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Frage zu Ps. 85


Merkur

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In diesem Wikipedia-Artikel lese ich, dass in Ps. 85 am Ende der Gott Schalim, der Namensgeber der Stadt Jerusalem, erwähnt würde. In den mir zugänglichen Bibelübersetzungen ist an dieser Stelle aber nur von "Gerechtigkeit" die Rede. Weiß jemand, was es damit auf sich hat?

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vor 9 Stunden schrieb nannyogg57:

ZDKChJund SLWM sind Gerechtigkeit und Frieden im Hebräischen. Nachdem hier ZDK (Gerechtigkeit) und SM (Kurzform für Frieden? SM heißt eigentlich Name?) auftauchen  (ein "L" zu unterschlagen ist höchst ungewöhnlich, aber das fordert auch der ugaritische Name Salim), denke ich, dass die Spur zu diesem ugaritischen Gott möglich, aber nicht zwingend ist.

 

Speziell, weil es keine Verbindung von ZDK zu Sahar (SHR) gibt: Die Konsonanten sind in diesen Sprachen, übrigens auch in unserer Sprache, ausschlaggebend, ob eine Verbindung plausibel ist oder nicht.

 

Ich bin keine Fachfrau fürs Hebräische. In jenem Kurs, den ich damals im Rahmen des Studiums besuchte, befand sich ein sehr attraktiver junger Mann. Ich machte mir diesen statt des Hebräischen zu eigen.

Das war der Grund, warum der Schmidberger keine Weiber an der Uni wollte. :lol:

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Am ‎16‎.‎11‎.‎2017 um 23:33 schrieb nannyogg57:

ZDKChJund SLWM sind Gerechtigkeit und Frieden im Hebräischen. Nachdem hier ZDK (Gerechtigkeit) und SM (Kurzform für Frieden? SM heißt eigentlich Name?) auftauchen  (ein "L" zu unterschlagen ist höchst ungewöhnlich, aber das fordert auch der ugaritische Name Salim), denke ich, dass die Spur zu diesem ugaritischen Gott möglich, aber nicht zwingend ist.

 

Speziell, weil es keine Verbindung von ZDK zu Sahar (SHR) gibt: Die Konsonanten sind in diesen Sprachen, übrigens auch in unserer Sprache, ausschlaggebend, ob eine Verbindung plausibel ist oder nicht.

 

Ich bin keine Fachfrau fürs Hebräische. In jenem Kurs, den ich damals im Rahmen des Studiums besuchte, befand sich ein sehr attraktiver junger Mann. Ich machte mir diesen statt des Hebräischen zu eigen.

 

Gem. des kritischen Apparates der BHS könnte es sich hier um eine Verschreibung handeln, da das eine Parallele zu Vers 11 sein könnte.

Als pure Auslassung könnte man sich ein H oder W vorstellen, aber kein L

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12 minutes ago, Mat said:

wobei das W für ein O steht

Das ist der Buchstabe Waw, das "w" ist aber nicht wie in "Wasser", sondern wie in Englisch "Where" auszusprechen, also Deutsch eher wie "Uau".

Und dieses "U" kann dann auch ein "O" werden, Aramäisch mit einem Punkt darüber, Hebräisch gibt es ja glaube ich keine Vokal-Punkte bzw. -Striche

 

Werner

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vor 1 Minute schrieb Werner001:

Das ist der Buchstabe Waw, das "w" ist aber nicht wie in "Wasser", sondern wie in Englisch "Where" auszusprechen, also Deutsch eher wie "Uau".

Und dieses "U" kann dann auch ein "O" werden, Aramäisch mit einem Punkt darüber, Hebräisch gibt es ja glaube ich keine Vokal-Punkte bzw. -Striche

 

Werner

 

Doch, bei Schalom steht über dem Waw ein Punkt für den O-Laut.

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1 minute ago, Mat said:

 

Doch, bei Schalom steht über dem Waw ein Punkt für den O-Laut.

Ah, dann ist das da das Gleiche.

 

Werner

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vor 12 Stunden schrieb Alfons:

Mir ging es da wie NannyOgg, ich hatte ein komisches Gefühl. Dieses „kann sein, aaaaber“-Gefühl. Deshalb habe ich jetzt doch einmal nachgeblättert, sekundärliteraturmäßig. Mit dem Ergebnis:

1. Im Psalm 85 ist eindeutig von Gerechtigkeit und Friede die Rede.
2. Dennoch ist es wahrscheinlich, dass in diesen Psalm Erinnerungen an die ugaritischen Götter Zedek und Schalem eingeflossen sind.

3. Zu meinem eigenen Erstaunen ändert das nichts an der Deutung dieses Psalms.

 

Zum Erklären muss ich einen kleinen Umweg machen, über Jerusalem. Denn die Frage, woher der Name dieser Stadt eigentlich kommt, steht hinter der Frage nach der Bedeutung der Schlussverse im Psalm 85.
 

Die These, im Psalm 85 werde der ugaritische Gott Schalim (auch Schalem oder Šalim) erwähnt, der Gott der Abenddämmerung, hat der Thread-Eröffner Merkur im Wikipedia-Artikel „ Šalim“ gefunden. Dort wird die These auf Eckart Otto zurück geführt.

 

Otto ist ein renommierter, mittlerweile emeritierter evangelischer Alttestamentler, der sich auch mit Archäologie befasst hat. Für die populär-wissenschaftliche Reihe „Beck Wissen“ hat er 2008 einen schmalen Band „Das antike Jerusalem: Archäologie und Geschichte“ (128 Seiten) verfasst. Darin führt er den Namen Jerusalem auf den kanaanitischen bzw. ugaritischen Gott Schalim zurück. Die alte Form des Stadtnamens yrwšlm bedeute „Gründung des Schalim“. Das hat Eckart Otto nicht selber erfunden, das steht so bereits im Lexikon für Theologie und Kirche (LThK, 2. Auflage 1960).

 

Mat hat mit dem, was er oben schreibt, also völlig Recht: „Mit dem aufkommenden Monotheismus kann die heilige Stadt aber wohl kaum als Stadt eines anderen Gottes als Jahwe gelten. Insofern kommt man dann auf Schalom im Sinne von Frieden, Wohlergehen, Vollständigkeit.“ Zumal die Wurzel des Wortes gleich ist: S-L-M ist das Wohlergehen (Schalom) ebenso wie der Gott aus Ugarit (Schalem).

 

Die Frage ist nun, ob dieser Gott der Abenddämmerung, außer Jerusalem zu gründen, sich auch noch in einem der biblischen Psalmen breit gemacht hat. Eckart Otto sagt: Ja. Zitat: „Psalm 85, 13-14 zeigt die Verbindung von Schalem und Zedek [Zedek oder Tsedeq war der ugaritische Weltenrichter und Gott der Gerechtigkeit] mit dem judäischen Gott Jahwe im biblischen Sprachgewand späterer Zeit: >Jahwe verleiht seinen Segen / und unsere Erde gibt ihre Frucht. / Zedek geht vor ihm her / und Schalem auf der Wegspur seiner Schritte.< Der Psalm erzählt hier von einer Götterprozession, aus der Segen und daraus Fruchtbarkeit des Erdbodens resultieren.“ Soweit Otto (in: Das antike Jerusalem, S. 46 f.).

 

Der 85. Psalm eine Fruchtbarkeitsbeschwörung? Das ist überhaupt nicht abwegig. Natürlich muss man den zeitlichen Abstand bedenken. Der kanaanäische Stadtstaat Ugarit wurde etwa 1200 vor Christi zerstört. Der Psalm 85 wurde sehr viel später schriftlich fixiert. Er gehört zu den so genannten Volksklagen im David-Psalter II. Das bedeutet: Er wurde in nachexilischer Zeit beim zweiten großen Redaktionsschub in das Psalmenwerk aufgenommen, basiert aber vermutlich auf einem älteren Hymnus.

 

Im vierten oder fünften vorchristlichen Jahrhundert, als der Psalter entstand, war die ugaritische Götterwelt längst vergessen. Wenn im Psalm 85 Vers 14 steht, „Gerechtigkeit geht vor seinem Angesicht her / und Frieden folgt dem Weg seiner Schritte“, dann war im 5. Jahrhundert v.u.Z. sicherlich genau dies gemeint: Gerechtigkeit (ṣædæq) und Friede (schalom). Wenn aber nun in dem überlieferten Hymnus, der recht kunstvoll zu einem Psalm gestaltet wurde, Erinnerungen an die beiden erwähnten Götter Zedek und Schalem konserviert wurden? Der höchste der ugaritischen Götter, El, hat es ja auch zum Beinamen des einzigen israelitischen Gottes Jahwe geschafft (sogar im Psalm 85, Vers 9a).

 

Dr. Rüdiger Liwak, Professor für Jüdische Theologie in Potsdam, hält die Überlieferung für möglich. In seinem 2011 verfassten ausführlichen Artikel über „Schalom“ im Internet-Lexikon Wibilex weist er darauf hin, dass Gerechtigkeit und Friede im Psalm 85 personalisiert dargestellt werden und zitiert den Alttestamentler Odil Hannes Steck: „Fragt man in diesem Zusammenhang nach dem Sinn von šalôm, für den der Gott Šalem steht [...], dann lässt sich aufgrund der Verbindung mit der universalen Ordnungsmacht Ṣædæq vermuten, dass an einen umfassenden Zustand unversehrten Wohlergehens vor allem im Bereich des Staatsgebildes Jerusalem, das den Verehrerkreis dieses Stadtgottes stellt, gedacht ist“ (Steck, Friedensvorstellungen im alten Jerusalem, S. 26). In mehreren weiteren Psalmen, außerdem bei Jesaja und Jeremia gebe es solche Verbindungen von Friede und/oder Gerechtigkeit mit der Stadt Jerusalem. In der Bibel kommt der Gott Zedek übrigens auch noch im Namen Melchisedek vor.

 

Um sich klar zu machen, dass der Psalm 85 auf einem überlieferten Hymnus beruhen kann, ist es wichtig zu wissen, dass die so genannte Landnahme nicht so verlief, wie es im Alten Testament nahe gelegt wird. Israel hat nicht Kanaan als ein fremdes Land erobert. „Israel ist zum größten Teil in und aus Kanaan entstanden. Israeliten sind Kanaanäer“ (Gertz, Grundinformationen Altes Testament, S. 60). Also ist auch die Weitergabe von schriftlichen und oralen Traditionen aus dem ugaritischen Einflussbereich wahrscheinlich.

 

Der Psalm 85 hat das Heil zum Thema, das erflehte, erhoffte und nun nahende Heil. Eigentlich die Wiederkunft des ursprünglichen Heils. Es würde hier, denke ich, zu weit führen, den kunstvollen spiegelbildlichen Aufbau der vier Strophen und ihre inneren Beziehungen zu erläutern; wer sich da tiefer hinein begeben will, kann bei Zenger nachlesen (Erich Zenger: Psalmen, Band II, S. 545-559). Um den Zusammenhang mit der „ugaritischen Bedeutung“ herzustellen, reicht es, ein paar Sätze aus der Exegese von Zenger zu zitieren: „Der Schlussabschnitt Verse 11-14 beschreibt in einer kunstvollen Komposition das Nahekommen des Heils. Während die beiden mittleren Parallelismen [Verse 12 und 13] mit Metaphern des Wachstums und der Ernte von Treue und Gerechtigkeit eine kosmische Wiederherstellung der Schöpfung ansagen, zeichnen die beiden äußeren Parallelismen [Verse 11 und 14] mit dem Stilmittel der Personifikation das geradezu gestalthafte Kommen der Gaben und Wirkweisen Gottes bzw. Gottes selbst.“ (S. 555 f.)

 

Das Kommen Jahwes mit seinen als Personen dargestellten beiden Gaben Gerechtigkeit und Frieden – das ist inhaltlich zumindest auf der gleichen Linie wie das Kommen des Gottes El und seiner Untergötter Zedek und Schalem, die genau dafür stehen: für Gerechtigkeit und Frieden.

 

Alfons

 

Hallo Alfons,

 

das ist absolut richtig. Ich denke, der Psalm spielt nicht auf diesen Gott an.  Die Stadt Jerusalem ist aufgrund ihres Alters wahrscheinlich dem Gott Schallim geweiht gewesen.

Ich gebe Dir auch recht, was die Entstehung Israels betrifft.

 

Die These von Otto beruht darauf, dass eben anders als die Bibel es erzählt, Israel ursprünglich keine monotheistische Religion hatte. Vielmehr haben diejenigen, die den Monotheismus vertraten, diesen in ihrer Geschichtsdarstellung an den Anfang des Volkes Israels gestellt und behauptet, man würde mit dem Monotheismus nur zu dem Glauben der Väter zurückkehren und nicht etwa etwas Neues propagieren.

 

Die israelitische Königszeit war mit Sicherheit nicht monotheistisch geprägt, wenn man mal von den letzten Königen und ihren Ideen absieht (das kann ich gerne an anderer Stelle vertiefen).

Wenn die Wurzeln des AT aber in der Königszeit liegen, dann könnten und sollten sich hier auch aller monotheistischen Überarbeitung zum Trotz polytheistische Spuren finden.

 

Die Psalmen sind dafür insofern gute Kandidaten, weil man rituelle Gesänge eher ungern überarbeitet und anpasst.

Beispiele dafür sind:

Ps 50,1

Ps 82,1.6

Ps 96,5-9

Ps 134,5

Ps 136,2.

 

Für Ps 85 scheint mir die wahrscheinlichste Erklärung: Gerechtigkeit und Frieden/Wohlergehen sind ja schon inhaltlich ein gutes Paar. Da braucht man keine Götter, um ein soclhes Paar zu erklären.

 

Wenn man davon ausgeht, dass dahinter die beiden Götter Zadik und schallim stehen, dann müsste man auch nachweisen, dass dieses Paar in Ugarit oder anderen Texten als feste Figur vorkommen. Sonst halte ich die Referenz auf diese Götter trotz des oben dargestellten Zusammenhangs für überinterpretiert.

 

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