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Die Theologie des Leibes von Johannes Paul ist gescheitert


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Geschrieben
vor 1 Minute schrieb Werner001:

Warum nicht? 
 

Werner

 

Weil immer, auch liturgisch (daher kommt das ja), der Bußakt vor der Nähe zu Gott kommt.

Geschrieben
Gerade eben schrieb rorro:

 

Weil immer, auch liturgisch (daher kommt das ja), der Bußakt vor der Nähe zu Gott kommt.

Aber Bußakt ist ja nicht gleich Bußsakrament.

Aber der Bußakt ist Bestandteil der Eucharistiefeier.

Da fällt mir gerade ein: Hat die Eucharistiefeier sakramentalen Charakter? Oder nur die Kommunion?

Was genau ist eigentlich das Eucharistiesakrament? Darüber hab ich noch nie nachgedacht 

 

Werner

Cosifantutti
Geschrieben (bearbeitet)
vor 43 Minuten schrieb rorro:

 

Nun ja, so viel Wissen über die katholische Sakramentenlehre, daß Du die Reihenfolge kennst (und sie wird ja auch so aufgeführt), traue ich Dir zu. Erst Beichte, dann Kommunion. Umgekehrt wäre ja auch nicht so sinnig.

Darum geht es in Fußnote 351 überhaupt nicht…..  Texte unvoreingenommen zu lesen ist wirklich nicht deine Stärke…. Es geht auch in dieser Fußnote 351 auch überhaupt nicht um die Darlegung der „katholischen Sakramentenlehre“, sondern darum, dass in ganz besonderen Situationen nicht nur die Beichte, sondern auch das Sakrament der Eucharistie eine wichtige Hilfe sein kann… 

 

PS: der ganze Duktus deiner Kommunikation ist von einer unerträglichen Arroganz getragen…. 

 

Dazu dein immer gleiches „Strickmuster“: Nie gehst du auf konkrete Nachfragen ein. Klare Belege für Aussagen ignorierst du konsequent und lenkst in deinen „Antworten“, die überhaupt keine sind, die Gedanken konsequent auf Nebengleise, mit einem süffisanten Ton der Überheblichkeit: „Nun ja…so viel Wissen…traue ich dir zu….“ dabei ist das ein vollkommen anderes Thema, das ich überhaupt nicht angesprochen habe. 

 

Ein sachlicher Diskus ist so vollkommen sinnlos….. 

bearbeitet von Cosifantutti
Geschrieben
vor 36 Minuten schrieb rorro:

Nun ja, so viel Wissen über die katholische Sakramentenlehre, daß Du die Reihenfolge kennst (und sie wird ja auch so aufgeführt), traue ich Dir zu. Erst Beichte, dann Kommunion. Umgekehrt wäre ja auch nicht so sinnig.

 

Nochmals: Dass die Betroffenen ihre "Sünde" erst bereuen müssen, dass sie erst den festen Vorsatz fassen müssen, wie Bruder und Schwester zusammenzuleben, und erst dann zur Eucharistie: Das ist die klassische Linie, wie wir sie von JPII her kennen. Und FI sagt nun: Zumindest in manchen Fällen können die entsprechenden Leute auch zu den Sakramenten zugelassen werden, wenn sie nicht die genannten Voraussetzungen erfüllen. Sonst hätte es keinerlei Neuerung gegeben - nicht mal eine pastorale. Dass es eine gab, streitet aber nun wirklich niemand ab. 

Geschrieben
vor 4 Minuten schrieb Cosifantutti:

PS: der ganze Duktus deiner Kommunikation ist von einer unerträglichen Arroganz getragen…. 

 

Immerhin antwortet er Dir überhaupt. Ich kann mit absolut sachlichen Fragen und Argumenten kommen - es ist völlig nutzlos. Er geht auf das ein, wo er meint, einen Punkt machen zu können. Wenn er merkt, dass er das bei einem bestimmten Thema oder Aspekt nicht kann, ignoriert er es einfach. 

Cosifantutti
Geschrieben
vor 17 Minuten schrieb iskander:

 

Nochmals: Dass die Betroffenen ihre "Sünde" erst bereuen müssen, dass sie erst den festen Vorsatz fassen müssen, wie Bruder und Schwester zusammenzuleben, und erst dann zur Eucharistie: Das ist die klassische Linie, wie wir sie von JPII her kennen. Und FI sagt nun: Zumindest in manchen Fällen können die entsprechenden Leute auch zu den Sakramenten zugelassen werden, wenn sie nicht die genannten Voraussetzungen erfüllen. Sonst hätte es keinerlei Neuerung gegeben - nicht mal eine pastorale. Dass es eine gab, streitet aber nun wirklich niemand ab. 

Auch Nochmals: Darum geht es in der inzwischen sehr berühmten Fußnote 351 in „Amoris Laetitia“ überhaupt nicht. Es geht hier überhaupt nicht um eine heutige Darlegung der Sakramentenlehre, auch nicht darum, dass die „klassische“ katholische Lehre die Beichte vor dem Empfang der der Kommunion fordert, sondern um in dem Dokument genannte „irreguläre Situationen“…. Und auch explizit um Katholiken, die Geschieden sind und entweder dauerhaft mit einem neuen Partner in sexueller Gemeinschaft zusammenleben oder zivil wiedergeheiratet haben….. denen - so sagt es „Amoris Laetitia“ bietet die Kirche ihre Hilfe an…. Und in der Fußnote 351 heißt es:  „In gewissen Fällen könnte es auch die Hilfe der Sakramente sein.“ Zur Eucharistie heißt es: sie ist nicht „eine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und Nahrung für die Schwachen.“

 

Genau diese Fußnote 351 war es ja, die den „kritische Rückfrage“ der „Dubia-Kardinäle“ provoziert hatte….diese Kardinäle hatten die eigentliche Brisanz dieser Fußnotenbemerkung sehr wohl verstanden. Das, was JPII und BXVI immer kategorisch abgelehnt haben - ohne jegliche Ausnahme - die Zulassung der wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion, wird hier als „großzügiges Heilmittel und Nahrung“ genannt……

Geschrieben

Hier findet man die Richtlinien der argentinischen Bischöfe zu Amoris letitia, die von FI ausdrücklich für verbindlich erklärt wurden, in englischer Übersetzung. Es geht aus ihnen völlig klar hervor, dass eine Sakramentenempfang auch dann unter Umständen zulässig sein kann, wenn das entsprechende Paar sich nicht zur völligen Enthaltsamkeit entschließt:

 

"This itinerary calls for the pastoral charity of the priest who welcomes the penitent, listens to them attentively and shows them the maternal face of the Church, at the same time as accepting their righteous intention and goodwill in placing their whole life under the light of the Gospel and in practising charity (cf. 306).4) This path does not necessarily end with receiving the sacraments, but may lead to other ways of achieving further integration into the life of the Church: a more active presence in the community, participation in prayer or reflection groups, or giving time to church activities etc. (cf. 299).5) Whenever feasible, and depending on the specific circumstances of a couple, and especially when both partners are Christians walking together on the path of faith, the priest may suggest a decision to live in continence. Amoris Laetitia does not ignore the difficulties arising from this option (cf. footnote 329) and offers the possibility of having access to the Sacrament of Reconciliation if the partners fail in this purpose (cf. footnote 364, recalling the teaching that Saint John Paul II sent to Cardinal W. Baum, dated 22 March, 1996).6) In other, more complex cases, and when a declaration of nullity has not been obtained, the above mentioned option may not, in fact, be feasible. Nonetheless, a path of discernment is still possible. If it comes to be recognized that, in a specific case, there are limitations that mitigate responsibility and culpability (cf. 301-302), especially when a person believes they would incur a subsequent wrong by harming the children of the new union, Amoris Laetitia offers the possibility of access to the sacraments of Reconciliation and Eucharist (cf. footnotes 336 and 351). These sacraments, in turn, dispose the person to continue maturing and growing with the power of grace.7) But we have to avoid understanding this possibility as an unlimited access to the sacraments, as if all situations warrant it."

https://www.catholicvoices.org.uk/blog/2016/09/18/buenos-aires-bishops-guidelines-on-amoris-laetitia-full-text

 

(Hervorhebung durch mich)

 

Die Leute sollen also nach Möglichkeit enthaltsam leben, und wenn sie dabei versagen, beichten. So weit, so bekannt. Vor FI war das die einzige Option für wiederverheiratet geschiedene Paare, die aus gewichtigen Gründen (asexuell) zusammenleben durften.

Aber - und das ist die Neurung bei FI: In manchen "komplexeren" Fällen ist das gerade beschriebene Vorgehen womöglich nicht praktikabel, und dann kann u.U. dennoch die Tür für Beichte und Eucharistie offen stehen. Also ohne Enthaltsamkeit (bzw. ohne gültige Beichte fehlender Enthaltsamkeit).

 

Die offizielle päpstliche Billigung der argentinischen Richtlinien, aus denen ich gerade zitiert hatte,  ist nun Teil der Acta Apostolicae Sedis. Das Schreiben der argentinischen Bischöfe, sagt FI, "explains precisely the meaning of Chapter VIII of 'Amoris Laetitia.' There are no other interpretations."

 

Norbert Lüdecke macht auf die Unterschiede der Lehre von JPII und FI aufmerksam. (Sein Text wurde wohl zu einem frühen Zeitpunkt abgefasst, noch vor der Reaktion der argentinischen Bischöfe und ihrer Approbierung durch FI.) Zu JPII:

 

"2. Zum Umgang mit Betroffenen hat der inzwischen heiliggesprochene Papst Johannes Paul II. noch im Jahr 2000 gegen milde kirchenrechtliche Interpretationen des c. 915 bekräftigen lassen: „Keine kirchliche Autorität“ könne „in irgendeinem Fall von [der] Pflicht des Kommunionspenders dispensieren [die Kommunion zu verweigern,] oder Direktiven erlassen, die dieser Pflicht widersprechen“ (Päpstlicher Interpretationsrat 2000). Wo Bischöfe dies versucht hatten, waren sie zuvor von der Glaubenskongregation zurückgepfiffen worden und hatten gehorcht. Warum dieser amtlich als unabänderlich angesehene Ausschluss Wiederverheirateter von der Kommunion? [...]

- Weil bei aller menschlichen Schwäche die Eheleute durch die Sakramentsgnade können, was sie sollen: Dem Partner treu sein, wie Christus der Kirche (Eph 5,32) (Amoris laetitia 63, 72f.). Die Unauflöslichkeit ist nach Johannes Paul II. kein bloßes Ideal, sondern ein Erfüllungsgebot. [...]
- Weil niemand aufgrund der Komplexität von Situationen Ausnahmen von einem absoluten Verbot als sog. „pastorale Lösungen“ gestatten dürfe (Veritatis splendor 55f.).
- Weil das Gewissen nicht autonom sei (ebd. 60), nie gegen die lehramtliche Wahrheit gelte (ebd. 64; Johannes Paul II., Ansprache 1988, n. 4) und Christus auf Gewissensfragen der Gläubigen durch die Stimme der Hirten antworte (Veritatis splendor 117)." 

 

Wie Lüdecke darlegt, sieht die Sache bei FI allen Beteuerungen der Kontinuität zum Trotz durchaus anders aus:

 

- Er [FI] spricht überwiegend vom „Ideal“ der unauflöslichen Ehe (ebd., 34; 36; 38; 39; 119; 148; 157; 230; 292; 298; 303; 307f).

- Von begrenzten Menschen könne man nicht Christi Treue verlangen (Amoris laetitia 122, 292). Diesen Einwand gegen das amtliche Sakramentalitätsverständnis hatten die Bischöfe schon auf der Familiensynode von 1980 vorgetragen, allerdings erfolglos. Sakramentalität nicht mehr als Vorbild-Abbild-Schema, sondern als ethisch zu verwirklichende Zeichenhaftigkeit? Also doch nur Ziel- und nicht Erfüllungsgebot? [...]

- Die Priester sollen Betroffene im forum internum bei der Gewissenserforschung begleiten, das Gewissen aber nicht ersetzen (ebd. 37). Entscheidet also am Ende das individuelle Gewissen?

- In manchen Fällen könnten auch wiederverheiratete Geschiedene Hilfe aus den Sakramenten erfahren (ebd. Fußnote 351). [...]

- Partner in zweiter Beziehung betonten, die von ihnen geforderte Enthaltsamkeit könne die Treue gefährden. Sie beriefen sich dabei auf das Konzil, das dies für Verhütung durch Enthaltsamkeit in der Ehe auch anerkannt habe (ebd. Fußnote 329). Will der Papst den Schluss von ehelicher auf außereheliche Sexualität zulassen, letztere als akzeptabel ausweisen und Enthaltsamkeit als unzumutbar?

- Nur auf das Risiko zu schauen, dass jemand zur Kommunion geht, der in einer objektiv schweren Sünde lebt, gilt dem Papst als „unerbittliche Pastoral“ (ebd. 308). [...]

 

Ich würde gerne ausführlicher zitieren, lasse es aber, damit die Zitation nicht zu lange wird. Nachlesen kann man Lüdeckes Ausführungen hier. Ich stimme Lüdecke nicht an allen Stellen zu; insbesondere nicht, wenn er meint, dass Amoris laetitia - falls das Schreiben wirklich eine neue pastorale Lösung darstellen soll - implizieren würde, dass Sex in einer neuen Beziehung "moralisch gut" sein könne. Dessen ungeachtet ist der Unterschied zwischen der Position von JPII und der von FI natürlich eklatant - jedenfalls aus einer innerkatholischen Perspektive.  

Geschrieben (bearbeitet)
vor 31 Minuten schrieb Cosifantutti:

Auch Nochmals: Darum geht es in der inzwischen sehr berühmten Fußnote 351 in „Amoris Laetitia“ überhaupt nicht. [...] Das, was JPII und BXVI immer kategorisch abgelehnt haben - ohne jegliche Ausnahme - die Zulassung der wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion, wird hier als „großzügiges Heilmittel und Nahrung“ genannt……

 

Ich vermute, wir reden aneinander vorbei und sind inhaltlich der gleichen Meinung. Wiederverheiratete Geschiedene, die Sex hatten, mussten immer erst bereuen und den festen Vorsatz haben, die "Sünde" künftig zu vermeiden, bevor sie eine gültige Beichte absolvieren konnten - und infolge dann auch zur Kommunion gehen durften. Eben das meinte ich mit "klassischer" Lehre. Und @rorro spricht so, als sei das noch immer so wie gerade beschrieben. Aber es ist nicht mehr so - bzw. zumindest nicht mehr ausnahmslos. 

bearbeitet von iskander
Geschrieben
vor 8 Stunden schrieb rorro:

 

Nun ja, so viel Wissen über die katholische Sakramentenlehre, daß Du die Reihenfolge kennst (und sie wird ja auch so aufgeführt), traue ich Dir zu. Erst Beichte, dann Kommunion. Umgekehrt wäre ja auch nicht so sinnig.

 

vor 8 Stunden schrieb rorro:
vor 8 Stunden schrieb Werner001:

Warum nicht? 
 

Werner

 

Weil immer, auch liturgisch (daher kommt das ja), der Bußakt vor der Nähe zu Gott kommt.

Für die Messe an sich, kann man das evtl. so formulieren. Aber du beziehst dich ja explizit auch auf das Sakrament der Beichte und dass dieses also vor der Nähe zu Gott (in der Eucharistie) notwendig sei. Das klingt, im Zusammenhang gelesen, wie: Vor der Nähe zu Gott, kommt die Beichte. Das ist aber offensichtlich Unsinn. Jedes Sakrament ist eine Begegnung mit Gott. In jedem Sakrament erleben wir seine Nähe, Zuwendung und Liebe. Da eine Rangfolge aufzustellen, dass die angeblich größere Nähe im Sakrament der Eucharistie erst möglich ist, wenn ein anderes Sakrament (mit geringerer Nähe?), die Beichte, zuvor absolviert wurde. 

 

Ich finde es sehr schade, dass die ganz eigne Qualität der Beichte oft immer noch nicht so richtig gesehen und vermittelt wird. Kein Wunder, dass ausgerechnet dieses Sakrament am schnellsten und stärksten verkümmert ist.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 8 Stunden schrieb Cosifantutti:

Darum geht es in Fußnote 351 überhaupt nicht…..  Texte unvoreingenommen zu lesen ist wirklich nicht deine Stärke…. Es geht auch in dieser Fußnote 351 auch überhaupt nicht um die Darlegung der „katholischen Sakramentenlehre“, sondern darum, dass in ganz besonderen Situationen nicht nur die Beichte, sondern auch das Sakrament der Eucharistie eine wichtige Hilfe sein kann… 

 

PS: der ganze Duktus deiner Kommunikation ist von einer unerträglichen Arroganz getragen…. 

 

Dazu dein immer gleiches „Strickmuster“: Nie gehst du auf konkrete Nachfragen ein. Klare Belege für Aussagen ignorierst du konsequent und lenkst in deinen „Antworten“, die überhaupt keine sind, die Gedanken konsequent auf Nebengleise, mit einem süffisanten Ton der Überheblichkeit: „Nun ja…so viel Wissen…traue ich dir zu….“ dabei ist das ein vollkommen anderes Thema, das ich überhaupt nicht angesprochen habe. 

 

Ein sachlicher Diskus ist so vollkommen sinnlos….. 

 

Jedes, wirklich jedes Dokument ist immer im Licht der gesamten Tradition zu lesen. Ein "Herausschneiden" eines Sachverhaltes ohne Berücksichtigung der gesamten Lehre hat in der Theologie einen extra Fachbegriff, den Du sicher kennst. Kein Dokument ist freischwebend.

 

Papst Franziskus war tief in der Tradition verankert, für ihn war das überhaupt keine Frage.

 

Was nach Papst Johannes Paul II ins Forum internum gehört - auch er hat ja den Kommunionempfang in solchen Fällen nicht für unmöglich erklärt, sondern Einzelfallösungen angemahnt, Dein "ohne Ausnahme" ist falsch - hat Papst Franziskus offiziell zu regeln versucht.

Auch nach Amoris Laetitia ist die Wiederheirat ein Ehebruch (wie jede außereheliche Beziehung), das stelle AL auch gar nicht in Abrede.

Bis dato war es aber grundsätzlich so, daß diese "Institutionalisierung des Ehebruchs" zum Ausschluß jeglicher Sakramente führte - dies wird nun offiziell anders gesehen, vor allem wenn das Leid bei einer erneuten Trennung größer wäre als der Nutzen (bspw. wegen gemeinsamer Kinder).

 

Daß Ehebruch vor Kommunionempfang nicht zu beichten wäre, wenn man es beichten kann - was vorher nicht ging - wäre mir jetzt absolut neu, widerspräche jeglichem mir bekannten katholischen Verständnis und findet sich bei AL auch nirgendwo.

 

Wie kommt man also zu dieser Ansicht?

bearbeitet von rorro
Geschrieben

Was vielleicht nicht bekannt ist: Papst Franziskus hat die Interpretation des berühmten Kapitels VIII durch die Bischöfe der Region Buenos Aires lehramtlich bestätigt (steht auch in den Actae Apostolicae Sedes, habe aber derzeit keine Zeit zu suchen).

 

Hier ein Artikel dazu: Anwendung von Amoris Laetitia der argentinischen Bischöfe ist keine lehramtliche Änderung

 

Hier die Interpretation im spanischen Original: Vista de Criterios básicos para la aplicación del capítulo VIII de Amoris Laetitia

 

(wer es übersetzt braucht, möge das tun)

 

Interessanterweise verlangt dieser Leitfaden nicht nur Geduld von den Betroffenen (und die Möglichkeit einzubeziehen, daß der Seelsorger die Sache anders einschätzt als sie selbst), sondern auch auch Barmherzigkeit von der lokalen Gemeinde. Pharisäisches Aufregen wäre fehl am Platz.

Geschrieben
vor 2 Stunden schrieb rorro:

Auch nach Amoris Laetitia ist die Wiederheirat ein Ehebruch

Wenn dem so wäre (JPII behauptete dies formell, um dann inhaltlich drunter weg zu tauchen), dann wäre der Eucharistieempfang solange zu verweigern, bis die ehebrecherische Zweitehen beendet ist. Das ware auch lange Praxis der Kirche, bis JPII in Familiaris consortium die Torpfosten verschob, Problem war auf einmal nicht mehr die Zweiehe, sondern der in ihr stattfindende Geschlechstverkehr (darauf war er immer sehr fokussiert), weswegen eine sexfreie Zweitehe tolerabel wurde.

 

Solange also das Paar behauptete, keinen Sex zu haben, war alles gut. Ich würde das bigott nennen.

Geschrieben
vor 38 Minuten schrieb Chrysologus:

Wenn dem so wäre (JPII behauptete dies formell, um dann inhaltlich drunter weg zu tauchen), dann wäre der Eucharistieempfang solange zu verweigern, bis die ehebrecherische Zweitehen beendet ist. Das ware auch lange Praxis der Kirche, bis JPII in Familiaris consortium die Torpfosten verschob, Problem war auf einmal nicht mehr die Zweiehe, sondern der in ihr stattfindende Geschlechstverkehr (darauf war er immer sehr fokussiert), weswegen eine sexfreie Zweitehe tolerabel wurde.

 

Solange also das Paar behauptete, keinen Sex zu haben, war alles gut. Ich würde das bigott nennen.

 

Bigotterie kann es überall geben, in jeder Beichte, in jedem Seelsorgsgespräch. Davor ist man nie gefeit.

 

Die Regelung von AL, die von den argent. Bischöfen ausgeführt wird, halte ich für hervorragend. Dadurch wird dieses Risiko zumindest etwas gemindert und das Wohl anderer (wie bspw. schon erwähnt gemeinsamer Kinder) steht im Vordergrund.

Geschrieben
Am 14.6.2025 um 16:47 schrieb iskander:

Irland war früher eines der katholischsten und streng-katholischsten Länder überhaupt. 1979 bezeichnete Johannes Paul II. die irischen Katholiken als die "besten Katholiken der Welt".

[...]

 

"Auf dem Gelände eines ehemaligen katholischen Mutter-Kind-Heimes im irischen Tuam wurden 1975 Überreste von fast 800 Kinder- und Babyleichen gefunden. Das bestätigte ein Untersuchungsbericht im Frühjahr. Der benachbarte Erzbischof schweigt weiterhin. [...] 

[...]

 

In Tuam beginnt jetzt die Ausgrabung aller dort vermuteten 796 Kinderleichen.

Das Massengrab wurde 1975 durch zwei spielende Jungen entdeckt, die eine Abdeckplatte über eine Grube verschoben und dort Babyskelette entdeckten. Eine Untersuchung gab es damals nicht, das Massengrab wurde lediglich durch einen Priester gesegnet. Eigentlich ist es auch kein Grab, sondern eine ehemalige Abwassergrube, die Babys wurden dort nicht begraben, sondern hineingeworfen. 

Laut Melderegister waren in dem St. Mary’s Mother and Baby Home, das von Nonnen betrieben wurde, von 1925 bis 1961 durchschnittlich zwei Kinder pro Woche gestorben. 

 

Geschrieben

@Alfons

 

Ich "like" Deinen Beitrag nicht, weil das makaber aussehen könnte, aber bedanke mich.

 

Ist es reiner Zufall, dass dies im damals "katholischsten" Land der Welt passiert ist, und zwar Kindern passiert ist, die von jungen Frauen "illegitim" empfangen wurden?

Ist es reiner Zufall, dass die Zustände im extrem streng katholischen Spanien so waren, wie ich sie beschrieben wurden (im vielerlei Hinsicht ähnlich wie in Irland, aber wohl zumindest ohne massenhaft tote Kinder)?

Ist es reiner Zufall, dass die Mentalität in diesen durch und durch vom strengen Katholizismus geprägten Ländern so aussah, wie sie eben aussah?

Und ist es ein Zufall, dass zum Beispiel aus den Niederlanden oder den skandinavischen Ländern keine vergleichbaren Dinge bekannt ist? 

 

Müssten das nicht Fragen sein, die sich die Kirche und konservative Katholiken einmal selbst unvoreingenommen stellen müssten?

Geschrieben
vor 2 Stunden schrieb rorro:

Was vielleicht nicht bekannt ist: Papst Franziskus hat die Interpretation des berühmten Kapitels VIII durch die Bischöfe der Region Buenos Aires lehramtlich bestätigt (steht auch in den Actae Apostolicae Sedes, habe aber derzeit keine Zeit zu suchen).

 

Entschuldige - das hatte ich doch gerade zuvor geschrieben, und ich habe eine englischsprachige Übersetzung der Instruktionen der argentinischen Bischöfe verlinkt.

 

vor 3 Stunden schrieb rorro:

Was nach Papst Johannes Paul II ins Forum internum gehört - auch er hat ja den Kommunionempfang in solchen Fällen nicht für unmöglich erklärt, sondern Einzelfallösungen angemahnt, Dein "ohne Ausnahme" ist falsch - hat Papst Franziskus offiziell zu regeln versucht.

 

Wo soll das stehen?

 

Frag: Hat @rorro mich auf die Ignore-Liste gesetzt? Ich weiß nicht, ob man als der ignorierte User darüber informiert würde, habe aber zumindest keine Information bekommen. Es wäre ggf. aber vielleicht sinnvoll, damit man sich darauf einstellen kann. 

 

Geschrieben
vor 3 Stunden schrieb rorro:

Daß Ehebruch vor Kommunionempfang nicht zu beichten wäre, wenn man es beichten kann - was vorher nicht ging - wäre mir jetzt absolut neu, widerspräche jeglichem mir bekannten katholischen Verständnis und findet sich bei AL auch nirgendwo.

 

Siehe meinen entsprechenden Beitrag - wenn Du ihn sehen kannst bzw. sehen willst. Dort sind auch die Unterschiede in den Positionen von JPII und FI beschrieben.

 

Wenn die alte Regelung gälte, dann hätte der Teil ab "In other, more complex cases, and when a declaration of nullity has not been obtained, the above mentioned option may not, in fact, be feasible" keinen inhaltlichen Sinn. Die entsprechende Passage müsste dann so interpretiert werden, dass er unnötig das wiederholt, was gerade gesagt wurde, obwohl der gegenteilige Eindruck ("In other cases") vermittelt wird.

 

Außerdem widerspricht das doch der Behauptung, dass JPII in entsprechenden Fällen den Kommunionempfang nicht für unmöglich erklärt habe. 

Geschrieben
vor 2 Stunden schrieb iskander:

Ist es reiner Zufall, dass dies im damals "katholischsten" Land der Welt passiert ist, und zwar Kindern passiert ist, die von jungen Frauen "illegitim" empfangen wurden?

Ist es reiner Zufall, dass die Zustände im extrem streng katholischen Spanien so waren, wie ich sie beschrieben wurden (im vielerlei Hinsicht ähnlich wie in Irland, aber wohl zumindest ohne massenhaft tote Kinder)?

Ist es reiner Zufall, dass die Mentalität in diesen durch und durch vom strengen Katholizismus geprägten Ländern so aussah, wie sie eben aussah?

Und ist es ein Zufall, dass zum Beispiel aus den Niederlanden oder den skandinavischen Ländern keine vergleichbaren Dinge bekannt ist? 

Es steht zu befürchten dass es strukturelle Ursachen hat - wobei die Situation von Heimkindern in vielen Ländern unabhängig von der Konfession miserabel war.

Geschrieben
vor 41 Minuten schrieb Chrysologus:

Es steht zu befürchten dass es strukturelle Ursachen hat - wobei die Situation von Heimkindern in vielen Ländern unabhängig von der Konfession miserabel war.

 

Das stimmt. Aber dass man junge Frauen (bzw. zum Teil Kinder) wegen "Unmoral" in kirchliche Institutionen gesteckt hat, etwa weil sie ohne Ehe schwanger wurden oder auch nur ihren Freund im Kino geküsst haben (letzteres wurde ja aus Franco-Spanien berichtet): Das wird es zum Beispiel in den Niederlanden so vermutlich kaum gegeben haben. Und dass man die "illegitimen" Kinder wie die Fliegen sterben ließ, vermutlich auch nicht. Solche Phänomene scheinen wesentlich an der gesellschaftlichen Einstellung zur Sexualität gelegen zu haben, und die wurde in Irland und Spanien großteils von der Kirche geprägt. Wenn der Pfarrer zu einer Familie kam und ihr sagte, dass die schwangere Tochter weg müsse, und die Tochter dann in ein entsprechendes kirchliches Heim kam (wie es ja oft in Irland gewesen sein soll), ist der Zusammenhang zwischen kirchlichen Haltung und dem verursachten Leid sogar noch unmittelbarer.

 

Das Traurige ist das folgende: Es gibt natürlich in der kath. Kirche Leute, die bereit sind, kritische Fragen zu stellen und strukturelle Ursachen in Betracht zu ziehen. Sie werden dabei sicher auch willens sein, die traditionelle kath. Einstellung zur Sexualität in den Blick zu nehmen. (So wie sie dazu im Fall des sexuellen Missbrauchs in unseren Landen ja auch willens sind, obwohl der Zusammenhang zur kirchlichen Sexualmoral da nicht so offenkundig und vermutlich auch nicht so ausgeprägt ist.)

 

Aber das sind eben die gleichen Leute, die ohnehin Reformen befürworten oder zumindest eine gewisse Offenheit für sie zeigen. Diejenigen hingegen, die sich ganz auf der offiziellen konservativen Linie beharren, werden genau eine solche Bereitschaft zur kritischen Reflexion vermissen lassen. Für sie mögen die Ereignisse in Irland uns Spanien auf teuflische Versuchungen zurückgehen, aber sie können nichts mit der von der Kirche verkündeten Lehre zur Sexualität und einem durch sie geprägten Klima zu tun haben. (Immerhin kann man hier schlecht die Verantwortung auf die 68er schieben.)

 

Und diejenigen in der Kirche, die sich weigern, einen kritischen Blick auf die eigene Lehr-Tradition zu werfen, sind nach wie vor diejenigen, die den offiziellen Kurs vorgeben, auch wenn es mit FI zuletzt eine gewisse Auflockerung des Klimas gegeben haben mag. 

 

Geschrieben (bearbeitet)
vor 53 Minuten schrieb iskander:

Das wird es zum Beispiel in den Niederlanden so vermutlich kaum gegeben haben. Und dass man die "illegitimen" Kinder wie die Fliegen sterben ließ, vermutlich auch nicht.

Da würde ich mal ein ganz, ganz großes Fragezeichen dran machen.

 

Die Niederlande (und auch die Schweiz) haben eine lange protestantisch-calvinistische Geschichte hinter sich. Der Calvinismus ist allerdings alles andere als sexuell aufgeschlossen. Von daher habe ich einige Zweifel, ob das in den Niederlanden tatsächlich soviel besser war.

 

Ein anderes nichtkatholisches Land hat übrigens den größten Völkermord in Europa vor dem 2. Weltkrieg auf dem Gewissen: England

 

In der Tat ein Land mit einer sehr strengen Sexualmoral (die ein besonders spannendes Thema ist, wenn man sich die Ausführungen Victorias zu ihren persönlichen Ansichten ansieht), aber vorallem eines in dem der beginnende Kapitalismus das Menschenbild radikal umwarf. Seit den 1830ern hatte sich auf den Inseln bereits eine extrem "darwinistische" Sicht auf die Bevölkerung entwickelt (Die Entstehung der Arten wurde 1856 veröffentlicht aber der Zeitgeist wehte schon länger in ähnlichen Bahnen).

 

Die Kombination aus beginnender "Institutionalisierung der gemeinschaftlichen Fürsorge", die ja ebenfalls in dieser Zeit ihren Anfang nahm, blieb - unabhängig von der Trägerschaft - mit Sicherheit nicht von solchen gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen unberührt.

 

An Tuam finde ich höchstens erschreckend, daß es eigentlich ein relativ spätes Phänomen ist. 1925-1961 ist nicht gerade die Hochphase des Manchesterkapitalismus. Auf der anderen Seite gab es Kinderheimhorror auch bei uns noch bis weit in die 1960er.

 

Aber noch zwei Aspekte an Tuam finde ich gelinde gesagt merkwürdig und nicht allein mit einer repressiven Sexualmoral erklärbar. Zum einen soll den Kindern dort die Taufe verweigert worden sein. Nach allen Riten und Regeln der Kirche wäre das ein unerklärliches Vorgehen. Ich lese seit Jahrzehnten Kirchenbücher und ich habe eine Menge Einträge zu unehelichen Kindern gesehen, aber die Idee einem Kind aufgrund einer unehelichen Geburt die Taufe (oder sonst ein Sakrament oder gar das christliche Begräbnis) zu verweigern, wäre völlig absurd gewesen.

Und ungetaufte Insassen in einer katholischen Einrichtung???

 

Das andere ist der Hinweis auf Zwangsarbeit und darauf, daß die Kinder wohl keine Regelschulen besuchen durften. Nach meinem Verständnis müssen da staatliche Vorschriften existiert haben, da das sonst überhaupt nicht möglich gewesen wäre. Was allerdings eher die Frage aufwirft, wie verflochten Kirche und Staat sind. Mir vorzustellen, daß ein Bischof Zwangsarbeit für eine Mutter mit einem unehelichen Kind fordert, fällt mir schon schwer, daß das ein kompletter Landesepiskopat unterstützt haben soll, ist irgendwo völlig abstrus.

 

Edit: was arme Kinder so wert waren, wurde auf den Verdingmärkten ja festgelegt. Ob nun in Schwaben, in Schweden oder sonst wo.

Der unmenschliche Umgang mit Kindern ist nicht wirklich auf uneheliche Kinder beschränkt.

bearbeitet von Flo77
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Geschrieben (bearbeitet)
vor 2 Stunden schrieb Flo77:

Da würde ich mal ein ganz, ganz großes Fragezeichen dran machen.

 

Es geht mir nicht darum, dass andere Länder in jener Zeit generell "zivilisierter" gewesen wären. Man denke an brutale Kolonialkriege etc. Auch der Umgang mit Kindern offenbar häufig erschreckend. Alles keine Frage.

 

Es geht mir darum, dass wohl in den meisten Ländern damals wohl kaum jemand der Polizei gemeldet hätte, wenn eine junge Frau im Kino ihren Freund küsst, worauf sie dann in ein kirchlich betriebenes De-facto-Gefängnis gekommen wäre. Oder dass der Ortspfarrer in den meisten Ländern nicht zu den Eltern einer schwangeren, aber unverheirateten jungen Frau gegangen wäre und ihnen gesagt hätten, dass das Mädchen in ein katholisches Heim muss (wo man dann womöglich ihr Kind sterben lässt).

 

Zu jeder Zeit, als solches in Spanien bzw. Irland passierte, dürften sowohl die Niederlande wie auch Großbritannien oder Deutschland zumindest dafür zu liberal gewesen sein. Jedenfalls habe ich nicht etwas Vergleichbares gehört. (Allerdings dürfte Großbritannien insgesamt rigider gewesen sein als die Niederlande, und zwar schon seit längerem.)

 

Selbst wenn es aber so gewesen wäre, dass damals Calvinismus und Puritanismus zur gleichen Zeit vergleichbare Resultate in nicht-katholischen Ländern hervorgebracht hätten, würde ich das als eine weitere Bestätigung dafür betrachten, dass eine rigorose Sexualmoral, die von der Gesellschaft praktiziert wird, nicht gute, sondern schlechte Früchte hervorbringt. Insbesondere würde das alles nichts daran ändern, dass die kath. Kirche dort, wo sie besonders mächtig war, das ihre getan hat, um in ihrem Einflussbereich eine rigide Sexualmoral zu befördern und Maßnahmen zu ihrer Aufrechterhaltung zum Teil auch institutionell zu exekutieren.

 

(Wenn man zeitlich zurückgeht und das Viktorianische Zeitalter betrachtet - wobei ich eher bezweifele, dass die Prüderie dort primär religiös bedingt war - dann wäre die Heuchelei und Doppelmoral der damaligen Zeit ein weiteres Argument gegen die Annahme, dass eine Gesellschaft gut beraten ist, eine rigide Sexualmoral als moralische Norm zu betrachten.)

 

Dass man den Heim-Kindern in Irland die Taufe verweigert hätte, kann ich mir allerdings kaum vorstellen und habe ich auch nirgendwo gelesen. Im Gegenteil scheint es doch beispielsweise so, dass die Kinder, die man von Irland in die USA verkauft hat, bei sehr streng katholischen Eltern aufwachsen sollten. Das würde ja keinen Sinn ergeben, wenn man sie nicht getauft hätte. Wo hast Du das her?

 

Zitat

Was allerdings eher die Frage aufwirft, wie verflochten Kirche und Staat sind. Mir vorzustellen, daß ein Bischof Zwangsarbeit für eine Mutter mit einem unehelichen Kind fordert, fällt mir schon schwer, daß das ein kompletter Landesepiskopat unterstützt haben soll, ist irgendwo völlig abstrus.

 

Es war aber offenbar sowohl in Irland wie in Spanien die Praxis, und zwar allgemein in den kirchlich betriebenen Heimen. Ich denke kaum, dass das dauerhaft und breitflächig hätte funktionieren können, wenn viele Bischöfe das nicht zumindest stillschweigend geduldet hätten. Wahrscheinlich hat man die Zwangsarbeit auch nicht als "Zwangsarbeit" bezeichnet, sondern irgendwie anders. Das lässt sich doch problemlos euphemistisch verpacken, so dass man sich dann auch schön in die eigene Tasche lügen kann.  

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben
vor 20 Minuten schrieb iskander:

... würde ich das als eine weitere Bestätigung dafür betrachten, dass eine rigorose Sexualmoral, die von der Gesellschaft praktiziert wird, nicht gute, sondern schlechte Früchte hervorbringt. 

Es ist wahrscheinlich auch kein Zufall, dass die Gesellschaften dieser Länder zu den ersten gehörten, die diese Moral entsorgt haben. 

Geschrieben
vor 9 Minuten schrieb iskander:

 

Dass man den Heim-Kindern in Irland die Taufe verweigert hätte, kann ich mir allerdings kaum vorstellen und habe ich auch nirgendwo gelesen. Im Gegenteil scheint es doch beispielsweise so, dass die Kinder, die man von Irland in die USA verkauft hat, bei sehr streng katholischen Eltern aufwachsen sollten. Das würde ja keinen Sinn ergeben, wenn man sie nicht getauft hätte. Wo hast Du das her?

https://de.wikipedia.org/wiki/St._Mary’s_Mother_and_Baby_Home

 

Ich bin jetzt nicht in das Kaninchenloch abgestürzt und hab da weitergehende Quellenverifikation gemacht (ich arbeite eigentlich an der Abschrift eines Satzes Tauf-, Heirats- und Sterbebücher von 1795-1900).

 

vor 12 Minuten schrieb iskander:

Es geht mir darum, dass wohl in den meisten Ländern damals wohl kaum jemand der Polizei gemeldet hätte, wenn eine junge Frau im Kino ihren Freund küsst, worauf sie dann in ein kirchlich betriebenes De-facto-Gefängnis gekommen wäre. Oder dass der Ortspfarrer in den meisten Ländern nicht zu den Eltern einer schwangeren, aber unverheirateten jungen Frau gegangen wäre und ihnen gesagt hätten, dass das Mädchen in ein katholisches Heim muss (wo man dann womöglich ihr Kind sterben lässt).

Ich meine mich zu erinnern, daß es im Dunstkreis von Ignaz Semmelweis z.B. für Wien auch eine Regel gab, nach der uneheliche Mütter in bestimmten - und gefürchteten - Anstalten geboren werden mussten. Abschiebeheime für schwangere Ledige gab es allerdings auch in den USA.

 

"Kirchlich betrieben" ist meiner Meinung nach etwas irreführend. Wie Du selbst schreibst, war die Verbindung zwischen Kirche und Staat in Spanien und Irland alles andere als einfach zu durchdringen. Wer da in wessen Auftrag handelte ist wohl eher Thema mehrerer Doktorarbeiten.

 

Aber wenn Spanien und Irland so anfällig waren - wieso kennen wir diese Phänomene nicht aus Polen, Italien, Kroatien, Belgien, etc.?

Und was ist eigentlich mit Griechenland? Die Orthodoxie ist nun auch nicht gerade ein Hort freier Liebe.

 

Geschrieben (bearbeitet)
vor 3 Stunden schrieb Merkur:

Es ist wahrscheinlich auch kein Zufall, dass die Gesellschaften dieser Länder zu den ersten gehörten, die diese Moral entsorgt haben. 

 

Im Gegenteil: Irland und Spanien gehörten zu den letzten Gesellschaften der westlichen Welt, die diese Moral entsorgten (siehe beispielsweise in diesem Beitrag weiter unten, wann in Irland homosexuelle Handlungen legalisiert wurden). 

 

@Flo77

 

vor 3 Stunden schrieb Flo77:

 

Die Quelle ist ein FAZ-Artikel, aber ich konnte nirgendwo bisher eine Bestätigung für die Behauptung von der verweigerten Taufe finden, und sie scheint mir extrem unplausibel. 

 

vor 3 Stunden schrieb Flo77:

Ich meine mich zu erinnern, daß es im Dunstkreis von Ignaz Semmelweis z.B. für Wien auch eine Regel gab, nach der uneheliche Mütter in bestimmten - und gefürchteten - Anstalten geboren werden mussten. Abschiebeheime für schwangere Ledige gab es allerdings auch in den USA.

 

Semmelweis war allerdings 19. Jahrhundert. Und in welchem Umfang solche Heime in den USA wirklich in welcher Zeit operierten oder gar dabei massenhaft tote Babys produzierten, müsste erst einmal geklärt wurden. Etwas Derartiges wie in Irland wurde jedenfalls wohl nirgendwo sonst berichtet, obwohl es auch andere Länder gab, in denen ledige Mütter schlecht behandelt wurden. 

 

vor 3 Stunden schrieb Flo77:

"Kirchlich betrieben" ist meiner Meinung nach etwas irreführend. Wie Du selbst schreibst, war die Verbindung zwischen Kirche und Staat in Spanien und Irland alles andere als einfach zu durchdringen. Wer da in wessen Auftrag handelte ist wohl eher Thema mehrerer Doktorarbeiten.

 

Im Fall von Spanien mag das bis zu einem gewissen Grad so sein, obwohl es sehr den Eindruck macht, dass Kirche und Staat ganz an einem Strang zogen und die Kirche eifrig mitmachte. In Irland hingegen, so scheint es, bestand die Rolle des Staates vor allem darin, dass er die Kirche gewähren ließ. Es hat den Anschein, dass die Kirche da eindeutig die treibende Kraft war (sie hat in Gestalt von lokalen Pfarrern wohl oft dafür gesorgt, dass die jungen ledigen Frauen in die Heime kamen, welche wiederum katholisch betreiben wurde; und sie hat offenbar auch zum entsprechenden gesellschaftlichen Klima wesentlich mit beigetragen, indem sie ein großes Bohei um "sexuelle Sünden" gemacht hat).

 

vor 3 Stunden schrieb Flo77:

Aber wenn Spanien und Irland so anfällig waren - wieso kennen wir diese Phänomene nicht aus Polen, Italien, Kroatien, Belgien, etc.?

Und was ist eigentlich mit Griechenland? Die Orthodoxie ist nun auch nicht gerade ein Hort freier Liebe.

 

Dafür kommen mehrere Antworten infrage, die sich keineswegs gegenseitig ausschließen:

 

- Die strenge Katholizismus ist ein wichtiger, aber allein nicht ausreichender Faktor. Es müssen noch andere Faktoren hinzukommen, die manchmal, aber nicht immer gegeben sind.

- In manchen katholischen Ländern tritt die Kirche weniger "sittenstreng" auf als anderswo.

- In einigen Gesellschaften herrscht eine Mentalität, die die Leute weniger empfänglich für einen besonderen Rigorismus macht (Rheinischer Katholizismus?). 

- Der Einfluss der Kirche auf Politik und Gesellschaft ist in wichtigen Fragen begrenzt, etwa weil es andere einflussreiche und gegenläufige kulturelle Strömungen neben dem kath. Glauben und seiner Moral gibt.

 

Zum letzten Punkt bedenke man beispielsweise, dass in Italien die Strafbarkeit homosexueller Akte als Nachwirkung der napoleonischen Rechtsreformen bereits 1890 endgültig abgeschafft wurde, während in Irland bis 1993 eine Strafbarkeit bestand. (Allerdings hatte Italien - aber vielleicht vor allem wegen der Konkordate? - andere strenge Sexual-Gesetze.) Die napoleonische Rechts-Tradition bzw. der hinter ihr stehende Liberalismus wären hier also womöglich Faktoren, welche der katholischen Denkart entgegenstanden und sie in ihrem Einfluss begrenzten.

 

Ich würde zudem generell bezweifeln, dass Gesellschaften und Epochen, in denen der Katholizismus weithin die anerkannte Religion war (bzw. ist), deswegen auch schon "streng katholisch" waren (bzw. sind). Beispielhaft möchte ich nur darauf hinweisen, dass die katholische Königin Anna von Österreich eine Dame namens Catherine Bellier damit beauftragt hatte, ihren Sohn, den späteren König Ludwig XIV. in die sinnlichen Lüste einzuführen - Ludwig war damals gerade 14 Jahre alt. Scheinbar wurde das keineswegs als skandalös empfunden. Und Anna galt wohl durchaus als gute Katholikin:

 

"Als Habsburgerin und fromme Katholikin war Anna entsetzt, als auf Betreiben von Kardinal Richelieu Frankreich 1635 in den Krieg gegen Spanien an der Seite protestantischer Fürsten gegen die kaiserlich-katholische Partei des Heiligen Römischen Reiches eintrat." 

https://de.wikipedia.org/wiki/Anna_von_Österreich_(1601–1666)

 

Auch Ludwig selbst verstand sich als guter Katholik (Edikt von Fontainebleau), was ihn aber keineswegs daran hinderte, seine Mätressen zu haben.

 

War das Abweichen von der kath. Sexualmoral damals und dort ein Privileg des Hochadels? Ich bin an diese Stelle nicht in der Lage, definitive Antworten zu geben, aber ich glaube nein. Es scheint über lange Zeiten so gewesen zu sein, dass die Leute durchaus anders lebten als die Kirche es offiziell vorschrieb, und zwar wohl ohne etwas Falsches daran zu finden. (Meine Vermutung wäre, dass dies beispielsweise für das Frankreich vor dem Jansenismus in erheblichem Umfang galt.) Ich bin mir nicht einmal sicher, ob die Leute überhaupt allgemein wussten, dass sie gegen die kirchliche Lehre handelte, und ob es die Kirche damals wirklich groß interessierte. Meine Annahme wäre, dass es im Hinblick auf Region und Zeit erhebliche Differenzen gab (und gibt). 

Laut dem Kirchenhistoriker Hubert Wolf wurde beispielsweise auch der Zölibat lange Zeit zumindest mancherorts nicht so streng gehandhabt:

 

"Wolf hat allerdings viele Belege zusammengetragen, dass der Zölibat trotz der mittelalterlichen Regelung kaum durchgesetzt wurde. So wurden etwa Priesterämter im Münsterland laut Wolf im 17. Jahrhundert geradezu von Geistlichen an ihre Söhne vererbt. Unter »Zölibat« habe man allerhand verschiedenes verstanden – von sexueller Enthaltsamkeit an Sonntagen bis zum Heiratsverbot für verwitwete Priester.

Erst im 19. Jahrhundert setzte sich schließlich die Definition von Zölibat als dauerhafter sexueller Enthaltsamkeit durch."

https://www.spiegel.de/geschichte/zoelibat-wie-die-katholische-kirche-priester-zur-ehelosigkeit-zwang-a-a0048773-e8ca-4d70-9ebd-f2025328d174

 

Wahrscheinlich hatten auch viele der entsprechenden Priester kein schlechtes Gewissen oder wussten vielleicht noch nicht einmal, dass sie "eigentlich" von der kath. Lehre abweichen. Es gab seinerzeit auch noch nicht das Papsttum als jene zentrale Autorität, die in der Praxis alles bestimmt, was in der Kirche geschieht, und die sich zudem detailliert und öffentlichkeitswirksam zu allen möglichen Fragen äußert.

 

Bevor man also die Frage beantworten kann, warum es Unterschiede in den katholisch geprägten Ländern gibt, müsste man unter anderem folgende Fragen stellen:

- Was genau lehrt die Kirche wo mit welchem Nachdruck?

- Welche Lehren werden wo in welchem Maße von den Gläubigen rezipiert?

- Gibt es kulturelle Einflüsse, die in bestimmten Fragen ein Gegengewicht bildeten?

 

In Irland und Spanien scheint die Kirche mit einem besonderen Nachdruck eine rigorose Sexualmoral verkündet zu haben; diese Moral scheint die öffentliche Haltung erheblich beeinflusst zu haben; starke Gegentraditionen gab es offenbar keine, oder sie wurden womöglich unterdrückt (Franco). Zumindest in Irland gab es zudem offenbar weitere Faktoren, die eine strenge Sexualmoral begünstigt haben. Dass die negativen Effekte der kath. Sexuallehre nur unter gewissen Bedingungen in Erscheinung treten, ändert aber nichts daran, dass es sie gibt und dass wesentliche Teile der kath. Sexualmoral in sich selbst toxisch sind.

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben
vor 9 Minuten schrieb iskander:

 

Zum letzten Punkt bedenke man beispielsweise, dass in Italien die Strafbarkeit homosexueller Akte infolge der napoleonischen Rechtsreformen bereits 1890 endgültig abgeschafft wurde, in Irland aber bis 1993 bestand.

Paradoxerweise waren homosexuelle Akte im Rheinland zwischen 1804 und 1851 auch nicht strafbewehrt, eben weil der Code Civil galt. Dann kam das Strafgesetzbuch für die preußischen Staaten. Ausgerechnet Bayern(!) widerstand der re-Kriminalisierung noch bis 1871/72.

 

Irland war übrigens eher dran an Deutschland.

 

Unser § 175 wurde erst 1994 abgeschafft.

 

vor 28 Minuten schrieb iskander:

 

War das Abweichen von der kath. Sexualmoral damals und dort ein Privileg des Hochadels? Ich bin an diese Stelle nicht in der Lage, definitive Antworten zu geben, aber ich glaube nein. Es scheint über lange Zeiten so gewesen zu sein, dass die Leute durchaus anders lebten als die Kirche es offiziell vorschrieb, und zwar wohl ohne etwas Falsches daran zu finden. (Meine Vermutung wäre, dass dies beispielsweise für das Frankreich vor dem Jansenismus in erheblichem Umfang galt.) Ich bin mir nicht einmal sicher, ob die Leute überhaupt allgemein wussten, dass sie gegen die kirchliche Lehre handelte, und ob es die Kirche damals wirklich groß interessierte. Meine Annahme wäre, dass es im Hinblick auf Region und Zeit erhebliche Differenzen gab (und gibt). 

Die Frage nach dem Privileg des Hochadels habe ich mir auch schon öfter gestellt, aber bislang noch nicht einmal eine Tendenz.

 

Zum einen war das Treiben bei Hofe für die meisten Menschen unerreichbar, zum anderen waren Mätressen teuer im Unterhalt. Für so ein Invest muss mann erstmal die Mittel haben. Wer aber Geld hat, konnte sich schon immer mehr erlauben - auch moralisch - als die Normalsterblichen für die ihre Moral und ihre "Ehre" wohl in vielen Fällen ein nicht zu unterschätzendes immaterielles Kapital darstellte. 

 

Was die Frage nach der Bekanntheit der Regeln der Kirche angeht, war vor der Reformation und wohl auch noch bis ins 18. Jahrhundert die Bildung der Laien vielfach rein praktisch orientiert. Die Praxis aber, beugt sich häufig schlicht der realen Natur. 

 

 

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