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Kernbotschaft des Christentums


Aleachim

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vor 28 Minuten schrieb Ennasus:

(Böses kann es immer nur auf der Ebene des Menschen geben, der die Möglichkeit hat, sich dem, was ist bzw. sein könnte, zu verweigern: „Sünde“ ist gleichbedeutend mit „Fehlen“ oder „Mangel“. Mit Fehlen an Zuwendung, an Intensität und Präsenz und Sein. Dort, wo ein solches Fehlen ist, obwohl ein Mensch gebraucht würde, obwohl er da sein könnte, da ist Sünde, da geschieht Böses.)

 

 

 

Das stimmt ja schon einmal nicht. Also dass es Böses nur auf Ebene des Menschen geben würde. Auch die unsichtbare Welt, die immerhin im Glaubensbekenntnis mit Gott als ihrem Schöpfer vorausgesetzt wird, kennt das Böse, konkret die bösen Geister, die abgefallenen Engel. Auch diesen wird in der theologischen Tradition eine Willens- oder aber Entscheidungsfreiheit zugebilligt. Aber das nur am Rande.

 

Die Kopula von "Gut" und Existenz, das auch als Antwort auf @Marcellinus, hat ihr Fundament natürlich in den Denkschulen, die das Böse als Abwesenheit des Guten und damit in der Konsequenz als Mangel an "Sein" gesehen haben (ein breiter Strom der Scholastik etwa). Das heißt allerdings nicht, dass "das Böse" nicht existiert. Diesen letzten Rest konnten die Denker schlecht auflösen, weshalb die berühmte Frage Unde malo? ihrerseits ganze Regalmeter füllt.

 

Aber nun zum eigentlichen Thema: Ich will diesen deinen Ansatz gar nicht seine Berechtigung absprechen, aber diese eigenständige Rekonstruktion von Begriffen, wie man am Beispiel von "gut" beobachten kann, birgt immer die Gefahr in sich, Ebenen miteinander zu vermengen. Schöpfungstheologisch hat das "tov" der Genesis eine distinkte Bedeutung, in der ontologischen Diskussion ebenfalls und wenn wir über die sittliche Gutheit von Akten reden (ging es darum nicht?), dann ist das wieder leicht anders. Man kommt hier schnell auf die Schiene, alles in einem Brei zusammen zu rühren. Mithin mit so verkürzenden Aussagen wie "Alles was ist, ist gut". Das ist an sich nicht falsch, aber eben nicht die ganze Wahrheit. 

 

Und spätestens daran merkt man, dass ein rein biblischer Zugang allzu leicht an seine Grenzen stößt. Deshalb ziehe ich die Verwendung von Begriffen, die der kirchlichen Tradition entnommen ist, vor, da diese nicht nur Schriftargumente bietet, sondern auch den philophisch-theologischen Hintergrund inkorporiert. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 1 Minute schrieb Marcellinus:

 

Nein, da hat es eine ideologische Bedeutung. Wer nur genau einen Gott verehrt, steht in der Gefahr, daß dem nicht nur das Gute, sondern auch das Schlechte zugeschrieben wird. Also muß der Monotheist ausdrücklich behaupten, die Schöpfung seines Gottes sei natürlich gut! Man verehrt Götter, weil man sich von ihnen Hilfe und Schutz erwartet. Niemand verehrt einen bösen oder unfähigen Gott. ;)

Auch diese Sicht ist eine ideologische.

 

"Gut" könnte genauso gut "entsprechend der [kosmischen] Ordnung" bedeuten.

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vor 1 Minute schrieb Flo77:
vor 4 Minuten schrieb Marcellinus:

Nein, da hat es eine ideologische Bedeutung. Wer nur genau einen Gott verehrt, steht in der Gefahr, daß dem nicht nur das Gute, sondern auch das Schlechte zugeschrieben wird. Also muß der Monotheist ausdrücklich behaupten, die Schöpfung seines Gottes sei natürlich gut! Man verehrt Götter, weil man sich von ihnen Hilfe und Schutz erwartet. Niemand verehrt einen bösen oder unfähigen Gott. ;)

Auch diese Sicht ist eine ideologische.

 

"Gut" könnte genauso gut "entsprechend der [kosmischen] Ordnung" bedeuten.

 

Nein, das habe ich schon mit Absicht so geschrieben. Es gibt ja Gottesvorstellungen, bei denen "Gott" ein Synonym für "kosmische Ordnung" ist, nur baut man solchen Göttern keine Tempel und widmet ihnen keine Gebete. Die kosmische Ordnung ist menschlichen Bedürfnissen gegenüber vollkommen indifferent. Der jüdische bzw. christliche Gott ist aber ein persönlicher Gott, von dem die Menschen Zuwendung erwarten. Die kosmische Ordnung kennt keine Zuwendung. 

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vor 2 Minuten schrieb Studiosus:

 

Aber nun zum eigentlichen Thema: Ich will diesen deinen Ansatz gar nicht seine Berechtigung absprechen, aber diese eigenständige Rekonstruktion von Begriffen, wie man am Beispiel von "gut" beobachten kann, birgt immer die Gefahr in sich, Ebenen miteinander zu vermengen. Schöpfungstheologisch hat das "tov" der Genesis eine distinkte Bedeutung, in der ontologischen Diskussion ebenfalls und wenn wir über die sittliche Gutheit von Akten reden (ging es darum nicht?), dann ist das wieder leicht anders. Man kommt hier schnell auf die Schiene, alles in einem Brei zusammen zu rühren. Mithin mit so verkürzenden Aussagen wie "Alles was ist, ist gut". 


Der Kontext ergibt sich aus dem Posting, auf das ich geantwortet habe.

Und zum "gut" der Genesis habe ich gerade einen sehr guten Link gefunden. Ich hoffe, dass die die Expertise der Alttestamentlerin genügt.

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vor 1 Minute schrieb Ennasus:

Und zum "gut" der Genesis habe ich gerade einen sehr guten Link gefunden. Ich hoffe, dass die die Expertise der Alttestamentlerin genügt.

 

Du hast meine Kritik offensichtlich gar nicht verstanden. Ich habe nicht bestritten, dass die biblisch-exegetische Interpretation eine Ebene darstellt. Aber eben nicht die Gesamtheit dessen, was zu "gut" zu sagen ist. 

 

Lassen wirs damit gut sein. 

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Am 3.2.2023 um 10:31 schrieb Aleachim:

Du sagst, es hinterlässt "keine sichtbaren Spuren im Mensch-Welt-Gefüge". Das heißt ja, dass eine Tat die gegen Gottes Gesetz verstößt, trotzdem Spuren hinterlässt, richtig? Sie sind nur nicht sichtbar. Glaubst du, dass sie trotzdem irgendwie wahrnehmbar sind?

 

@Studiosus

Würde mich freuen, wenn du diese Frage noch beantworten könntest...

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vor 12 Minuten schrieb Marcellinus:

 

 Wer nur genau einen Gott verehrt, steht in der Gefahr, daß dem nicht nur das Gute, sondern auch das Schlechte zugeschrieben wird. Also muß der Monotheist ausdrücklich behaupten, die Schöpfung seines Gottes sei natürlich gut! Man verehrt Götter, weil man sich von ihnen Hilfe und Schutz erwartet. Niemand verehrt einen bösen oder unfähigen Gott. ;)


Das ist ziemlich der Punkt, den ich meine: Dass der christliche Glaube grundsätzlich ja sagt zu allem, was ist. Weil es Gottes Schöpfung ist.
Nur möchte ich darüber nicht spötteln. Sondern: Diese Sichtweise, dieses dankbare Annehmen und dieses Vertrauen, dass es letztlich gut sein wird, bereitet den Weg für ein gelingendes Leben.
 

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vor 5 Minuten schrieb Studiosus:

Lassen wirs damit gut sein. 

Oh Weiser, willst Du uns dumm sterben lassen?

 

Hilflos und unwissend wie die kleinen Kinder, die an den Lippen ihrer Lehrer hängen, vertrauensvoll schweigend, mit staunenden Augen betrachtend.

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vor 42 Minuten schrieb Ennasus:

Böses kann es immer nur auf der Ebene des Menschen geben, der die Möglichkeit hat, sich dem, was ist bzw. sein könnte, zu verweigern: „Sünde“ ist gleichbedeutend mit „Fehlen“ oder „Mangel“. Mit Fehlen an Zuwendung, an Intensität und Präsenz und Sein. Dort, wo ein solches Fehlen ist, obwohl ein Mensch gebraucht würde, obwohl er da sein könnte, da ist Sünde, da geschieht Böses.

 

Ja, wenn man glaubt, der eigene Gott sei ausschließlich "gut", dann bleiben ja nur die Menschen als Quelle des "Bösen". Erklärt nur leider nicht, wieso eine "guter Gott" "böse Menschen" schöpft. Ja, ja, ich weiß, die Sache mit der Freiheit. Nach diesem Bild bleiben die Menschen eine Fehlkonstruktion. "Gott ist: allmächtig, allwissend, allgütig. Wähle zwei!"

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vor 3 Minuten schrieb Ennasus:

Diese Sichtweise, dieses dankbare Annehmen und dieses Vertrauen, dass es letztlich gut sein wird, bereitet den Weg für ein gelingendes Leben.

 

Entschuldige, aber dafür haben wir mindestens seit dem letzten Jahrhundert zu viel erlebt. 

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Gerade eben schrieb Aleachim:

@Studiosus

Würde mich freuen, wenn du diese Frage noch beantworten könntest...

 

Das werde ich nicht so handfest beantworten können, wie man sich das vielleicht wünscht. Meine Antwort betritt notwendigerweise den Boden der Spekulation. Ich kann und will hier auch natürlich nicht den Letzten Dingen vorgreifen. 

 

Die in statu viatoris unsichtbaren Folgen von Sünden, die augenscheinlich keine Opfer und keine negativen Auswirkungen haben, würde ich an der Seele des Menschen selbst und im Letzten im Gericht Gottes verorten. Wenn man - was man freilich nicht muss - der Ansicht folgt, dass bestimmte Sünden vor allem Gott direkt "betreffen", früher hätte man wohl von einer Beleidigung Gottes gesprochen, dann ist es nur folgerichtig, dass es Gott ist, der beim persönlichen Gericht über die gerechte Strafe für diese Sünden befinden wird. Damit bewegen wir uns im Bereich der Eschatologie, über die allzu konkrete Aussagen sich verbieten. Dass die Verdammnis jedoch eine Option ist, mit der im Ernstfall zu rechnen ist, muss man wohl nicht eigens erwähnen. Oder man muss es explizit erwähnen, da auch die Kirche im Alltagsgeschäft dieses Thema nun nicht gerade in den Vordergrund stellt. 

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vor 1 Minute schrieb Marcellinus:

 

Ja, wenn man glaubt, der eigene Gott sei ausschließlich "gut", dann bleiben ja nur die Menschen als Quelle des "Bösen". Erklärt nur leider nicht, wieso eine "guter Gott" "böse Menschen" schöpft. Ja, ja, ich weiß, die Sache mit der Freiheit. Nach diesem Bild bleiben die Menschen eine Fehlkonstruktion. "Gott ist: allmächtig, allwissend, allgütig. Wähle zwei!"

Das ist nicht die Aussage der Genesis.

 

Dort steht nur, daß die Welt so wie sie ist alles anbietet um ein "gutes Leben" zu haben. Dort steht nicht, daß es automatisch so sein wird.

 

 

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vor 2 Minuten schrieb Flo77:

Das ist nicht die Aussage der Genesis.

 

Dort steht nur, daß die Welt so wie sie ist alles anbietet um ein "gutes Leben" zu haben. Dort steht nicht, daß es automatisch so sein wird.

 

Selbst von der Schöpfungsgeschichte gibt es in der Bibel zwei Versionen. Dort gibt es auch einen eifersüchtigen, rach- und spielsüchtigen Gott, einen der sich irrt, und es beim nächsten Mal besser machen will, es aber offenbar nicht kann. Sorry, das ist fromme Belletristik. Ich diskutier hier auch nicht irgendwelche "heiligen Schriften". Das ist nicht meine Absicht, nicht meine Aufgabe.

 

Ich versuche nur, gedankliche Fehler aufzuzeigen, wie es die Formulierung war, daß "alles was ist, gut ist". Das kann man ja so sehen, nur verliert dann eben der Begriff "gut" seine inhaltliche Bedeutung. Mehr wollte ich nicht sagen, und mehr geht mich auch nichts an.

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Und zur Genesis: Dass dieser initiale, von Gott intendierte Zustand im vollen Umfang das Attribut "gut" verdiente, dürfte unstrittig sein. Allerdings ist dieser paradiesische Zustand für uns, den Menschen als solchen, und die Schöpfung im Ganzen verloren. Eine Anwendung auf die Welt post lapsum verbietet sich daher. 

 

Mit dem Kommen Christi, seinem Erlösungsopfer und seiner angekündigten Wiederkunft besteht die Hoffnung auf die Neuschöpfung der Welt am Ende der Zeit, sodass sie sich diesem ursprünglichen "paradiesischen" Bild wieder annähert. In der Zwischenzeit ist dem Menschengeschlecht durch das Sakrament der Taufe eine Befreiung von der Erbsünde, der durch die Übertretung der Ureltern alle Menschen verfallen sind, möglich. Christus hat die Menschennatur durch die Annahme derselben wunderbar erneuert, wie die Liturgie formuliert. Dadurch ist allerdings keine vollständig Restitution der ehemaligen Menschennatur verbunden und ein Restbestand der Ursünde, die man seit Augustinus concupiscentia nennt, haftet dem Menschen weiterhin an und lässt ihn nach dem Schlechten streben. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 1 Minute schrieb Studiosus:

post lapsum

 

vor 1 Minute schrieb Studiosus:

concupiscentia

 

 

Dein Bemühen dich verständlich auszudrücken ist wirklich bewundernswert.

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vor 5 Minuten schrieb Marcellinus:

@Studiosus

Ja, und die Welt ist 6.000 Jahre alt. :D

 

Das ist nicht notwendigerweise die Schlussfolgerung, die man hier ziehen muss. Ich jedenfalls berechne keine Jahreszahlen auf der Grundlage jüdischer Zahlenmystik. 

 

Allerdings beinhaltet gerade das Buch Genesis viele Grunddaten der christlichen Anthropologie, an denen man auch heute meines Erachtens schwer vorbei kommen dürfte. Das römische Lehramt jedenfalls argumentiert bis heute, auch zu modernen Thematiken, wie etwa der Geschlechterfrage, mit diesen anthropologischen Topoi. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 38 Minuten schrieb Studiosus:

 

Du hast meine Kritik offensichtlich gar nicht verstanden. Ich habe nicht bestritten, dass die biblisch-exegetische Interpretation eine Ebene darstellt. Aber eben nicht die Gesamtheit dessen, was zu "gut" zu sagen ist. 

 

Lassen wirs damit gut sein. 


OKay, vielleicht habe ich zu schnell drüber weg gelesen. Aber ich verstehe die Kritik wirklich nicht. Ein bisschen kann ich schon ahnen, was du meinst, ich werde auch noch drüber nachdenken, aber eigentlich glaube ich nicht, dass ich falsch liege. Dass ich das Thema umfassend abgehandelt habe, habe ich ja nicht behauptet. Mein Posting war eine Reaktion auf ein Posting, in dem gesagt wurde, dass es biblisch sei, "dass des Menschen Sein vom ursprünglichen „Sollen“ abgewichen ist" - das scheint mir absurd und falsch und ich habe dazu grundlegende Aussagen, die sich wie ein roter Faden durch die Bibel ziehen, zitiert.
Müsstest du dann nicht die Bibelschreiber kritisieren? Siehst du das anders als dass das Akzeptieren der Realität und das Ja dazu Grundlage des christlichen Glaubens ist (Für mich ist die Szene in der Wüste, als Jesus vom Teufel versucht wird, exemplarisch für diese Haltung)-
 
Du schreibst: "aber diese eigenständige Rekonstruktion von Begriffen, wie man am Beispiel von "gut" beobachten kann, birgt immer die Gefahr in sich, Ebenen miteinander zu vermengen." Was habe ich eigenständig rekonstruiert? Was habe ich vermengt?
Es ist mir auch wichtig, darüber nachzudenken, wie das ist mit Dingen, die von Menschen geschaffen wurden und die ihre Existenz "lebensfeindlichen" innermenschlichen Regungen verdanken - aber es sind doch nicht die Dinge an sich, die schlecht sind, sondern das, was Menschen damit machen? 

 

bearbeitet von Ennasus
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vor 13 Minuten schrieb Ennasus:

Siehst du das anders als dass das Akzeptieren der Realität und das Ja dazu Grundlage des christlichen Glaubens ist (Für mich ist die Szene in der Wüste, als Jesus vom Teufel versucht wird, exemplarisch für diese Haltung)-
 

 

Dazu würde ich auch auf meine Ausführungen zur Genesis verweisen. Das "gut", das am Anfang steht, bezieht sich in dieser Generalität auch nur auf den Anfang. Die Schöpfung, einschließlich des Menschen, war gut, sehr gut sogar. Dann kam es, wenn wir die Entwicklung weiterverfolgen, zu einem krassen Einschnitt, den man allgemein unter dem Rubrum Sündenfall abhandelt. Seitdem hat dieses "gut" einige Dellen abbekommen, weshalb man die antelapsarischen theologischen Aussagen nicht ohne weiteres auf eine postlapsarische Schöpfung beziehen kann. Die Natur ist, wenn man so will, gefallen. Christus kam in die Welt, um diese gebeugte Natur (vornehmlich des Menschen) wieder aufzurichten, zu erneuern. Was er freilich durch Leben, Lehre, Leiden und Auferstehung vollbracht hat. Dennoch laboriert die Menschheit an den Folgewirkungen der Erbsünde. Das schreibe ich auch andernorts. 

 

Das waren jetzt vorwiegend schöpfungstheologische, anthropologische und soteriologische Bemerkungen meinerseits. Über die Frage des sittlich Guten, also im engeren Sinne der Moral oder Ethik, habe ich noch gar nichts direkt gesagt; das ist ein anderer Winkel der Betrachtung. Und das meine ich auch damit, dass man sich vor Verallgemeinerungen oder Vermengungen verschiedener und unterschiedener Themenfelder, man könnte auch sagen: Traktate, hüten muss. Das geht allerdings nicht nur Dir so, da muss auch ich selbst aufpassen. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 56 Minuten schrieb Studiosus:
vor 59 Minuten schrieb Marcellinus:

@Studiosus

Ja, und die Welt ist 6.000 Jahre alt. :D

 

Das ist nicht notwendigerweise die Schlussfolgerung, die man hier ziehen muss. Ich jedenfalls berechne keine Jahreszahlen auf der Grundlage jüdischer Zahlenmystik. 

 

Allerdings beinhaltet gerade das Buch Genesis viele Grunddaten der christlichen Anthropologie, an denen man auch heute meines Erachtens schwer vorbei kommen dürfte. Das römische Lehramt jedenfalls argumentiert bis heute, auch zu modernen Thematiken, wie etwa der Geschlechterfrage, mit diesen anthropologischen Topoi. 

 

Ich denke, das ist eine der Ursachen für die Probleme, die diese Kirche heute hat. (Hervorhebung von mir)

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vor 34 Minuten schrieb Studiosus:

 

Dazu würde ich auch auf meine Ausführungen zur Genesis verweisen. Das "gut", das am Anfang steht, bezieht sich in dieser Generalität auch nur auf den Anfang. Die Schöpfung, einschließlich des Menschen, war gut, sehr gut sogar. Dann kam es, wenn wir die Entwicklung weiterverfolgen, zu einem krassen Einschnitt, den man allgemein unter dem Rubrum Sündenfall abhandelt. Seitdem hat dieses "gut" einige Dellen abbekommen, weshalb man die antelapsarischen theologischen Aussagen nicht ohne weiteres auf eine postlapsarische Schöpfung beziehen kann. Die Natur ist, wenn man so will, gefallen. Christus kam in die Welt, um diese gebeugte Natur (vornehmlich des Menschen) wieder aufzurichten, zu erneuern. Was er freilich durch Leben, Lehre, Leiden und Auferstehung vollbracht hat. Dennoch laboriert die Menschheit an den Folgewirkungen der Erbsünde. Das schreibe ich auch andernorts. 

 

Das waren jetzt vorwiegend schöpfungstheologische, anthropologische und soteriologische Bemerkungen meinerseits. Über die Frage des sittlich Guten, also im engeren Sinne der Moral oder Ethik, habe ich noch gar nichts direkt gesagt; das ist ein anderer Winkel der Betrachtung. Und das meine ich auch damit, dass man sich vor Verallgemeinerungen oder Vermengungen verschiedener und unterschiedener Themenfelder, man könnte auch sagen: Traktate, hüten muss. Das geht allerdings nicht nur Dir so, da muss auch ich selbst aufpassen. 


Danke.
Und wie verstehst du dann die Sätze aus Weisheitsbuch oder dem Timotheusbrief?
Ich kann viel besser mit einem Verständnis der Schöpfung wie sie im Römerbrief formuliert wird (Röm 8,22 "Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung seufzt und in Wehen liegt, bis zum heutigen Tag.") als mit der Vorstellung von der "gefallenen Natur". 6 "Entwicklungstage" lang hat Gott den Kosmos und die unbelebte und belebte Erde "geschaffen". Am 7. Tag "ruhte Gott". Das ist der Tag, an dem die Menschheit sich entwickelt und zunimmt an Bewusstheit und Liebesfähigkeit bis Menschen zu eigenständigen freien Gegenübern herangewachsen sind, die Antwort geben auf die Anrede Gottes an uns. Da gibt es schon viel Fallen und Fehlen, viel zu viel, aber das, was ist und auch, das, was in einem Menschen in seinem Leben gewachsen ist an Wesentlichem, das ist und bleibt gut. 

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1 hour ago, Marcellinus said:

Erklärt nur leider nicht, wieso eine "guter Gott" "böse Menschen" schöpft.

 

Für mich würde ich sagen, dass im Bildnisverbot der Hinweis liegt, dieses „gut“ nicht einfach wörtlich zu nehmen. Für mich ist Gott v.a. unerfasslich, auch rätselhaft. Eine Kraft, die ich als Ursache des Seins nehme, aber nicht wirklich verstehe. Das Judentum ist ein Weg des Menschen sich Bilder davon zu machen, wir Christen haben mit der Trinität einen etwas anderen Weg eingeschlagen: Christus ist uns das Gleichnis, in dem Gott sich ganz und gar auch der menschlichen Schöpfung zuwendet.

Religion, auch das Christentum, ist eine Weltanschauung, die sich der Welt nicht nur sachlich-rational zuwendet, sondern auch emotional-dankbar.

Für mich ist dabei nicht so wichtig, ob es „wahr“ in einem allgemeinen Sinne ist, für mich ist es wichtig, als ein Versuch, dass Gute und Lebensbejahende in der Welt sehen zu wollen - und in Christus für uns ein verbindliches Beispiel zu haben. 

Dieser Zug zum Guten verbindet mich dabei übrigens besonders mit allen Menschen, die diesen Wunsch auch in sich spüren - und das ist für mich viel wichtiger als irgendein „Wahrheitsanspruch“ meiner Religion.

Ein Atheist, Muslim oder Buddhist kann mir daher näher stehen als so mancher „wahrheitswütige“ Christ - denn ich glaube, dass eben dieser Anspruch zum Guten und zur Hingabe an das „Leben“ (in seiner umfassendsten Vorstellung) uns als Menschen auszeichnen sollte, nicht aber das Bestehen auf „Wahrheit“ im Sinne bloßer Rechthaberei.

 

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vor 14 Stunden schrieb Ennasus:

Und zum "gut" der Genesis habe ich gerade einen sehr guten Link gefunden. Ich hoffe, dass die die Expertise der Alttestamentlerin genügt.

Expertisen schützen leider nicht davor, Fehler zu machen. Sie schreibt:

Zitat

Und siehe, es war sehr gut.“ (Gen 1,31) So lautet das abschließende Urteil Gottes über seine Schöpfung am Ende des sechsten Tages. Was Gott erschaffen hat, ist gut: Es ist in Ordnung, es erfüllt seine Bestimmung, es ermöglicht und fördert Leben.

Der Kardinalfehler hierbei ist, dass die Alttestamentlerin es so darstellt, als ob Gott das gesagt hätte. Das glauben auch viele, weil sie das ständig so zu hören kriegen. Diesen Satz spricht aber nicht Gott sondern der Erzähler, und darum ist es nicht das abschließende Urteil Gottes, sondern das abschließende Urteil des Erzählers, der sich damit direkt an den Leser wendet. Du Leser, sieh dir alles an, was Gott gemacht hat. Der Leser kann sich das alles ansehen, weil er in dieser Schöpfung schon da ist, denn auch Gott sieht es sich erst an, nachdem all das da ist. So ist es beim Licht, bei der Scheidung von Meer und Land, bei den Pflanzen, bei Sonne, Mond und Sternen: erst dann sieht Gott das Licht, usw. an, nachdem es geschaffen worden ist - "Und so geschah es. Gott sah, dass es gut war." Reihenfolge beachten. Hier ist nicht von Plänen die Rede, welche Gott irgendwann später einmal umzusetzen gedenkt.

 

Deutlich wird das, wenn man diesen Satz nicht aus seinem Kontext gerissen zitiert, denn auch an dieser Stelle steht davor "Und so geschah es." Dann erst kommt: "Gott sah alles an, was er gemacht hatte." Im Anschluss wendet sich der Erzähler mit seinem Kommentar dazu an den Leser, welcher Teil der vorher beschriebenen Schöpfung ist - denn: "Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch, füllt die Erde und unterwerft sie und waltet über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen!"

 

"Und es geschah so" bedeutet genau das, dass die Menschen fruchtbar gewesen sind, und die Erde bereits mit vielen Menschen gefüllt ist, als "Gott alles ansah". Darum kann der Erzähler sich mit seinem "Und siehe ..." auch an den Leser wenden, welcher einer von den männlichen oder weiblichen Menschen ist, mit denen die Erde bereits gefüllt ist. 

 

Der Text richtet sich an die jüdische Gemeinde. Weder der Erzähler noch Gott sprechen hier also lediglich von oder gar zu zwei Menschen, von einem Mann und einer Frau ist hier nicht die Rede - sondern von männlichen und weiblichen Menschen. Über deren Anzahl wird nichts gesagt. Der Inhalt bezieht sich auf mehr als zwei Menschen, die über die Erde herrschen, bzw. unter ihre Füße bringen sollen.  

 

Zitat

Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich! Sie sollen walten über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere, die auf der Erde kriechen. Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie.

Auch hier in Gen 1,26-27 ist also nicht von Plänen die Rede, welche Gott irgendwann später einmal umzusetzen gedenkt, sondern von einem tatsächlich erfolgten Schöpfungsgeschehen: "Und es geschah so."

 

Sofern man in Betracht zieht, dass dieser "1. Schöpfungsbericht" nach dem schon lange bekannten "2. Schöpfungsbericht" geschrieben wurde, kann man dieses "Und es war sehr gut" erst recht nicht dazu verwenden, um den Zusand der Schöpfung vor dem Essen vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu beschreiben - was oft und gerne gemacht wurde. Erzähler und Leser können sich mit dem Begriff "Gut" erst befassen, nachdem der Mensch vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen gegessen hat. Dann, erst dann, ergibt dieses "Und siehe, es war sehr gut." den ursprünglich beabsichtigten Sinn, wenn man sowohl das Essen vom Baum des Guten und Bösen, als auch dass sich der Mensch so vermehrt hat, dass die Erde mit Menschen gefüllt ist, als Ereignis des sechsten Tages versteht - was bei lediglich zwei Menschen, die zudem noch ohne Kinder, also auch noch nicht fruchtbar waren, nicht der Fall sein kann. Es wurde Abend und es wurde Morgen: der sechste Tag.

 

Expertisen entheben niemanden davon, der inneren Logik von Texten den angemessenen Tribut zu zollen.

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vor 18 Stunden schrieb Ennasus:

Diese Sichtweise, dieses dankbare Annehmen und dieses Vertrauen, dass es letztlich gut sein wird, bereitet den Weg für ein gelingendes Leben.

Die Opfer des Holocaust oder aktuell die Opfer von Putins Folterkellern, die man gerade in Massengräbern auffindet, könnten die Sache zwar etwas anders sehen, aber ich will ja niemanden seinen Glauben nehmen. 

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vor 5 Stunden schrieb Weihrauch:

Expertisen schützen leider nicht davor, Fehler zu machen. Sie schreibt:

Der Kardinalfehler hierbei ist, dass die Alttestamentlerin es so darstellt, als ob Gott das gesagt hätte. Das glauben auch viele, weil sie das ständig so zu hören kriegen. Diesen Satz spricht aber nicht Gott sondern der Erzähler, und darum ist es nicht das abschließende Urteil Gottes, sondern das abschließende Urteil des Erzählers, der sich damit direkt an den Leser wendet. Du Leser, sieh dir alles an, was Gott gemacht hat. Der Leser kann sich das alles ansehen, weil er in dieser Schöpfung schon da ist, denn auch Gott sieht es sich erst an, nachdem all das da ist. So ist es beim Licht, bei der Scheidung von Meer und Land, bei den Pflanzen, bei Sonne, Mond und Sternen: erst dann sieht Gott das Licht, usw. an, nachdem es geschaffen worden ist - "Und so geschah es. Gott sah, dass es gut war." Reihenfolge beachten. Hier ist nicht von Plänen die Rede, welche Gott irgendwann später einmal umzusetzen gedenkt.


Wogegen wehrst du dich?
Wo bitte steht im Text der Frau Siquans, dass es bei diesem "Gut" um Pläne Gottes geht? Sie beschreibt die verschiedenen Kontexte, in denen die hebräische Bibel das Wort tov verwendet und zeigt auf, was das für das Leben eines Gottgläubigen bedeutet.
Dort, wo sie über den Genesistext schreibt, ist es eindeutig klar, dass es dabei um den Blick Gottes auf das bereits Geschaffene geht.

Auch dein Satz, dass es sich bei "Und Gott sah, dass es gut war" um das abschließende Urteil des Erzählers geht, ist schräg, wenn du damit sagen willst, dass er deswegen nichts über Gott sagt, sondern über den Erzähler. Natürlich erzählt diese Geschichte nicht Gott selbst. Und natürlich geht es dabei darum, dass das Gottesbild des hebräischen Glaubens vermittelt wird. Aber wenn du es als Kardinalfehler siehst, es deswegen nicht ernst zu nehmen, darfst du den ganzen Text nicht so verstehen, als wäre Gott der Handelnde. Es geht in etwa immer nach dem gleichen Schema: "Gott sprach, es geschah, Gott sah... " Manchmal benennt er auch noch, usw.
Aber: Entweder verstehe ich alle diese Aussagen als Aussagen über das Handeln Gottes oder gar nichts. Beides kann man natürlich tun, aber das so auseinander zu dividieren wie du es tust, wenn ich dich richtig verstehe, ergibt keinen Sinn. 

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