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Die Theologie des Leibes von Johannes Paul ist gescheitert


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Geschrieben (bearbeitet)

@SteRo

 

Nirgendwo habe ich jemals behauptet, angedeutet oder auch nur insinuiert, dass die Kirche ihren "Glauben ablegen würde, wenn es den natürlichen Verstand anwendet oder an ihn appelliert, um anderen, die ihren Verstand mehr lieben als Gott, den Weg zum Glauben zu ebnen". Ich habe keine Ahnung, wie Du auf eine derart merkwürdige Aussage kommst. 

 

Was ich gesagt habe ist einfach dies: Dass nach kath. Lehre die natürliche Vernunft aus sich heraus und ohne Glauben oder Offenbarung bestimmte "Wahrheiten", die von der Kirche gelehrt werden, aus sich heraus erkennen könne. Hierzu gehören nach kath. Lehre beispielsweise die Existenz Gottes, aber auch - zumindest in weiten Teilen - die rechte Ethik. Und diese rechte Ethik, soweit sie durch die Vernunft erkannt werden kann, entspricht klassisch dem sog. "Naturrecht". Und genau im Sinne dieser Naturrechtslehre versucht die Kirche beispielsweise auch, große Teile ihrer Sexuallehre zu begründen. Man beruft sich dabei nicht auf Bibel oder Tradition, sondern auf die "natürliche Vernunft".

 

(Damit ist natürlich nicht alles zum Thema "Vernunft und Glaube aus kath. Sicht" gesagt, aber das ist ein wichtiger Aspekt, und um den geht es mir hier.)

 

Nimm den Satz "Die heilige Mutter Kirche hält fest und lehrt, daß Gott [...] mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft [...] gewiß erkannt werden kann." Wenn Du sagst, dass aus diesem Satz nicht folgt, dass die Kirche ihren eigenen Glauben ablegt, wenn sie an die Vernunft Dritter appelliert, und dass daraus auch nichts dazu folgt, wie sehr man Gott und seinen Verstand lieben soll, dann stimme ich Dir völlig zu. Etwas Gegenteiliges habe aber auch nirgendwo je behauptet.

 

Wenn Du nun den gerade zitierten Satz so interpretierst, dass laut Kirche der Mensch durch seine natürliche menschliche Vernunft die Existenz Gottes erkennen kann, und wenn Du die anderen zitierten kirchlichen Äußerungen ebenfalls ihrem Sinn und Wortlaut nach verstehst, dann stimmen wir völlig überein. Dann mögen wir in anderen Dingen unterschiedlicher Meinung, aber im Hinblick auf das, um was es mir hier geht und was ich hier gesagt habe, sind wie dann einer Meinung.

 

Wenn Du hingegen den obigen Satz so interpretierst, dass die "heilige Mutter Kirche" nicht daran "fest[hält] und" nicht "lehrt, daß Gott [...] mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft [...] gewiß erkannt werden kann", dann bin ich an dieser Stelle raus. Dann gibt es einen Gegensatz, der sich nicht überbrücken lässt. In diesem Fall lass uns einfach festhalten, dass wir offenbar ein anderes Sprach-Verständnis haben. Dann bleibst Du einfach bei Deiner Überzeugung, und ich bei meiner, "and we agree to disagree". 

bearbeitet von iskander
Geschrieben
vor 11 Minuten schrieb iskander:

Was ich gesagt habe ist einfach dies: Dass nach kath. Lehre die natürliche Vernunft aus sich heraus und ohne Glauben oder Offenbarung bestimmte "Wahrheiten", die von der Kirche gelehrt werden, aus sich heraus erkennen könne.

 

Vielleicht löst sich der Dissens auf, wenn man sich bewußt macht, daß die kath. Kirche unter vielen Begriffen etwas anderes begreift als Nicht- oder Andersgläubige, darunter vor allem „Vernunft“ oder „Natur“.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 40 Minuten schrieb iskander:

@SteRo

 

Nirgendwo habe ich jemals behauptet, angedeutet oder auch nur insinuiert, dass die Kirche ihren "Glauben ablegen würde, wenn es den natürlichen Verstand anwendet oder an ihn appelliert, um anderen, die ihren Verstand mehr lieben als Gott, den Weg zum Glauben zu ebnen". Ich habe keine Ahnung, wie Du auf eine derart merkwürdige Aussage kommst.

Gut, dann sind wir uns also einig, dass die Kirche den natürlichen Verstand anwendet oder an ihn appelliert (per Argumentationen) auf der Basis ihres Glaubens, der eben nicht "das Licht" des natürlichen Verstandes ist, sondern der "das Licht" des übernatürlichen, von Gott geschenkten Glaubens, ist.

 

 

vor 40 Minuten schrieb iskander:

Was ich gesagt habe ist einfach dies: Dass nach kath. Lehre die natürliche Vernunft aus sich heraus und ohne Glauben oder Offenbarung bestimmte "Wahrheiten", die von der Kirche gelehrt werden, aus sich heraus erkennen könne.

Eben das ist nicht der Fall: die natürliche Vernunft kann nicht aus sich selbst heraus und ohne "das Licht" des übernatürlichen Glaubens heraus bestimmte "Wahrheiten" erkennen, eben weil das Lehramt "das Licht" des übernatürlichen Glaubens eben nicht ablegt, wenn es solche Dinge schreibt, um jene zu erreichen, welchen dieser Glaube fehlt, indem sie ihre "Vernunft-Sprache" spricht.

 

vor 40 Minuten schrieb iskander:

Nimm den Satz "Die heilige Mutter Kirche hält fest und lehrt, daß Gott [...] mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft [...] gewiß erkannt werden kann." Wenn Du sagst, dass aus diesem Satz nicht folgt, dass die Kirche ihren eigenen Glauben ablegt, wenn sie an die Vernunft Dritter appelliert, und dass daraus auch nichts dazu folgt, wie sehr man Gott und seinen Verstand lieben soll, dann stimme ich Dir völlig zu. Etwas Gegenteiliges habe aber auch nirgendwo je behauptet.

 

Wenn Du nun den gerade zitierten Satz so interpretierst, dass laut Kirche der Mensch durch seine natürliche menschliche Vernunft die Existenz Gottes erkennen kann, und wenn Du die anderen zitierten kirchlichen Äußerungen ebenfalls ihrem Sinn und Wortlaut nach verstehst, dann stimmen wir völlig überein. Dann mögen wir in anderen Dingen unterschiedlicher Meinung, aber im Hinblick auf das, um was es mir hier geht und was ich hier gesagt habe, sind wie dann einer Meinung.

 

Wenn Du hingegen den obigen Satz so interpretierst, dass die "heilige Mutter Kirche" nicht daran "fest[hält] und" nicht "lehrt, daß Gott [...] mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft [...] gewiß erkannt werden kann", dann bin ich an dieser Stelle raus. Dann gibt es einen Gegensatz, der sich nicht überbrücken lässt. In diesem Fall lass uns einfach festhalten, dass wir offenbar ein anderes Sprach-Verständnis haben. Dann bleibst Du einfach bei Deiner Überzeugung, und ich bei meiner, "and we agree to disagree". 

 

Ich nehme also diesen Satz "Die heilige Mutter Kirche hält fest und lehrt, daß Gott [...] mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft [...] gewiß erkannt werden kann." und erläutere, was er bedeutet:

"Die heilige Mutter Kirche, die beseelt ist von Licht des übernatürlichen von Gott geschenkten Glaubens, hält fest und lehrt, daß Gott [...] mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft [...] gewiß erkannt werden kann." um jene zu erreichen, die die kreatürliche Vernunft mehr lieben als Gott, weil ihnen das Licht des übernatürlichen von Gott geschenkten Glaubens fehlt. Die heilige Mutter Kirche tut dies um dem Willen Gottes zu folgen, den sie mehr schätzt/liebt als alles andere (auch mehr als die kreatürliche Vernunft) und also möglichst vielen (allen) Menschen den Weg zum rechten Glauben zu ebnen.

 

Das bedeutet also: das natürliche Licht der menschlichen Vernunft kann tatsächlich Gott gewiß erkennen, aber nur unter der Maßgabe, dass es vom Licht des göttlichen Glaubens "belebt" ist.

 

 

 

 

 

bearbeitet von SteRo
Geschrieben (bearbeitet)
vor 35 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Vielleicht löst sich der Dissens auf, wenn man sich bewußt macht, daß die kath. Kirche unter vielen Begriffen etwas anderes begreift als Nicht- oder Andersgläubige, darunter vor allem „Vernunft“ oder „Natur“.

 

Nein, in diesem Fall nicht. Mit "Vernunft" ist auch kirchlicherseits das gemein, was wir alle darunter verstehen. Wie wir beispielsweise mithilfe unserer Vernunft herausfinden können, dass die Erde gekrümmt und nicht flach ist, können wir laut Kirche durch unsere Vernunft eben auch erkennen, dass manche ihrer Überzeugungen richtig sind. (Empirie, soweit sie notwendig ist, ist da schon mit dabei. Es geht durchaus um die Vernunft, die die Welt zur Kenntnis nimmt oder sie sogar aktiv erforscht.)

 

Und "Natur" bezeichnet hier einfach den Gegensatz zum "Übernatürlichen". Natürlich wäre demnach also alles, was der Mensch kann und hat, ohne dass eine besondere göttliche Hilfe oder Offenbarung ihm unter die Arme greift.

 

Die Kirche ist wie gesagt der Auffassung, dass der Mensch, der keine christliche Offenbarung oder besondere göttliche Hilfe bekommt, dennoch einen erheblichen Teil dessen, was die Kirche lehrt, erkenne könne. So etwa eben die Existenz Gottes (nach der dominanten Auffassung allerdings nicht seine Dreifaltigkeit).

 

Wenn ein Kritiker dies verneint, dann streitet er sich mit der Kirche nicht um Worte - ein solcher Streit wäre ja eh nichtig - sondern um die Sache selbst. Die Kirche und ihr Kritiker reden nicht einfach aneinander vorbei, sonder sie beziehen sich auf die gleichen "Sachverhalte", haben aber verschiedene Auffassungen über diese.

 

Diese Art von Rationalismus ist wohl relativ spezifisch katholisch und weiten Teilen des Protestantismus wohl eher fremd.

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben (bearbeitet)

@SteRo

 

Zitat

Das bedeutet also: das natürliche Licht der menschlichen Vernunft kann tatsächlich Gott gewiß erkennen, aber nur unter der Maßgabe, dass sie vom Licht des göttlichen Glaubens belebt ist.

 

Okay, die Aussage, dass Gott mit dem "mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft" erkannt werden kann, bedeutet also nicht, dass er mit dem Licht der natürlichen Vernunft erkannt werden kann, sondern dass er mit einer Kombination aus dem "natürlichen Licht der menschlichen Vernunft" und aus dem "Licht des göttlichen Glaubens" erkannt werden kann.

 

Das ergibt ungefähr so viel Sinn, als würde man aus die Aussage, dass der Mensch mit seiner natürlichen Kraft ein bestimmtes Gewicht stemmen kann, so interpretieren, dass der Mensch das Gewicht zwar mit seiner natürlichen Kraft stemmen kann, aber nur unter Zuhilfenahme einer Maschine, die ihn dabei unterstützt.

 

Ich gebe es Dir eines mit Brief und Siegel: Du wirst auf weiter Flur nicht einen Dogmatiker, Fundamentaltheologen oder sonst jemanden mit Sachkompetenz finden, der Dir zustimmt. Aber vielleicht ist Dir das auch egal, und das soll mir auch recht sein. 

 

Damit bin ich allerdings draußen. Jede weitere Diskussion würde nur noch in fruchtlosen Wiederholungen bestehen. Du bleibst bei Deiner Meinung, ich bei meiner.

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben (bearbeitet)
vor 18 Minuten schrieb iskander:

@SteRo

 

 

Okay, die Aussage, dass Gott mit dem "mit dem natürlichen Licht der menschlichen Vernunft" erkannt werden kann, bedeutet also nicht, dass er mit dem Licht der natürlichen Vernunft erkannt werden kann, sondern dass er mit einer Kombination aus dem "natürlichen Licht der menschlichen Vernunft" und aus dem "Licht des göttlichen Glaubens" erkannt werden kann.

 

Das ergibt ungefähr so viel Sinn, als würde man aus die Aussage, dass der Mensch mit seiner natürlichen Kraft ein bestimmtes Gewicht stemmen kann, so interpretieren, dass der Mensch das Gewicht zwar mit seiner natürlichen Kraft stemmen kann, aber nur unter Zuhilfenahme einer Maschine, die ihn dabei unterstützt.

 

Ich gebe es Dir eines mit Brief und Siegel: Du wirst auf weiter Flur nicht einen Dogmatiker, Fundamentaltheologen oder sonst jemanden mit Sachkompetenz finden, der Dir zustimmt. Aber vielleicht ist Dir das auch egal, und das soll mir auch recht sein. 

 

Damit bin ich allerdings draußen. Jedem weitere Diskussion würde nur noch in fruchtlosen Wiederholungen bestehen. Du bleibst bei Deiner Meinung, ich bei meiner.

 

 

Der Vergleich mit "Gewicht stemmen" ist unpassend, weil bei dem Beispiel ein und diesselbe physikalisch-natürliche Gesetzmäßigkeit wirksam ist und es um ein und dasselbe Gewicht (Objekt) geht.

Dagegen: Das natürliche Licht der menschlichen Vernunft folgt zwar einer natürlichen Gesetzmäßigkeit, nicht aber das übernatürliche Licht des von Gott geschenkten Glaubens. Und auch die Objekte sind nicht die gleichen: das Objekt des natürlichen Licht der menschlichen Vernunft ist ein natürliches, das Objekt des übernatürlichen Lichts des von Gott geschenkten Glaubens aber ein übernatürliches, nämlich Gott selbst.

Das Mysterium (ich denke, hier darf durchaus von einem "Mysterium" gesprochen werden) liegt also in dem Wort "beleben": Wie kann Übernatürliches Natürliches "beleben"? Diese Frage richtet sich an die Gnadenlehre: Wie kann göttliche Gnade die Menschennatur "beleben"? Und welche Bedeutung soll "beleben" hier eigentlich haben?

 

 

 

bearbeitet von SteRo
Geschrieben (bearbeitet)
vor 41 Minuten schrieb iskander:

Die Kirche ist wie gesagt der Auffassung, dass der Mensch, der keine christliche Offenbarung oder besondere göttliche Hilfe bekommt, dennoch einen erheblichen Teil dessen, was die Kirche lehrt, erkenne könne. So etwa eben die Existenz Gottes (nach der dominanten Auffassung allerdings nicht seine Dreifaltigkeit).

 

Wenn du die Existenz Gottes nicht mit deiner Vernunft erkennen kannst, weiß du, dass Gott existiert - und dass du Gott nicht mit deiner Vernunft erkennen kannst, weil deine Vernunft dazu nicht ausreicht, bzw. weil du unvernüftig bist. Wie gut, dass es dann die Lehre der Kirche gibt, um dich zu einem vernünftigen Menschen zu machen.

 

Wenn du mit deiner Vernunft allerdings die Nichtexistenz Gottes erkennst, dann liegt das ebenfalls an deiner mangelnden Vernunft. Wie gut, dass es dann die Lehre der Kirche gibt, um dich zu einem vernünftigen Menschen zu machen. Du kannst es drehen und wenden, wie du willst. An der Richtigkeit der Lehre der Kirche über die Existenz Gottes ändert das nichts. Das sind rhetorische Taschenspielertrickts, nichts weiter.  

 

Das selbe Spielchen kannst du jetzt mit der Sexualmoral durchexerzieren - mit demselben Ergebnis. Es liegt an dir, an deiner mangelnden Einsicht, deiner Unvernunft, deiner Unbelehrbarkeit, deinem Unwillen usw. Alle Argumente, egal zu welchem Thema, sind unvernünftig, sofern sie nicht mit der Lehre der Kirche übereinstimmen. Da hilft es auch nicht, dass der Mensch mit der Vernunft nur einen erheblichen Teil, dessen was die Kirche lehrt, erkennen kann, weil jede Erkenntnis das schon voraussetzt, was zu erkennen ist - und da ist die Dreifaltigkeit keine Ausnahme. Es reicht, irgendeine Behauptung mit dem Wort "erkennen" zu verknüpfen, um dem anderen den schwarzen Peter zuzuschieben. Alternativ unterstellt man seinem Gegenüber etwas zu leugnen, denn auch dieses Wort, setzt voraus, dass es das zu Leugnende gibt, sonst könnte man es nicht leugnen.      

bearbeitet von Weihrauch
Geschrieben (bearbeitet)
vor 20 Minuten schrieb SteRo:

Der Vergleich mit "Gewicht stemmen" ist unpassend, weil bei dem Beispiel ein und diesselbe physikalisch-natürliche Gesetzmäßigkeit wirksam ist und es um ein und dasselbe Gewicht (Objekt) geht.

 

Es geht nicht um eine inhaltliche Entsprechung, sondern darum, dass Du aus einer Aussage der Form "A kann durch B verwirklicht werden" eine ganz andere Aussage machst: Eine der Form "A kann nicht durch B verwirklicht werden, sondern nur durch eine Kombination von B und C". Es geht darum, dass Du eine Aussage etwas "hineinliest", was nicht in ihr steht und was sogar ihrem Sinn widerspricht.

 

Aber ich sehe schon, wir kommen nicht weiter. Wir können uns nicht darüber einigen, ob ein Satz das aussagen soll, was er aussagt, oder etwas, was er nicht aussagt und was seiner Aussage widerspricht. Und wir können uns auch nicht darauf einigen, dass eine Verfremdung von Aussagen generell und unabhängig von ihrem konkreten Inhaltes unsachgemäß ist.

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben
vor 6 Minuten schrieb Weihrauch:

... Es liegt an dir, an deiner mangelnden Einsicht, deiner Unvernunft, deiner Unbelehrbarkeit, deinem Unwillen usw. ...

 

Wieder Worte, die auf einer Überbewertung der kreatürlichen Vernunft beruhen. Wer die Kreatur mehr liebt als Gott wird auch Gottes Hilfe nicht annehmen können. Das Problem ist also nicht das Vernunftvermögen, sondern der Wille.

Geschrieben
vor 2 Minuten schrieb SteRo:
vor 13 Minuten schrieb Weihrauch:

... Es liegt an dir, an deiner mangelnden Einsicht, deiner Unvernunft, deiner Unbelehrbarkeit, deinem Unwillen usw. ...

 

Wieder Worte, die auf einer Überbewertung der kreatürlichen Vernunft beruhen. Wer die Kreatur mehr liebt als Gott wird auch Gottes Hilfe nicht annehmen können. Das Problem ist also nicht das Vernunftvermögen, sondern der Wille.

 

Völlig egal woran es liegt. Es liegt immer an dem anderen. Hauptsache er ist schuld und du kannst ihn verurteilen. 

Geschrieben
vor 2 Minuten schrieb iskander:

 

Es geht nicht um eine inhaltliche Entsprechung, sondern darum, dass Du aus einer Aussage der Form "A kann durch B verwirklicht werden" eine Aussage der Form "A kann nicht durch B verwirklicht werden, sondern nur durch eine Kombination von B und C".

 

Die Annahme, dass es bei der "Belebung" der natürlichen Vernunft durch den übernatürlichen Glauben um eine "Kombination" der beiden handelt ist nicht angemessen. Die Gnade Gottes ist niemals etwas, das mit der Menschennatur "kombiniert" wird, sondern eine göttliche Einwirkung, welche mit der Menschenatur etwas macht, wenn diese es zulässt.

 

Geschrieben

@Weihrauch

 

So ist das wohl (laut Kirche). Der KKK sagt, nachdem er die prinzipielle Erkennbarkeit Gottes bejaht hat:

 

"37 In den geschichtlichen Bedingungen, in denen sich der Mensch befindet, ist es jedoch für ihn recht schwierig, Gott einzig mit dem Licht seiner Vernunft zu erkennen.

 

,,Wenn auch die menschliche Vernunft, um es einfach zu sagen, durch ihre natürlichen Kräfte und ihr Licht tatsächlich zur wahren und sicheren Erkenntnis des einen persönlichen Gottes, der die Welt durch seine Vorsehung schützt und leitet, sowie des natürlichen Gesetzes, das vom Schöpfer in unsere Herzen gelegt wurde, gelangen kann, so hindert doch nicht weniges, daß dieselbe Vernunft diese ihre angeborene Fähigkeit wirksam und fruchtbar benütze. Was sich nämlich auf Gott erstreckt und die Beziehungen angeht, die zwischen den Menschen und Gott bestehen, das sind Wahrheiten, die die Ordnung der sinnenhaften Dinge gänzlich übersteigen; wenn sie auf die Lebensführung angewandt werden und diese gestalten, verlangen sie Selbstaufopferung und Selbstverleugnung. Der menschliche Verstand aber ist sowohl wegen des Antriebes der Sinne und der Einbildung als auch wegen der verkehrten Begierden, die aus der Ursünde herrühren, beim Erwerb solcher Wahrheiten Schwierigkeiten unterworfen. So kommt es, daß die Menschen sich in solchen Dingen gerne einreden, es sei falsch oder wenigstens zweifelhaft, von dem sie selbst nicht wollen, daß es wahr sei" (Pius XII., Enz. ,,Humani Generis": DS 3875).

 

38 Deshalb ist es nötig, daß der Mensch durch die Offenbarung Gottes nicht nur über das erleuchtet wird, was sein Verständnis übersteigt, sondern auch über ,,das, was in Fragen der Religion und der Sitten der Vernunft an sich nicht unzugänglich ist", damit es ,,auch bei der gegenwärtigen Verfaßtheit des Menschengeschlechtes von allen ohne Schwierigkeit, mit sicherer Gewißheit und ohne Beimischung eines Irrtums erkannt werden kann" (ebd.:DS 3876) [Vgl. 1. Vatikanisches K.: DS 3005; DV 6; Thomas]."

Geschrieben
vor 3 Minuten schrieb Weihrauch:

 

Völlig egal woran es liegt. Es liegt immer an dem anderen. Hauptsache er ist schuld und du kannst ihn verurteilen. 

Das ist wie beim bergeversetzenden Glauben. Rührt sich der Berg nicht, ist der Glaube zu schwach.

Darum vertraut der Kluge beim Bergeversetzen lieber auf kreatürlichen Sprengstoff

 

Werner

Geschrieben
vor 2 Minuten schrieb Weihrauch:

 

Völlig egal woran es liegt. Es liegt immer an dem anderen. Hauptsache er ist schuld und du kannst ihn verurteilen. 

"Verurteilen" ist ziemlich hässlich. "Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein." Man achte auf seine eigenen Intentionen bei Erkenntnis der eigenen Schwäche .... das ist das eigentlich Neue am neuen Bund der Christen, oder?

Geschrieben (bearbeitet)
vor 10 Minuten schrieb SteRo:

Die Annahme, dass es bei der "Belebung" der natürlichen Vernunft durch den übernatürlichen Glauben um eine "Kombination" der beiden handelt ist nicht angemessen. Die Gnade Gottes ist niemals etwas, das mit der Menschennatur "kombiniert" wird, sondern eine göttliche Einwirkung, welche mit der Menschenatur etwas macht, wenn diese es zulässt.

 

Mit "Kombination" meine ich, dass Du eine zweite Bedienung hinzufügst. Zur von der Kirche genannten Bedingung der Gotteserkenntnis, nämlich der natürlichen Vernunft, setzt Du eine zweite Bedingung hinzu, nämlich die des "Lichts des Glaubens".

 

Du machst also aus der Aussage, dass Gott durch die natürliche Vernunft erkannt werden könne, die Aussage, dass er nicht einfach durch die natürliche Vernunft erkannt werden könne, sondern nur durch die natürliche Vernunft, welche durch das Licht des Glaubens erhellt werde.

 

Du machst aus einem "A gilt, wenn B gilt" ein "A gilt nicht, wenn B gilt - sondern A gilt nur, wenn B und C gilt."

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben
vor 1 Minute schrieb iskander:

 

Mit "Kombination" meine ich, dass Du eine zweite Bedienung hinzufügst.

 

Du machst aus der Aussage, dass Gott durch die natürliche Vernunft erkannt werden könne, die Aussage, dass er nicht durch die natürliche Vernunft erkannt werden könne, sondern nur durch die natürliche Vernunft, die durch das Licht des Glaubens erhellt werde.

 

Du machst aus einem "A gilt, wenn B gilt" ein "A gilt nicht, wenn B gilt - sondern A gilt nur, wenn B und C gilt."

 

Nein, ich ändere keine Aussage ab, sondern ich spreche das Offensichtliche über den Aussagenden (das Lehramt) aus: Es spricht auf der Grundlage seines übernatürlichen Glaubens über die Fähigkeiten der natürlichen Vernunft. Das Lehramt kann seinen übernatürlichen Glauben nicht willentlich ablegen, bevor es anfängt, sich Gedanken über die Fähigkeiten der natürlichen Vernunft zu machen. Genau deshalb spricht es über die Fähigkeiten der natürlichen Vernunft unter Anwendung der eigenen natürlichen Vernunft, welche durch seinen übernatürlichen Glauben "belebt" wird.

 

Geschrieben
vor 21 Minuten schrieb SteRo:

"Verurteilen" ist ziemlich hässlich. "

 

Genau. Aber diese Hässlichkeit ist es, die das nötige Gefälle erzeugt, um den anderen belehren zu können, abkanzeln zu können, sich Autorität anmaßen zu können, den anderen erlösen zu - oups - da wär ich fast über das Ziel hinausgeschossen, denn das kann die Kirche nicht, das kann Gott allein, falls es ihn gibt - und falls es Gott nicht gibt, brauchen wir dazu die Kirche um so mehr - aber eine Kirche, die der Hässlichkeit Jesu Christi am Kreuz ähnelt. 

 

vor 32 Minuten schrieb SteRo:

"Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein."

 

Lauter Sprüche, die man immer nur dem anderen vorhält, nie sich selbst. 

 

vor 34 Minuten schrieb SteRo:

Man achte auf seine eigenen Intentionen bei Erkenntnis der eigenen Schwäche .... das ist das eigentlich Neue am neuen Bund der Christen, oder?

 

Den Satz verstehe ich nicht. 

Geschrieben
vor 40 Minuten schrieb SteRo:

Nein, ich ändere keine Aussage ab, sondern ich spreche das Offensichtliche über den Aussagenden (das Lehramt) aus: Es spricht auf der Grundlage seines übernatürlichen Glaubens über die Fähigkeiten der natürlichen Vernunft.

 

Heute lernen wir anscheinend noch einiges über die Rhetorik der Kirchensprache, wenn das so weitergeht: Das Offensichtliche, setzt wiederum das voraus, was lediglich behauptet wird.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 5 Stunden schrieb SteRo:

Das Lehramt kann seinen übernatürlichen Glauben nicht willentlich ablegen, bevor es anfängt, sich Gedanken über die Fähigkeiten der natürlichen Vernunft zu machen.

 

Ich behaupte nicht, dass das Lehramt "seinen Glauben ablegt", sondern mache nur darauf aufmerksam, dass es das folgende lehrt:

 

1. Wenn der Mensch seine natürliche Vernunft richtig gebraucht, dann kann er mit ihr die Existenz Gottes erkennen.

 

Das ist eine völlig andere Behauptung als diese:

 

2. Wenn der Mensch seine natürliche Vernunft richtig gebraucht, dann kann er die Existenz Gottes deshalb noch lange nicht erkennen. Er braucht zusätzlich auch noch das Licht des übernatürlichen Glaubens, das seine Vernunft erleuchtet.

 

Satz 2 ist nicht nur nicht von Satz 1 gedeckt, sonder widerspricht ihm sogar. 

 

Wenn wir uns darauf einigen können, dann stimmen wir überein.

 

Falls Du zudem behaupten möchtest, dass das Lehramt nur deswegen zu seiner Überzeugung kommen kann, dass man mit der Vernunft Gott erkennen könne, weil es bereits vom Glauben ausgeht, dann berührt das das eben Gesagte nicht. 

 

Es würde allerdings nahelegen, dass das Lehramt sich inhaltlich irrt. Denn wenn man wirklich mit der Vernunft erkennen kann, dass Gott existiert, dann kann man aufgrund ihrer Reflexivität mit der Vernunft gewiss auch ebendies erkennen: dass man die Existenz Gottes mit der Vernunft erkennen kann. Und wenn das Lehramt Letzteres grundsätzlich nicht kann (sondern stattdessen seine Aussagen über die Fähigkeiten der Vernunft auch auf den Glauben gründen muss), dann kann das doch wohl auch sonst niemand. Wenn man aber mit der Vernunft nicht erkennen kann, dass man mit der Vernunft Gottes Existenz erkennen kann, dann kann man Gottes Existenz auch nicht mit der Vernunft erkennen.

 

Oder etwas einfacher: Wenn das Lehramt behauptet, man könne gewisse Dinge mit der Vernunft begreifen, aber selbst dazu unfähig sein sollte, diese Dinge allein mit der Vernunft zu erkennen, dann hätte es wohl Unrecht.

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben (bearbeitet)
vor 5 Stunden schrieb Weihrauch:

Da hilft es auch nicht, dass der Mensch mit der Vernunft nur einen erheblichen Teil, dessen was die Kirche lehrt, erkennen kann, weil jede Erkenntnis das schon voraussetzt, was zu erkennen ist - und da ist die Dreifaltigkeit keine Ausnahme. Es reicht, irgendeine Behauptung mit dem Wort "erkennen" zu verknüpfen, um dem anderen den schwarzen Peter zuzuschieben. Alternativ unterstellt man seinem Gegenüber etwas zu leugnen, denn auch dieses Wort, setzt voraus, dass es das zu Leugnende gibt, sonst könnte man es nicht leugnen.   

 

Die Dreifaltigkeit etc. kann man zwar nicht durch die Vernunft, wohl aber aus der Offenbarung und ihrer Interpretation durch die Kirche erkennen. Dazu muss man natürlich erst einmal erkennen, dass die Kirche Gottes Stimme und Instrument ist, um den Menschen Wahrheit und Heil zu bringen. Letzteres wiederum kann man aber durchaus erkennen - zwar nicht durch die reine Vernunft, wohl aber mithilfe der Gnade. 

 

Das wäre, wenn ich nicht irre, in Kürze die Position der Kirche.

 

Dies mag man anmaßend finden, aber die Kirche würde dem entgegenhalten, dass sie nicht aus eigener menschlicher Weisheit und Leistung, sondern durch Gottes Güte das ist, was sie - entsprechend der eigenen Auffassung - eben ist.

 

Jede Glaubensgemeinschaft, die einen "exklusiven" Wahrheitsanspruch vertritt, sich also nicht einfach nur als ein Weg unter mehreren begreift, befindet sich diesbezüglich wohl in einer mehr oder ähnlichen Situation und Position wie die kath. Kirche.

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben
vor 3 Minuten schrieb iskander:

Das mag man anmaßend finden, aber die Kirche würde dem entgegenhalten, dass sie nicht aus eigener menschlicher Weisheit und Leistung, sondern durch Gottes Gnade das ist, was sie - entsprechend der eigenen Auffassung - eben ist.

 

Jede Glaubensgemeinschaft, die einen "exklusiven" Wahrheitsanspruch vertritt, sich also nicht einfach nur als ein Weg unter mehreren begreift, befindet sich diesbezüglich wohl in einer mehr oder ähnlichen Situation und Position wie die kath. Kirche.

 

Ich sah es kommen: auch die Wahrheit setzt wiederum voraus, was lediglich behauptet wird. Um die Wahrheit geht es nie. Was in meinen, völlig unmaßgeblichen, Augen zählt, ist die Haltung. Liebe ist eine Haltung, die nicht exklusiv sondern all umfassend ist. Dafür steht, für mich, das Kreuz als Symbol. Einer anderen Haltung entspringen exklusive Wahrheits-, Unfehlbarkeits- und Machtansprüche. Es geht bei all diesen hier diskutierten Fragen um unterschiedliche Haltungen bzw. Einstellungen, mit denen man an sie herangeht, darum, ob man an die Liebe glaubt oder an die Macht. Die Liebe fürchtet sich nicht zu scheitern - die Macht ist von der Angst getrieben zu scheitern. 

Geschrieben (bearbeitet)
Am 27.3.2025 um 21:05 schrieb rorro:

Das [mit der Verhütung bzw. ihrem kirchl. Verbot] ist wie mit dem Essen - schließt man da den lebensspendenden Anteil aus, nennt man es Bulimie. Findet die Kirche auch nicht gut. Nur sind eben nicht alle so konsequent wie sie.

 

Und:

  

Am 29.3.2025 um 15:04 schrieb rorro:

Es ist doch grandios, daß der Schöpfer das Lebenserhaltende mit Genuss verbunden hat.

 

Bei einem trennen wir das und halten das für krank, beim anderen für toll und gottgewollt.

 

Naja, schlüssig argumentiert ist anders…

 

Um darauf aus gegebenem Anlass nochmals zurückzukommen:

 

Der kath. Philosoph Germain Grisez hat die Lehre von der Empfängnisverhütung verteidigt und sogar am Minderheitengutachten der päpstlichen Kommission mitgewirkt, in welchem Paul VI.empfohlen wurde, alles beim Alten zu lassen. Dennoch hat er offenbar klar gesehen, dass die Argumentation, wonach die Verhütung deswegen unethisch sei, weil bei bestimmte biologische Funktionen, die natürlicherweise verbunden sind, gehemmt oder getrennt werden, schlichtweg irrational ist. Ich habe zufällig auf Reddit ein Zitat von ihm dazu gefunden, welches ich dem Forum nicht vorenthalten möchte. (Ich gehe von der Echtheit des mit genauen Quellenangaben versehen Zitats aus, stelle es aber unter einen entsprechenden Vorbehalt.)

Grisez sagt da zwar der Sache nach auch nicht viel anderes als das, was ich selbst auch schon geäußert habe (siehe hier und die Folgediskussion), aber er bringt es mit einem Gedankenexperiment schön und bündig auf den Punkt:

 

"Stellen Sie sich einen Menschen vor, der zum Genuss einige Speisen und Getränke mit dem Mund aufnimmt, obwohl der Magen aus medizinischen Gründen ständig ausgepumpt wird, so dass nichts verdaut wird. Die eigentliche Nahrung wird intravenös verabreicht. Würde ein Moralist etwas dagegen haben, wenn eine solche Handlung medizinisch unbedenklich erscheint und einen schwerkranken Patienten tröstet?"

(Übers. von mir)

 

Offensichtlich nicht. Wenn verhindert wird, dass ein biologischer Vorgang seine natürliche Funktion erfüllt, betrachten wir dies normalerweise nicht als ein Übel – oder selbst wenn doch, dann gewiss als ein relativ kleines, das mit positiven Gütern verrechnet werden kann, insbesondere mit dem Wohl des Menschen. Und ganz gewiss sehen wir einen solchen Eingriff in die Natur nicht als etwas kategorisch Verbotenes an.

Ganz anders steht es laut kirchlicher Lehre aber ja um die Empfängnisverhütung: Diese sei immer schlecht, und zwar so schlecht, dass sie durch nichts je gerechtfertigt werden könne.

 

"Konsequent" wäre dann also derjenige, der eine Abtrennung oder Hemmung biologischer Funktionen generell strikt ablehnt, oder jemand, der sie als grundsätzlich erlaubt betrachtet (zumindest soweit keine schwerwiegenden Gründe gegen sie sprechen, und positive Gründe für sie). Insofern kann man der Kirche an dieser Stelle schwerlich attestieren, konsequenter zu sein als das Gros der Leute.

 

Jedenfalls sollte an dieser Stelle klar sein, dass das Verbot der Verhütung unmöglich damit gerechtfertigt werden kann, dass das Hemmen oder Abtrennen einer biologischen Funktion unzulässig sei. Der folgende Schluss ist also nicht "beweiskräftig" (wenn auch im rein formalen Sinne gültig):

 

1. Bei der Verhütung wird die Erfüllung einer natürlichen biologischen Funktion behindert.

2. Das Behindern der Erfüllung einer natürlichen biologischen Funktion ist stets unzulässig.

3. Also ist Verhütung stets unzulässig.

 

Die erste Prämisse ist zwar unzweifelhaft wahr, die zweite aber unbegründet bzw. sogar unsinnig, allein schon weil sie zu unsinnigen Schlussfolgerungen führt. (Hinter ihr steht auch die doch wohl allzu simple Annahme, dass die biologische Natur in ihrer Faktizität unmittelbar mit Gottes Wille zu identifizieren und daher sakrosankt sei.)

 

Huamne vitae selbst scheint, jedenfalls nach einer naheliegenden Lesart, aber im gerade beschriebenen und kritisierten Sinne zu argumentieren.

 

Man mag sich an dieser Stelle vielleicht fragen, wie Grisez dann aber selbst das Verbot der Verhütung zu begründen versucht. Wenn eine seriös erscheinende Darstellung verlässlich ist, könnte man seine Argumentation, oder auch die einiger anderer (unzweifelhaft katholischer) Denker, kondensiert etwa wie folgt so auf den Punkt bringen:

 

1. Mit der Verhütung geht eine Absicht gegen die Entstehung von menschlichem Leben einher.

2. Menschen sind ein grundlegendes Gut.
3. Eine Absicht, die gegen die Verwirklichung eines grundlegenden Gutes gerichtet ist, ist stets unmoralisch.

4. Also ist die Absicht, die Entstehung eines neuen Menschen zu verhindern, stets unmoralisch.

5. Also ist die mit der Verhütung einhergehende Absicht - und somit auch Verhütung selbst - stets unmoralisch.

 

Man könnte dazu einiges sagen, aber der wohl offenkundigste Einwand, der nun auch wirklich auf der Hand liegt, lautet doch wie folgt: Der Mensch mag zwar ein Gut (etwas Wertvolles) sein - es ist aber keineswegs generell und in jeder Situation gut (wünschenswert), dass ein neuer Mensch entsteht bzw. gezeugt wird. Es gibt Umstände, unter denen es ganz im Gegenteil gut bzw. wünschenswert ist, dass kein Mensch gezeugt wird - etwa wenn absehbar ist, dass ein Kind, das gezeugt würde, einen baldigen und leidvollen Tod finden würde. Spätestens unter solchen Bedingungen - und natürlich auch weniger extremen - kann der Wunsch, dass kein Kind gezeugt wird, absolut vernünftig und ethisch legitim sein. Prämisse 3 ist also offenbar falsch. 

 

(Wäre es anders und müsste man moralisch gesehen stets wollen, dass ein Kind gezeugt wird, so müssten im Übrigen auch NFP und Enthaltsamkeit als Methoden der Geburtenregelung unzulässig sein. Denn die in beiden Fällen verfolgte Absicht besteht ja gerade nicht darin, darauf hinzuwirken, dass ein Kind entsteht; sie besteht im Gegenteil darin, sicherzustellen, dass möglichst kein Kind entsteht.)

 

Und es ist grundsätzlich natürlich auch moralisch zulässig, aktiv darauf hinzuwirken, dass ein ethisch einwandfreier und vernünftigen Wunsch verwirklicht wird. Zwar kann es dann noch weitere Einwände geben - etwa dass eine bestimmte Methode, die ein an sich legitime Ziel verfolgt, unangemessen großen Schaden verursacht. Das trifft auf die Verhütung aber gewiss nicht (generell) zu.

 

Grisez sieht also deutlich, dass ein Standard-Argument gegen die Verhütung offenkundig unsinnig ist, versucht dann aber mit einem Argument, das gleichermaßen offenkundig unsinnig ist, die vermeintliche Moralität und Sinnhaftigkeit der diesbezüglichen kath. Lehre einsichtig zu machen (vorausgesetzt wie gesagt, dass sein Argument tatsächlich so aussieht, wie es laut mir zugänglichen Quellen aussieht). Und Grisez scheint hier auch nicht der einzige zu sein: Offenbar erkennen konservativ-katholische Denker immer wieder, wie unzulänglich die Argumente für die entsprechenden Verbotsnormen sind und versuchen dann, ein besseres Argument für diese zu finden - um bei diesem Vorhaben (zwangsläufig) zu scheitern. Dass man sich einfach eingesteht, dass es keine Argumente gibt, weil die entsprechende Lehre schlichtweg nicht rational begründbar ist, ist offenbar keine Option. 

 

Wobei das nicht ganz stimmt. Denn mitunter kommt man einer solchen Erkenntnis doch einmal nahe. Im Minderheitengutachten, bei dem Grisez wie gesagt selbst mitgewirkt hat, heißt es:

 

"Wenn wir klare und zwingende Argumente vorbringen könnten, die sich allein auf die Vernunft stützen, wäre es nicht notwendig, dass unsere Kommission existiert, noch würde sich die Kirche in ihrer gegenwärtigen Situation befinden [...]“ 

(Zit. n. McClory, Turning Point, übers. v. mir)

 

Man sollte einfach so ehrlich sein und darauf verzichten, die kath. Lehre mit pseudo-rationalen Argumenten plausibilisieren zu wollen und stattdessen einfach offen sagen, wie es ist: Es existiert weder eine biblische noch eine "naturrechtliche" Begründung für das Gros der kath. Sexuallehre - die einzige Begründung besteht im Wort der kirchlichen Autorität. Und an diese Autorität bzw. an ihr Wort kann man glauben oder nicht.

 

(Falls man mich dafür kritisieren sollte, dass ich nicht absolut sicherstellen konnte, dass die entsprechenden Gedanken wirklich von Grisez selbst stammen, habe ich darauf zwei Antworten: 

a) Es ist sehr plausibel, dass es so ist - darauf habe ich schon geachtet. 

b) Es geht mir weit mehr um die Sache selbst als um die Person. Das Gedanken-Experiment, das die Unhaltbarkeit der "biologistischen" Argumentation verdeutlicht, nach welcher man biologische Funktionen nicht hemmen oder entkoppeln dürfe, ist so oder so gut, egal wer der Autor ist. Und das Argument, welches zeigen soll, warum die Lehre zur Empfängnisverhütung dennoch korrekt ist, habe ich zumindest bei einem recht prominenten kath. Philosophen in ganz ähnlicher Form gesehen; es ist also in jedem Fall "relevant".)

 

bearbeitet von iskander

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