etwas verarbeitet wird. Ich habe kein wirklich gutes Gefuehl, wenn da zu viel an was waeere wenn und heutigen Vorstellungen hinein gebracht wird. Die Geschichte steht fuer sich, aber vielleicht empfinde nur ich das so. Ich finde sie einfach schoen und inhaltsreich, mehr will ich deshalb nicht dazu tun an allen moeglichen Vermutungen, das zerschlaegt fuer mich persoenlich die Spannung und die Aussage der Geschichte (aber das geht mir bei anderen biblischen Geschichten auch so, ich bin da eher vorsichtig). Dass der Schreiber keine Vorstellung hatte von dem, was wir heute von menschlicher Entwicklungen insgesamt wissen und Bewusstsein werden ueber Millionen von Jahren, davon kann man sicher ausgehen und dass er deshalb das auch nicht zugrunde legen konnte. Ich denke stets,,dass es das beste ist, solche Geschichten ab und zu konsequent ohne alles das zu lesen, was man an Auslegungen etc. gehoert oder selbst gedacht hat, dass es sinnvoll ist, selbst den Kopf frei zu bekommen, um die Geschichte selbst direkt sprechen zu lassen.

 

Darum moechte ich eigentlich auch nicht noch mehr dazu sagen, ich wuerde selbst anfangen manches zu zerreden oder in eine Aussage zwingen zu wollen, die wahrscheinlich gar nicht vom Schreiber beabsichtigt war. Es bringt auch die starken eindringlichen Bilder der Erzaehlung zum Verstummen und das waere dann jammerschade.

 

PS: Was mir einfiel indes -die biblischen Geschichten sind oft nicht punktuell - genau wie die Schoepfung eine werdende ist ist auch das Paradies als Zustand und Beziehung ein seiendes, werdendes, verloren gehendes, keine Vergangenheit, sondern im Ist und konkreten Sein angesiedelt. "Ich war es nicht, das Weib, dass du mir zugesellt hast, hat mich verfuehrt." "Ich war es nicht, die Schlange hat mich verfuehrt."

bearbeitet von Long John Silver
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Das war meine Frage an Mecky, dass wir Menschen nicht wirklich unterscheiden können und daher das Urteil alleine Gott zusteht. Was eine ausgesprochen moderne Interpretation wäre. (Nochdazu, da der Verfasser ja Gott selber sagen läßt, wir wären dadurch geworden wie er, dies wird nicht eingeschänkt, sonst wäre der Rausschmiss um den Zugriff auf den Baum des Lebens zu verhindern nicht nötig.)

Da bin ich zu sehr Relativist. Gut und Böse halte ich nicht für absolute oder objektive Aussagen, sondern für Wertungen. Ob Gott gut oder böse ist? Das kann man nur subjektiv beantworten. Berlusconi hält sich ja auch für gut. Und in gewisser Weise kann er sich wirklich ins Fäustchen lachen und sagen: "Gut gemacht! Fast achtzig Jahre Menschen benutzt, ohne dass ich hinter Gitter muss." Deshalb steht es mir trotzdem zu, dass ich seine Einstellung als verderbt bezeichne und ihn für einen ziemlich miesen Typen halte. Nix gut - von mir persönlich aus gesehen.

 

Ob Gott "gut" ist?

Es ist wirklich nicht möglich, ein Urteil abzugeben, auch kein subjektives. Nicht, weil es mir nicht zustehen würde. Ich kann sehr wohl beurteilen, ob dies oder jenes gut ist. Ich kann sehr wohl beurteilen, ob dies oder jenes Gottesbild menschenfreundlich oder menschenverachtend ist. Aber es gibt eine systematische Grenze bei der Beurteilung von Gott: Ich weiß nichts über ihn. Ich kann ihn nicht wissen, sondern lediglich erhoffen, ersehnen, fürchten und glauben und ihm vertrauen. Jede Aussage über Gott wäre nichts als eine umformulierte Aussage über mich selbst. Mein Urteil würde vor Inkompetenz nur so strotzen.

 

Ich kann sagen: "Dass Gott Adam und Eva nicht warnt, ist bescheuert, ist böse!" Gott im Himmel lacht darüber dröhnend und sagt: "Du Spinner. Adam gab es nicht, Eva gab es nicht, und ich bin nicht so, wie diese Geschichte mich beschreiben will. Du beurteilst einen Mythos von mir. An mich selbst bist Du doch noch gar nicht herangekommen. Du hast doch keine Ahnung!" (Die vollständige Rede steht im Buch Hiob, als Gott dem Hiob aus dem Gewittersturm heraus antwortet. Aber die geht fast zwei Kapitel lang.)

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Ist es nicht so, dass der sich bewusste Mensch eben nicht mehr im Paradies leben kann?

Das scheint mir der entscheidende Punkt, und das scheint mir auch die einzig befriedigende Antwort auf Flos Frage.

Flos Frage war genau genommen, ob es etwas Lesenswertes dazu gibt, dass durch Adams Schuld der Tod in die Welt kam.

 

Deine Interpretation, dass die Sündenfallerzählung in mythischer Form erklärt, dass erst das Bewusstsein ein Wesen schuldfähig macht, ist durchaus sehr angemessen. Ja, das kann ich mir so vorstellen. Aber es beantwortet Flos Frage nicht.

 

Wenn man von Deiner Interpretation ausgeht - und ich kann mich ihr nur anschließen - ist immer noch nicht beantwortet, ob Adams Schuld den Tod in die Welt brachte. Zumindest nicht, wenn man diese Frage wirklich als eine Frage nach dem Tod und seiner Herkunft versteht.

 

Nein: Der Tod kam nicht durch ein (Fehl-)Verhalten Adams.

Auch der subjektive Aspekt, ob nämlich nur das Sterblichkeitsproblem erst mit dem Bewusstsein bewusst wurde, liefert eher eine Tautologie, als eine Antwort: "Erst durch das Bewusstsein wird der Tod bewusst." Ja, klar. Ist immer richtig, bringt aber nicht viel.

 

Stellt man Flos Frage nach der Herkunft des Todes an den Schöpfungsmythos, steht man einem Antwortversuch gegenüber, bei dem die Schuld dem Menschen in die Schuhe geschoben ist. Und dies finde ich bei diesem Mythos unbefriedigend.

 

Die außermythische Antwort auf Flos Frage heißt (nach meiner Meinung): Gott hat sehr wohl den Tod geschaffen. ER. Er hat diese Welt so geschaffen, dass Lebewesen sterben. Er hat Löwen und Gazellen auf einen Planeten gesetzt. Er hat Pestbazillen und Menschen geschaffen. Er hat die ganze Welt so geschaffen, dass alles in ihr vergänglich und begrenzt ist. ER! Gott! Und nicht der Mensch.

 

Deshalb halte ich diesen Mythos für eine Schönfärberei, für eine funktionsunfähige Antwort auf Flos Frage. (Andere Aspekte dieses Mythos dagegen sind ja dennoch ganz brauchbar.) Aber man kann diesen Mythos nicht zur Beantwortung von Flos Frage verwenden. Diesbezüglich taugt er nicht.

 

Hiob bringt da entscheidend mehr. Die Hiobgeschichte benennt die Quelle von Hiobs Leiden: Eine irrsinnige und abstruse Wette Gottes (übrigens nicht im Sinne von Jahwe ...) mit dem Teufel. Und es wird am Ende darauf Wert gelegt, dass man diese Absurdität nicht wörtlich nehmen darf: In der Rede Gottes aus dem Gewittersturm wird dem guten Hiob klar gemacht, dass er überhaupt keine Ahnung von Gott hat. Dass er sich völlig überhebt, wenn er meint, Motive Gottes in gut oder schlecht sortieren zu können. Nichts weiß er von diesen Motiven!

 

Das Buch Hiob geht davon aus, dass Tod und Leiden von Gott herrühren - und wir Menschen können nur staunend und verstummend davor stehen und es annehmen, wie es eben kommt. Und - dies ist die eigentliche religiöse Meisterleistung des Buches - Gott dennoch zu vertrauen, den Gotteshader in sich selbst verstummen hören.

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