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30jähriger Krieg


Shubashi

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Um mal auf einem (wie ich finde) interessanten Umweg zum eigentlichen Thema zurückzukommen:

In der Faz ein sehr gutes Interview zum "Dreißigjährigen Krieg", dessen Ausbruch dieses Jahr (mit dem Prager Fenstersturz sogar heute)  immerhin zum 400ten Mal jährt.

 

Was darin steht, kann einen in einigen Aspekten doch auch an die moderne Auseinandersetzung mit dem Islam erinnern, z.B. das mit unserer heutigen Sicht völlig unvereinbare Verhältnis von Religion und Staat, wie es in der islamischen Welt noch sehr weitgehend herrscht, die geringe Verbreitung des Lesens dort (die arabischen Buchmärkte sind winzig, es dominiert das religiöse Traktat, Prediger beeinflussen die öffentlichen Diskurse) und die totale Dämonisierung des Gegners bei gleichzeitigen Untergangsängsten (das Klischee eines komplett unmoralischen, weil religionslosen Westens, der verrückte Glaube einer zunehmenden "Islamisierung", die unsere Form der Gesellschaft ernsthaft auslöschen könnte.)

 

Gewisse Konflikte lassen sich halt nicht "lösen", schon gar nicht mit Gewalt. Im besten Fall lassen sie sich historisch "einfrieren" (wie der Westfälische Frieden es mit den territorial-konfessionellen Konflikten im Reich tat), um sie dann auf relativ "sanfte" Art durch die Zeit bewältigen zu lassen.

Und den Wert einer stabilen Sicherheitsordnung, die darauf verzichtet, ideologische Konzepte (sei es "Freiheit" oder "Religion") verbissen durch marodierende unregulierte Horden durchsetzen zu lassen, sondern den Krieg zu einer wenigstens regulierbaren und begrenzten Angelegenheit zu machen, die per Diplomatie auch wieder zu stoppen ist.

 

Edit PS:

Vielleicht ist das Thema "Dreißigjähriger Krieg" mit Bezug auf den Islam auch zu eng geführt - auch heute gibt es Akteure, die eigentlich aus gänzlich anderen Machtinteressen als Schutzmächte best. ideologisch-konfessioneller gewalttätiger Gruppen auftreten.

Vielleicht doch einen eigenen Thread wert?

bearbeitet von Shubashi
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vor 6 Minuten schrieb Shubashi:

Um mal auf einem (wie ich finde) interessanten Umweg zum eigentlichen Thema zurückzukommen:

In der Faz ein sehr gutes Interview zum "Dreißigjährigen Krieg", dessen Ausbruch dieses Jahr immerhin zum 400ten Mal jährt.

 

Was darin steht, kann einen in einigen Aspekten doch auch an die moderne Auseinandersetzung mit dem Islam erinnern, z.B. das mit unserer heutigen Sicht völlig unvereinbare Verhältnis von Religion und Staat, wie es in der islamischen Welt noch sehr weitgehend herrscht, die geringe Verbreitung des Lesens dort (die arabischen Buchmärkte sind winzig, es dominiert das religiöse Traktat, Prediger beeinflussen die öffentlichen Diskurse) und die totale Dämonisierung des Gegners bei gleichzeitigen Untergangsängsten (das Klischee eines komplett unmoralischen, weil religionslosen Westens, der verrückte Glaube einer zunehmenden "Islamisierung", die unsere Form der Gesellschaft ernsthaft auslöschen könnte.)

 

Gewisse Konflikte lassen sich halt nicht "lösen", schon gar nicht mit Gewalt. Im besten Fall lassen sie sich historisch "einfrieren" (wie der Westfälische Frieden es mit den territorial-konfessionellen Konflikten im Reich tat), um sie dann auf relativ "sanfte" Art durch die Zeit bewältigen zu lassen.

Und den Wert einer stabilen Sicherheitsordnung, die darauf verzichtet, ideologische Konzepte (sei es "Freiheit" oder "Religion") verbissen durch marodierende unregulierte Horden durchsetzen zu lassen, sondern den Krieg zu einer wenigstens regulierbaren und begrenzten Angelegenheit zu machen, die per Diplomatie auch wieder zu stoppen ist.

 

Die Auslöschung, wie Du es nennst, wird sich vermutlich demographisch vollziehen. Aber wenn es so weit ist sind wir schon weg.

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vor 9 Minuten schrieb Shubashi:

Vielleicht doch einen eigenen Thread wert?

 

Ja, aber nur, wenn man das Thema erst einmal auf den 30jährigen Krieg selbst beschränkt, und nicht jeder sofort versucht, seine heutigen Konflikte und Befindlichkeiten in der Vergangenheit bestätigt zu sehen.

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vor 20 Minuten schrieb teofilos:

Die Auslöschung, wie Du es nennst, wird sich vermutlich demographisch vollziehen. Aber wenn es so weit ist sind wir schon weg.

 

Erhabener Meister der Verwaltung der Gesprächsfäden, ich sehe an Eurem Einwand (der mir wieder mal zu apokalyptisch ist), dass ich hätte einen eigenen Faden eröffnen sollen.

Wäret Ihr so freundlich, meinen Fehler zu korrigieren und einen eigenen Thread zum "Dreißigjährigen Krieg" zu eröffnen, mit meinem Beitrag als Anfang?

(Falls die Welt nicht vorher untergeht und Ihr nicht gerade keinen Apfelbaum zu pflanzen habt.)

bearbeitet von Shubashi
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  • Edith1 changed the title to 30jähriger Krieg

Ein, wie ich finde, bedeutender Aspekt im 30jährigen Krieg ist das Vertrauen auf göttlichen Beistand in der Auseinandersetzung auf beiden Seiten. Nach 30 Jahren und der Verheerung bei allen Beteiligten zerschlug sich die Vorstellung einer "göttlichen Intervention" im hier und jetzt auf der "richtigen" Seite und damit auch die Legitimation eines jeden Klerus auf Ausübung weltlicher Macht.

 

Gruss, Martin 

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Auch schon in den Jahrhunderten davor hat Gott nicht interveniert und danach auch nicht, trotzdem stand im WK1 noch "Gott mit uns" auf den Koppelschlössern.

Um göttliche Intervention ging es nie, es ging um göttliche Legitimation.

Die mittelalterliche Gesellschaft gründete auf der Vorstellung einer gottgewollten Ordnung. An der Spitze der gesalbte König, der seine ihm von Gott übertragene Macht nach unten weitergibt, im Gegenzug die Verantwortlichkeit von unten nach oben.

Eine (gar nicht beabsichtigte) Folge der Reformation war, dass diese Basis in Wanken geriet. Wenn "der oben" nicht den richtigen Glauben hatte, konnte er sich aus Sicht des Untergebenen auch kaum auf Gott berufen, also war "der unten" ihm auch nicht mehr zu Gehorsam verpflichtet.

Daher, und nicht aus Sorge um das Seelenheil, waren die Machthabenden so darauf erpicht, dass alle ihre Untertanen den "richtigen" Glauben hatten.

In dem Artikel wird erwähnt, dass die Böhmen gehofft hatten, James I würde sich auf ihre Seite stellen, der ja eigentlich mit der protestantischen Union verbündet war. Er tat das unter anderem vor allem deshalb nicht, weil er bei einer immer noch starken katholischen Opposition im eigenen Land nicht Kräfte unterstützen wollte, die sich gegen ihren gesalbten König auflehnen, auch wenn er die "falsche" Konfession hat. Das hätte sich nämlich schnell als Bumerang erweisen können. Sein Sohn bekam den Zusammenbruch dieser Ordnung dann recht handfest zu spüren.

 

Die göttliche Legitimation wurde auch nach dem 30jährigen Krieg weiter behauptet, aber es fehlte nun die gemeinsame Basis, und so wurde letztlich nur noch eine Phrase daraus.

 

Werner

bearbeitet von Werner001
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