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Wiederverheiratete Geschiedene - nicht exkommuniziert? sagt der Papst?


Petrus

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heißt das - mathematisch gesehen - wir bekämpfen diesen "Priestermangel" dadurch, daß wir immer mehr Menschen von der Kommunion ausschließen?

 

Interessante Beobachtung in einer normalen Berliner Innenstadtgemeinde (St. Ludwig) im Sonntagsgottesdienst um 12.00: Die Kirche ist proppenvoll, Spätankömmlinge gehen wieder, da kein akzeptabler Sitzplatz frei ist. Zur Kommunion bleiben geschätzte 15% der Leute sitzen, die anderen turnen über die Kniebänke in Richtung Altar.

 

Ist das ein Zeichen eines bewussten Glaubens in der Diaspora oder gar Trotz? Wer weiß...

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Damit war ihre Ehe laut CIC annulierbar wenn später mal der Richtige aufgetaucht wäre. Das die Praxis nicht immer dem CIC folgt gilt wohl in beide Richtungen.

 

Was ist der CIC???

 

Jene Frau war froh, dass sie trotz zweier Weltkriege einigermaßen lesen und schreiben konnte und ein Großteil ihrer Kinder überlebt haben. Von sowas wie dem CIC hatte sie sicher nie was gehört. Der Pfarrer hat sie getraut und damit war sie ihrer Menung nach in den Augen Gottes unwiderbringlich für den Rest ihres Lebens an ihren Mann gebunden.

 

Ich bin mir auch absolut sicher, dass der Pfarrer damals sie nicht über CIC und Annulierung etc. aufgeklärt hat.

 

Und da frag ich mich ernsthaft: Was sind das für Pfarrer gewesen, die solche Sachen (CIC und Annulierung und Unfreiwilligkeit usw.) NIE thematisiert haben. Wollte man da die "Schäfchen" dumm halten???

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Wollte man da die "Schäfchen" dumm halten???

 

Schafe sind von Natur aus dumm. Die brauch man nicht dazu halten.

 

das Bestreben mancher Menschen, Schaf sein zu wollen, immer wieder äußerst erstaunlich findend.........................tribald

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Damit war ihre Ehe laut CIC annulierbar wenn später mal der Richtige aufgetaucht wäre. Das die Praxis nicht immer dem CIC folgt gilt wohl in beide Richtungen.

 

Was ist der CIC???

 

Jene Frau war froh, dass sie trotz zweier Weltkriege einigermaßen lesen und schreiben konnte und ein Großteil ihrer Kinder überlebt haben. Von sowas wie dem CIC hatte sie sicher nie was gehört. Der Pfarrer hat sie getraut und damit war sie ihrer Menung nach in den Augen Gottes unwiderbringlich für den Rest ihres Lebens an ihren Mann gebunden.

 

Ich bin mir auch absolut sicher, dass der Pfarrer damals sie nicht über CIC und Annulierung etc. aufgeklärt hat.

 

Und da frag ich mich ernsthaft: Was sind das für Pfarrer gewesen, die solche Sachen (CIC und Annulierung und Unfreiwilligkeit usw.) NIE thematisiert haben. Wollte man da die "Schäfchen" dumm halten???

 

 

Vermutlich hat sich der Pfarrer an der Lebenswirklichkeit der Zeit orientiert :k035:

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Und für welches Übel hat sie sich dann entschieden?

 

 

Sie hat geheiratet. Und es anscheinend ihr Leben lang bereut. Selbst als todkranke Frau - kurz bevor sie starb - hat sie bedauert geheiratet zu haben. Sie hat den Mann, den sie heiraten musste ihr Leben lang verachtet. Er hat sie auch verachtet. Sie pflegten miteinander einen Umgang, der von Bösartigkeiten, Niederträchtigkeiten, Missachtungen usw. geprägt war. Ich hab das sogar als Kind schon bemerkt, dass da irgendwas ziemlich grauslig ist. Sie waren jedoch nicht das einzige Ehepaar mit einer derartigen Haltung in der Ehe.

 

Der Großteil meiner Verwandtschaft (Großelterngeneration) kommt aus absolut ärmlichen Kleinhäusler- und Knecht-/Dienstmagd-Verhältnissen. Im Grunde waren all jene Kinder (und das war der einzige "Reichtum" in meiner Verwandtschaft!), die nicht 1. - 4. Kind waren eine Last und irgendwie überflüssig. Das waren hungrige Mäuler, die keine Zukunft hatten. Sohn 1 + 2 waren für die Weiterführung der Familienlinie wichtig. Tochter 1 + 2 wurden bestmöglich verheiratet um das (nichtvorhandene) Familienvermögen zu bereichern oder zumindest möglichst wenig Mitgift zu kosten.

 

Da war auch keine Unabhängigkeit vorhanden. Die Kinder wurden als sogenannte "Hütekinder" halt an die Großbauern in der Umgebung vermietet. Da war nix mit Unabhängigkeit. Die größte Entfernung war das Salzburger Land bzw. die Bodenseegegend. Da wurden die hinvermietet. Aber nicht mehr mit Beginn der Pubertät. Da sehe Gott vor! Da wurden die kurz gehalten und durften nicht mehr weg. Weg als Hütekinder durften die irgendwann zwischen 6 und 14 Jahren, Danach musste man zu Hause mithelfen.

 

Ab Kind Nr. 5 waren das überflüssige Esser, die irgendwie versorgt werden mussten. Es gab im Grunde nur 2 Optionen. Entweder Kloster oder halt so ne Art kostengünstige und ziemlich rechtlose Magd/Knecht bei Bruder Nr. 1 oder Schwester Nr. 1 auf dem mickrigen Selbstversorgerhof. Heiraten konnten und durften die nicht. Dafür war nicht genug Geld vorhanden (Mitgift oder Grundstücke usw.).

 

Um vielleicht das finanzielle Niveau darzustellen. Ich war bereits Teenager als ich zum ersten Mal in meinem Leben eine ganz normale Dusche in unserem Hause erlebte (bin jetzt Mitte 50!). Bis zu Beginn meiner Pubertät hatten wir sowas bei uns in der Waschüche stehen und das wurde wirklich nur am Samstag geheizt und dann hatte man die Wahl ob man gekocht wird oder erfrieren will ;-) Das war nicht so ein modernes Modell, sondern es war irgendwas aus den Zwischenkriegsjahren. Aber immer noch besser als nur kaltes Wasser.

 

Ich bin noch damit aufgewachsen, dass es keine Waschmaschine und keine Schleuder gab. Da wurde die Wäsche noch im Bottich gekocht und mit Hilfe von uns Kindern ausgewrungen. Und ich kann heute noch auf einem Holzofen kochen. Hab das als Kind gelernt. War der einzig warme Ort im Winter bei uns. Keine Zentralheizung (bis zur Pubertät!). Statt dessen einen großen Holzofen in der Küche und zwei einzelne Ölöfen (per Kanne befüllbar) in Wohnzimmer und Gang. In den Schlafzimmern gab es keine Heizung, im Winter hatten wir Eisblumen innen an den Fenstern.

 

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass unsere Eltern mal mit uns Kindern Kleidung gekauft haben. Ich bekam einfach Sachen von diversen Cousins und Cousinen "weitervererbt". Und meine jüngeren Geschwister haben es dann von mir "geerbt".

 

Ich habe mit ca. 10 Jahren angefangen mein eigenes Geld zu verdienen. Werbeprospekte austragen, Babysitter machen, aufs Haus und die Katz und den Hund aufpassen und gassi führen und füttern wenn jemand in Urlaub war usw.

 

Und ich bin damit aufgewachsen, dass ich eh keine teure Schulbildung brauch, da des verschwendetes Geld ist und ich schon genügend Geld zwecks Aussteuer koste. Da ich eh heiraten und Kinder kriegen werde (bin 1. Tochter), tuts für mcih auch die Hauptschule und danach ne Lehre in irgendwas mit Hauswirtschaft oder so.

 

Im Gegensatz dazu wurde mein Bruder (1. und einziger Sohn!) einem immensen Druck ausgesetzt. Der sollte was besseres werden. Der sollte Abitur machen und studieren. Der musste sich durch die Schule quälen. Der hat sein vorgezeichnetes Leben mindestens genauso gehasst wie ich das meine.

 

Ich vermute, dass das eine Welt ist, die die meisten hier irgendwo im vorletzten Jahrhundert ansiedeln würde. Es ist aber eine Welt, die es eben vor 50 Jahren noch sehr wohl irgendwo aufm Land - jenseits von Tourismus und Industrie - ganz real auf kleinen Dörfern irgendwo in Südbayern ganz real gab.

 

Und in dieser Welt spielte ein Dorfpfarrer eine wichtige Rolle. Der war noch eine Autorität. Der hat womöglich noch anno 1965 die herrschenden Rollenverteilungen innerhalb einer Gemeinde nicht hinterfragt, sondern unterstützt. Und natürlich hat so ein Pfarrer sehr wohl gewusst, dass er da so das ein oder andere unfreiwillige Paar getraut hat. Nicht weil die Brautleute es freiwillig wollten, sondern weil es die jeweiligen Sippen beschlossen hatten.

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Von meinen 4 Urgroßelternpaaren (geboren zwischen 1889 und 1904) hat mindestens eines geheiratet, weil mein Großvater unterwegs war.

 

Zwei weitere haben wohl aus Liebe geheiratet und beim letzten bin ich mir nicht 100%ig sicher, ob die Familie da Druck ausgeübt hat um das Familienvermögen zusammenzuführen (die beiden waren Großcousins) oder ob mein Großonkel nicht auch schon unterwegs war.

 

Und obwohl es (bis auf eine erst zu ihrer Hochzeit konvertierten Urgroßmutter) alles Katholiken aus dem "Millieu" waren, hatte nur eins der Paare mehr als drei Kinder (da waren es 4).

 

Es handelte sich um drei Arbeiterfamilien und einen (im Vergleich) wohlhabenderen Gastwirtshaushalt.

 

Der Einfluss des Pfarrers scheint spätestens um 1920 schon Grenzen erreicht zu haben - meine Großmutter hat mir von Auseinandersetzungen mit dem Pastor um 1950/60 erzählt, die in das Bild von der kollartragenden Eminenz auch nicht wirklich reinpassen.

 

Aber ich kann mir vorstellen, daß die Sozialstruktur im Rheinland (das noch dazu Realteilungsgebiet war, d.h. im Erbfall wurde alles zu gleichen Teilen verteilt) etwas anders, "städtischer", geprägt war als in Südbayern.

 

Die Wohnverhältnisse bis ca. 1955/60 waren schwierig. Ohne Frage. Über unseren Heimatort war die Front drübergerollt. Meine Großeltern bewohnten bis zum Hausbau 1960 eine Dreiraumwohnung mit zwei Erwachsenen und vier Kindern (wovon das älteste de facto bei seinen Großeltern wohnten, die zwar ähnlich unkonfortabel (keine Zentralheizung, Kohleherd, kein Bad, kein Innen-WC) wohnten, aber pro Kopf etwas mehr Platz hatten). Als meine Großmutter 1961 starb war für meinen Großvater allerdings auch der Herr Pfarrer gestorben.

 

Die anderen Großeltern wohnten zuerst bei meinen Urgroßeltern in einem Behelfsheim bis 1951/52 das Haus fertig war. Zwar immerhin 6 bewohnbare Räume + Bad und fließend Wasser aber ohne Zentralheizung und mit Eisblumen an den Schlafkammerfenstern im Winter). 1961/62 bauten sie ein neues, modernes Haus eine Straße weiter.

 

Beide Familien legten aber auch Wert darauf, daß alle Kinder ihre Chance im Wirtschaftswunder nutzten und vernünftige Ausbildungen machten. Weder das Thema Mitgift noch eine Bevorzugung der ersten Kinder spielten in den 1960/70er Jahre noch eine Rolle.

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Entweder Kloster oder halt so ne Art kostengünstige und ziemlich rechtlose Magd/Knecht bei Bruder Nr. 1 oder Schwester Nr. 1 auf dem mickrigen Selbstversorgerhof.

 

Ja, so ähnlich habe ich das vor geschätzten 40 Jahren mal gehört - von einer Ordensfrau, die damals schon deutlich in den 80ern, und so nebenbei bemerkt die schönste alte Dame war, die mir je über den Weg gelaufen ist: groß gewachsen, schlank und immer noch sehr beweglich, von Kopf bis Fuß in weiss gekleidet (sie war Chefin der Klosterwäscherei), mit einem ungemein wohlgeformten, immer noch attraktiven Gesicht - der Rest war ja unter der Haube. In der Wäscherei arbeiteten noch zwei oder drei andere Nonnen und vielleicht ein knappes Dutzend Frauen zwischen 40 und 60 /65 Jahren, die ihr unterstellt waren. Der Job in der Wäscherei war bei denen anscheinend recht beliebt, weil die "Chefin" sich den Frauen gegenüber so gerecht verhalten habe (was in anderen Arbeitsbereichen des Klosters anscheinend nicht immer der Fall war - da hat es schon üble Nonnendrachen gegeben). Sie hatte einen in meinen Ohren merkwürdig klingenden Namen, Schwester M. C..., und dass ich sie nach der Herkunft dieses Namens (der Familienname eines heiliggesprochenen italienischen Priesters und Sozialreformers aus Turin) fragte, war der Anlass, dass wir ins Gespräch kamen, das dann nicht das einzige blieb. Die Frau wusste ungemein spannend aus ihrem Kloster-Leben zu erzählen. Ich habe sie dann irgendwann neugierig gefragt, weswegen sie ins Kloster gegangen sei (und mich insgeheim und unausgesprochen gewundert, dass so eine attraktive Frau, die sie in ihren jungen Jahren gewesen sein musste, in einer Klosterwäscherei landete (in der sie seit Jahrzehnten arbeitete) und nicht geheiratet hatte- die musste doch sehr umschwärmt gewesen sein, dachte ich so vor mich hin.

Ja, die hat dann eine Geschichte erzählt, die so ähnlich wie Deine Erzählung klang. Eines von vielen Kindern einer armen Kleinhäuslerfamilie, und die Perspektiven dieses jungen Mädchens waren nicht sehr vielfältig: entweder heiraten, jahrelang jährlich Kinder kriegen, tagein, tagaus auf dem kleinen Bauernhof schuften, der Mann ging ja meistens noch einer anderen Erwerbstätigkeit nach, und wenn sie Pech gehabt hätte, wär's ein Säufer gewesen, der sie und die Kinder im Suff verprügelte. Oder: unverheiratete Schwester und Magd auf dem kleinen Hof zu bleiben, den der Bruder übernahm, kurz gehalten und möglicherweise von einer biestigen Schwägerin ausgenutzt und drangsaliert zu werden. Da hatte sie das Kloster vorgezogen, und es klang nicht unzufrieden, wie sie darüber erzählte. Ich habe mal ein bisschen in Archiven geblättert und schätze, dass der Orden "damals" (Vor-WK I und Zwischenkriegszeit) und auch noch unmittelbar nach Zweiten Weltkrieg 3000 Ordensschwestern zählte, heute sind es noch 800, wenn's hoch kommt vielleicht auch 1000. Bei den über 2000 "Berufungen", die das Kloster heute im Vergleich zu von vor 100 Jahren nicht mehr hat, dürfte es sich im wesentlichen um "Berufungen" gehandelt haben, die auf einem ähnlichen, ärmlichen Boden gewachsen sind. Das Klosterleben war eindeutig, neben den zwei anderen die verlockendere dritte Alternative. Wer intelligent genug war, wurde als Nonne aufgenommen und genoss als "Klosterfrau" ein gewisses Ansehen und auch durchaus einen gewissen Komfort, wie ich mir habe von Leuten erzählen lassen, die da mal einen Blick in die Klausur geworfen haben. Aus den nicht akzeptierten Bewerberinnen rekrutierte sich dann z.B. das Dutzend Frauen, die ich in der Wäscherei als Waschfrauen arbeiten sah. Deren Arbeits- und Daseinsbedingungen waren allerdings alles andere als prächtig gewesen und hatten sich kurz bevor ich mich in jenem Kloster so nebenbei neugierig bohrend umschaute - ich hatte zeitweise dort zu tun - wesentlich zum Besseren hin geändert: die Schwestern hatten sich nämlich einen "weltlichen" Verwaltungsdirektor zugelegt, der die Hände über dem Kopf zusammenschlug, und erst mal für eine ordentliche Unterbringung und Bezahlung dieser Hilfskräfte sorgte. Auch von ihnen haben einige geplaudert, die hatten sich an den neu über sie hereingebrochenen Luxus von eigenem Zimmer, Duschen, Bädern, Teeküchen, gemütlichen Aufenthaltsräumen etc. UND eigenem Hausschlüssel (!!) noch nicht gewöhnt. Wenn die vorher mal zum Dorffest gegangen sind, hatten sie noch eine Nonne darum bitten müssen, sie zu etwas vorgerückter Stunde noch reinzulassen. Die waren, wie mir schien, allerdings weniger freiwillig dort gestrandet, sondern tatsächlich als überflüssige Esserinnen halt von ihrer Familie, teilweise Jahrzehnte zuvor, ins Kloster abgeschoben worden. Nicht nur eine heutigen Standards entsprechende Unterbringung (die hatten zuvor in 12-Bett-Buden unterm Klosterdach gewohnt), sondern auch die Nachversicherung dieser Frauen hat das Kloster damals einen ordentlichen Batzen Geld gekostet (auch weltliche Kloster-Verwaltungsdirektoren plaudern manchmal ein bisschen aus dem Nähkästchen).

bearbeitet von Julius
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Ich vermute, dass das eine Welt ist, die die meisten hier irgendwo im vorletzten Jahrhundert ansiedeln würde. Es ist aber eine Welt, die es eben vor 50 Jahren noch sehr wohl irgendwo aufm Land - jenseits von Tourismus und Industrie - ganz real auf kleinen Dörfern irgendwo in Südbayern ganz real gab. Und in dieser Welt spielte ein Dorfpfarrer eine wichtige Rolle. Der war noch eine Autorität.

 

Ja, so ging's mir zunächst, und dann habe ich mich daran erinnert, dass es im Rahmen der Bildungsdiskussionen in den 1960er Jahren den Kalauer von dem katholischen Mädchen in Südbayern (oder im Bayerischen Wald oder so) gab, das in Sachen Chancenlosigkeit "Spitze" sei. Irgendwer wollte das statistische ermittelt haben. Das war aber nicht, was ich in meinem Umfeld sehen und erfahren konnte - Südbayern war für mich darum ganz weit weg von meiner Welt.

 

Um es zeitlich mal ein bisschen zurechtzurücken: wenn Du Deine "Großelterngeneration" ins Feld führst, dann entspricht das meiner "Urgroßelterngeneration", und von letzterer weiss ich relativ wenig und auch nur das, was ich so aus Aufzeichnungen erschließen kann, die waren alle vor "meiner" Zeit schon verblichen. Einer meiner Großväter war Jahrgang 1864, der ist schon während des Ersten Weltkrieges gestorben, der andere war Jahrgang 1878, wurde uralt und von dem habe ich noch recht viel erfahren, vor allem als er seine letzten Lebensjahre in unserem Haushalt zubrachte. Und der war schon in den Genuß der Bildungsbeflissenheit seines Vaters, also eines meiner Urgroßväter gekommen, war Mitbegründer einer der ersten württembergischen landwirtschaftlichen Fachschulen - und mein Großvater der Schüler Nummer 1, der in den Annalen dieser Schule verzeichnet ist. Meine Mutter und ihre Schwester waren Bauernkinder, und so selbstverständlich wie ihre Brüder auf dem Gymnasium angemeldet wurden, haben sie das Mädchengymnasium in der nahegelegenen Stadt besucht. Der Dorfpfarrer hatte da gar nichts zu melden, und diejenigen von den Pfarrern im Umfeld, die als Freunde der Familie galten, haben das auch gar nicht versucht sondern allenfalls Wege geebnet, wenn sie darum gebeten wurden.

Ich kann mich daran erinnern, dass wir unmittelbar nach dem Krieg mit vier Familien unter einem Dach recht beengt wohnten, und es weder fließendes Wasser noch einen alten Badeofen gab, den man einmal wöchentlich hätte befeuern können. Das Badewasser musste auf dem Herd erhitzt werden ...

Ich habe jetzt mal, so gut es ging, "meine" Generation Revue passieren lassen. Die meisten von denen, die noch leben, sind jetzt zwischen 70 und 85 Jahre alt, und ich habe nicht einen, vor allem aber nicht eine gefunden, der/die keinen Beruf erlernt hätte oder bei denen der Pfarrer die Richtung vorgegeben hätte - bei den Frauen sind's meistens typische Frauenberufe gewesen, einige wenige von den Mädels haben sich auch schon über dieses Klischee hinweggesetzt.

Mir scheint, ich bin tatsächlich in einer völlig anderen Welt groß geworden. Vielleicht weil es keine geschlossene katholische Welt war - möglicherweise hat die Bildungsbeflissenheit der Protestanten auf die Katholiken abgefärbt.

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