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Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen - Mt 16,18-19


Christopher

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Moin :)

 

Ich befasse mich derzeit näher damit, die evangelischen Ansichten und Interpretationen besser verstehen zu können. Bei einer Stelle komme ich aber nicht unbedingt weiter, weil ich meine eigene katholische Perspektive da nicht ablegen kann. 

 

Im Matthäus-Evangelium wird Petrus als der Fels bezeichnet, auf den Jesus seine Kirche baut - er, Petrus, erhält die Schlüssel des Himmelreiches. Aus Sicht der katholischen Lehre ergibt sich hierdurch ja das Papsttum: die Päpste sind direkte Nachfolger des Petrus und die Schlüssel des Himmelreiches werden weitergegeben. 

 

Die evangelische Perspektive lehnt bekanntermaßen den Papst und das Papsttum ab. An der Stelle kommt dann auch die Frage auf, auf die ich noch keine Antwort habe finden können. 

 

Soweit ich das verstehe, interpretieren die Evangelischen es so, dass Petrus zwar ein besonderes "Amt" zugeschrieben bekommt, dieses aber nicht weitergegeben wird (da davon ja nichts in der Bibel steht - sola scriptura). Demzufolge kann es keine Nachfolger und somit auch keine Päpste geben. Wer aber hat, nach evangelischer Auslegung, nun die Schlüssel des Himmelreiches, wenn sie denn nicht übergeben wurden? Jeder?

 

Christopher

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Am 15.9.2018 um 11:42 schrieb Christopher:

Schlüssel des Himmelreiches

Was verstehst Du darunter? Binde- und Lösevollmacht wurde auch den anderen Jüngern zugesprochen.

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Ennasus, wow - vielen Dank für Deine unfassbare Mühe! Dass die Namen eine Geschichte erzählen war mir teilweise zwar bewusst, aber mir war nicht bewusst, wie umfassend und klug gewählt das alles ist. 

 

vor 14 Stunden schrieb Ennasus:

Jeder, der in sich diese Eigenschaften eines Petrus entwickelt oder wachsen lässt, bekommt diese Schlüssel in die Hand.

 

Das, gouvernante, war auch ungefähr mein Gedankengang - auch wenn ich ihn bei weitem nicht so gut wie Ennasus hätte ausdrücken können. Ich verstehe unter Schlüssel des Himmelreiches (natürlich) nichts physikalisches, also keine Schlüsselübergabe wie bei einer Wohnung. Ich hatte es so verstanden, dass manchen Menschen im Besonderen die Gabe gegeben ist, wie Petrus zu sein - hinhören zu können, verstehen zu können, bekennen zu können. Ennasus hat ja so gut erklärt, dass Petrus versteht, was sein Auftrag ist / was Gott von ihm will. 

 

Ich glaube, dass 2 Kor 5, 20 beschreibt, was mir durch den Kopf geht: 

Zitat

20 Wir sind also Gesandte an Christi statt und Gott ist es, der durch uns mahnt. Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!

 

Alle Christen sind dazu aufgerufen, wie Paulus zu handeln: nämlich so, wie Christus es uns vorgelebt hat. Ich glaube, dass man dann - wenn man sich bewusst macht, dass Gott in jedem von uns handeln möchte - den Schlüssel zum Himmelreich bekommen kann. Oder zumindest die Tür aufgeschlossen bekommt. :) 

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vor 8 Stunden schrieb Christopher:

Ennasus, wow - vielen Dank für Deine unfassbare Mühe! Dass die Namen eine Geschichte erzählen war mir teilweise zwar bewusst, aber mir war nicht bewusst, wie umfassend und klug gewählt das alles ist. 

 

 

Das, gouvernante, war auch ungefähr mein Gedankengang - auch wenn ich ihn bei weitem nicht so gut wie Ennasus hätte ausdrücken können. Ich verstehe unter Schlüssel des Himmelreiches (natürlich) nichts physikalisches, also keine Schlüsselübergabe wie bei einer Wohnung. Ich hatte es so verstanden, dass manchen Menschen im Besonderen die Gabe gegeben ist, wie Petrus zu sein - hinhören zu können, verstehen zu können, bekennen zu können. Ennasus hat ja so gut erklärt, dass Petrus versteht, was sein Auftrag ist / was Gott von ihm will. 

 

Ich glaube, dass 2 Kor 5, 20 beschreibt, was mir durch den Kopf geht: 

 

Alle Christen sind dazu aufgerufen, wie Paulus zu handeln: nämlich so, wie Christus es uns vorgelebt hat. Ich glaube, dass man dann - wenn man sich bewusst macht, dass Gott in jedem von uns handeln möchte - den Schlüssel zum Himmelreich bekommen kann. Oder zumindest die Tür aufgeschlossen bekommt. :) 



Hallo Christopher, mich freut das sehr, wenn du etwas damit anfangen kannst :)! Ganz so viel Arbeit war es nicht - mit den Namen Petri hatte ich mich schon vor einiger Zeit einmal auseinander gesetzt, ich konnte beim Antworten auf dein Posting auf Notizen von damals zurück greifen.
(Für mich ist die Bibel - wenn man sie so liest - ein ungeheurer Schatz, der mir auch ganz viel für mein Leben verstehen hilft.)

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Für mich sind diese Ausführungen eher ein Grund die Historizität der Ereignisse doch zu bezweifeln. So viele Zufälle kann es eigentlich nicht geben - der Verdacht die Evangelisten hätten das ganze nur komponiert nimmt der Sache extrem viel von ihrer Glaubwürdigkeit. 

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Wirklich?
Für mich gar nicht!
Dass die Evangelien keine journalistischen Aufbereitungen des historischen Lebens Jesu im heutigen Sinn sind, das ist doch längst klar, oder nicht?
Dass sie trotzdem über real existiert habende Menschen berichten, für mich auch.
Und dass es ihnen gelingt, mit Hilfe dieser äußeren Geschehnisse und dieser realen Menschen sowohl wirkliche Möglichkeiten und Geschehnisse in der äußeren Welt u n d Wissen über innere Entwicklungen und Wachstumsprozesse ins Wort zu bringen, das macht sie - in religiöser Sprache gesagt - zum Wort Gottes.

bearbeitet von Ennasus
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Mich erinnert diese Passage immer an "Wer bis an das Ende behart, der wird selig".

 

Damit  meine ich nicht einen rigider Dogmatismus, sondern dass das Bewahren von dem Kern von dem, was man fuer richtig und wertvoll begriffen hat, den nicht zu veraeussern fuer etwas, was sich nicht lohnt, vielleicht aber kurzfristigen Applaus bringt.

 

 

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vor 21 Stunden schrieb Ennasus:

Wirklich?
Für mich gar nicht!
Dass die Evangelien keine journalistischen Aufbereitungen des historischen Lebens Jesu im heutigen Sinn sind, das ist doch längst klar, oder nicht?
Dass sie trotzdem über real existiert habende Menschen berichten, für mich auch.
Und dass es ihnen gelingt, mit Hilfe dieser äußeren Geschehnisse und dieser realen Menschen sowohl wirkliche Möglichkeiten und Geschehnisse in der äußeren Welt u n d Wissen über innere Entwicklungen und Wachstumsprozesse ins Wort zu bringen, das macht sie - in religiöser Sprache gesagt - zum Wort Gottes.

Daß es sich nicht um eine tagebuchmäßige Dokumentation handelt, ist mir durchaus bewusst.

 

Allerdings lässt sich die historische Realität nur bis zu einem gewissen Grad redaktionell überarbeiten ohne zur Fiktion bzw. zum reinen Mythos zu werden.

 

Wenn aber sämtliche handelnden Personen neue - "sprechende" - Namen bekommen, damit die Story eine zusätzliche Erzählebene hat, nimmt man der historischen Person damit ihre Identität und beschränkt sie auf ihre erzählerisch-funktionelle Eigenschaft.

 

Damit stünden die Evangelien letztlich auf der gleichen Stufe wie die Edda, die Artussage oder das Nibelungenlied.

bearbeitet von Flo77
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Den Kern kann man schon als hiostorisch evident benennen: Die eigenartig herausgehobene Rolle Petri in der ganz frühen Kirche steht außer Frage. Wenn mich mein exegetisches Wissen nicht verläßt, dann gibt es auch gute Indizien dafür, dass der Spitzname Kephas auf Jesus selbst zurückgeht.

 

Das schließt aber nicht aus, dass der Redaktor des Evangeliums eine Reihe von Einzelanekdoten genommen und zu einer Geschichte verwoben hat, die der frühen Kirche dann überzeugend und wahr erschien, wahr nicht im Sinne von "genau so war es", aber wahr im Sinen von "so hätte es sich zugetragen haben können".

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vor 1 Stunde schrieb Flo77:

Daß es sich nicht um eine tagebuchmäßige Dokumentation handelt, ist mir durchaus bewusst.

 

Allerdings lässt sich die historische Realität nur bis zu einem gewissen Grad redaktionell überarbeiten ohne zur Fiktion bzw. zum reinen Mythos zu werden.

 

Wenn aber sämtliche handelnden Personen neue - "sprechende" - Namen bekommen, damit die Story eine zusätzliche Erzählebene hat, nimmt man der historischen Person damit ihre Identität und beschränkt sie auf ihre erzählerisch-funktionelle Eigenschaft.

 

Damit stünden die Evangelien letztlich auf der gleichen Stufe wie die Edda, die Artussage oder das Nibelungenlied.


Ich denke, dass die Evangelien sehr verschiedene Zugänge zur historischen Realität haben und dass es unbedingt alle vier braucht, die sich gegenseitig ergänzen.

Markus dürfte der sein, der deinen Ansprüchen am ehesten gerecht wird. Er erzählt mehr oder weniger kommentarlos die sinnlich wahrnehmbare Oberfläche des Tatsächlichen. Wie ein Augenzeuge, der brav berichtet, was geschehen ist, was gesprochen wurde, was sich danach ereignet hat... Er interpretiert nicht, er erweitert nicht, verarbeitet und erklärt nicht. Er erzählt die Basis, auf der dann alle anderen Zugänge beruhen.


Das Matthäusevangelium verwendet eine zweite Perspektive: die des menschlichen Verstandes. Der Schreiber hat begonnen, darüber nachzudenken, was passiert ist und er kommentiert das Geschehen mit Hilfe seines Wissens, seiner Erinnerung und seinem Weltild und er fügt Urteile und Interpretationen dazu. So, dass sich das Geschehene einfügt in das, was er schon von der Welt verstanden hat. Wie das ein Zeitungskommentator es heute vielleicht auch machen würde.
Das ist wichtig und notwendig bei der Perzeption von Geschehnissen - aber es ist völlig subjektiv. Und daher unbedingt immer wieder am tatsächlich Geschehenen zu überprüfen.

 

Lukas schreibt noch einmal anders - er erzählt in Bildern, er "schaut die Bedeutung" des Geschehenen. Er erfasst das intuitiv oder wie im Traum - und diese Bilderebene verbindet das, was geschehen ist, erst mit der Tiefe, gibt ihm Leben und Wert. Das Schauen in Bildern ist die Wahrnehmungsweise der "Seele".
Sie ist ganz nah bei unserer Sehnsucht nach Geborgenheit und weit weg vom rationalem Verstand. Die Folge ist, dass diese Bilder einerseits wunderbar funktionieren, um sich wohlig und ein bisschen kitschig in sie einzulullen - und sie andererseits natürlich den rationalen Verstand zu  Misstrauen und Spott provozieren.
Damit beides nicht geschieht, braucht auch diese Sichtweise immer den Rückbezug zur Realität. Und es braucht den Verstand, um darüber nachzudenken, wovon die Bilder sprechen und das Geschaute mit Wissen zu verbinden.

 

Das Johannesevangelium ist das Komplexeste: Es redet vom Wechsel der Ebenen, vom gleichnishaften Begreifen. Es beschreibt das Wirken des Geistes in allem Geschehenen und in allen Dingen.
Die Voraussetzung dafür, seine Sprache zu verstehen, ist, dass die Blickrichtungen der anderen drei Evangelien gleichzeitig gültig sein dürfen: Alles, was gesehen wurde, wie es war, alles, was dazu erinnert und gedacht wurde und alles, was dazu erahnt oder intuitiv erfasst wurde und was es an Bedeutung bekommen hat. Dann kann es als Ganzes als Symbolsprache verstanden werden, das vom "Fleisch gewordenen Wort" spricht, von der zu Wirklichkeit gewordenen Bedeutung.

bearbeitet von Ennasus
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vor 1 Stunde schrieb Chrysologus:

der Spitzname Kephas

Einige Jünger hatten Spitznamen. Ich habe das auch immer als Bezeugung einer gesunden Gruppendynamik verstanden.

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vor 22 Minuten schrieb gouvernante:

Einige Jünger hatten Spitznamen. Ich habe das auch immer als Bezeugung einer gesunden Gruppendynamik verstanden.

Der Spitzname Kephas ist das eine, die von Ennasus erwähnte Namensbedeutung Simon Barjonas und Andreas' geht weit über die Spitznamen in einer Gruppendynamik hinaus.

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