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Das Christentum - eine politische Religion?


Shubashi

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Da ich echt keine Lust mehr auf den soundsovielten Strang zum Migrationsthema habe, allerdings auch das Gefühl hege, dass für einige hier Kirche und Religion durchaus eine politische Haltung des Gläubigen nahelege, würde ich das gerne auf diesem allgemeineren Niveau und etwas entspannter darüber diskutieren.

 

Meine eigene Haltung ist, dass das Christentum schon durch das Gebot der Nächstenliebe einen gewissen Ausblick auch auf Gemeinwesen nahelegt. Dazu hat die katholische Kirche in den Bereichen der Sozial- und Friedenpolitik, davon abgeleitet, gewisse Positionen ausformuliert.

 

Generell ist für mich aber ein „politisches Christentum“ in vielerlei Hinsicht ein Irrweg, und zwar deshalb weil es über ethische Grundhaltungen hinaus kein politisches Wissen vermittelt und deshalb im konkreten „richtig oder falsch“ ein „politischer“ Christ genauso irren kann wie alle anderen Menschen auch.

Ein Christ kann sich also fragen, in welcher Weise er bestimmte politische Fragen im Lichte seine Religion betrachten kann - nur trifft er alle Festlegungen dazu auf eigene Faust.

 

Zudem sind die Menschen heute tendenziell skeptisch, was politische Bevormundung durch ihre Kirche angeht, und sprechen ihr meiner Meinung nach als Institution auch vielfach die moralische und fachliche Kompetenz für solche Beurteilungen ab.

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vor 39 Minuten schrieb Shubashi:

Zudem sind die Menschen heute tendenziell skeptisch, was politische Bevormundung durch ihre Kirche angeht, und sprechen ihr meiner Meinung nach als Institution auch vielfach die moralische und fachliche Kompetenz für solche Beurteilungen ab.

 

Und sie tun gut daran! Gilt übrigens für alle Religions- und Weltanschauungsvereine. Von keinem sollte man sich das Denken abnehmen lassen!

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So wie es den politischen und den unpolitischen Islam, das politische und das unpolitische Judentum gibt, so gibt es auch das politische und das unpolitische Christentum. Weder gibt es eine christliche Verpflichtung sich für Politik zu interessieren noch eine sich politisch zu engagieren. Wenn man jegliche Interaktion mit dem Nächsten als "politisch" verstehen wollte, dann würde man von früh bis spät Politik betreiben und dem Glauben würde der garaus gemacht.  Der Ausblick eines gläubigen Christen auf sein Tun ist eben grade kein politischer.

Es gibt ein beschauliches Leben und ein tätiges Leben und Letzteres ist das Gebiet der Tugendübung. Die Tugenden übt man aus Gründen des Glaubens, nicht aus Gründen der Politik. Wenn Gott einem Einzelnen die Verantwortung für ein Gemeinwesen überträgt (zusätzlich zu der für die eigene Familie), dann kann dies nur im Rahmen des tätigen Lebens sich ereignen und das Ausüben dieser Verantwortung erfolgt im Rahmen der Tugendübungen.

bearbeitet von SteRo
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12 hours ago, SteRo said:

Passend im Kontext "politisches Christentum" ist dies hier:

Neuer [evangelischer !!! ] Landesbischof: Kirche muss sich politisch einmischen

 

Klar, dass er diese Haltung einnehmen muss. Schließlich vertritt er den "klerikalen Arm" der Grünen.


Das protestantische Christentum ist ja quasi als Staatskirchentum begründet worden, weshalb da die geringe Distanz zur Politik eingebaut ist. Ich würde davon die diversen Freikirchen unterscheiden wollen, die des öfteren verfolgt wurden und erst im Exil, z.B. Amerika aufblüten. Der Eifer, sich in den USA den Staat zur Beute zu machen, scheint mir da eine neuere Tendenz zu sein.

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Christentum ist politisch.  Christen sollen schon in der Welt wirken.

Deswegen habe ich mich auch hier für den Politikstrang eingesetzt.

 

 

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19 hours ago, Shubashi said:


Das protestantische Christentum ist ja quasi als Staatskirchentum begründet worden, ...

 

Das Christentum als ganzes ist zwar nicht als Staatskirche gegründet worden, im Gegenteil, es war in der Anfangsphase eher eine Protest-Religion, die sich gegen den Staat (sowohl den juedischen als auch den römischen) stellte, und von ihm . Aber ungefaehr im Jahr 310 wurde es zur Staatskirche, und blieb das auch (sowohl im Westen als auch im Osten) ueber 1000 Jahre lang. Welcher Deutsche Kaiser (genauer römischer Kaiser deutscher Nation) war der erste, der ohne Mitwirkung des Papstes gekrönt wurde? Das war irgendwann kurz nach der Reformation. Fuer einen Großteil der Existenz des Christentums war es entweder mit dem Staat identisch (in Italien bis 1870), oder ein notwendiger Bestandteil der staatlichen Herrschaft.

 

17 hours ago, mn1217 said:

Christentum ist politisch. 

Christentum sollte politisch sein. In der Theorie. In der Praxis funktioniert das nur ganz schlecht. Die wenigsten politisch aktiven Christen verwenden die Bergpredigt als Inspiration. Was man häufiger sieht sind Morde an Gynäkologen, Unterdrückung der Strafverfolgung von Kinderschändern, legale Schikanieren von Schwulen, Verbot der Abtreibung selbst bei 10-jährigen Vergewaltigungs-Opfern, und die Verweigerung der Kommunion an Politiker. Daher wäre es in der Praxis wahrscheinlich besser, wenn das Christentum sich mal 1000 Jahre lang aus der Politik ganz raushält.

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Ein interessanter Artikel zum Thema „Pazifismus“ in Kirche und Gesellschaft:

 

Quote

….Eine Öffnung des rechtspazifistischen Kerns, die nicht die Kategorie des Krieges per se ausschließe, sondern die Sicherheit des Menschen in den Mittelpunkt stelle, sollte auf die Tagesordnung kommen, sagte die Konfliktforscherin.

Eine allgemeingültige Antwort müsse die Kirche dabei nicht geben, so Deitelhoff. Der Wert der Kirche liege in diesen Zeiten auch darin, dass sie die Ängste und Sorgen der Gesellschaft spiegele, dabei aber trotz Meinungsverschiedenheiten und sogar ethischer Differenzen am Verbindenden festhalte und geschützte Gesprächsräume biete. Sie zeige, wie gesellschaftlicher Streit ausgehalten werden könne. Die Vertreter der unterschiedlichen Positionen würden innerhalb der Kirche nicht als „Lumpenpazifisten“ und „Kriegstreiber“ beschimpft, wohl aber in der öffentlichen Debatte. Dort zeige sich der moralische Rigorismus, der schon die Diskussionen um den russischen Angriffskrieg geprägt habe, im Gaza-Krieg umso erbarmungsloser. „Kein Zwischenton wird mehr geduldet.“ ….

 

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Raushalten geht glaube ich gar nicht und ich fände es auch nicht gut.

Gewalt geht natürlich gar nicht.

Radikale gibt es leider überall,aber da muss die Haltung der Kirchr klar sein. Keine Gewalt.

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Das Christentum ist nicht politisch intendiert. Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört. 
Es heißt auch „wenn man euch nicht hören will, dann schüttelt den Staub von den Füßen und geht woanders hin“ und nicht „… dann arbeitet an einer Änderung der Gesetz, so dass die Unwilligen gezwungen werden, auf euch zu hören“

 

Werner

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Ich denke, komplett „raushalten“, ist im Christentum auch nicht gefordert - „gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“, heißt ja schon, dass Ignorieren nicht möglich und nicht sinnvoll ist.

Es heißt aber definitiv auch nicht, dass Christen alles besser wüssten als der Kaiser.

Nur war die Kirche in ihre Geschichte leider öfter versucht, einen eigenen Machtanspruch zu reklamieren, wenn sie um Rat gefragt wurde. War kein Erfolgsmodell und hat eher Unheil gebracht.

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Am 31.10.2023 um 12:33 schrieb mn1217:

Christentum ist politisch.  Christen sollen schon in der Welt wirken.

Deswegen habe ich mich auch hier für den Politikstrang eingesetzt.

 

 

... sagt der politische Christ und der unpolitische wundert sich nicht darüber. Warum? Weil das Geschwür der Weltlichkeit wuchert.  siehe hier.

bearbeitet von SteRo
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vor einer Stunde schrieb SteRo:

... sagt der politische Christ und der unpolitische wundert sich nicht darüber. Warum? Weil das Geschwür der Weltlichkeit wuchert.  siehe hier.

 

Dabei ist das ein uraltes Thema. So lässt Gott den Prophet Jesaja in etwa sinngemäß seinem Volk ausrichten: Schiebt euch eure Frömmigkeit in den Allerwertesten. Ich, der Allerhöchste mag sie nicht, weil ihr die Benachteiligten eurer Gesellschaft vergessen habt: Sie geht mir auf die Nerven.

 

Nicht mal auf Gott ist Verlass...

 

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12 hours ago, Higgs Boson said:

 

Dabei ist das ein uraltes Thema. So lässt Gott den Prophet Jesaja in etwa sinngemäß seinem Volk ausrichten: Schiebt euch eure Frömmigkeit in den Allerwertesten. Ich, der Allerhöchste mag sie nicht, weil ihr die Benachteiligten eurer Gesellschaft vergessen habt: Sie geht mir auf die Nerven.

 

Nicht mal auf Gott ist Verlass...

 


Ich gehe mal davon aus, dass Juda damals noch kein Sozialstaat war.

Soll ich also als Christ für die beste Sozialpolitik stimmen? Wie ist das mit den Fremden - wenn sie sich dem Herr zuwenden, gehören sie zum Volk, wenn aber nicht? Gilt das übrigens auch für Muslime?

Was ist, wenn der Sozialstaat sich nicht mehr im eigentlich gewünschten Umfang aufrechterhalten läßt, weil z.B. der Schutz der natürlichen Ressourcen die wirtschaftlichen Aktivitäten beschränkt? Oder so viele versorgt werden sollen, das es nicht mehr reicht?

Ist dann Sozialpolitik nicht mehr der Fokus, sondern die persönliche Wohltätigkeit?

Soll ich als Christ überhaupt vorsorgen? Schließlich kündigt der Prophet das Endgericht an, und von daher wird der Messias die Probleme eh viel besser lösen als ich?

So ganz einfach ist die Frage „Politik oder nicht“ auch für Propheten heutzutage nicht mehr zu beantworten…

 

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vor 19 Stunden schrieb Werner001:

Das Christentum ist nicht politisch intendiert. Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört. 
Es heißt auch „wenn man euch nicht hören will, dann schüttelt den Staub von den Füßen und geht woanders hin“ und nicht „… dann arbeitet an einer Änderung der Gesetz, so dass die Unwilligen gezwungen werden, auf euch zu hören“

 

Werner

Die ganze Bergpredigt ist politisch.

 

Das Zitat mit dem Kaiser spielt ja auchauf die Doppelmoral an: Gegen die Besatzungsnacht und die Steuern sein,aber kein Problem damit gaben,den eigenen Konsum mit Geld zu befriedigt,auf dem das Bild des Kaisers zu sehen ist. Der ja auch als quasi Gott galt,also auch nicht so ganz vereinbar mit dem ersten Gebot.

 

"Haltet euch raus und sitzt still in der Ecke" war nun sicher nicht die Intention Jesu- dann wäre er nicht gekreuzigt worden.

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vor 2 Stunden schrieb mn1217:

Die ganze Bergpredigt ist politisch.

Echt? Wo? 
Wo sagt Jesus irgendwas dazu, wie Gesetze gestaltet oder Staaten organisiert werden sollten?

bei seiner gesamten Botschaft geht es ausschließlich um die individuelle Gottesbeziehung.

 

Werner

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Wenn ich den Diskussionsverlauf hier so lese, dann habe ich den fatalen Eindruck, dass zuerst einmal geklärt werden sollte, was unter "politisch" verstanden werden soll.

Wenn politisches Handeln schlichtweg meint, dass es ein Handeln für und in Gemeinschaft sein soll, dann ist Christentum freilich politisch.

Allerdings wage ich zu bezweifeln, dass Christus eine politische Botschaft in unserem heutigen Verständnis von politischer Botschaft übermitteln wollte.

Dieser Jesus soll ja gesagt haben, dass sein Reich nicht von dieser Welt sei. Da sehe ich eine gewisse Spannung. Was wollte dieser Jesus?

Freilich wurde er als Volksaufrührer, und damit aus politischen Gründen gekreuzigt. Das ist aber kein Beweis dafür, dass er auf eine Veränderung politischer Verhältnisse abzielte. 

Bedauerlicherweise predigte er aber nun mal in politischen Verhältnissen, wo die Menschen auf Befreiung von einer Besatzungsmacht hofften. Dieses Thema hat mMn Jesus aber nicht die Bohne interessiert. Ihm ging es mMn um innere, mentale Befreiung und ein menschliches Miteinander im Hier und Jetzt, ohne das er eine Veränderung der politischen Gegebenheiten beabsichtigt hätte. 

für mich kann Christentum bzw christliche Existenz nur politisch handelnde Existenz sein, weil ich das Christentum nicht als eine Religion verstehe, die im privaten Kämmerlein praktiziert werden kann. Da verfehlt sie nämlich ihren Wesenskern. Es ist aber für ich nicht wichtig, jedem, egal ob er das nun will oder nicht, mit meinem weltanschaulichen, religiösen Hintergrund zu belöffeln. Ich möchte aus meinem christlichen Selbstverständnis heraus handeln für eine bessere Gesellschaft. Selbstverständlich werde ich dann bei Wahlen mein Selbstverständnis als Messlatte  an die zur Wahl stehenden Parteien anlegen. Ich halte aber nichts davon, als politisch denkender Christ auf eine Staatsform hinzuarbeiten, in der sich alle Menschen christlichen Grundsätzen zu beugen haben. Das widerspricht mMn auch dem Christentum. Denn da hat von anderen Menschen auferlegter Zwang nichts zu suchen. Als Christ habe ich in einer freiheitlich demokratischen Staatsordnung auszuhalten, dass nicht alle Menschen Christen sind und auch nicht alle Menschen Christen sein wollen. 

 

 

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On 11/1/2023 at 6:49 AM, Werner001 said:

Das Christentum ist nicht politisch intendiert. Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört. 

Sag das mal Gregor und Heinrich. Das Christentum war zwischen 1000 und 1800 Jahre lang hochgradisch politisch. Es hat heute seine politische Macht verloren.

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vor 2 Stunden schrieb Sucuarana:

Sag das mal Gregor und Heinrich. Das Christentum war zwischen 1000 und 1800 Jahre lang hochgradisch politisch. Es hat heute seine politische Macht verloren.

Ich schrieb „intendiert“

 

Werner

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