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Dogmen verstehen


Moriz

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28.07.2018; 21:53

Nicht Moriz eröffnete diesen Thread sondern ich um in "Joseph Ratzinger und die Juden" nicht OT zu werden. Aus gleichen Grund wurden nun hier besser passende Beiträge her geholt.

Frank

(Mod GG)

 

vor 8 Stunden schrieb Studiosus:

Worin ich Dir widersprechen muss ist die zeitgebundene Verfügbarkeit der Dogmen. Machte man diese von den Umständen oder Konsequenzen der Historie selbst abhängig, so würde man sich gegen ihre Natur vergehen. Sie sind "überzeitliche Wahrheiten". Dass Christus wesensgleich mit dem Vater ist, ist wahr in Nicäa 325, in Lateinamerika im 10. Jahrhundert und in Arabien zur Zeit Mohammeds. Auch wenn beizeiten die arianische Irrlehre die Kirche dominierte. Von diesem historisch-pragmatischen Dogmenbegriff muss ich daher abraten (auch mit Verweis auf das ordentliche Lehramt Pius X., der eine Evolution des Dogmas - die auch in der Negation desselben münden könnte - als Irrtum verwirft). Ich glaube auch nicht, dass das Anliegen des Konzils die Verwerfung und Entwertung der klassischen Dogmatik war. Vielmehr wurde in einem historischen Kontext versucht zu den Menschen jener Zeit in den Worten ihrer Zeit zu sprechen. Hier würde ich also das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.

Nun sind Dogmen eben auch "Kinder ihrer Zeit". Vielleicht in der Sprache (wer spricht heute noch Latein?), mit Sicherheit aber in der Denkweise. Ich stelle mir ein Dogma gerne wie eine Zwiebel vor: ganz viele Schalen bevor man zum Kern kommt. In sofern macht man einen schweren dogmatischen Fehler, wenn man an der zeitgebundenen Formulierung eines Dogmas festhält und nicht schaut, wie man das aktuell (sprachlich und philosophisch) formulieren muß. Auf dein Beispiel bezogen: Was heißt "wesensgleich"? Welche Vorstellungen stehen dahinter? Und letztlich: Ist das so noch eine brauchbare Übersetzung? Nicht, daß aufgrund des Sprachwandels da auf einmal das Gegenteil steht... (Ich erinnere in diesem Zusammenhang an "Transsubstantiation"). In sofern brauchen die überzeitlichen Wahrheiten immer wieder neue, zeitgemäße Formulierungen. Durchaus eine Aufgabe des Lehramtes, und keine einfache.

 

(Ich hoffe, ich mache diesen Thread jetzt nicht kaputt. Ich weiß nämlich nicht, was Ratzinger da geschrieben hat...)

bearbeitet von Frank
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vor 34 Minuten schrieb Moriz:

(Ich hoffe, ich mache diesen Thread jetzt nicht kaputt. Ich weiß nämlich nicht, was Ratzinger da geschrieben hat...)

 

Zu Dogmen nicht wirklich etwas, da die besprochenen Modelle (Substitution) nicht dogmatisch definiert sind. Ich habe das eingeführt, da ich es für wichtig halte.

 

Wie die Kirche und das Lehramt mit Dogmen (und ihrer Interpretation durch die Zeit) umgehen, haben sie sich selbst - u.a. auf dem Ersten Vatikanischen Konzil - auferlegt. Ich glaube, ich habe das hier im Forum schon oft zitiert. Maßgeblich ist hier die Formel, die sich beim Hl. Vinzenz von Lerins findet: Die Glaubenswahrheiten sind stets eodem sensu eademque sententia auszulegen. Stets im gleichen Sinn und im gleichen Urteils(spruch). Also in Kontinuität zum Vorherigen. Was Du vorschlägst wäre eine historisch-kritische Exegese der Dogmen und ihrer Bedeutungsgeschichte im Wandel der Zeit.

 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 2 Stunden schrieb Studiosus:
vor 2 Stunden schrieb Moriz:

(Ich hoffe, ich mache diesen Thread jetzt nicht kaputt. Ich weiß nämlich nicht, was Ratzinger da geschrieben hat...)

 

Zu Dogmen nicht wirklich etwas, da die besprochenen Modelle (Substitution) nicht dogmatisch definiert sind. Ich habe das eingeführt, da ich es für wichtig halte.

 

Wie die Kirche und das Lehramt mit Dogmen (und ihrer Interpretation durch die Zeit) umgehen, haben sie sich selbst - u.a. auf dem Ersten Vatikanischen Konzil - auferlegt. Ich glaube, ich habe das hier im Forum schon oft zitiert. Maßgeblich ist hier die Formel, die sich beim Hl. Vinzenz von Lerins findet: Die Glaubenswahrheiten sind stets eodem sensu eademque sententia auszulegen. Stets im gleichen Sinn und im gleichen Urteils(spruch). Also in Kontinuität zum Vorherigen. Was Du vorschlägst wäre eine historisch-kritische Exegese der Dogmen und ihrer Bedeutungsgeschichte im Wandel der Zeit.

 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

 

Aber Sprache wandelt sich, die Bedeutung von Wörtern ändert sich.

Wenn Kirche will, das von den Gläubigen die Dogmen "Stets im gleichen Sinn und im gleichen Urteils(spruch)" verstanden werden, dann wird man um eine  historisch-kritische Methode sie in Worte zu packen - also neue Wörter finden, wo die alten nicht mehr verstanden werden - drumrum kommen

bearbeitet von Frank
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vor 25 Minuten schrieb Frank:

Um den Ratzinger-Thread nicht zu sprengen setze ich das mal hier her

 

Aber Sprache wandelt sich, die Bedeutung von Wörtern ändert sich.

Wenn Kirche will, das von den Gläubigen die Dogmen "Stets im gleichen Sinn und im gleichen Urteils(spruch)" verstanden werden, dann wird man um eine  historisch-kritische Methode sie in Worte zu packen - also neue Wörter finden, wo die alten nicht mehr verstanden werden - drumrum kommen

 

Ich glaube diese Diskussion hatte ich hier auch schon einmal. Mit nannyogg, wenn ich nicht irre. Solange der Sinn (sensus) und das Urteil (sententia) bei diesem Übertragungsprozess nicht verloren gehen oder verfälscht werden, habe ich dagegen an und für sich nichts einzuwenden. Zu diesem Schluss kam ich damals und ich sehe es auch heute so. 

 

Wobei die Neufassung in angemessener Sprache keine Aufgabe der historisch-kritischen Methode ist. Dabei geht es - zumindest bei den diachronen Ansätzen - vielmehr darum, Sprache und Bedeutung vor dem zeitgenössischen Hintergrund des Abfassers/der Leser zu decodieren. Das kann - sofern nicht gegen die kirchliche Doktrin argumentiert wird - durchaus gewinnbringend sein.

 

Die alten Glaubenssätze in die moderne Zeit hinüberzutragen und für den Menschen von heute aufzubereiten wäre wohl eher eine Aufgabe für die in der Katechese Tätigen. Wobei ich der Meinung bin, dass eine der Zeit angepasste Sprache auch in der Lage sein kann den tradierten Sinn zu bewahren. Allerdings ist das eine Angelegenheit, die Fingerspitzengefühl und Treue zur Lehre voraussetzt.

 

Um ein Beispiel zu geben: Wie Msgr. Zollitsch seinerzeit in einer Fernsehaustrahlung versucht hat den Sühnetod Christi in modernen Worten darzulegen fand ich eher missglückt. Ich will nicht - wie radikalere Stimmen - von Leugnung des Wesensgehalts dieses Glaubenssatzes sprechen. Aber seine Ausführungen ließen - zumindest in meinen Augen - eine gewisse theologische Trennschärfe vermissen.

 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor einer Stunde schrieb Studiosus:

 

Ich glaube diese Diskussion hatte ich hier auch schon einmal. Mit nannyogg, wenn ich nicht irre. Solange der Sinn (sensus) und das Urteil (sententia) bei diesem Übertragungsprozess nicht verloren gehen oder verfälscht werden, habe ich dagegen an und für sich nichts einzuwenden. Zu diesem Schluss kam ich damals und ich sehe es auch heute so. 

 

Wobei die Neufassung in angemessener Sprache keine Aufgabe der historisch-kritischen Methode ist. Dabei geht es - zumindest bei den diachronen Ansätzen - vielmehr darum, Sprache und Bedeutung vor dem zeitgenössischen Hintergrund des Abfassers/der Leser zu decodieren. Das kann - sofern nicht gegen die kirchliche Doktrin argumentiert wird - durchaus gewinnbringend sein.

 

Die alten Glaubenssätze in die moderne Zeit hinüberzutragen und für den Menschen von heute aufzubereiten wäre wohl eher eine Aufgabe für die in der Katechese Tätigen. Wobei ich der Meinung bin, dass eine der Zeit angepasste Sprache auch in der Lage sein kann den tradierten Sinn zu bewahren. Allerdings ist das eine Angelegenheit, die Fingerspitzengefühl und Treue zur Lehre voraussetzt.

 

Um ein Beispiel zu geben: Wie Msgr. Zollitsch seinerzeit in einer Fernsehaustrahlung versucht hat den Sühnetod Christi in modernen Worten darzulegen fand ich eher missglückt. Ich will nicht - wie radikalere Stimmen - von Leugnung des Wesensgehalts dieses Glaubenssatzes sprechen. Aber seine Ausführungen ließen - zumindest in meinen Augen - eine gewisse theologische Trennschärfe vermissen.

 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

 

Vielleicht sollte man dabei zwischen Fachleuten und Laien unterscheiden. So, wie Ärzte untereinander (zu Recht!) eine Fachsprache benutzen, die knapp und eindeutig ist; sich im Gespräch mit Patienten aber (ebenfalls zu Recht!) allgemeinverständlich ausdrücken müssen, damit ihre Patienten sie verstehen, auch wenn dies auf Kosten der Genauigkeit geht (hier das jeweils richtige Maß zu finden ist die genuine Aufgabe des Arztes!) so muß es auch in der Kirche sein: Die Theologen müssen die Dogmen in ihrem Entstehungszusammenhang verstehen (dafür studieren sie ja, inklusive der alten Sprachen), für die 'normalen' Gläubigen müssen ihre Inhalte, soweit jeweils relevant (!), verständlich übersetzt werden - mit den Verkürzungen und Ungenauigkeiten, die dabei unvermeidlich sind. Es ist die genuine Aufgabe der Theologen, hier das Wesentliche rüberzubringen. (Das im Fernsehen zu machen dürfte die ganz, ganz hohe Schule der Theologie sein. Da hat man nicht ein Gegenüber, auf das man sich einstellen kann, sondern eine sehr weite Bandbreite. Nicht umsonst sind Ärzte im Rundfunk mit spezifischen Aussagen sehr zurückhaltend!)

Nicht hilfreich ist es hingegen, wenn Theologen in der Öffentlichkeit auf einer unverständlichen Wörtlichkeit der Dogmen bestehen (kann ja sein, daß man das auf Latein seit Jahrhunderten so sagt - auf Deutsch kommt so leider nicht das rüber, was gesagt werden soll). Bei Ärzten habe ich das so noch nicht erlebt. Vielleicht liegt das daran, daß es Ärzten nicht um die 'reine Lehre' geht, sondern um ihre Patienten. Eigentlich sollte das bei Theologen genau so sein: Es sollte ihnen um die Menschen gehen (die sicherlich ein Recht auf eine - in angemessener Form - unverkürzte Verkündigung haben), nicht um panisches Beharren auf Traditionen.

Deine Sorge um die 'Treue zur Lehre', selbst gegenüber Bischöfen, wundert mich immer wieder.

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vor 26 Minuten schrieb Moriz:

 

Deine Sorge um die 'Treue zur Lehre', selbst gegenüber Bischöfen, wundert mich immer wieder.

 

Ich will nur um Missverständnissen vorzubeugen betonen, dass ich keinem Bischof - im aktuellen Fall Robert Zollitsch - die Treue zur Lehre abspreche.

 

Ich habe lediglich darauf verwiesen, dass zur Übersetzung der Glaubensinhalte in die moderne Sprache unserer Erfahrungswelt einerseits die Fähigkeit ("Fingerspitzengefühl") und die Selbstverpflichtung auf die verbindlichen Lehrinhalte ("Treue zur Lehre") gehört. Meiner bescheidenen Meinung nach sind diese beiden Elemente notwendig.

 

Jemand, der mit der Lehre auf "Kriegsfuß" steht oder sie ablehnt, wird möglicherweise die nötige Sorgfalt und Präzision in der Darlegung des Glaubens vermissen lassen. So war mein Beitrag gemeint.

 

Und ja: Für mich ist Treue zur Lehre und Orthodoxie etwas Zentrales und Essentielles. Wenn ich die Kirchengeschichte überblicke und sehe unter wie viel Leid und Unbillen unsere Väter im Glauben die sana doctrina verteidigt haben, dann höre ich auch in unserer Zeit den Ruf an die Gläubigen - vor allem jedoch an das Magisterium - ergehen, die Lehre von Irrtum und Häresie rein zu bewahren und alles getreulich zu halten, was uns überliefert ist. Das ist für mich Tradition. Unvermindert weiterzugeben, was wir selbst empfangen haben. Mit folkloristischer Konservierung sinnentleerter Äußerlichkeiten hat das in meinen Augen nichts zu tun.

 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 11 Stunden schrieb Studiosus:

Jemand, der mit der Lehre auf "Kriegsfuß" steht oder sie ablehnt, wird möglicherweise die nötige Sorgfalt und Präzision in der Darlegung des Glaubens vermissen lassen. So war mein Beitrag gemeint.

 

Da sehe ich, ehrlich gesagt, keine Gefahr. Die Theologen sind bei uns gut genug ausgebildet um sämtliche Fallen zu kennen; dem 'einfachen' Gläubigen kann vieles egal sein weil es ihn einfach nicht betrifft. Überhaupt scheinen mir 'Irrlehren' eher selten aus berufenem (= geweihtem) Mund zu kommen. Was Sorgfalt und Präzision betrifft: Hier sind selbstverständlich situationsbedingte Einschränkungen hinzunehmen, denn die Verkündigung der Guten Nachricht findet nicht im Theologiehörsaal statt (wer da sitzt lernt eher das 'Wie'). Im Idealfall stellt sich der Katechet auf Horizonte und Situationen der Katechumenen ein - und damit ist eine solche Katechese nicht in anderen Gruppen oder Situationen verwendbar. Deswegen sind, wie gesagt, Katechesen im Rundfunk die ganz, ganz hohe Kunst der Katechese.

Lehrverbote oder gar -Verurteilungen von theologischen Lehrern kommen glücklicherweise sehr selten vor; bevor Du aber eine Katechese bekrittelst solltest Du erst mal einen Tag in den Schuhen der Katechumenen rumlaufen.

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vor 2 Stunden schrieb gouvernante:

Und in denen der Katecheten.

Auch gut ;).

 

Ich schreib aber bewusst 'Katechumenen', denn es ist deren Platz in der Welt, in der sie die Dogmen verstehen und umsetzten müssen. Genau genommen nur die Dogmen, die für den Katechumenen irgend einen Realitätsbezug haben. Der Rest ist egal!

 

Die Katecheten haben die verantwortungsvolle Aufgabe, den Spagat zwischen dogmatischer Theorie und gelebter Praxis zu schaffen.

bearbeitet von Moriz
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