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Der Tempel Gottes - Juden und Christen


Shubashi

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Ich habe diesen schönen Text über den Tempelberg aus jüdischer Sicht gefunden.

Darin fand ich folgende interessante Bemerkung, die ich aber nicht wirklich verstehe:

 

...

Also bat ich einen amerikanischen Christen – einen befreundeten Professor von der Harvard Divinity School –, eine Vorlesung über das Neue Testament zu halten.

Meine Studenten waren neugierig und offen. Doch der Besuch wurde vom ersten Satz an zum Fiasko. "Um das frühe Christentum zu verstehen", so begann der Kollege, "müssen Sie den Zweiten Tempel kennen, aus dem es entstand."

Welche Bedeutung hat der "Tempel" des alten Testaments für uns Christen?

Hat er überhaupt eine? Ist uns diese Bedeutung nur nicht bewusst?

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"Um das frühe Christentum zu verstehen", so begann der Kollege...

Im neuen Testament gibt es jeden Menge Tempel-Analogien und -Vergleiche, ich denke, das hebt darauf ab.

 

Werner

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Was ich an dem Artikel merkwürdig finde: Er erwähnt nicht, dass der Tempel verbunden war mit rituellen Opfern. Was Jesus unter dem Tempel verstand, ist in der Exegese recht umstritten. Es gibt die Vertreibung der Händler aus dem Tempel, die ja gerade die Heiligkeit des Ortes betonte, dagegen den Opferbetrieb in Frage stellte, es gibt das Tempellogion, das mit großer Sicherheit eine Rolle bei seiner Verurteilung spielte.

 

Bei den frühen Christen die Fraktion der Jerusalemer Urgemeinde, die in Jerusalem auf die Wiederkunft des Herrn wartete, das war die Hauptbeschäftigung der Urgemeinde, die Sammlung des Paulus zugunsten dieser Gemeinde, die nicht nur karitativen Charakter hatte, sondern auch die Verbindung der Heidenchristen mit Jerusalem ausdrückte und nicht ganz erfolglos war ...

 

Das Christentum war von Anfang an eine Bewegung ohne Opferkult.

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Ich denke auch, daß das NT den Jerusalemer Tempel nur unter einem bestimmten Gesichtspunkt betrachtet: Verinnerlichung

 

Der Gläubige selbst soll zum Wohnsitz der Schechina werden, er soll rein sein und seine Opfer sind Glaube, Lob und Dank.

 

Interessanterweise scheint die Entwicklung im Judentum nach der Zerstörung des Tempels in eine ähnliche Richtung gegangen zu sein.

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Interessanterweise scheint die Entwicklung im Judentum nach der Zerstörung des Tempels in eine ähnliche Richtung gegangen zu sein.

Schon nach der Zerstörung des ersten Tempels. Als die Bundeslade weg war.

 

Werner

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Ja, aber die Anziehungkraft als religiöses Zentrum hat doch stark gelitten.

Zwar versuchten die Propheten des AT alles Mögliche, sie wieder herzustellen, aber ein großer Teil der jüdischen Elite blieb doch lieber in Babylon, und lies den Tempel Tempel sein.

 

Werner

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Ja, aber die Anziehungkraft als religiöses Zentrum hat doch stark gelitten.

Zwar versuchten die Propheten des AT alles Mögliche, sie wieder herzustellen, aber ein großer Teil der jüdischen Elite blieb doch lieber in Babylon, und lies den Tempel Tempel sein.

 

Werner

 

Heute ist es New York. ;)

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Das Christentum war von Anfang an eine Bewegung ohne Opferkult.

nun,

 

inzwischen haben auch wir Christen zum Opferkult zurückgefunden.

 

reine, heilige, makellose Opfergabe

 

nimm diese heiligen Opfergaben an

 

usw.

 

http://www.kathpedia.com/index.php?title=Hochgebet_I_(Wortlaut)

bearbeitet von Petrus
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Wenn man nichts über den Jerusalemer Tempel weiß, versteht man zumindest den Hebräerbrief nicht. Auch das Johannesevangelium bleibt an vielen Stellen ohne Wissen über den Tempel rätselhaft.

 

Natürlich gibt es in der katholischen Kirche das "Opfer", aber in einer völlig neuen Bedeutung: Jesus hat (als "Hoherpriester") seinen gewaltsamen Tod als Hingabe ("Opfer") gedeutet und damit alle bisherigen Opfer überwunden. Dieser Hingabe Christi an den Vater vollziehen wir in jeder Messe mit, deshalb "unblutige Erneuerung des Opfers". Wenn man diese Theologie nicht in der Karikatur-Form des blutrünstigen Gottvaters sieht, der für die Genugtuung das größte denkbare Opfer fordert, sondern als gewaltlose Ganzhingabe Gottes an die Menschen und der Menschen an Gott, dann kann man meines Erachtens auch den Opfercharakter der Messe wieder in positivem Licht sehen. Das Luther hier das Kind mit dem Bade ausgeschüttet hat, hat - wie ich meine - das Abendmahl in der evangelischen Kirche in eine Ecke gestellt, wo es nicht wirklich gedeihen konnte.

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"Tempel" und "Opfer" sind wohl zentrale Begriffe von Religion überhaupt. Wenn sie in jeweiligen Ausprägungen nicht expliziert werrden, dann werden sie zumindest implizit vorhanden sein.

 

Welche Religion kommt denn ganz ohne das Opfer aus und welche ohne einen heiligen Ort? In jeder Religion werden profane und heilige Orte wie Zustände unterschieden und "Opfer" wie "Tempel" liefern dafür die Begrifflichkeit. Eine Synagoge fällt unter den Begriff des Tempels, wie das jede Kirche als Gebäude tut, und jeder religiös motivierter Verzicht ist ein Opfer.

 

Es ist vielmehr reizvoll, welche Religionen universale Begriffe von Religion zu unterdrücken versuchen und damit künstliche Unterscheidungen einführen wollen?

 

Religiöse Menschen kennen immer irgendwelche heilige Orte und heilige Zustande.

 

Gegenüber der Synagoge wäre der eine Tempel ein Rückschritt, weil eine Synagoge viel mehr Möglichkeiten bietet. Weil die Mehrheit der Geneigten gar keinen Tempel mehr wollen, wird er unerreichbar gemacht, denn es soll der Messias sein, der ihn wieder errichten soll, also niemand, der Morgen erwartet wird.

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"Tempel" und "Opfer" sind wohl zentrale Begriffe von Religion überhaupt. Wenn sie in jeweiligen Ausprägungen nicht expliziert werrden, dann werden sie zumindest implizit vorhanden sein.

 

Welche Religion kommt denn ganz ohne das Opfer aus und welche ohne einen heiligen Ort? In jeder Religion werden profane und heilige Orte wie Zustände unterschieden und "Opfer" wie "Tempel" liefern dafür die Begrifflichkeit. Eine Synagoge fällt unter den Begriff des Tempels, wie das jede Kirche als Gebäude tut, und jeder religiös motivierter Verzicht ist ein Opfer.

 

Es ist vielmehr reizvoll, welche Religionen universale Begriffe von Religion zu unterdrücken versuchen und damit künstliche Unterscheidungen einführen wollen?

 

Religiöse Menschen kennen immer irgendwelche heilige Orte und heilige Zustande.

 

Gegenüber der Synagoge wäre der eine Tempel ein Rückschritt, weil eine Synagoge viel mehr Möglichkeiten bietet. Weil die Mehrheit der Geneigten gar keinen Tempel mehr wollen, wird er unerreichbar gemacht, denn es soll der Messias sein, der ihn wieder errichten soll, also niemand, der Morgen erwartet wird.

 

Die Synagogen entstanden aus der Not in der Fremde in Babylon als Möglichkeit der Judäer / Juden die eigene Identität zu wahren. Dennoch bauten die aus dem Exil Zurückgekehrten dén Tempel wieder auf.

In allen relevanten altorientalischen Religionen ist das Opfer ein zentraler Akt der Gottesverehrung, für den es keinerlei adäquaten Ersatz gab. Opfer ist etwas ganz Konkretes: die Darbringung von Speisen (v.a. Fleisch oder Gebäck) oder Weihrauch. In einigen Formen des Opfers ist mit dem Vollzug des Opfers ein ein heiliges Mahl verbunden, in dem sich die Teilnehmenden sowohl der Gemeinschaft untereinander als mit Gott versichern. Insofern ist die Synagoge bestenfalls eine zweitbeste Lösung und keinesfalls ein Ersatz für den Tempelkult. Erst später hat sich im Judentum die Idee des Schriftkundigen durchgesetzt, der den wahren Gottesdienst im Nachdenken über den Willen Gottes aus den Schriften sieht.

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Insgesamt zum Tempel und frühem Christentum.

Ich denke, man muss unterscheiden zwischen der Zeit vor 70 n. Chr. und der Zeit nach der Tempelzerstörung. Außerdem muss man zwischen den hebräischen und den nichthebräischen Christen (hier v.a. den Heidenchristen) unterscheiden.

 

Die ersten hebräischen Christen sahen sich als Variante des Judentums. Und insofern gibt es hier keinen Unterschied in ihrer Sichtweise zur Rolle des Tempels im Vergleich zu den Juden. Erst der Hinauswurf aus den Synagogen und die Zerstörung des Tempels ändern hier die Sichtweise. Und im Lichte dieser Erfahrungen sind auch die Tempelworte des NT verfasst.

Mir scheint es historisch wahrscheinlich, dass Jesus gegen den zeitgenössischen Tempelkult gepredigt hat. Im fragilen politischen Gleichgewicht der damaligen Zeit war das ein Tabu, denn es stellte die mühevoll verteidigte Identität der Juden gegenüber den Römern infrage und hatte in sich den Keim zur Revolte, was wiederum den Römern nicht gefallen konnte.

 

Wenn man die Ereignisse des Palmonntags ernst nimmt (Jesus zieht wie ein davidischer König in Jerusalem ein und "reinigt" den Tempel), dann wird dies noch radikaler. Jesus erhebt den Anspruch, König über Israel zu sein, und als dieser hat er nach altorientalischer Auffassung auch die Oberhoheit über den Tempel. Jesus will die Spielregeln festlegen. Das sind Sakrilege, die die Todesstrafe verdienen, da Jesus aus Sicht der Verantwortlichen dies volkommen unautorisiert tut.

 

Bei Verfassung der Evangelien ist der Jerusalemer Tempel Vergangenheit. An die Stelle des Tempels tritt mehr und mehr Jesus selbst. Sein Opfer am Kreuz gleicht dem Opfer im Tempel. Die Vorhersage der Tempelzerstörung, wird auf Jesus übertragen ("...er aber meinte den Tempel seines Leibes"), wobei den Autoren dieser Übertragung noch klar ist, dass sich Jesu Weissagung sich auf den Tempel bezog, da sie mit dem Missverständnis Gebäude/Leib spielen. Diese Weissagung selbst scheint ursprünglich aus dem Ereignis der Tempelzerstörung selbst Jesus in den Mund gelegt worden zu sein.

 

Die Judenchristen wissen natürlich genau, welche Rolle der Tempel spielt und der Hebräerbrief kann dieses Wissen voraussetzen. Hier ist aber schon die symbolische Übertragung voll entwickelt.

 

Für die Heidenchristen spielte der Tempel keine Rolle. Hier werden auch andere Erklärungsmuster für den Tod Jesu gewählt, beispielsweise Jesus als Sündenbock (zwar auch ein jüdisches Opferritual, aber ein Besonderes, das auch außerjüdisch leicht verstanden wurde). Und als in den Aufständen von 110 n.Ch. die hebräische Kirche unterging, waren konkrete Vorstellungen eines Tempelkultes endgültig obsolet.

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