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Historische vs. psychologische Bibelauslegung


Aleachim

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vor 37 Minuten schrieb Xamanoth:

Bei Literatur stimme ich dir zu; ich denke auch, dass die Vielschichtigkeit von Hamlet und Odysee über die Intentionen von Shakespeare und Odysseus hinausgeht.

 

Für Sach- und philosophietexte gilt dies m.E. jedoch höchst eingeschränkt.

 

Ich hatte immer den Eindruck, dass Juristerei und Theologie viel gemeinsam haben, meine Schulung in jur. Methodenlehre mir auch beim Verständnis einer Religion helfen kann und die wesentlichen Auöegungsmethoden - Systematik,  Historie, Telos und Wortlautinterpretation auch beim Bibelverständnis helfen können.

 

Wenn ich eine. abschnitt des HGB verstehen will, brauche ich mindestens zwei Kommentare. Bei der Bibel soll hingegen allein mein naives Laienverständnis ein Massstab sein?

Willkommen im Club, Bruder!

😉

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vor einer Stunde schrieb Studiosus:

Die Diskussion um die rechte Auslegung der Heiligen Schrift, so wie sie hier geführt wird, ist ohnehin müßig.

 

Denn sie übersieht, dass der Einzelne, sei er Laie oder Kleriker, ohnehin keine verbindliche und authentische Auslegung der Schrift vornehmen kann. Dies behält sich das Lehramt (Praestantia scripturae), auf Grundlage der Ergebnisse der Päpstlichen Bibelkommission (Vigilantiae studiique), vor. 

 

Die Privatmeinung eines Laien, Klerikers oder Professors mag überzeugend, irrig, innovativ oder ärgerlich sein. Am Ende des Tages ist sie - bis auf die je eigene Bedeutung für den Exegeten - irrelevant. Und das ist auch gut so.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

 

 

 

Falls eine theologische Meinung dem Lehramt (welchem auch immer, bischöflich, päpstlich, Konzil etc.) eine neue Erkenntnis vermittelt, dann ist das alles andere als irrelevant. Theologen haben schon immer konziliaren Entscheidungen den Weg bereitet. Die einen gingen irr, die anderen nicht. Das weiß man erst nachher. ;)

 

(Oder würdest Du bspw. sagen die Meinungen des Theologen Thomas OP, geboren in Aquino, waren im 13. Jahrhundert und "am Ende des Tages" irrelevant?)

bearbeitet von rorro
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vor 8 Stunden schrieb Aleachim:

Was ich jetzt nicht verstehe, ist, warum bei einer psychologischen Deutung irgendwie immer mitschwingt, dass das dann nicht historisch sei…

 

 

Ich gehe sogar noch weiter. Es kann historisch auch in dem Sinne sein, daß es wirklich faktisch so passiert ist und trotzdem noch zusätzliche Bedeutungen haben. Das darf man Gott durchaus zutrauen. Ich verstehe es auch nicht, daß das Betonen der einen Bedeutung (sei sie psychologisch, moraltheologisch, eschatologisch etc.) oftmals mit einer Herabstufung der stattgehabten Historizität einhergeht.

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@rorro

 

Nein, das behaupte ich nicht.

 

Ich habe doch die von Leo XIII. ins Leben gerufene Päpstliche Bibelkommission genannt. Dort diskutieren und analysieren ausgewählte Fachleute über Streitfragen und Auslegungen. Dieser Ergebnisse bedienen sich die Päpste. Oder auch nicht. An die Resultate dieser Kommission ist das Lehramt nicht gebunden.

 

Daher bleibe ich dabei. Die exegetische Leistung einzelner Gelehrter entfaltet keine allgemeine Verbindlichkeit. Außer das Lehramt bestätigt sie. So verhält es sich auch mit der - zugegeben brillanten - Catena Aurea des Aquinaten. Die wohl, auch ohne Rücksicht auf den heiligen Urheber, über alle Kritik erhaben sein dürfte.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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Aber die Summa theologiae fand insbesondere Leo XIII. schon ziemlich verbindlich. Aber wie gesagt, immer erst später. Henri de Lubac SJ war ja vor dem 21. Ökumenischen Konzil auch nicht everybody's darling und nach dem Konzil schwer in Mode (der Mann war auch sehr gut!). Also: theologische Arbeiten sind wichtig als Hilfe für das Lehramt. Nicht mehr, nicht weniger. Es gibt allerdings auch Theologen, die küngen sich wichtiger als das Lehramt (*finde den Fehler, hüstel*).

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vor 22 Minuten schrieb rorro:

Aber die Summa theologiae fand insbesondere Leo XIII. schon ziemlich verbindlich. Aber wie gesagt, immer erst später. Henri de Lubac SJ war ja vor dem 21. Ökumenischen Konzil auch nicht everybody's darling und nach dem Konzil schwer in Mode (der Mann war auch sehr gut!). Also: theologische Arbeiten sind wichtig als Hilfe für das Lehramt. Nicht mehr, nicht weniger. Es gibt allerdings auch Theologen, die küngen sich wichtiger als das Lehramt (*finde den Fehler, hüstel*).

 

Ich sprach von Exegese. Und nur von dieser. Du wirfst da verschiedene Disziplinen durcheinander über die ich gar nichts gesagt habe. 

 

Aber ich äußere mich trotzdem mal: Ja, die Summa Theologiae ist (bzw. war) verbindlich und über Jahrhunderte war der Thomismus bzw. die Scholastik der theologische Standard in den Priesterseminaren und Universitäten. Wann und wodurch sich das geändert hat muss ich hier wohl nicht wiederholen. Daran ist dein zweitgenannter Autor nicht unbeteiligt gewesen.

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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Diese Aufspaltung in Disziplinen gab es früher ja nicht. Die Sentenzen des Petrus Lombardus bspw. sind u.a. auch Schriftinterpretation, die Kommentare dazu (u.a. von Bonaventura und Thomas) sind es natürlich auch. Ohne Schrift ging es nie und geht es bis heute nicht (ich empfehle Dir das Breviloquium von Bonaventura!). Und natürlich interpretiert die Summa von Thomas auch die Schrift. Noch einmal: diese Aufteilung der theolog. Disziplinen ist recht jungen Datums (und hat sich bspw. in den Ostkirchen, ob katholisch oder nicht, bis heute nicht so sehr bewährt).

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vor 12 Minuten schrieb rorro:

Diese Aufspaltung in Disziplinen gab es früher ja nicht. Die Sentenzen des Petrus Lombardus bspw. sind u.a. auch Schriftinterpretation, die Kommentare dazu (u.a. von Bonaventura und Thomas) sind es natürlich auch. Ohne Schrift ging es nie und geht es bis heute nicht (ich empfehle Dir das Breviloquium von Bonaventura!). Und natürlich interpretiert die Summa von Thomas auch die Schrift. Noch einmal: diese Aufteilung der theolog. Disziplinen ist recht jungen Datums (und hat sich bspw. in den Ostkirchen, ob katholisch oder nicht, bis heute nicht so sehr bewährt).

 

Selbstverständlich. Theologie wird kaum ohne Rekurs auf die ihr zu Grunde liegende Heilige Schrift auskommen. Dennoch betrachte ich die Summa des Thomas und ähnliche Werke nicht als genuin exegetische Schriften. Darum ging es mir.

 

Außerdem spreche ich von der Jetzt-Zeit. Und in unseren Tagen hat sich die Emanzipation der einzelnen theologischen Disziplinen schon lange vollzogen.

 

Darum bringt es für unsere Diskussion um die modernen Methoden der Exegese wenig, auf die holistische Theologie früherer Jahrhunderte zu blicken. Im Übrigen stimme ich deiner vorherigen Aussage zu: Theologische Arbeiten können Hilfen für das Lehramt sein. Nicht mehr, nicht weniger. Damit habe ich dann auch schon alles gesagt, was ich bereits in meinem anderen Beitrag ausdrücken wollte.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 4 Stunden schrieb Studiosus:

 

Luft anhalten. Ein Ausschnitt aus einem MEINER Texte. Ich halte das Urheberrecht.

 

Hätte ich aus einem Fremdwerk zitiert kannst Du sicher sein, dass ich die Fundstelle angeben würde.

 

Oder sucht man mittlerweile nach Vorwänden, um kritische Beiträge zu entfernen?

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

Bin Zeuge. Sein Text.

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vor 22 Minuten schrieb nannyogg57:

So kann man vor der Wissenschaft und vor dem Lehramt gleichermaßen bestehen, vielleicht sogar vor Studiosus und, wenn der Herr gnädig ist, vor Mecky, man ist irrelevant.

 

:lol:

 

Zu deinem gesamten Beitrag kann ich eigentlich nur zustimmend nicken. Du hast hier, denke ich, die Reibungsflächen, an denen Dogmatik und Exegese aneinander geraten, sehr zutreffend dargestellt.

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

 

bearbeitet von Studiosus
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15 hours ago, Aleachim said:

Beim Lesen von helmuts Thread „Mt 15, 21-28“ in den GG wo es um Jesu Streitgespräch mit der Kanaaniterin geht, kam mir etwas wieder in den Sinn, worüber ich mich schön öfter gewundert habe.

Ich möchte hier allerdings einen eigenen Thread starten, weil die Stelle bei Matthäus gar nicht zu dem passt, was ich fragen/sagen möchte.

 

Obwohl ich das ganze gern allgemein diskutieren möchte, gelingt es mir nicht, meine Frage allgemein zu formulieren. Ich möchte deshalb eine Bibelstelle als Beispiel nennen, ohne dass es zwingend um diese Bibelstelle gehen soll. Nämlich der Gang Jesu auf dem Wasser: Mt 14,22-33

 

Irgendwo, wahrscheinlich sogar hier im Forum, hab ich dazu mal einen psychologischen Ansatz gelesen, der in die Richtung geht, dass das Wasser für Gefühle steht. Heftige Gefühle, die einen regelrecht überfluten. Und dieser Jesus schafft es in unerklärlicher Weise, trotz einer solchen Flut von Gefühlen Herr der Lage zu bleiben. Nicht nur, dass er darin schwimmt, ohne unterzugehen, (Was bei solch einem Sturm auch schon eine immense Leistung wäre.) nein, er geht über das Wasser (der Gefühle). 

 

Sicher können andere das besser erklären. Ich hoffe, es ist nicht zu stümperhaft. Aber ich denke, man versteht, was ich sagen will.

 

Bei einer solchen Interpretation, gibt es dann üblicherweise auch die „Gegner“, die den Gang Jesu übers Wasser als physiologische Tatsache verstehen (wollen). Ihnen ist es wichtig dass Jesus tatsächlich physisch über diesen See gelaufen ist.

 

Was ich jetzt nicht verstehe, ist, warum bei einer psychologischen Deutung irgendwie immer mitschwingt, dass das dann nicht historisch sei…

 

Angenommen, Jesus ist wirklich niemals über irgendein real existierendes Gewässer gegangen, sondern die Jünger haben einfach dieses Erlebnis wie Jesus mit seinen Gefühlen umgeht, mit dieser Geschichte bebildert, dann kann man das m. E. trotzdem „historisch“ nennen. Nicht historisch in dem Sinn, dass es auch in einem Geschichtsbuch stehen könnte, aber historisch in dem Sinn, dass dieser Gang auf dem „Wasser“ (der Gefühle) tatsächlich und für andere wahrnehmbar, aber beinahe unglaublich, stattgefunden hat.

 

Gruß

Michaela

 

 

Ich bin eher unsicher, ob das Zurueckgreifen auf nur ein Beispiel wirklich sinnvoll ist. Die Bibel ist ein Gesamtwerk und hat einen inneren Zusammenhang und bei der Beurteilung von einzelnen Texten braucht es das Gespuer fuer den ganzen Zusammenhang, sonst endet man sowieso bei der Steinbruchexegese und interpretiert im luftleeren Raum. 

 

Mir geht bei deiner Frage anderes  durch den Sinn, ich will es  kurz schildern. Bei dem ganzen ideologischen Gezerre hier in letzter Zeit um die "richtige" Bibelauslegung bzw. darum, die Bibel als ideologisches Schundwerk einiger Schwachkoepfe zu deklarieren, denen man besser nichts glauben sollte,  wird vernachlaessigt, was eigentlich uns selbst dieses Buch bedeutet (wenn es denn ueberhaupt etwas bedeutet) oder bedeuten sollte. Ich moechte es von mir aus sagen: wenn ich die Bibel in die Hand nehme (ich habe sie auch im Kindle, aber das in die Hand nehmen, ist mir einfach viel sinnlicher) habe ich das Gefuehl, einen Schatz in der Hand zu haben, einen unermesslichen Schatz der Menschheit. Fuer mich ist die Bibel das Traumbuch der Menschen, in dem sie Dinge auf eine gewisse Weise schildert, die nicht anders schildern zu sind als bestimmten sehr tiefen und oft auch unverstaendlichen Bildern. (Zum Beispiel gibt es bei Ezechiel eine Schilderung von Gottes Thronwagen und den vier Engelwesen, eine Vision, die versucht, das Unbeschreibliche zu beschreiben und wohl am naechsten  dem kommt, was man ueberhaupt darueber "erklaeren" kann). 

 

Der Wunsch, dieses Buch zu ergruenden (siehe den von Gouvernante genannnte Schriftsinn) muss meines Erachtens fuer den einzelnen (Glaeubigen) dann scheitern, wenn sein Blick auf die Heilige Schrift (und ich sage diesen Begriff extra deutlich an dieser Stelle) nicht mehr der eines an der Quelle dieses Buches  Trinkenden ist (klingt auch dramatisch, aber anders kann ich es nicht erklaeren), sondern in trockene Beckmesserei sich verwandelt oder in eine Unfaehigkeit, die verschiedenen Ebenen der Bibel auf sich so wirken zu lassen, dass sie sich nicht ausschliessen, sondern mehr sind als die Summe ihrer Teile, sozusagen. 

 

Du merkst vielleicht, ich habe das Beduerfnis, deiner Frage noch eine weitere umfassendere Ebene hinzufuegen, die meines Erachtens das "vs" unnoetig werden laesst. Noch einmal Ezechiel: "Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, du musst diese Schriftrolle, die ich dir gebe, in dich hineinessen und deinen Leib damit fuelle. Da ass ich sie, und sie war in meinem Mund so suess wie Honig."

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vor 18 Stunden schrieb Aleachim:

Angenommen, Jesus ist wirklich niemals über irgendein real existierendes Gewässer gegangen, sondern die Jünger haben einfach dieses Erlebnis wie Jesus mit seinen Gefühlen umgeht, mit dieser Geschichte bebildert, dann kann man das m. E. trotzdem „historisch“ nennen. Nicht historisch in dem Sinn, dass es auch in einem Geschichtsbuch stehen könnte, aber historisch in dem Sinn, dass dieser Gang auf dem „Wasser“ (der Gefühle) tatsächlich und für andere wahrnehmbar, aber beinahe unglaublich, stattgefunden hat.

 

Entscheidend für einen Sachverhalt ist alleine, welche Relevanz er jetzt hat. Es ist egal, ob Jesus über das Wasser gelaufen ist oder nicht, weil nur zählt, was es jetzt bedeutet.

Die Wahrheit ist das, was es immer und überall bedeutet, der Rest ist das Sammeln von Fakten die in einen "Setzkasten" gestellt und bestaunt werden.

 

Weil das Laufen über das Wasser eines Menschen zu einem Zeitpunkt jetzt nicht viele bedeutet, wird das metaphorisch gedeutet, wie du es gemacht hast.

Die Herrschafft über das Gefühl ist sicher bedeutsamer als die über die Naturgesetze.

Es ist aber so, dass Jesus das Gefühl gar nicht beherrscht hat. Jesus war nicht der Herr über seine Gefühle.

Es ist leichter über das Wasser zu wandeln als über das Gefühl zu herrschen.

 

Wer über das Wasser laufen kann, aber sein Gefühl nicht im Griff hat, der bleibt ein armer Wicht.

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12 hours ago, ThomasB. said:

Historiker wollen auch nicht das Sinnpotential von Texten erschließen, sondern zunächst einmal Fakten ermitteln. Dass dafür die Umstände der Entstehung eines Textes relevant sind, versteht sich. Dass man die Absicht eines Autors mit wissenschaftlicher Genauigkeit ermitteln kann, halte ich für eine Illusion (gut, bei einem Kochbuch ist das natürlich möglich): Bestenfalls kann man eine mehr oder weniger plausible Hypothese aufstellen. Und diese Hypothese wird ein redlicher Historiker immer wieder überprüfen, wenn er auf weitere Quellen etc. trifft.

Das verstehe ich nicht wirklich.

da hat also jemand, sagen wir mal als Beispiel Paulus, in einer bestimmten Absicht einen Text geschrieben, aber mich soll diese Absicht nicht interessieren, sondern ich soll nur versuchen, für mich irgendeinen Sinn herauszulesen? Das würde dann aber bedeuten, dass sich jeder seinen Sinn selbst heraussuchen muss, denn warum soll mich denn z. B. der Sinn, den das lehramt herausliest interessieren, wenn mich des Paulus Sinn (Absicht) nicht interessieren soll?

Ist das tatsächlich so gemeint?

Ist es nicht vielmehr gerade auch bei Bibeltexten wichtig, sich zu überlegen, in welcher Absicht sie geschrieben wurden?

 

Werner

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vor 6 Minuten schrieb Werner001:

Ist es nicht vielmehr gerade auch bei Bibeltexten wichtig, sich zu überlegen, in welcher Absicht sie geschrieben wurden?

 

Werner

Ich hatte vor Jahren schon Diskussionen zu diesem Thema hier im Forum. Es war einhelliger Konsens, dass das, was der Autor sagen wollte, bei der Ermittlung des theologischen Sinnes einer Bibelaussage keine Rolle spielt.

 

Diese Diskussionen haben die Grundlagen meiner heutigen Meinung über die Wissenschaftlichkeit der Theologie gelegt.

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Just now, Aristippos said:

Ich hatte vor Jahren schon Diskussionen zu diesem Thema hier im Forum. Es war einhelliger Konsens, dass das, was der Autor sagen wollte, bei der Ermittlung des theologischen Sinnes einer Bibelaussage keine Rolle spielt.

 

Diese Diskussionen haben die Grundlagen meiner heutigen Meinung über die Wissenschaftlichkeit der Theologie gelegt.

Wie gesagt, wenn mich das, was der Autor sagen wollte, nicht interessieren soll, dann interessiert mich doch das, was irgendwelche Theologen darüber meinen, schon zweimal nicht. Dann such ich mir selbst meinen Sinn. Das kann man so machen, und ich mach das ja auch selbst oft so, nur hab ich irgendwie das ganz unbestimmte Gefühl, dass der Papst und sein Verein das etwas anders sieht. Denn wenn es so wäre, wäre ein Lehramt völlig überflüssig, ja sogar unsinnig und kontraproduktiv. Dann kann sich jeder seine Interpretatiion selbst suchen. Dabei ist es sicher auch sinnvoll, mal zu lesen, was sich andere schlaue Menschen dabei gedacht haben, aber ein Lehramt braucht man dann nicht.

 

Werner

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Nur so nen Paar ungeordnete Gedanken:

Ist es nicht vielleicht so das die Absicht des Lesers stärkere Bedeutung hat als die des Autors?

Wenn mir meine Azubine nicht zu hört, wenn ich ihr was erkläre zitiere ich Paulus ("Das Weib Schweige in der Gemeinde") in der Hoffnung einen Satz zu Ende reden zu können. So boshaft bin ich natürlich nicht. Wäre ich es, wäre die Absicht des Paulus hier irelevant.

Relevanter ist die Aussageabsicht Paulus´ schon eher, wenn der Papst wissen will was er von durch die Pastoralassistentin geleiteten Wortgottesdiensten zu halten hat.

 

Ironie beiseite.

Die Frage ist doch: Was will ich mit dem Text. Hilfe bei Lebens- oder Glaubenskrisen? Ausbildung zukünftiger Theologen oder gar zukünftiger Priester? Aussagen treffen über das was rechtgläubig ist (sei es christliche Rechtgläubigkeit im Allgemeinen oder katholischer Rechtgläubigkeit im Besonderen)?

Die Frage "Was will der Autor?" wird bei jeder dieser Fragen unterschiedlich ausfallen. Vielleicht auch in jeder Situation in der ich diese Frage stelle.

 

Einwurf: Man sollte mit 1 Kor 13 keine Liebesbriefe schreiben. Hätte ich damals auf die Intention Paulus geachtet, ich hätte mich nicht so tierisch blamiert. Aber Hallo!? ich war 16, ich war jung und dumm. Und ja, ich merke das ich mich hier gerade widerspreche. Ich sagte doch die Gedanken sind ungeordnet

bearbeitet von Frank
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Im Grunde diskutieren wir hier verschiedene Eben der Exegese.

Auf der Ebene der Analyse bietet die historisch kritische Methode viele Werkzeuge, um einen Text zu analysieren. Da diese Methoden einerseits in die Bildung von Hypothesen münden, andererseits selbst auch auf Hypotrhesen beruhen, haben wir hier kein technisches Ergebnis zu erwarten, das immer und überall gilt, sondern Erklärungen zu den Texten aufgrund der derzeit besten Hypothesen. Das heißt aber noch lange nicht, dass diese Hypothesen einfach irrellevant sind. Man müsste sich hier schon die Mühe machen, in die Diskussion einzusteigen. Eine reine gereralistische Überlegung nach dem Motto "ist eh doof, weil Hypthese" gteift da zu kurz.

 

Auf der Ebene der Textdeutung ist die Exegese vielstimmig und Deutungen spiegeln auch eigene Haltungen wider, ohne Frage.

 

Grundsätzlich kann aber die Exegese zeigen, welche Beduetungsinhalte ein Text haben kann - und welche nicht. Und da geht die systematische Theologie häufig heute auch eher den Weg, dass eine Bibelstelle so gedeutet wid, dass sie in den eigenen Entwurf passt, ohne zu hinterfragen, ob diese Deutung überhaupt vom Text her gerechtfertigt ist.

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vor 2 Stunden schrieb Aristippos:

Es war einhelliger Konsens, dass das, was der Autor sagen wollte, bei der Ermittlung des theologischen Sinnes einer Bibelaussage keine Rolle spielt.

Ich weiß nicht auf welche Diskussion Du Dich beziehst, deshalb kann ich nicht beurteilen, ob Du diesen Konsens zutreffend wiedergibst. Leicht modifiziert ist die Aussage allerdings die Grundlage jeder redlichen Hermeneutik. Natürlich kann die Absicht des Autors (wenn man sie denn kennt) einen Einfluss auf das Verstehen eines Textes (das gilt für jeden Text) haben. Vielleicht habe ich mich da gestern Abend nicht präzise genug ausgedrückt. Allerdings enthält jeder Text sehr viel mehr, als es in den Absichten seines Urhebers lag. „Denn nicht nur gelegentlich, sondern immer übertrifft der Sinn eines Textes seinen Autor. Deshalb ist Verstehen kein nur reproduktives, sondern stets auch ein produktives Verhalten.” (Hans-Georg Gadamer, Wahrheit und Methode, Tübingen 1960, S. 280).

 

Und es bleibt richtig, dass es Kaffeesatzleserei ist, aus einem Text auf die Absichten seines Urhebers zu schließen. Es sei denn, derselbe hat seine Absichten so eindeutig formuliert wie Joh. 20,31.

 

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Danke erstmal an alle für die rege Beteiligung:

 

Ich möchte vor allem auf das Einsteigen, was Mat gleich am Anfang geschrieben hat:

vor 22 Stunden schrieb Mat:

Der psychologische Leser sucht noch Strukturen über allgemeine psychologische Wahrheiten. Die Bibel wird so zu einem Spiegelbild der Seele in einem göttlichen Licht. Das ist sicher nicht der Ansatz jedes Psychologen, aber wer beispielsweise von C.G. Jung her kommt, kann in der Bibel Urbilder entdecken, von denen er annimmt, dass diese jeder menschlichen Seele vererbt sind.

Für diese Leseweise ist es vollkommen egal, ob Jesus über den See lief oder nicht - kann sein, kann aber nicht sein. Wichtig ist, dass diese Geschichte eine ewige Wahrheit enthält.

 

Wenn man diesen Gedanken weiter denkt, ist es aber nicht nur egal, ob Jesus über den See lief oder nicht, sondern es ist auch egal, ob Jesus überhaupt gelebt hat. Ich hab den Eindruck, dass genau das eben häufig kritisiert wird, wenn jemand so eine psychologische Deutung bringt. Ich muss an dieser Stelle zugeben, dass ich diesen Gedanken früher auch hatte. Ich fand es tatsächlich nicht mehr so wichtig, ob dieser Jesus überhaupt gelebt hat. Ich fand diese "Urbilder", wie du sagst, so faszinierend, dass Jesus dahinter verschwand. Aber inzwischen denke ich, dass das nicht zwangsläufig so sein muss. Ich denke, das spannende an der Bibel ist eben grade, dass hier nicht einfach Urbilder in Geschichten aufgeschrieben wurden, sondern dass dieser Jesus auf unglaubliche Weise dieses Urbild tatsächlich verkörpert hat. "Das Wort ist Fleisch geworden."

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Am 7.9.2017 um 14:23 schrieb Aleachim:

Was ich jetzt nicht verstehe, ist, warum bei einer psychologischen Deutung irgendwie immer mitschwingt, dass das dann nicht historisch sei…

 

Angenommen, Jesus ist wirklich niemals über irgendein real existierendes Gewässer gegangen, sondern die Jünger haben einfach dieses Erlebnis wie Jesus mit seinen Gefühlen umgeht, mit dieser Geschichte bebildert, dann kann man das m. E. trotzdem „historisch“ nennen. Nicht historisch in dem Sinn, dass es auch in einem Geschichtsbuch stehen könnte, aber historisch in dem Sinn, dass dieser Gang auf dem „Wasser“ (der Gefühle) tatsächlich und für andere wahrnehmbar, aber beinahe unglaublich, stattgefunden hat.

Die Problematik ergibt sich aus dem (von mir) gefetteten "das".

Was ist das?

Das äußere Geschehen ist wohl nicht historisch. 

Auch der Satz "Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht!" ist damit nicht in diesen "historischen Bezug" einzuordnen.

 

Die Weisung "Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht!" kann aber trotzdem eine sehr reale Hilfe sein. Und es könnte historisch sein, dass Jesus Weisungen in die hier angedeutete Richtung gegeben hat - zumal er damit ein Statement des alten Testamentes aufgreift und auf sich bezieht. Ob Jesus wirklich in diese Richtung gewirkt hat? WISSEN können wir darüber nur sehr unsicher. Aber die Vorstellung: "Da kommt einer, der über all die angsterweckenden Dinge des Lebens hinweg unsere Hoffnung und unser Vertrauen zu stärken vermag" ist eine Realität im Glaubenden oder auch im Glaubens-Suchenden. Diese Hoffnung (und auch die Empfänglichkeit für solche Bilder) sind insofern historisch, als die Hoffenden und Bildempfänglichen historische Menschen sind. 

 

Und diese Form der Historizität ist für den Glaubenden bedeutsamer, als die Frage nach der äußeren Historizität des biblischen Ereignisses. 

Historisch und real sind die Gläubigen und ihre Struktur. Historisch ist das Bedürfnis nach solchen Bildern. Historisch ist die Wirksamkeit dieser Bilder auf die Gläubigen.

 

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vor 24 Minuten schrieb Mecky:

Diese Hoffnung (und auch die Empfänglichkeit für solche Bilder) sind insofern historisch, als die Hoffenden und Bildempfänglichen historische Menschen sind. 

 

Natürlich ist das "historisch", nur eben auch völlig trivial.

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Trivial ist es nicht so ganz. Immerhin beschreibt es eine reale Eigenheit historischer Menschen. 

Diese Eigenheiten haben sich im Verlauf der Evolution entlang der Naturgesetze gebildet. Die gesamte Natur scheint so beschaffen zu sein, dass solche Bilder bei Menschen (wahrscheinlich auch bei anderen höheren Lebewesen) wirken. Ich deute dies als als eine Eigenheit des Bewusstseins. Sollte es bewusste Aliens geben, dann würde es also auch bei ihnen solche wirksamen Bilder geben. 

Bilder aus einem nichthistorischen Bereich wirken auf reale, in der Zeit verankerten Welt. 

 

Gänzlich untrivial wird es, wenn man die Entscheidung wahrnimmt, vor die uns diese Bilder und ihre Wirksamkeit stellen.

Man muss sich nämlich entscheiden, ob man diesen Wirkungen traut.

 

Man sieht das Bild vom "über den See wandelnden Jesus" und fühlt die ermutigende Wirkung. Das muss ja nicht bedeuten, dass man sich von nun an keine Sorgen mehr machen müsse und dass Jesus alles im Griff habe. Es könnte auch sein, dass diese Wirkung ein zweckmäßiges, aber letzlich irreführendes Element der Psyche ist. Oder anders gesagt: Man fühlt sich zwar real ermutigt - aber es kann trotzdem alles real schief gehen. Die Ermutigung könnte sich als Irreführung erweisen.

 

Zwischen diesen beiden Möglichkeiten kann man nicht so einfach unterscheiden. Meist entscheidet man sich eher intuitiv.

"Ich sterbe. Gleich ist alles aus. Aber ich fühle mich dennoch sicher. Jesus hat alles im Griff! Ich kann die Himmelsglocken fast schon läuten hören!"

"Ja, ich höre es auch. Aber das ist nur eine Illusion! Ich sterbe - und dann ist alles aus! Trotz Himmelsglockengetöse."

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vor 37 Minuten schrieb Mecky:

Trivial ist es nicht so ganz. Immerhin beschreibt es eine reale Eigenheit historischer Menschen. 

Diese Eigenheiten haben sich im Verlauf der Evolution entlang der Naturgesetze gebildet. Die gesamte Natur scheint so beschaffen zu sein, dass solche Bilder bei Menschen (wahrscheinlich auch bei anderen höheren Lebewesen) wirken. Ich deute dies als als eine Eigenheit des Bewusstseins. Sollte es bewusste Aliens geben, dann würde es also auch bei ihnen solche wirksamen Bilder geben. 

Bilder aus einem nichthistorischen Bereich wirken auf reale, in der Zeit verankerten Welt. 

 

Gänzlich untrivial wird es, wenn man die Entscheidung wahrnimmt, vor die uns diese Bilder und ihre Wirksamkeit stellen.

Man muss sich nämlich entscheiden, ob man diesen Wirkungen traut.

 

Man sieht das Bild vom "über den See wandelnden Jesus" und fühlt die ermutigende Wirkung. Das muss ja nicht bedeuten, dass man sich von nun an keine Sorgen mehr machen müsse und dass Jesus alles im Griff habe. Es könnte auch sein, dass diese Wirkung ein zweckmäßiges, aber letzlich irreführendes Element der Psyche ist. Oder anders gesagt: Man fühlt sich zwar real ermutigt - aber es kann trotzdem alles real schief gehen. Die Ermutigung könnte sich als Irreführung erweisen.

 

Zwischen diesen beiden Möglichkeiten kann man nicht so einfach unterscheiden. Meist entscheidet man sich eher intuitiv.

"Ich sterbe. Gleich ist alles aus. Aber ich fühle mich dennoch sicher. Jesus hat alles im Griff! Ich kann die Himmelsglocken fast schon läuten hören!"

"Ja, ich höre es auch. Aber das ist nur eine Illusion! Ich sterbe - und dann ist alles aus! Trotz Himmelsglockengetöse."

 

Mecky! Ganz langsam! Es ging um etwas anderes, viel einfacheres. Es ging darum, daß zwar vermutlich ein übers Wasser laufender Jesus nicht historisch ist, die Gläubigen, die daran ihr Hoffnung hängten und vielleicht auch bis heute hängen, aber durchaus.

 

Ich habe geschrieben, daß das zwar richtig ist, aber eben auch trivial. Damit meinte ich, daß niemand die Historizität von Gläubigen bestreitet. Es hat sie gegeben und gibt sie noch heute, so wie Hobbyangler oder Fahrradfahrer. Es ist einfach eine soziale Tatsache, daß Menschen an Geschichten glauben können, sie als Ermunterung oder Beunruhigung empfinden können, ganz unabhängig davon, ob diese Geschichten erfunden sind oder nicht.

 

Ob man diesen Glauben teilt, hat nichts damit zu tun. Es ist einfach eine objektive Tatsache.

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Ein ziemlich merkwürdiges Argument. Die Historizität der Gläubigen, die an die im Evangelium geschilderten Ereignisse glaubten, kann man ja kaum ernsthaft bestreiten. Nur sagt die Historizität der Gläubigen noch nichts über ihren Glaubensgegenstand aus. Die Wenigsten waren Augenzeugen. Mit zeitlicher Distanz von den Ereignissen erübrigt sich das eigentliche, persönliche Testimonium und verlagert sich auf die Überlieferung. In unserem Fall die verschriftlichten Evangelien. 

 

Um einmal eine ganz eindeutige Analogie zu wählen: die Historizität von Personen, die - zumindest temporär - an den Nikolaus* bzw. den Weihnachtsmann glaubten, dürfte ebenfalls unbestritten sein. In Amerika spätestens seit den 1920er Jahren. In Skandinavien, Russland und Deutschland teilweise schon seit dem 18./19.Jh. Und dennoch wird wohl - hoffentlich - niemand aus den vorhandenen Zeugnissen des Weihnachtsmannglaubens dessen tatsächliche Existenz ableiten wollen.

 

Würde das Auftreten einer beliebigen Menge Gläubiger zugleich die Historizität ihres Glaubensinhaltes beweisen, so müsste man auch von der Existenz der alten griechischen und römischen Götter, sowie aller 100 Millionen Götter des Hinduismus ausgehen.

 

Hier trifft wohl tatsächlich die Unterscheidung, die dieser Thread voraussetzt, in Historisches und Psychologisches zu. 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

 

*Dessen säkularisierte Version wohlgemerkt, nicht den tatsächlichen Bischof von Myra. Dessen Existenz ist historisch gesichert.

bearbeitet von Studiosus
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