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Priesterliche Umgangsformen und Priesterbild


Studiosus

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Grüß Gott liebe Mitforanten,

 

zuvorderst sei der Hinweis erlaubt, dass es sich bei diesem Thread zugleich um meinen ersten Beitrag im Forum handelt. User und Moderatoren mögen mir daher nachsehen, wenn ich etwas falsch gemacht habe und ggfs. verschieben/löschen.

 

 

Nun aber in medias res:

 

Den Titel dieses Themas habe ich in Anlehnung an die 1929 erstmals erschienene Handreichung "Priesterliche Umgangsformen" des Jesuiten Ludwig Hertling gewählt. Die Lektüre dieses Handbuchs (auch scherhaft als "Priesterknigge" bezeichnet) hat in mir die Frage aufkommen lassen, ob für den Priester in Leben und Alltag gewisse Verhaltensnormen verbindlich sein sollten. Darunter verstehe ich nicht die katholischen "Basics", also z. B. das Einhalten des Zölibats. Vielmehr interessiert mich die Frage nach einem "priesterlichen Habitus", der sich in Auftreten und Handeln des Priesters immerzu abzeichnen sollte. Diese "priesterliche Manierlichkeit" vermisste ich oft bei den Priestern mit denen ich näheren Kontakt hatte. Die einzige Gelegenheit, in der sich viele Priester ihres Priestertums errinnerten, schien mir oftmals die Messe zu sein. Hierbei zogen sie sozusagen mit dem Messgewand ihre "Identität" an.

 

Zur Illustrierung könnte ich einen autobiographischen Schwank nachreichen, sofern das Thema auf Interesse stößt. Doch dies möchte ich zunächst abwarten und die Frage dahingehend formulieren, ob ihr es für gut und angebracht hieltet, würden sich Priester gewissen Einschränkungen und Normen im sozialen Umgang und der eigenen Lebensführung unterwerfen. Hertling handelt in seinem Werk nahezu alle Bereiche des (priesterlichen) Lebens ab.

 

Diese umfassen u. a.:

 

- Verhalten des Priesters in der Freizeit ("Hobbies")

- Umgang mit Frauen

- Auftreten in der Öffentlichkeit (außerhalb der Messe)

- Kleidungsvorschriften

- Körperpflege und Laster (Rauchen, Trinken etc.)

 

Hertling gibt dazu Empfehlungen ab, die vielen heutigen Lesern wohl anachronistich und "biedermännisch" vorkommen. Ich frage dennoch in die Runde, ob hier nicht ein wahrer Kern zugrunde liegt. Sollte ein Priester sich durch Verhaltensweisen und Habitus vom "Volk" abgrenzen. Ist es legitim dies zu verlangen? Oder anders gefragt: wie schwer wiegt die Individualität der Person (des Priesters) gegenüber den Verpflichtungen des Standes? Auch der Priester ist ein Mensch. Doch ein - meiner Meinung nach - durch das Siegel der Weihe in seinem Wesen von anderen Menschen unterschiedener.

 

 

 

Wenn ich meinen Beitrag nochmal gegenlese, fällt mir auf, dass die angesprochenen Bereiche auch eng mit der Frage nach dem Priesterbild verbunden sind. Diesen Diskussionspunkt würde ich daher gerne im Rahmen dieses Themas ebenfalls bearbeiten. Hat das aktuelle Priesterbild (fallls man auf die Gesamtkirche bezogen von einem einheitlichen Priestertypus überhaupt sprechen kann) eine Korrektur nötig? Die priesterliche Identität scheint mir doch - in Anbetracht komplexer werdender Seelsorge und Verwaltung - in einer Krise zu sein.

 

Oder provokant formuliert: Franziskus oder Pius? Was ist der Kirche und dem Gottesvolk eurer Meinung nach zuträglicher? Ist es eher der "konservative" Typus, der zwar Soutane trägt, Latein mit der Muttermilch aufgesogen hat und den CIC auswendig kennt, dafür aber wenig "volksnah" und eher distanziert ist? Oder doch der Hirte, der den "Stallgeruch" der Herde angenommen hat? Der zwar im Bezug auf Kirchenrecht und römische Direktiven großzügig beide Augen zudrückt, dafür jedoch einen guten, unverstellten Draht zu allen Menschengruppen hat, die sich ihm nahen. Der - i. S. v. Papst Franziskus - auch an die Ränder geht? Dass es zwischen beiden Typen Schnittmengen gibt, setze ich einmal voraus.

 

Oder nochmals verkürzt ausgedrückt: Sind die Zeiten des "Hochwürden" vorbei?

 

Eure Meinungen hierzu (gerne auch von den direkt "Betroffenen", d. h. den Priestern, die hier evtl. mitschreiben) würden mich sehr interessieren. Dabei soll die Diskussion nicht in eine generelle Priesterschelte (egal in welche Richtung) abdriften, die uns nicht zusteht.

 

Für den wohl zu lang geratenen ersten Beitrag entschuldigt sich,

 

Studiosus

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Ordentliche Umgangsformen erwarte ich von allen hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kirche. Ob jemand Soutane, Ordenskleid oder ähnliches trägt, ist mir egal: die Kutte macht noch keinen Mönch.

Aber wir können gern diskutieren, was einen guten Seelsorger, eine gute Seelsorgerin charakterisiert.

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Ja, die Zeiten des "Hochwürden" sind vorbei.Der Beruf des Priesters ist aber immer noch mit einer bestimmen Erwartungshaltung in der Bevölkerung verbunden. Darauf sollte ein Priester Rücksicht nehmen. Er repräsentiert auch außerdienstlich die Kirche.

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Grüß Gott liebe Mitforanten,

 

zuvorderst sei der Hinweis erlaubt, dass es sich bei diesem Thread zugleich um meinen ersten Beitrag im Forum handelt. User und Moderatoren mögen mir daher nachsehen, wenn ich etwas falsch gemacht habe und ggfs. verschieben/löschen.

 

 

Nun aber in medias res:

 

Den Titel dieses Themas habe ich in Anlehnung an die 1929 erstmals erschienene Handreichung "Priesterliche Umgangsformen" des Jesuiten Ludwig Hertling gewählt. Die Lektüre dieses Handbuchs (auch scherhaft als "Priesterknigge" bezeichnet) hat in mir die Frage aufkommen lassen, ob für den Priester in Leben und Alltag gewisse Verhaltensnormen verbindlich sein sollten. Darunter verstehe ich nicht die katholischen "Basics", also z. B. das Einhalten des Zölibats. Vielmehr interessiert mich die Frage nach einem "priesterlichen Habitus", der sich in Auftreten und Handeln des Priesters immerzu abzeichnen sollte. Diese "priesterliche Manierlichkeit" vermisste ich oft bei den Priestern mit denen ich näheren Kontakt hatte. Die einzige Gelegenheit, in der sich viele Priester ihres Priestertums errinnerten, schien mir oftmals die Messe zu sein. Hierbei zogen sie sozusagen mit dem Messgewand ihre "Identität" an.

 

Zur Illustrierung könnte ich einen autobiographischen Schwank nachreichen, sofern das Thema auf Interesse stößt. Doch dies möchte ich zunächst abwarten und die Frage dahingehend formulieren, ob ihr es für gut und angebracht hieltet, würden sich Priester gewissen Einschränkungen und Normen im sozialen Umgang und der eigenen Lebensführung unterwerfen. Hertling handelt in seinem Werk nahezu alle Bereiche des (priesterlichen) Lebens ab.

 

Diese umfassen u. a.:

 

- Verhalten des Priesters in der Freizeit ("Hobbies")

- Umgang mit Frauen

- Auftreten in der Öffentlichkeit (außerhalb der Messe)

- Kleidungsvorschriften

- Körperpflege und Laster (Rauchen, Trinken etc.)

 

Hertling gibt dazu Empfehlungen ab, die vielen heutigen Lesern wohl anachronistich und "biedermännisch" vorkommen. Ich frage dennoch in die Runde, ob hier nicht ein wahrer Kern zugrunde liegt. Sollte ein Priester sich durch Verhaltensweisen und Habitus vom "Volk" abgrenzen. Ist es legitim dies zu verlangen? Oder anders gefragt: wie schwer wiegt die Individualität der Person (des Priesters) gegenüber den Verpflichtungen des Standes? Auch der Priester ist ein Mensch. Doch ein - meiner Meinung nach - durch das Siegel der Weihe in seinem Wesen von anderen Menschen unterschiedener.

 

 

 

Wenn ich meinen Beitrag nochmal gegenlese, fällt mir auf, dass die angesprochenen Bereiche auch eng mit der Frage nach dem Priesterbild verbunden sind. Diesen Diskussionspunkt würde ich daher gerne im Rahmen dieses Themas ebenfalls bearbeiten. Hat das aktuelle Priesterbild (fallls man auf die Gesamtkirche bezogen von einem einheitlichen Priestertypus überhaupt sprechen kann) eine Korrektur nötig? Die priesterliche Identität scheint mir doch - in Anbetracht komplexer werdender Seelsorge und Verwaltung - in einer Krise zu sein.

 

Oder provokant formuliert: Franziskus oder Pius? Was ist der Kirche und dem Gottesvolk eurer Meinung nach zuträglicher? Ist es eher der "konservative" Typus, der zwar Soutane trägt, Latein mit der Muttermilch aufgesogen hat und den CIC auswendig kennt, dafür aber wenig "volksnah" und eher distanziert ist? Oder doch der Hirte, der den "Stallgeruch" der Herde angenommen hat? Der zwar im Bezug auf Kirchenrecht und römische Direktiven großzügig beide Augen zudrückt, dafür jedoch einen guten, unverstellten Draht zu allen Menschengruppen hat, die sich ihm nahen. Der - i. S. v. Papst Franziskus - auch an die Ränder geht? Dass es zwischen beiden Typen Schnittmengen gibt, setze ich einmal voraus.

 

Oder nochmals verkürzt ausgedrückt: Sind die Zeiten des "Hochwürden" vorbei?

 

Eure Meinungen hierzu (gerne auch von den direkt "Betroffenen", d. h. den Priestern, die hier evtl. mitschreiben) würden mich sehr interessieren. Dabei soll die Diskussion nicht in eine generelle Priesterschelte (egal in welche Richtung) abdriften, die uns nicht zusteht.

 

Für den wohl zu lang geratenen ersten Beitrag entschuldigt sich,

 

Studiosus

 

 

Grüß Gott, Stiudiosus.

 

Das Wichtigste zuerst: Herzlich willkommen im Forum.

 

Grundsätzlich, um auf Deine Eingangsfrage zu antworten,

 

gibt es drei unerlaubte Griffe des Priesters:

 

1) den Griff zur Flasche

2) den Griff in die Kasse

3) den Griff untern Rock.

 

:78:

bearbeitet von Petrus
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Formal sind Priester wohl gehalten, an ihrer Kleidung erkennbar zu sein ("Kalkleiste").

 

Des weiteren muß einem Priester klar sein, daß ihn in der Pfarrei sehr viele Menschen kennen und auch wiedererkennen. Also - ganz unabhängig vom Äußeren - vernünftiges Benehmen in der Öffentlichkeit. Das gilt natürlich auch für alle anderen pastoralen Mitarbeiter.

 

Ansonsten: Mir ist ein Priester mit Persönlichkeit allemal lieber als einer, der sich hinter Konventionen versteckt, ganz unabhängig von seiner kirchenpolitischen Einstellung.

 

Hobbies: Ja, bitte! Auch ein Priester bleibt ein Mensch und braucht einen Ausgleich zu seinem anstrengenden "Job". Dabei ist es egal, ob er an einer Modelleisenbahn baut oder Motorrad fährt (das bitte, ungeachtet anderer Bekleidungsvorschriften, in Lederkombi und Helm!).

 

Ach ja: Die Zeiten des "Hochwürden" sollten meiner Meinung nach vorbei sein. So ganz werden sie allerdings nie vorbei sein - solange ein Priester eine "Person des öffentlichen Lebens" ist wird er immer an den Honoratiorentisch gebeten werden.

bearbeitet von Moriz
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Zunächst recht lieben Dank an alle, die bisher geantwortet haben. Und auch für den Willlkommensgruß.

 

Ich werde später - wenn ich wieder in Reichweite eines PCs bin - das Thema noch etwas weiter ausführen (dann ergeben sich vielleicht noch interessante Disskusionspunkte).

 

Bisher scheint der allgemeine Tenor eher dahin zu gehen, den "Hochwürden" zu beerdigen.

 

Zu bemerken hätte ich dazu ad hoc zweierlei: Zum einen scheinen mir die Gemeinden und Gläubigen - außerhalb des traditionalistischen Spektrums - mit dem "klassischen Priesterbild" nicht mehr viel anfangen zu können. Sprich: Dieser Priesterschlag ist eher unerwünscht und sorgt für Komplikationen.

 

Zum anderen kommt es mir so vor - gespeist aus Bekanntschaften mit Priestern und Seminaristen - dass die Verantwortlichen in den Seminarien dieses priesterliche Selbstverständnis ihren Schützlingen recht schnell "austreiben". Allerdings nur denen, die nicht bereits von sich aus dem modernen Priesterbild anhangen (was ohnehin der weitaus größere Teil sein dürfte).

 

Ich würde ergänzen: ein hochwürdiger Herr ist der Priester aufgrund seiner Weihe immer. Ob er hingegen als solcher anerkannt wird hängt von verschiedenen Faktoren ab. Nicht zuletzt auch von der kirchenpolitischen Ausrichtung seines Umfelds.

 

Saluti cordiali,

 

Studiosus.

bearbeitet von Studiosus
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