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Die Theologie des Leibes von Johannes Paul ist gescheitert


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Geschrieben
Am 12.6.2025 um 12:28 schrieb Chrysologus:

Du suchst - so wirkt es auf mich - nach einer objektiven Sicherheit. Die kann und wird es in Beziehungen aber nie geben.

 

Es geht hier nicht um Launen, das Gewissen ist eine durchaus ernste Angelegenheit und setzt ein ernsthaftes Bemühen voraus. So wie auch Umkehr eine ernsthafte Reue erfordert und kein leichtfertiges "dumm gelaufen, sorry" ist (obwohl das für eine gültige Lossprechung vollkommen ausreicht).

Ich suche in der Kirche nach gar nichts mehr. Iskander wollte wissen, wie das System funktioniert.

 

Und sorry, der vom Lehramt beschriebene Weg wird von diesem als objektiv sicher verstanden.

Geschrieben
vor 23 Stunden schrieb Werner001:

Wenn du erkennst, dass du sündigst, ist dein Gewissen also nicht blind, und du kannst ihm folgen.

Wenn du es nicht erkennst, dass du sündigst, ist drin Gewissen vermutlich blind, aber kann es Sünde sein, wenn eine Sünde gar nicht als solche erkennen kannst?

 

Ich hab den Eindruck, da ist ein logischer Widerspruch im System

Nein. Bei Dir fehlt ein entscheidendes Detail:

 

Wenn Du nicht erkennst, daß Du sündigst, obwohl die Kirche dein Handeln als sündhaft identifiziert hat, solltest du dein Gewissen sorgfältig prüfen bevor du ihm weiterhin folgst.

Geschrieben
Am 13.6.2025 um 07:17 schrieb Chrysologus:

Dieser Individualismus ist nicht Lehre der Kirche. Die Kirche ist Instrument Gottes zum Heil der Welt und zum Aufbau des Reiches Gottes, an dem Menschen mit bauen können.

Dieses Leben ist selbst und als solches wertvoll und lebenswert, es ist kein Asessmentcenter für die Ewigkeit, sondern gute Schöpfung Gottes.

Was meinst Du mit Individualismus?

 

Die erste Frage aller traditionellen Katechismen ist: Wozu sind wir auf Erden? Gott zu erkennen, zu lieben, seinen Willen zu tun und in den Himmel zu kommen.

 

Mir wäre sehr neu, wenn die Kirche den Primat der ewigen Seligkeit als Ziel aller menschlicher Existenz aufgegeben hätte.

Geschrieben (bearbeitet)
Am 13.6.2025 um 14:34 schrieb Aleachim:

Schuldig daran, dass die eh schon prekäre Situation sich für die ganze Familie nochmal verschlechtert. Selbst wenn man das Kind zur Adoption freigibt, könnte es während, aber auch noch nach der Schwangerschaft, für die Familie noch mehr Probleme bedeuten z. B. aufgrund der gesundheitlichen Verfassung der Mutter. (Ich meine, es gibt in der Kirche eine Art "Sonderregelung", wenn das Leben einer werdenden Mutter durch die Schwangerschaft ernsthaft in Gefahr ist. Ist da Abtreibung erlaubt?)

  

Meines Wissens nein. Es ist nur unter Umständen erlaubt, die Mutter medizinisch zu behandeln, wenn dabei das Kind dabei als indirekte Folge zu Tode kommen kann. Eine zielgerichtete Abtreibung ist meines Wissens hingegen niemals erlaubt. Das gilt auch für Fälle, in denen man weiß oder guten Grund zur Annahme hat, dass weder Frau noch ungeborenes Kind die Schwangerschaft überleben werden, und in denen dann mehrere kleine Kinder ohne Mutter zurückbleiben. (So ähnlich gestaltet sich übrigens der Fall der heiliggesprochenen Gianna Beretta Molla.)

 

@Flo77

 

Am 13.6.2025 um 15:56 schrieb Flo77:

Pardon, aber an der Stelle liegt dann mal nicht die Kirche falsch, sondern die Ehre-Schande-Kultur.

 

Das wäre dann richtig, wenn die Kirche nicht dort, wo sie einen maßgeblichen Einfluss auf gesellschaftliche Werte und Normen ausübt bzw. ausgeübt hat, zu einer solchen Kultur wesentlich beiträgt bzw. beigetragen hat.

 

Irland war früher eines der katholischsten und streng-katholischsten Länder überhaupt. 1979 bezeichnete Johannes Paul II. die irischen Katholiken als die "besten Katholiken der Welt".

Dort nun galt es als große Schande für eine junge Frau, wenn sie vor der Ehe Sex hatte und schwanger wurde. Ich erinnere mich an einen Bericht, laut dem eine junge Frau ihrer Mutter erzählte, dass sie vergewaltigt wurde (sic!), und wo diese sinngemäß mit den Worte reagierte: "Du hast Schande über Daddy gebracht." 

Ein nichtssagender Einzelfall? 

Dann nimm die ganzen Enthüllungen dazu, dass man ledige Mütter samt in Heime gesteckt hat. Oft hat man die Kinder den Müttern weggenommen und in die USA verhökert:

 

"Ein uneheliches Kind zu bekommen, das war in Irland damals mehr als ein Skandal: eine große Schande für die ganze Familie. In diesem erzkonservativen, erzkatholischen Land gab es keinen Platz für alleinstehende Mütter – außer das Kloster. So kam Philomena ins Mutter-Kind-Heim der Sean Ross Abbey in Tipperary. Schmerzmittel gab’s keine bei der schweren Geburt, die Mädchen sollten büßen für ihre Sünden. Je heftiger, desto besser. Ob sie den Akt denn genossen hätte, wollten die Nonnen wissen, sie ihre Unterhose ausgezogen habe? In der Kloster-Wäscherei musste Philomena schuften; eine Stunde pro Tag durfte sie Sohn Anthony in der Krippe besuchen. [...] 

In der kargen Nachkriegszeit, als die Iren so arm wie kinderreich waren und die Kirche noch mächtiger als der Staat, boomte der Export von Babys in die USA. In der Regel wurden diese als Waisenkinder deklariert, obwohl ihre jungen Mütter quicklebendig waren. In den USA war die Nachfrage nach – weißen – Kindern größer als das Angebot. Und die wohlhabenden Amerikaner zahlten gut.
Allerdings mussten die potenziellen Eltern bestimmte Bedingungen erfüllen: fromm sein natürlich und nicht verhüten, was ihnen Pfarrer und Arzt schriftlich bestätigen mussten. Außerdem mussten die Paare sich verpflichten, die Kinder ausschließlich auf katholische Schulen und Universitäten zu schicken."

https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/irlands-geraubte-kinder-3546715.html

 

Und diese Kinder hatten noch Glück - viele überlebten nämlich gar nicht:

 

"Auf dem Gelände eines ehemaligen katholischen Mutter-Kind-Heimes im irischen Tuam wurden 1975 Überreste von fast 800 Kinder- und Babyleichen gefunden. Das bestätigte ein Untersuchungsbericht im Frühjahr. Der benachbarte Erzbischof schweigt weiterhin. [...] 

„ [...] Kurz, alles deutet darauf hin, dass sich die Nonnen keinerlei Mühe machten, sterbende Kinder zu retten. Sie ließen sie einfach sterben.“ [...] Die Kinder seien gestorben wie die Fliegen, sagt Catherine Corless. [...]
Ein Blick zurück in die Geschichte hilft zu verstehen: Als Irland 1922 unabhängig wurde, war die katholische Kirche die mit Abstand stärkste Macht im Lande. Bis 1973 verabschiedete das Parlament kein Gesetz ohne Zustimmung der Kirche, die den größten Teil der sozialen Infrastruktur an sich gezogen hatte: Schulen, Krankenhäuser, Kinder- und Frauenheime. Der Priester war die Autorität jedes Dorfes.
 Er repräsentierte Gott auf Erden. [...]

„Wurde ein unverheiratetes Mädchen schwanger, kam der Pfarrer ins Haus und sagte der Familie: ‚Ihr könnt eure Tochter nicht hierbehalten. Sie übt einen schlechten Einfluss aus auf andere Menschen und das ganze Dorf. Sie soll woanders ihr Kind zur Welt bringen. Und das Kind darf dann keinesfalls in eurem Haus aufwachsen.‘ Die junge Frau wurde dann in ein Heim geschickt, während man den Nachbarn sagte, sie arbeite in England. [...]“" 

https://www.deutschlandfunkkultur.de/katholisches-mutter-kind-heim-wie-irland-mit-verbrechen-an-100.html

 

Neuntausend Todesfälle wurden insgesamt landesweit identifiziert - viele dieser Todesfälle waren unnötig und hätten vermieden werden können. Womöglich gibt es aber noch mehr:

 

"Am Mittwoch sprach er [Premierminister Michael Martin] im Parlament eine offizielle Entschuldigung aus. Der [von der Regierung in Auftrag gegebene] Bericht liefere zutiefst "verstörende" Erkenntnisse zu einer "über Jahrzehnte hinweg vorherrschenden frauenfeindlichen Kultur in Irland". Junge Mütter und ihre Kinder hätten den Preis für eine "völlig gestörte Einstellung zu Sexualität und Intimität" zahlen müssen. Es sei "bittere Wahrheit", dass die "ganze Gesellschaft daran mitschuldig war". [...]

Zudem verwies sie [Susan Lohan, Mitbegründerin der 'Adoption Rights Alliance'] darauf, dass die Untersuchungen der Kommission nur 18 Heime betrafen; es habe aber "im irischen System" rund 180 Einrichtungen gegeben. Staat und Kirche hätten zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass Frauen "hinter hohen Mauern eingekerkert wurden" – einzig und allein, um die damals vorherrschende öffentliche Moral nicht zu verletzen."

https://www.katholisch.de/artikel/28333-entsetzen-in-irland-9000-kinder-starben-in-katholischen-muetterheimen

 

Und wo kam diese damals vorherrschende öffentliche Moral her? Wo die "völlig gestörte Einstellung zu Sexualität und Intimität"? Ich will die Mitverantwortung von Staat und Gesellschaft nicht kleinreden, absolut nicht. Aber es wäre doch geradezu lächerlich, abstreiten zu wollen, dass die kath. Kirche an dieser Stelle einen ganz entscheidenden Einfluss auf den Staat, die Gesellschaft und deren Wertesystem ausgeübt hat, und dass die Kirche auch institutionell ganz vorne mit dabei war, wenn es darum ging, die auf diesem Wertesystem beruhenden Konsequenzen zu exekutieren!

 

Nehmen wir einmal an, eine junge Frau hätte damals in großer seelischer Not abgetrieben, um ihrer Familie die enorme Schade der unehelichen Mutterschaft zu ersparen und dem traurigen Schicksal zu entgehen, das eine unverheiratete Mutter und ihr Kind erwartete. Wohlgemerkt: Vor allem dank der Kirche erwartete. Genau die gleichen Nonnen und die gleichen anderen Verantwortlichen, die die kleinen Kinder ins Ausland verhökert haben bzw. sie massenhaft haben verrecken lassen, hätten eine solche Abtreibung aus Verzweiflung gewiss als ein schreckliches Verbrechen angesehen. Aber warum eigentlich? Weil sie eine solch tiefe Ehrfurcht vor dem Leben von Kindern empfanden? 

 

Wieso verdammt die Kirche einerseits die Abtreibung, bringt Mütter aber in üble Zwangslagen, in denen ihnen die Abtreibung womöglich als der einzige Ausweg erscheinen mag? Wieso ist man so sehr gegen die Abtreibung, lässt aber kleine Kinder "wie die Fliegen" sterben, ohne sich auch nur zu bemühen, ihre Leben zu retten? Wenn man die offiziellen Verlautbarungen ernst nimmt, ergibt nichts einen Sinn. Wenn man hingegen annimmt, dass es beim Verbot der Abtreibung weniger um den Schutz der Kinder geht als viel mehr um die Bestrafung der Mütter dafür, dass sie Sex hatten, dann ergibt es plötzlich durchaus einen Sinn. Dann wird auch verständlich, wieso die Nonnen die jungen Mütter demütigten oder ihnen Schmerzmittel bei der Geburt vorenthielten (s.o.).  

 

Erinnerst Du Dich an das folgende Zitat von Ranke-Heinemann: "... Augustinus war kein Kinderfreund, sondern ein Lustfeind. Sein Gegner Julian von Eclanum nennt ihn wegen seiner Verdammung der ungetauften Kinder einen »Verfolger der Neugeborenen«. Wichtiger, als daß Kinder geboren werden, ist für Augustinus, daß die Menschen jungfräulich leben." 

 

Und die Kirche im allgemeinen? Geht es ihr bei ihren Geboten um das Wohl der Menschen und insbesondere um das Wohl der Kinder? Oder geht es ihr um etwas ganz anderes - nämlich um das Ausleben eines jedes Maß sprengenden Sexualhasses?

 

Die Kirche weiß ja sehr gut, dass neben eine globalen Katastrophe und einer sehr hohen Kindersterblichkeit die einzig realistische Alternative zur massenhaften Abtreibung die Verhütung ist; und sie weiß auch sehr genau, dass ein Verbot der Verhütung selbst aus katholischer Sicht völlig unbegründbar ist (siehe meinen letzten Beitrag). Wenn sie das nicht weiß, dann weil sie es nicht wissen will und sich in die Tasche lügt.

Und dennoch propagiert sie nicht etwa jene Verhütungsmethoden, bei denen eine "frühabtreibende" Wirkung ausgeschlossen ist, sondern bekämpft diese mit aller Macht. 

Auf den Philippinen hat sie entscheidend mit dazu beigetragen, dass arme Menschen nicht verhüten konnten, weil der Staat die entsprechenden Subventionen gestrichen hat. Erinnerst Du Dich an die Schilderung jener Frau, die mehr Kinder als Zähne hatte, und die zu Gott gebetet hat, dass ihre kranken und unterernährten Kinder, wenn sie schon sterben müssen, wenigstens nicht leiden müssen und einen gnädigen Tod finden?

 

Was glaubst Du, wieso die Kirche wissentlich und willentlich solch unermessliches Elend verursacht? 

 

Wenn man annimmt, dass die Kirche die Kinder und die Menschen im allgemeinen weniger liebt als sie den Sex (und das Eingeständnis, sich geirrt zu haben) hasst, wird manches überhaupt erst verständlich. 

 

@rorro

 

vor 18 Stunden schrieb rorro:

Ich hatte als Arzt im Krankenhaus nicht nur mannigfaltige Möglichkeiten, Menschen von ihrem Leiden zu erlösen (und u.a. auf der Onko gibt es davon reichlich), es wurde als Wunsch auch aktiv von Patienten an mich herangetragen.

 

Es gibt eben einfach Sachen, die macht man nicht. Komme was wolle.

 

Das Verbot zum (assistierten) Suizid ist nicht biblisch, sondern geht vor allem auf den wunderbaren Augustinus zurück. Dahinter steht offenbar der Gedanke, dass das Leben kein Geschenk Gottes an den Menschen ist, sondern so etwas wie eine unbedingte Verpflichtung für ihn unter allen Umständen. Was für ein Gottesbild.

 

Am 13.6.2025 um 10:55 schrieb rorro:

Daß Du [Chrysologus] mein Verhalten für schwach hälst, damit kann ich gut leben.

 

Dazu eine Anmerkung aus meiner Perspektive: Ich finde es persönlich nicht schwach, dass Du die kath. Sexualmoral hochhältst. Ich finde es aber schwach, dass Du nicht bereits bist, Dich zu ihren Konsequenzen zu bekennen und beispielsweise etwas zu sagen wie:

 

'Ja, die kath. Sexualmoral mag teilweise schwerwiegende und sogar tödliche Implikationen haben - etwa wenn eine Frau sich ihrem AIDS-kranken Mann nicht entziehen kann, aber eben auch keine Kondome benutzen darf. Und ja, wenn die Kirche sich wie weiland auf den Philippinen durchsetzen könnte, würde die Menschheit wohl auf eine Katastrophe zurasen oder wäre schon dort angekommen. Aber das ist eben der Preis, den man zahlen muss, und dazu stehe ich, auch wenn meine Auffassung unpopulär sein mag.'

 

So sehr ich eine solche Position inhaltlich für falsch hielte, müsste ich an dieser Stele dann immerhin Deiner Wahrhaftigkeit und Redlichkeit Respekt zollen.

 

Aber so etwas sagst Du nicht. Du weigerst Dich, die logischen Konsequenzen aus der kath. Doktrin zu ziehen und diese einzugestehen, selbst wo sie völlig offensichtlich sind. Und so halten es die anderen konservativen Katholiken in diesem Forum auch.

 

Und das ist schwach. Das ist sogar extrem schwach. Oder siehst Du das anders? Findest Du Feigheit, Inkonsequenz und das völlige Ausblenden unangenehmer Wahrheiten "stark"? Und merkst Du tatsächlich nicht, dass das der Glaubwürdigkeit Deiner Position weit mehr schadet als das ehrliche Bekenntnis zu dem, was ohnehin unbestreitbar ist?

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb Flo77:

Ich suche in der Kirche nach gar nichts mehr.

 

In der Kirche suche ich auch nichts. Da weiß ich, daß mir Christus selbst in den Sakramenten begegnet. Aber sonst suche ich Ihn sehr viel, denn in meinem Leben läuft es nicht so, daß alles klar wäre...

 

 

Geschrieben
vor 42 Minuten schrieb iskander:

Das wäre dann richtig, wenn die Kirche nicht dort, wo sie einen maßgeblichen Einfluss auf gesellschaftliche Werte und Normen ausübt bzw. ausgeübt hat, zu einer solchen Kultur wesentlich beiträgt bzw. beigetragen hat.

Nettes Beispiel mit kleinem Haken.

 

Die Kirche lehrt(e) nur, daß Sex ohne Trauschein Sünde ist. Den ganzen Überbau mit der Schande, dem Wertverlust der Jungfrau durch den ersten Sex, das ganze Konzept der Ehre ist nicht Teil des Katholischen Konzepts. Da sind Archaika am Werke, denen die Kirche wenig entgegenzusetzen hat und hatte.

Geschrieben (bearbeitet)
vor einer Stunde schrieb Flo77:

Nettes Beispiel mit kleinem Haken.

 

Die Kirche lehrt(e) nur, daß Sex ohne Trauschein Sünde ist. Den ganzen Überbau mit der Schande, dem Wertverlust der Jungfrau durch den ersten Sex, das ganze Konzept der Ehre ist nicht Teil des Katholischen Konzepts.

 

Es soll keinen inneren, sachlogischen Zusammenhang zwischen der kath. Sexualmoral und der Vorstellung von der sexuellen "Schande" geben?

Dann ist es vermutlich ein großer und unerklärlicher Zufall, dass in jenen Kulturen, in denen eine rigide Sexualmoral hochgehalten wird, es gewöhnlich nicht nur als Sünde, sondern auch als Schande gilt, wenn jemand (besonders eine Frau) Sex vor der Ehe hat? Und dass umgekehrt dort, wo ein vorehelicher Verkehr nicht als unmoralisch gilt, er gewöhnlich auch nicht als Schande betrachtet wird, und ein "Reinheits-Kult" fehlt? 

 

Zitat

Da sind Archaika am Werke, denen die Kirche wenig entgegenzusetzen hat und hatte.

 

An dieser Stelle habe ich ehrlich gesagt den Kopf geschüttelt. Es ist doch völlig offensichtlich, dass die kath. Kirche in Irland - also eine extrem strenge, extrem "lehramtstreue" Kirche - nicht nur überhaupt nichts gegen die Kultur der Beschämung getan hat, sondern im Gegenteil alles, um sie zu befördern; ja, dass diese Unkultur vor allem von der Kirche selbst herkommt. 

 

Ich habe nirgendwo je einen Hinwies darauf gefunden, dass die irische Kirche sich seinerzeit vehement dafür eingesetzt hätte, dass beispielsweise junge Frauen, die ein uneheliches Kind bekamen, respektvoll und gut behandelt werden sollen. Angesichts ihres enormen Einflusses auf Gesellschaft und Staat hätte sie da mit Sicherheit etwas bewegen können, wenn sie das ernsthaft versucht hätte.

 

Ganz im Gegenteil: Laut den von mir verlinkten Artikeln haben die Priester den Familien gesagt, dass sie ihre Töchter, die ein uneheliches Kind erwarten, in ein Heim stecken müssen, weil diese einen schlechten Einfluss ausüben. Die Nonnen in den Heimen wiederum haben die jungen Frauen wie Dreck behandelt, und ihre neugeborenen Kinder auch. (Wenn der Ausdruck "wie Dreck behandeln" überhaupt reicht - wir sprechen bezogen auf die Kinder immerhin von massenhaften Tötungsdelikten). 

 

Das zeigt doch wohl in aller Deutlichkeit, dass die Kirche die Kultur der Schande aktiv befördert hat, und dass sie an ihr maßgeblich teilgenommen hat, sofern sie sie nicht sogar erst geschaffen hat; ja, dass sie sogar noch viel Schlimmeres getan hat, als "nur" Menschen zu beschämen. 

 

Ich verstehe beim besten Willen nicht, wieso Du die Kirche an dieser Stelle in Schutz nimmst.

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben
vor 2 Stunden schrieb Flo77:

Entweder man ist Katholik, dann ist einem das Lehramt auch in Sachen von Glauben und Sitte auch unfehlbare Lehrerin, oder man ist es nicht.

Ich hätte ja beinahe Lust gehabt mich mit den vorhergehenden Argumenten auseinander zu setzen. 

Aber wenn dann mal wieder aus der Kirche gekickt wird geht jede Gesprächsgrundlage flöten.

Das ist vermutlich auch beabsichtigt. 

Geschrieben (bearbeitet)
vor 21 Minuten schrieb iskander:

Ich verstehe beim besten Willen nicht, wieso Du die Kirche an dieser Stelle in Schutz nimmst.

 

Das scheint aber tatsächlich eine irische Besonderheit gewesen zu sein. Aus z.B. dem ebenfalls überwiegend katholischen Frankreich ist mir derartiges nicht bekannt, möglicherweise hängt das mit seiner starken laizistischen Tradition zusammen. Man hat sich dort anscheinend früher als anderswo von staatlicher und religiöser Bevormundung in Privatangelegenheiten emanzipiert. 

bearbeitet von Merkur
Geschrieben
vor 1 Stunde schrieb Flo77:

Das Kirchliche Lehramt vertritt keine MEINUNG, erst recht keine, die der Laie in Fragen zu stellen berufen ist. Ich weiß, ich weiß, die Idee der Selbstermächtigung hat viele Anhänger, aber hier geht es um nicht weniger als die göttliche Offenbarung.

 

Ein Anhänger der Selbstermächtigung bist du doch selbst, denn Trinität und Zweinaturenlehre teilst du doch auch nicht mit dem Lehramt.

 

Am 12.6.2025 um 19:08 schrieb Flo77:

Ich persönlich teile mittlerweile grundlegende Prämissen der christlichen Lehre nicht mehr, angefangen bei der Trinität und der Zweinaturelehre. Mein persönliches Kirchenbild ist daher im Grunde keine Rolle mehr.

 

Wieso aber, dass es hier um nicht weniger als die göttliche Offenbarung ginge? Die Selbstermächtigung der Kirche beruhte doch auch bloß auf der MEINUNG irgendwelcher Leute der Kirche (Willkommen im Club), so, wie sie meinten, dass Trinität und Zweinaturenlehre ebenfalls Teil der göttlichen Offenbarung seien, die ihnen zuteil wurde. Es gibt keine unterschiedlichen Begründungen für die Trinität, die Zweinaturenlehre und die göttliche Offenbarung. Es läuft so oder so immer auf Selbstermächtigung hinaus, egal wer, was, irgendwann glaubte oder glaubt.

 

vor 15 Minuten schrieb Flo77:

Was nicht tragisch ist, da auch in anderen Religionen Wege zum Heil verborgen sein können, für die die Kirche aber keine Garantie übernimmt.

 

Wie sieht das denn für einen Katholiken aus, dass die Kirche eine Garantie übernimmt? Wann tritt der Garantiefall ein - wenn er nicht in den Himmel gekommen ist trotz Taufe, Beichte, Firmung, Beichte, Eucharistie, regelmäßigem Kirchbesuch, Beichte, Eucharistie, Ehe, Beichte, Eucharistie, Beichte, Eucharistie, Beichte, Eucharistie, Beichte, Eucharistie, Beichte, Krankensalbung? 

 

Gottes Wege sind genau so unergründlich, wie das Garantieversprechen der Kirche. Das sind alles leere Worte, unter denen ich mir absolut nichts mehr vorstellen kann.

 

Am 12.6.2025 um 19:08 schrieb Flo77:

Ich warte im Grunde auf eine Gelegenheit Bart Ehrmans "Ethics of Jesus" lesen zu können, was von Jesu Auslegung der Torah nach Abzug der Apokalyptik noch übrig bleibt.

.  

Damit tauscht du nur eine Form der Autorität gegen eine andere Form der Autorität aus. Das trügt, denn am Ende entscheidet jeder selbst, wem oder was er glaubt. Das ist eine Gewissensentscheidung - und das war und ist gut so. Alles andere ist Dekoration in Form von Selbsvergewisserung bzw. Selbstbestätigung (affirmation bias).

 

Nix bleibt da von Jesu Auslegung der Torah nach Abzug der Apokalyptik noch übrig, denn:

 

Zitat

Wikipedia: Bart D. Ehrman

 

Je mehr er sich mit der Bibel auseinandersetzte, umso mehr gewann er die Überzeugung, dass die Bibel nicht irrtumsfrei und von Gott offenbart sei, inspiriert bis in die einzelnen Worte hinein, wie er anfangs gedacht hatte; vielmehr sei die Bibel ein sehr menschliches Buch, mit allen Kennzeichen eines von Menschenhand geschaffenen Werkes: Diskrepanzen, Widersprüche, Irrtümer und unterschiedliche Perspektiven von unterschiedlichen Autoren, die zu unterschiedlichen Zeiten aus unterschiedlichen Gründen für unterschiedliche Empfänger mit unterschiedlichen Bedürfnissen geschrieben haben.

 

Die Meinung von dir und der Kirche was die göttliche Offenbarung betrifft, teilt er schon mal nicht - und das gilt auch für die Torah. Erwarte nicht von anderen, was du nur selbst leisten kannst - glaube - was du willst, wie du willst, oder lass es, wenn es keinen Sinn für dich ergibt.  

Geschrieben
vor 3 Minuten schrieb iskander:

Ich verstehe beim besten Willen nicht, wieso Du die Kirche an dieser Stelle in Schutz nimmst.

Und mir geht Deine Scheuklapoigkeit etwas auf den S...

 

vor 3 Minuten schrieb iskander:

Das zeigt doch wohl in aller Deutlichkeit, dass die Kirche die Kultur der Schande aktiv befördert hat, und dass sie selbst diese Kultur ausgelebt und an ihr teilgenommen hat; ja, dass sie sogar noch viel Schlimmeres getan hat, als "nur" Menschen zu beschämen. 

Wenn dem so wäre, müsste dieser Effekt in allen Gesellschaften sichtbar sein, in denen die Kirche je Relevanz hatte.

 

Es gibt aber meines Wissens keine universale Ehre-Schande-Kultur, sondern immer bestimmte Kontexte in denen eine solche Kultur eine konkrete Form annimmt.

 

Wie Du selbst sagst, gibt es einen Zusammenhang zwischen rigider Sexualmoral und Ehre-Schande-Kulturen. Allerdings ist dieser Zusammenhang unabhängig von der Frage, ob unehelicher Sex "Sünde" ist.

 

Die Sexualmoral der Kirche hat sicherlich dazu beigetragen, daß sich in einer Gesellschaft solche Geschlechterungleichgewichte verfestigten und konservierten. Auch weil die Kirchengeschichte viele Geister hervorgebracht hat, die den jeweiligen Zeitgeist übernommen, begründet und fortgeschrieben haben.

 

Was in Irland dazu geführt hat, daß sich dieses Schanddenken dort so extrem ausgeprägt hat, müsste sich ein Soziologe/Historiker ansehen.

 

Für Deutschland bzw. Österreich möchte ich hier kurz auf das Fürstbistum Salzburg hinweisen: Aufgrund der Hürden für den Erwerb einer Heiratserlaubnis waren dort um 1750/1780 ca. 1/3 aller Kinder unehelich geboren. In einem solchen Umfeld  kann der Pfarrer noch so viel von Schande sprechen, aber wirklich interessieren tut es die Leute dann kaum noch.

Geschrieben
vor 40 Minuten schrieb Frank:

Ich hätte ja beinahe Lust gehabt mich mit den vorhergehenden Argumenten auseinander zu setzen. 

Aber wenn dann mal wieder aus der Kirche gekickt wird geht jede Gesprächsgrundlage flöten.

Das ist vermutlich auch beabsichtigt. 

Jedenfalls nicht vom Lehramt der Kirche. Meine eigene Meinung spielt in diesem Zusammenhang eh keine Rolle.

Geschrieben
vor 14 Minuten schrieb Weihrauch:

 

Ein Anhänger der Selbstermächtigung bist du doch selbst, denn Trinität und Zweinaturenlehre teilst du doch auch nicht mit dem Lehramt.

Ich erhebe weder den Anspruch Katholik zu sein (jenseits der formalen Mitgliedschaft), noch sehe ich irgendeine Perspektive für mich, dem Lehramt der Kirche irgendeinen Input zu geben.

 

vor 14 Minuten schrieb Weihrauch:

Wieso aber, dass es hier um nicht weniger als die göttliche Offenbarung ginge? Die Selbstermächtigung der Kirche beruhte doch auch bloß auf der MEINUNG irgendwelcher Leute der Kirche (Willkommen im Club), so, wie sie meinten, dass Trinität und Zweinaturenlehre ebenfalls Teil der göttlichen Offenbarung seien, die ihnen zuteil wurde. Es gibt keine unterschiedlichen Begründungen für die Trinität, die Zweinaturenlehre und die göttliche Offenbarung. Es läuft so oder so immer auf Selbstermächtigung hinaus, egal wer, was, irgendwann glaubte oder glaubt.

Die Kirche hat dem apostolischen Kollegium diese Vollmacht zugestanden und sich ihm unterworfen. Diese Unterwerfung gehört zum Kern der Kirchlichen Tradition und zu ihrer Selbstdefinition. 

 

Natürlich kann man das ändern, aber damit gibt man wahweise die bisherige Sebstdefinition auf oder die Änderung erfolgt innerhalb der bestehenden Regeln. 

 

vor 14 Minuten schrieb Weihrauch:

Wie sieht das denn für einen Katholiken aus, dass die Kirche eine Garantie übernimmt? Wann tritt der Garantiefall ein - wenn er nicht in den Himmel gekommen ist trotz Taufe, Beichte, Firmung, Beichte, Eucharistie, regelmäßigem Kirchbesuch, Beichte, Eucharistie, Ehe, Beichte, Eucharistie, Beichte, Eucharistie, Beichte, Eucharistie, Beichte, Eucharistie, Beichte, Krankensalbung? 

 

Gottes Wege sind genau so unergründlich, wie das Garantieversprechen der Kirche. Das sind alles leere Worte, unter denen ich mir absolut nichts mehr vorstellen kann.

Daß DU damit nichts anfangen kannst, ist allerdings Dein Bier.

 

Die Kirche lehrt die Gläubigen, wie sie ihr Seelenheil erlangen können. Das ist alles.

 

vor 14 Minuten schrieb Weihrauch:

Damit tauscht du nur eine Form der Autorität gegen eine andere Form der Autorität aus. Das trügt, denn am Ende entscheidet jeder selbst, wem oder was er glaubt. Das ist eine Gewissensentscheidung - und das war und ist gut so. Alles andere ist Dekoration in Form von Selbsvergewisserung bzw. Selbstbestätigung (affirmation bias).

Ich tausche keine Autorität aus. Ehrman ist für mich definitiv keine religiöse Autorität. Er ist ein Hinweisgeber unter vielen.

 

vor 14 Minuten schrieb Weihrauch:

Nix bleibt da von Jesu Auslegung der Torah nach Abzug der Apokalyptik noch übrig, denn:

Der Zusammenhang zwischen meiner Frage nach der Ethik Jesu und der Apokalyptik und Ehrmans Einschätzung der Schrift, erschliesst sich nicht wirklich.

 

Geschrieben
vor einer Stunde schrieb Frank:

Ich hätte ja beinahe Lust gehabt mich mit den vorhergehenden Argumenten auseinander zu setzen. 

Aber wenn dann mal wieder aus der Kirche gekickt wird geht jede Gesprächsgrundlage flöten.

Das ist vermutlich auch beabsichtigt. 

In der Tat hat hat sich da jeder rationale Diskurs vollkommen erübrigt, zumal ich den Eindruck habe, dass nicht einmal im Ansatz verstanden wird, was die katholische Lehre des Gewissens als innere Stimme Gottes im Herzen des Menschen wirklich bedeutet und welche Konsequenzen diese Lehre wirklich hat….. Auch wird überhaupt nicht im Ansatz reflektiert die Betonung des „Gehorsams“ und der Unterwerfung aus Gauben unter die Lehren der Kirche, als könnte Gehorsam aus Glauben nie von den Vertretern des kirchlichen Lehramtes missbraucht werden. Wenn eines die Befassung mit sexuellem / spirituellem Missbrauch in der Kirche durch Amtsträger der Kirche unzweifelhaft gezeigt hat, dann doch der Missbrauch der kirchlichen Autorität und vor allem beim spirituellen Missbrauch der Missbrauch mit dem Glaubenskonzept des Gehorsams.

 

Insgesamt finde ich die Argumentation grundsätzlich in diesem Zusammenhang auf einem sehr primitiven Niveau, wenn unterschiedslos immer alles in einem Topf geworfen wird und ethische sehr spezielle Detailfragen, wie die Frage nach geeigneten Verhütungsmitteln direkt mit „Offenbarung“ gekontert wird….  Letztlich kann ich damit jede Diskussion beenden, indem ich jedesmal, auch wenn es um ganz lebenspraktische Fragen angeht, mit „Offenbarung“ komme…..

 

 

Geschrieben (bearbeitet)
vor 4 Stunden schrieb Flo77:
vor 4 Stunden schrieb iskander:

Das zeigt doch wohl in aller Deutlichkeit, dass die Kirche die Kultur der Schande aktiv befördert hat, und dass sie selbst diese Kultur ausgelebt und an ihr teilgenommen hat; ja, dass sie sogar noch viel Schlimmeres getan hat, als "nur" Menschen zu beschämen. 

Wenn dem so wäre, müsste dieser Effekt in allen Gesellschaften sichtbar sein, in denen die Kirche je Relevanz hatte.

 

Dieser Effekt müsste dort relativ häufig zu finden sein, wo die Kirche den gesellschaftlichen Wertekanon stark prägt und wo sie ihre Sexualmoral mit einem gewissen Nachdruck vertritt. Ich sage "relativ häufig" und nicht "immer", weil die Haltung einer Gesellschaft sich nicht einfach monokausal bestimmt. Ich betrachte die Lehre und das Verhalten der Kirche daher nicht als eine strikte Determinante, sondern als einen gewichtigen Faktor (dort, wo die Kirche eben einen entsprechenden gesellschaftlichen Einfluss hat).

 

vor 4 Stunden schrieb Flo77:

Wie Du selbst sagst, gibt es einen Zusammenhang zwischen rigider Sexualmoral und Ehre-Schande-Kulturen. Allerdings ist dieser Zusammenhang unabhängig von der Frage, ob unehelicher Sex "Sünde" ist.

 

Dort, wo vorehelicher Verkehr als große Sünde betrachtet wird, gilt er oftmals doch auch als Schande, vor allem für die Frau. Ebenso wie die voreheliche Schwangerschaft. Um diesen Zusammenhang ging es mir hier. Widerspricht das, was Du schreibst, dem? Oder adressierst Du einfach andere bzw. allgemeinere Zusammenhänge?

 

vor 4 Stunden schrieb Flo77:

Was in Irland dazu geführt hat, daß sich dieses Schanddenken dort so extrem ausgeprägt hat, müsste sich ein Soziologe/Historiker ansehen.

 

Es wird in aller Regel darauf hingewiesen, dass Irland extrem konservativ-katholisch war. Das scheint doch ein geeigneter Kandidat für eine Erklärung zu sein - vor allem, wenn man sich das Verhalten von Priestern und Nonnen ansieht und den enormen Einfluss in Betracht zieht, den Geistliche offenbar ausübten. Nochmals: Die Iren galten als die besten Katholiken der Welt.

Andernorts hatte die Kirche weniger Einfluss und trat vielleicht auch nicht ganz so konservativ auf. 

 

vor 4 Stunden schrieb Flo77:

Für Deutschland bzw. Österreich möchte ich hier kurz auf das Fürstbistum Salzburg hinweisen: Aufgrund der Hürden für den Erwerb einer Heiratserlaubnis waren dort um 1750/1780 ca. 1/3 aller Kinder unehelich geboren. In einem solchen Umfeld  kann der Pfarrer noch so viel von Schande sprechen, aber wirklich interessieren tut es die Leute dann kaum noch.

 

Ob das dort überhaupt die große Schande gepredigt wurde, weiß ich nicht. Wie @Merkur zurecht festhält, ist auch nicht jede Kultur gleichermaßen kirchenaffin. Man könnte beispielsweise auch Spanien in den Vergleich mit einbeziehen. Spanien ist traditionell ebenfalls ein sehr katholisches Land, und in der Franco-Zeit besaß die Kirche dort einen besonders starken kulturellen Einfluss (weit mehr als etwa in Frankreich):

 

"Während etwa der ersten zwei Jahrzehnte der ausgeprägt klerikalistischen Herrschaft Francos war die katholische Kirche eine der wirksamsten Stützen des franquistischen Staats. Im Gegenzug für die Legitimierung der Diktatur erhielt sie weitreichenden Einfluss auf dem Gebiet der spanischen Gesellschaftspolitik. [...] Das Konkordat sicherte der katholischen Kirche neben der Bestätigung bereits bestehender Vorrechte eine noch weitergehendere Einflussnahme auf das öffentliche Leben – insbesondere durch die Übertragung elementarer Teile des Bildungs- und Erziehungswesens sowie von Zensurbefugnissen in dogmatischen und moralischen Belangen. Der Kirche wurde das spanische Bildungs- und Erziehungswesen größtenteils übertragen; das Konkordat schrieb unter anderem verbindlichen Religionsunterricht von der Grundschule bis zur Universität vor, der in vollem Einklang mit der katholischen Dogmatik und Morallehre zu stehen hatte." 

https://de.wikipedia.org/wiki/Franquismus

 

Die Verhältnisse im Spanien im Hinblick auf die Kultur der sexuellen Schande unter Franco waren dann in vielerlei Hinsicht offenbar auch vergleichbar mit denen in Irland:

 

"Women's sexuality in Francoist Spain was defined by the Church and by the State. The purpose in doing so was to have women serve the state exclusively through reproduction and guarding the morality of the state. Women's sexuality could only be understood through the prism of reproduction and motherhood. Defying this could have tremendous negative consequences for women, including being labeled a prostitute, being removed from her family home, being sent to a concentration camp, a Catholic run institution or to a prison. [...] 

[V]irginity was important, and women were expected to remain virgins until they married.[13][24][35] Girls were taught that their virginity was the most precious gift they had that they could give to a future husband.[35] A girl losing her virginity outside of marriage was a moral crime.[35] If a girl lost her virginity before she got married, her whole family could be disgraced.[24] In order for some women who became pregnant to maintain the illusion of being virgins, they had clandestine abortions or committed infanticide.[24][35] Some girls who found themselves pregnant and not married were kicked out of their family homes by their parents and forced to live on the streets; this was done to save the honor of the rest of the family.[35] Single-sex education was designed to prevent girls from losing their virginity.[35]"

https://en.wikipedia.org/wiki/Women's_sexuality_in_Francoist_Spain

 

Dass ausgerechnet zwei (damals) erzkatholische Länder ähnliche Charakteristika aufweisen, ist vermutlich kein Zufall. Je mehr eine Gesellschaft die kath. Sexualmoral als maßgeblich betrachtet, desto mehr werden, so scheint es, der voreheliche Verkehr (insbesondere bei Frauen) und die voreheliche Schwangerschaft tendenziell als Schande angesehen. Ich halte es für naheliegend, dass weitere Recherchen diesen Trend bestätigen würden. Es ist ja auch naheliegend: Was allgemein als schwere Sünde gilt, das wird man eher auch als "schändlich" empfinden als etwas, was man als moralisch astrein betrachtet.

 

Wenn man also sagt, dass die Kirche gar nichts für die Notsituation von Frauen könne, die wegen des gesellschaftlichen Drucks über eine Abtreibung nachdenken, stimmt das offenbar einfach nicht. Es scheint im Gegenteil viel dafür zu sprechen, dass die Kirche mithilft, diesen Druck zu erzeugen, und dass sie sehr wenig gegen ihn unternimmt. Das festzustellen, hat nichts mit "Scheuklappigkeit" zu tun. 

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben
vor 3 Stunden schrieb Cosifantutti:

In der Tat hat hat sich da jeder rationale Diskurs vollkommen erübrigt, zumal ich den Eindruck habe, dass nicht einmal im Ansatz verstanden wird, was die katholische Lehre des Gewissens als innere Stimme Gottes im Herzen des Menschen wirklich bedeutet und welche Konsequenzen diese Lehre wirklich hat….. Auch wird überhaupt nicht im Ansatz reflektiert die Betonung des „Gehorsams“ und der Unterwerfung aus Gauben unter die Lehren der Kirche, als könnte Gehorsam aus Glauben nie von den Vertretern des kirchlichen Lehramtes missbraucht werden. Wenn eines die Befassung mit sexuellem / spirituellem Missbrauch in der Kirche durch Amtsträger der Kirche unzweifelhaft gezeigt hat, dann doch der Missbrauch der kirchlichen Autorität und vor allem beim spirituellen Missbrauch der Missbrauch mit dem Glaubenskonzept des Gehorsams.

 

Insgesamt finde ich die Argumentation grundsätzlich in diesem Zusammenhang auf einem sehr primitiven Niveau, wenn unterschiedslos immer alles in einem Topf geworfen wird und ethische sehr spezielle Detailfragen, wie die Frage nach geeigneten Verhütungsmitteln direkt mit „Offenbarung“ gekontert wird….  Letztlich kann ich damit jede Diskussion beenden, indem ich jedesmal, auch wenn es um ganz lebenspraktische Fragen angeht, mit „Offenbarung“ komme…..

 

Lass doch mal anhand von Primärquellen Deine Sicht der katholischen Lehre vom Gewissen aufscheinen. Es gibt in der Kirche keine Geheimlehre. Ich finde Deine Sicht nirgendwo widergespiegelt. Es kann aber gut sen - und das meine ich ehrlich - daß ich etwas nicht kenne.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 47 Minuten schrieb rorro:

 

Lass doch mal anhand von Primärquellen Deine Sicht der katholischen Lehre vom Gewissen aufscheinen. Es gibt in der Kirche keine Geheimlehre. Ich finde Deine Sicht nirgendwo widergespiegelt. Es kann aber gut sen - und das meine ich ehrlich - daß ich etwas nicht kenne.

2. Vaticanum; Gaudium et Spes, 1. Kapitel: „Die Würde der menschlichen Person“; Abschnitt 16: „Die Würde des sittlichen Gewissens“….. 

 

 

bearbeitet von Cosifantutti
Geschrieben (bearbeitet)
vor 40 Minuten schrieb Cosifantutti:

2. Vaticanum; Gaudium et Spes, 1. Kapitel: „Die Würde der menschlichen Person“; Abschnitt 16: „Die Würde des sittlichen Gewissens“….. 

 

Daraus hatte ich bereits zitiert. Du musst schon konkreter werden.

 

Du wirst übrigens feststehen, wenn Du den Abschnitt liest (die Diskussion gab es schon vor Monaten hier), daß es sich beim kirchlichen Verständnis vom Gewissen nicht um die Instanz handelt, die etwas zulässt, sondern vielmehr um eine, die zu einer Tat drängt und der man gehorchen muss.

 

Jetzt wende das mal auf HV an… bin gespannt…

bearbeitet von rorro

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