rorro Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober vor 3 Stunden schrieb Chrysologus: Da ging es allerdings um die Strafbarkeit, nicht um den Gnadenstand - man vermische bitte nicht Strafrecht und Moraltheologie. Ich vermische nicht, da ich es nicht gleichsetze - aber warum sollte es diese Unterscheidung geben, wenn es überhaupt keinen Einfnluß auf den Gnadenstand hätte? Der Kirche geht es ja primär um die Seelen. Zitieren
rorro Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober (bearbeitet) vor 3 Stunden schrieb Flo77: Du wischst mit einem Handstreich beiseite, was eine Heilige der Katholischen Kirche überhaupt erst zur Heiligen gemacht hat. Ich wüsste nicht, daß eine Kanonisierung jemals Rückgängig gemacht wurde (die Streichung aus dem Martyrologium Romanum allein, ist da kein Kriterium, zumal Katharina von Alexandria soweit ich weiß, wieder drinsteht), nur liefe Dein Statement, Johannas Visionen wären nicht von der Heiligen Katharina gekommen, darauf hinaus, daß die Kirche eine Frau zur Heiligen erklärt hat, die dem Satan oder fremden Mächten gehorcht hat. Nicht, daß ich das nicht nachvollzehen könnte, aber der Ansatz erscheint mir etwas schwierig. ich glaube, daß ganz viele, deren Leben und/oder Motivation "schwierig" waren, bei Gott sind. Und ja, Katharina ist wieder im Martyrologium, von JP2 kommentarlos wieder eingeführt, auch wenn es nachwievor keine zeitgenössische Evidenz ihrer Existenz gibt. vor 3 Stunden schrieb Flo77: Wenn Gott nur nach dem schaut wir Mishpat, Tsedaqa und Chesed üben, wofür braucht es dann noch den Glauben? Wir wissen nur durch den Glauben, daß Gott Agape (oder von mir aus Chesed) nicht nur aufbringt, sondern ist, daß es Sein Sein beschreibt. Ich sehe den Glauben überhaupt nicht utilitaristisch oder zweckbehaftet. vor 3 Stunden schrieb Flo77: Du willst nicht wissen, wie Du das ewige Leben erlangst? Durch Liebe. Das reicht mir. vor 3 Stunden schrieb Flo77: Und bevor Du jetzt wieder auf die Platte mit dem "nach dem Maß unserer Liebe" kommst, die Kirche legt nunmal andere Maßstäbe an. Nicht (allein) die Liebe ist entscheidend, sondern die Einhaltung bestimmter Regeln ist genau wichtig und der Verstoß kostet das (ewige) Leben. Irrt also die Kirche, wenn sie objektive schwere Sünden definiert? Nein, sie irrt nicht. Aber die schweren Sünden entstehen auch nicht aus Liebe (Agape, nicht Eros). bearbeitet 30. Oktober von rorro Zitieren
Chrysologus Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober vor 58 Minuten schrieb rorro: Ich vermische nicht, da ich es nicht gleichsetze - aber warum sollte es diese Unterscheidung geben, wenn es überhaupt keinen Einfnluß auf den Gnadenstand hätte? Der Kirche geht es ja primär um die Seelen. Unklar ist Deiner Worte Sinn. Die Frage der Strafbarkeit einer Tat hat nichts mit der Frage der Sündhaftigkeit einer Tat zu tun. Mein Gewissen kann mich zu einem Handeln contra legem verpflichten - das wäre dann zwar strafbar, aber nicht sündhaft. Der von Dir postulierte Zusammenhang existiert schlicht nicht. Zitieren
Flo77 Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober (bearbeitet) vor 19 Minuten schrieb rorro: Ich glaube, daß ganz viele, deren Leben und/oder Motivation "schwierig" waren, bei Gott sind. Und ja, Katharina ist wieder im Martyrologium, von JP2 kommentarlos wieder eingeführt, auch wenn es nachwievor keine zeitgenössische Evidenz ihrer Existenz gibt. Bei ersterem bin ich bei Dir. Das erklärt aber nicht, wie Du Johannas Erhebung zur Ehre der Altäre noch rechtfertigen willst, wenn ihre Visionen offenbar nicht göttlich waren. Ok, das Problem ist ähnlich gelagert wie meins mit der Göttlichkeit Jesu für die es für mich auch keine logische Basis gibt. Von daher brauchen wir das nicht weiter zu diskutieren. vor 19 Minuten schrieb rorro: Wir wissen nur durch den Glauben, daß Gott Agape (oder von mir aus Chesed) nicht nur aufbringt, sondern ist, daß es Sein Sein beschreibt. Wieso nur durch den Glauben? Gott ist doch eine universale kollektive Erfahrbarkeit. vor 19 Minuten schrieb rorro: Ich sehe den Glauben überhaupt nicht utilitaristisch oder zweckbehaftet. Ich glaube zu ahnen, was Du meinst, ich habe dieses Konzept allerdings nicht innerhalb der Kirche gefunden. vor 19 Minuten schrieb rorro: Durch Liebe. Das reicht mir. Das macht die Kirche irgendwie überflüssig. vor 19 Minuten schrieb rorro: Nein, sie irrt nicht. Aber die schweren Sünden entstehen auch nicht aus Liebe (Agape, nicht Eros). Was wieder die Frage aufwirft, was eigentlich "schwere Sünden" sind. Aber da dreht sich das Gespräch dann wieder im Kreis. Für Dich mögen die von der Kirche definierten objektiven Sünden logische Folgen der Lieblosigkeit sein sein - diesem Pfad kann ich in dieser Form nicht folgen. bearbeitet 30. Oktober von Flo77 Zitieren
Flo77 Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober vor 4 Minuten schrieb Chrysologus: Unklar ist Deiner Worte Sinn. Die Frage der Strafbarkeit einer Tat hat nichts mit der Frage der Sündhaftigkeit einer Tat zu tun. Mein Gewissen kann mich zu einem Handeln contra legem verpflichten - das wäre dann zwar strafbar, aber nicht sündhaft. Der von Dir postulierte Zusammenhang existiert schlicht nicht. Also bleibt es bei meiner Annahme eine schwere Sünde muss IMMER gebeichtet werden, um den Gnadenstand widerherzustellen völlig unabhängig davon ob die Schuldfähigkeit gegeben ist? Wie sind Sünden zu betrachten, die die Kirche als Sünde beschreibt, die der Sünder als Sünde kennt, die der Sünder aber nicht als Sünde erlebt und daher keine Reue zu erwecken vermag? Ist der Gnadenstand damit beschädigt? Zitieren
Weihrauch Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober (bearbeitet) vor 3 Stunden schrieb iskander: Falls ich Dir jetzt zustimmen würde, würde ich mich bei konservativen Katholiken vermutlich unbeliebt machen (bzw. noch unbeliebter). 😉 Da steckst du in einem Dilemma. Schweigen ist auch keine gute Option nach Wolfgang Rothe. Das würde dich zu meinem Komplizen machen. Dein diplomatischer Mittelweg ... vor 3 Stunden schrieb iskander: Ich bin mir auch nicht sicher, ob es generell stimmt ... ... wird dich auch nicht beliebter machen, denn Stufe 4 lebt von der Generalisierung des eigenen Wahrheitsanspruches, während dieses Argument erst auf höheren Stufen plausibel wird, wo moralische Urteile nicht mehr generell gelten, sondern differenziert und von Fall zu Fall entschieden bzw. ausgehandelt werden. Ein Problem bei der Sache mit den Stufen ist, dass man sich auf jeder Stufe nahe am Gipfel wähnt, weil die Anstrengungen zum Erklimmen der Stufe auf der man steht, mit der maximalen Höhe des Terrains verwechselt wird, und man erschöpft vom Aufstieg ist. Man kann von seinem Plateau liebevoll nach unten herab blicken auf die unteren Stufen, die man auf seinem Weg hinter sich gelassen hat, aber nicht hinauf blicken auf das nächste Plateau das noch kommen wird, wenn man weitergeht. Der Weg weiter nach oben ist immer nur nebulös wahrnehmbar, und wolkenverhangen. Man weiß nie, ob da noch ein Aufstieg kommt, wenn man weiterginge, nach der Rast. Man müsste in den Nebel hineingehen, um auf das nächste Plateau zu gelangen. Wenn man auf seinem Rastplatz Stimmen von höher gelegenen Plateaus rufen hört, meint man, dass sie aus dem Nebel des eigenen Plateaus stammen. Man hört sie rufen, aber sie rufen in einer fremdartigen Sprache, die man nicht versteht. Das müssen ausländische Touristen sein die da herum plärren. "Lernt Deutsch, verdammt nochmal! Das sind unsere Berge!" Es geht wie immer um Identitäten, drinnen und draußen, das Heimrecht. Aber die da droben haben genauso das Heimrecht, weil die dort genau so wenig Eingeborene sind, wie die auf den unteren Plateaus, aber sich mit gleichem Recht als Ansässige verstehen. Jeder ist auf jedem Plateau, das er erklimmt ein Fremder, der die Sprache des Plateaus, dass er eben erklommen hat, erst lernen muss, bevor er sie sprechen kann. Der Weg ist das Ziel. Keine Stufe kann übersprungen werden, jede muss erklommen werden, keine ist überflüssig, jede notwendig, gottgegeben wenn man so will. Dieser Weg ist das Gesetz, dieser Weg ist uns ins Herz geschrieben. Wir sind alle auf demselben Weg unterwegs. Unser aller Würde ist, diesen Weg zu gehen. Es gibt keinen anderen. Die Würde hängt nicht von dem jeweiligen Plateau ab, auf dem sich jemand gerade befindet. Jedes Plateau ist gleich würdevoll, gleich wertvoll, auch wenn sich die Werte auf den jeweiligen Stufen unterscheiden. "Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben." Die Stufenmodelle werten niemanden ab oder auf. Es sind liebevolle Modelle, die nicht aus der Perspektive eines unerreichbaren Gottesplateaus einen Blick eröffnen, sondern sie sind eher wie der Blick aus dem Tal auf den Berg, durch das Fernglas, das einem ein altgedienter Bergführer reicht, der jedes Plateau wie seine Westentasche kennt, mit dem man einen Blick auf die unterschiedlichen Wandergruppen am Berg erhaschen kann. "Es ist, was es ist", kann man in den liebevollen Augen des alten Bergführers lesen, wenn man genau hinschaut. bearbeitet 30. Oktober von Weihrauch 1 Zitieren
Aleachim Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober vor 40 Minuten schrieb Weihrauch: Die Stufenmodelle werten niemanden ab oder auf. Es sind liebevolle Modelle, die nicht aus der Perspektive eines unerreichbaren Gottesplateaus einen Blick eröffnen, sondern sie sind eher wie der Blick aus dem Tal auf den Berg, durch das Fernglas, das einem ein altgedienter Bergführer reicht, der jedes Plateau wie seine Westentasche kennt, mit dem man einen Blick auf die unterschiedlichen Wandergruppen am Berg erhaschen kann. "Es ist, was es ist", kann man in den liebevollen Augen des alten Bergführers lesen, wenn man genau hinschaut. Wunderschön! Vielen Dank Weihrauch 1 Zitieren
Merkur Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober vor 40 Minuten schrieb Weihrauch: Der Weg ist das Ziel. Keine Stufe kann übersprungen werden, jede muss erklommen werden, keine ist überflüssig, jede notwendig, gottgegeben wenn man so will. Soweit für mich ersichtlich sollte man gleich auf Stufe 7 anfangen. Das wäre für mich das einzig sinnvolle Konzept. Zitieren
SteRo Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober vor einer Stunde schrieb Flo77: Also bleibt es bei meiner Annahme eine schwere Sünde muss IMMER gebeichtet werden, um den Gnadenstand widerherzustellen völlig unabhängig davon ob die Schuldfähigkeit gegeben ist? Zunächst: ein Gnadenstand der nicht bestanden hat, der kann auch nicht wiederhergestellt werden. Dann: Der freie Wille ist immer gegeben, deshalb auch die Schuld bei sündhaftem Tun. Aber das Strafmaß differenziert ganz offensichtlich Grade der Schuldfähigkeit: Lk 12, 47 Jener Knecht aber, der den Willen seines Herrn wusste und sich nicht bereitet noch nach seinem Willen getan hat, wird mit vielen 〈Schlägen〉 geschlagen werden; 48 wer ihn aber nicht wusste, aber getan hat, was der Schläge wert ist, wird mit wenigen geschlagen werden. vor einer Stunde schrieb Flo77: Wie sind Sünden zu betrachten, die die Kirche als Sünde beschreibt, die der Sünder als Sünde kennt, die der Sünder aber nicht als Sünde erlebt und daher keine Reue zu erwecken vermag? Ist der Gnadenstand damit beschädigt? Nochmal: Gnadenstand? Fraglich ... Das Kirchenlehramt kann nur als Sünde beschreiben, was den von Gott geoffenbarten Gesetzen und Geboten widerspricht. Das subjektiv-individuelle "Erleben" spielt hinsichtlich der Sündhaftigkeit von Denken, Sprechen und Tun keine Rolle, Gottes offenbarter Wille ist ausschlaggebend. Zitieren
rorro Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober (bearbeitet) vor 1 Stunde schrieb Chrysologus: Unklar ist Deiner Worte Sinn. Das tut mir Leid. vor 1 Stunde schrieb Chrysologus: Die Frage der Strafbarkeit einer Tat hat nichts mit der Frage der Sündhaftigkeit einer Tat zu tun. Mein Gewissen kann mich zu einem Handeln contra legem verpflichten - das wäre dann zwar strafbar, aber nicht sündhaft. Der von Dir postulierte Zusammenhang existiert schlicht nicht. Ich sage nicht, daß es da einen eindeutigen Zusammenhang gäbe, sondern daß es ein deutlicher Hinweis ist, daß mildernde Umstände, die in jedem Einzelfall anders sein können, die individuelle Schuld einer Tat beeinflussen. Der KKK zeigt das Beispiel bei der Masturbation und ich sehe wirklich keinen Grund, daß es eine moraltheologische Sonderregelung nur zur Onanie wäre. Wenn wir glauben, daß der göttliche Vater Seine Kinder liebevoll anschaut, dann kann es gar nicht anders sein. Mich würde interessieren, ob es zu dieser Thematik moraltheologische Arbeiten gibt… bearbeitet 30. Oktober von rorro Zitieren
Chrysologus Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober vor 1 Stunde schrieb Flo77: Also bleibt es bei meiner Annahme eine schwere Sünde muss IMMER gebeichtet werden, um den Gnadenstand widerherzustellen völlig unabhängig davon ob die Schuldfähigkeit gegeben ist? Eine schwere Sünde setzt immer die vorgängige Erkenntnis eben dieser Sündhaftigkeit voraus - wenn ich aber nicht schuldfähig bin, dann kann ich auch nicht sündigen. Zitieren
Flo77 Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober vor 14 Minuten schrieb SteRo: Zunächst: ein Gnadenstand der nicht bestanden hat, der kann auch nicht wiederhergestellt werden. Der Gnadenstand wird mit der Taufe hergestellt. Die Sünde nach der Taufe, beschädigt ihn wieder. vor 15 Minuten schrieb SteRo: vor 1 Stunde schrieb Flo77: Nochmal: Gnadenstand? Fraglich ... Das Kirchenlehramt kann nur als Sünde beschreiben, was den von Gott geoffenbarten Gesetzen und Geboten widerspricht. Das subjektiv-individuelle "Erleben" spielt hinsichtlich der Sündhaftigkeit von Denken, Sprechen und Tun keine Rolle, Gottes offenbarter Wille ist ausschlaggebend. Die Lehre der Kirche ist hier aber die Bezugsnorm. Ich lese die Schrift auch anders. Zitieren
SteRo Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober vor 9 Minuten schrieb rorro: Der KKK zeigt das Beispiel bei der Masturbation und ich sehe wirklich keinen Grund, daß es eine moraltheologische Sonderregelung nur zur Onanie wäre. Das ist für einen römischen Katholiken eine ziemliche Anmaßung: nach eigenem Gutdünken aus besonderen Präsentationen des Lehramtes allgemeingültigere Schlüsse zu ziehen, die in ihrer Bedeutung hinsichtlich der Wirkungen den Präsentationen des Lehramtes gleichkommen. Zitieren
Chrysologus Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober vor 1 Stunde schrieb Flo77: Wie sind Sünden zu betrachten, die die Kirche als Sünde beschreibt, die der Sünder als Sünde kennt, die der Sünder aber nicht als Sünde erlebt und daher keine Reue zu erwecken vermag? Ist der Gnadenstand damit beschädigt? Da ist schon Johannes Paul II. widersprüchlich - er kennt aus sich heraus schwer sündhafte Akte (die damit objektiv den Gadenstand beschädigen), die jedoch zugleich immer das Abschneiden des lebendigen Bandes zu Gott zum Inhalt haben müssen (wobei dann diese Absicht der Abwendung von Gott den Gnadenstand beschädigt, nicht aber die Tat selbst). Mit dem Lehrtamt kommt man hier nicht weit, weil das in den letzten Jahrzehnten versuchte, zwei Dinge zu kombinieren, die nicht zusammen gehen können. Zitieren
rorro Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober Klassischerweise wird in der Beurteilung zwischen Sünde als Tat (oder Unterlassen) und daraus folgender Schuld und Konsequenz nicht unterschieden. Also: schwere Sünde = schwere Schuld. Das führte dazu, daß die objektive Tat zur Beurteilung des Gnadenstandes verwendet wurde. Die sich mir stellende Frage ist - da ich gerade feststelle, daß ich immer so gedacht habe - ob diese Gleichsetzung so noch aufrechterhalten ist. Wie gerade erwähnt, der KKK tut das selbst nicht. Ist es dann wirklich weiterhin möglich, nur die Tat und nicht die Schuld für den Gnadenstand heranzuziehen? Natürlich ist das einfacher so, Moraltheologie nach Kochbuch ist dann möglich (und wurde und z.T. wird es auch so gemacht), doch ob das dem Menschen gerecht wird? Das Beispiel Suizid hatte ich schon gebracht - eigentlich ist die Antwort schon da, sie wird nur unvollständig gegeben… 1 Zitieren
Flo77 Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober vor 3 Minuten schrieb Chrysologus: Eine schwere Sünde setzt immer die vorgängige Erkenntnis eben dieser Sündhaftigkeit voraus - wenn ich aber nicht schuldfähig bin, dann kann ich auch nicht sündigen. Also sind Wissen und Erkenntnis nicht gleichwertig an dieser Stelle? Das Wissen um die Moraltheologie der Kirche ersetzt NICHT die Erkenntnis/Erfahrung/Absicht lieblos gehandelt zu haben? vor 3 Minuten schrieb Chrysologus: Da ist schon Johannes Paul II. widersprüchlich - er kennt aus sich heraus schwer sündhafte Akte (die damit objektiv den Gnadenstand beschädigen), die jedoch zugleich immer das Abschneiden des lebendigen Bandes zu Gott zum Inhalt haben müssen (wobei dann diese Absicht der Abwendung von Gott den Gnadenstand beschädigt, nicht aber die Tat selbst). Mit dem Lehramt kommt man hier nicht weit, weil das in den letzten Jahrzehnten versuchte, zwei Dinge zu kombinieren, die nicht zusammen gehen können. Ich erinnere mich. Das macht es pastoral oder im Alltag aber auch nicht wirklich leichter. Zitieren
rorro Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober Weiteres unvollständiges Nachdenken…: in die eine Richtung trennt die Kirche schon Sünde und Schuld - nämlich wenn sie bestimmte Taten als immer und „in sich“, intrinsisch, als schwer sündhaft bezeichnet. Immer bedeutet also auch bei geringer individueller Schuld. Wäre es nicht nur konsequent, dann die Beurteilung des Gnadenstandes auch von der Tat zu trennen? Zitieren
Flo77 Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober vor 7 Minuten schrieb rorro: Das führte dazu, daß die objektive Tat zur Beurteilung des Gnadenstandes verwendet wurde. Die sich mir stellende Frage ist - da ich gerade feststelle, daß ich immer so gedacht habe - ob diese Gleichsetzung so noch aufrechterhalten ist. Wie gerade erwähnt, der KKK tut das selbst nicht. Ist es dann wirklich weiterhin möglich, nur die Tat und nicht die Schuld für den Gnadenstand heranzuziehen? Dieses Problem ist ja das, was Chrysologus gerade mit JP2 erwähnt hat. Die klassische Schule, die die Sünden, die zur Beschädigung des Gnadenstands eindeutig benennen kann, ist mit der Idee, die Schwere der Sünde hinge von der Absicht ab sich von Gott zu trennen heute wohl kaum übereinander zu bringen. In einer "idealen" Welt, würde wohl der Ansatz greifen, den ich Dir weiter oben schon mal untergeschoben habe, daß die Sünde der Ausdruck der Lieblosigkeit/Abwendung von Gott ist identisch ist mit den kodifizierten Sünden. Dieses "Ideal" würde allerdings wohl erfordern, daß die Grundlagen was Gottesliebe ist und die Folgen der Lieblosigkeit sich "organisch"/"automatisch" 1:1 mit der kodifizierten Sünde decken. vor 7 Minuten schrieb rorro: Natürlich ist das einfacher so, Moraltheologie nach Kochbuch ist dann möglich (und wurde und z.T. wird es auch so gemacht), doch ob das dem Menschen gerecht wird? Das Beispiel Suizid hatte ich schon gebracht - eigentlich ist die Antwort schon da, sie wird nur unvollständig gegeben… Und mit diesem Problem ringe ich seit 15 Jahren (und länger)... Zitieren
Flo77 Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober vor 15 Minuten schrieb rorro: Weiteres unvollständiges Nachdenken…: in die eine Richtung trennt die Kirche schon Sünde und Schuld - nämlich wenn sie bestimmte Taten als immer und „in sich“, intrinsisch, als schwer sündhaft bezeichnet. Immer bedeutet also auch bei geringer individueller Schuld. Wäre es nicht nur konsequent, dann die Beurteilung des Gnadenstandes auch von der Tat zu trennen? Ich finde das Konzept des Gnadenstands etwas schwierig, weil ich es nicht in den Evangelien wiederfinde. Mit JdT und den anderen Propheten, fordert der Messias die Menschen auf sich Gott zuzuwenden und ein "anständiges" Leben (sprich gerecht/rechtschaffen und barmherzig) zu führen. Es gibt ein paar Leitplanken, was dazu gehört, aber im Grunde ist es sehr wenig konkretes. "Vollkommenheit" assoziiert der Evangelientext vorallem mit materieller Armut und Hingabe an die Versorgung bzw. den Dienst an den sozial Schwachen. Ich lese das allerdings nicht so, als ob das ein "permanenter" Zustand wäre, wie es der Gnadenstand als Ideal verstanden wäre. Selbst der Gerechte sündigt 7x7 Mal am Tag und wenn sich dein Nächster an dir versündigt, vergib ihm 7x7 Mal (da gibt es zwar die Einschränkung "wenn er sich entschuldigt", aber in der Zusammenschau mit den anderen Weisungen würde ich auch da eher von einer Forderung Jesu nach bedingungsloser Vergebung ausgehen wollen). Den anderen Haken, den ich dabei sehe, ist die Frage, ob Gott beleidigt werden kann. Der blblische Befund, gerade im AT ist da sehr beredt, aber ist das mit der Liebesbotschaft Jesu noch vereinbar? Mir ist durchaus bewusst, daß das eine Gratwanderung ist, bei der Marcion damals ziemlich abgestürzt ist. Bevor du dein Opfer darbringst versöhne dich mit deinem Nächsten mit dem du im Streit liegst. Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben (haben). Elementar für das biblische Versöhnungsgeschehen ist - soweit ich das verstehe - die Versöhnung untereinander, die die Grundvoraussetzung für einen Status ist, in dem man "würdig" ist, vor Gott zu treten. Dieser Status hat wohl Ähnlichkeit mit dem Gnadenstand wie wir ihn heute kennen, aber ihm fehlt die Seelenheil-Komponente. Unversöhnt zu sterben ist keine Garantie nicht auferweckt zu werden, wie es der beschädigte Gnadenstand nach klassischer Lehre wäre in die Hölle zu kommen. Dazu kommt, daß wie in der Rede von den Schafen und Ziegen beschrieben, am Ende der Zeit noch nicht einmal entscheidend ist, was einer geglaubt hat, sondern nur, ob er "recht" gehandelt hat. Verkomplizierend nimmt die Kirche den Dekalog als Quasi-Bundesurkunde, als die sie für Nichtjuden nie gedacht war. Verstöße gegen den Wortlaut des Dekalogs sind nach unserem Verständnis ohne Zweifel Verstöße gegen die Liebe und in solchem Tun wird erkennbar, daß der Täter die Liebe als Lebensprinzip zurückweist. Aber selbst die Gebote des Dekalogs sind nicht in Stein gemeißelt (pun intended). Bei den Inuit z.B. gab es durchaus Formen des "Ehebruchs", die als völlig legitim betrachtet wurden. In Polynesien ebenfalls. Über die Frage, wie weit das Gebot der Elternehrung reicht, könnte man Bibliotheken schreiben, von den beiden Begehrverboten mal ganz abgesehen. Selbst beim absoluten Wortlaut - der als moralische Basis in westlichen Kulturen immer noch ziemlich universell verankert ist - gibt es also schon das Problem: Wie weist man Gott auf eine Art zurück, die eine Beichte als Medikament zur Wiederherstellung des Gnadenstandes notwendig machen würde? Zitieren
iskander Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober vor 6 Stunden schrieb Weihrauch: Da steckst du in einem Dilemma. Schweigen ist auch keine gute Option nach Wolfgang Rothe. Das würde dich zu meinem Komplizen machen. Dein diplomatischer Mittelweg ... Das stimmt so gesehen. 😄 Zitieren
iskander Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober vor 5 Stunden schrieb rorro: Der KKK zeigt das Beispiel bei der Masturbation und ich sehe wirklich keinen Grund, daß es eine moraltheologische Sonderregelung nur zur Onanie wäre. Normalerweise nimmt man - übrigens auch im Strafrecht - davon aus, dass ein normaler Mensch ohne besondere psychische Beeinträchtigungen für sein Handeln im großen und ganzen auch verantwortlich ist (so etwa der typische Taschendieb oder Einbrecher). Du hast hier vier wesentliche Möglichkeiten der Interpretation: - Es wird im Anschluss an Pius XII. davon ausgegangen, dass schuldmindernde Umstände, welche die schwere Schuld aufheben, (auch) bei sexuellen Sünden die Ausnahme und nicht etwa die Regel sind. - Man nimmt an, dass gravierende schuldmindernde Umstände bei der Masturbation häufig vorliegen und dort oftmals eine entscheidende Rolle spielen - nicht aber auch bei anderen "Sünden". Das klingt etwas seltsam. - Bedeutende schuldmindernde Umstände liegen bei allen oder vielen sexuellen Sünden häufig vor und vermindern die Schuld dort oftmals erheblich - aber das Gesagte gilt eben nur für sexuelle Sünden. Dann hast Du die Sexualität als den menschlichen Problembereich schlechthin, in dem der Mensch nicht nur viel mehr schwerwiegende böse Taten begeht als sonstwo, sondern in welchem er weit mehr die Kontrolle über sich verloren hat als anderswo. Dann bist Du wieder bei der traditionellen kath. Betrachtungsweise, nach dem die Sexualität durch den Sündenfall ganz besonders korrumpiert ist. - Oder Du sagst, dass entscheidende schuldmindernde Umstände generell häufig bestehen - das wäre aber nicht nur gegen die Tradition, sondern ein jedes Strafrecht, das auf dem Schuldprinzip aufbaut, stünde vor großen Schwierigkeiten. vor 5 Stunden schrieb rorro: Die sich mir stellende Frage ist - da ich gerade feststelle, daß ich immer so gedacht habe - ob diese Gleichsetzung so noch aufrechterhalten ist. Wie gerade erwähnt, der KKK tut das selbst nicht. Ist es dann wirklich weiterhin möglich, nur die Tat und nicht die Schuld für den Gnadenstand heranzuziehen? In der Praxis wird sich kaum jemand je sehr sicher sein können - geschweige denn zu 100 % sicher -, dass die potentiell schuldmindernden Umstände in seinem konkreten Fall wirklich so schwerwiegend sind, dass gewiss keine Todsünde vorliegt. Vielleicht hätte man vom Betreffenden eben doch erwarten können, dass er mehr Entschiedenheit zeigt? Vielleicht hat er es sich doch zu einfach gemacht? Wer daher nicht die Hölle riskieren will, wird sich klugerweise also in nahezu allen Fällen so zu verhalten haben, als ob er sich mit einer Todsünde belastest hätte. @Chrysologus vor 5 Stunden schrieb Chrysologus: Da ist schon Johannes Paul II. widersprüchlich - er kennt aus sich heraus schwer sündhafte Akte (die damit objektiv den Gadenstand beschädigen), die jedoch zugleich immer das Abschneiden des lebendigen Bandes zu Gott zum Inhalt haben müssen (wobei dann diese Absicht der Abwendung von Gott den Gnadenstand beschädigt, nicht aber die Tat selbst). Lüdecke bemerkt zur Position von JPII im Zusammenhang mit den wiederverheiratet Geschiedenen: "- Weil bei aller menschlichen Schwäche die Eheleute durch die Sakramentsgnade können, was sie sollen: Dem Partner treu sein, wie Christus der Kirche (Eph 5,32) (Amoris laetitia 63, 72f.). Die Unauflöslichkeit ist nach Johannes Paul II. kein bloßes Ideal, sondern ein Erfüllungsgebot. [...] - Subjektive Schuldminderungsgründe wurden mehrfach amtlich ausdrücklich für irrelevant erklärt (Familiaris Consortio 84; Erklärung des Päpstlichen Interpretationsrates 2000). Auch die Schwierigkeit, die kirchlichen Werte zu verstehen, rechtfertige kein abweichendes Verhalten (Familiaris Consortio 33)." Das klingt für mich so, als würde nach Meinung von JPII eine schwere subjektive Schuld im Regelfall vorliegen. Zitieren
iskander Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober (bearbeitet) vor 10 Stunden schrieb iskander: Und an dieser Stelle, lieber rorro, stehen Du und andere konservative Katholiken, denen die Konsequenzen dieser Härte augenscheinlich dann in dieser Form doch nicht so recht behagen wollen, vor einer Aporie. Falls Du das anders siehst, magst Du mir bitte konkret sagen, welche meiner Äußerungen angeblich falsch ist. Du hast diese Aporien bisher ja nicht aufgelöst - und hier habe ich noch eine weitere für Dich, die Du ebenfalls nicht auflösen wirst können. Nimm den Fall, dass jemand psychisch sehr unter seinen "sexuellen Sünden" leidet. Und solche Fälle gibt es augenscheinlich - bis hin zu suizidalen Gedanken. Der evangelische Theologe und Arzt Klaus Thomas beispielsweise berichtet in seinem Handbuch der Selbstmordverhütung von Fällen, in denen junge Menschen ihn und seine Mitarbeiter wegen vermeintlicher "sexueller Sünden" und der mit ihnen verbundenen Verzweiflung aufsuchten. Ein Beispiel: Eine junge Frau hatte schwere Skrupel, weil sie immer wieder der "Sünde" der Masturbation erlag. Auf die Frage, wo in der Bibel die Masturbation denn verurteilt werde, antwortete sie, dass ihre Kirche die Masturbation verurteile. Thomas und seine Mitarbeiter versuchten, in solchen Fällen (gewöhnlich erfolgreich), die Betroffenen davon zu überzeugen, dass ihr Verhalten nicht sündhaft seien, worauf die suizidalen Impulse auch verschwanden. (Andere hatten weniger Glück.) Aus einer konservativ-katholischen Sicht ist eine solche Vorgehensweise natürlich grundverkehrt. Hier wird eine schreckliche Sünde banalisiert, ja, als akzeptabel dargestellt! Wie ungeheuerlich! Aber welche Botschaft sollte ein konservative Katholik dem Ratsuchenden in solch einer Situation denn dann vermitteln? Was wäre denn die rechtgläubige katholische Antwort in diesem Fall oder in ähnlich gelagerten Fällen? Nun, die Antwort müsste doch in etwa so lauten: "Ja, das was Du tust, ist objektiv entsetzlich. Objektiv beleidigt Dein Verhalten Gott fürchterlich. Aber wenn Du - soweit Du selbst das selbst beurteilen kannst - wirklich mit aller Kraft und Entschlossenheit gegen diese tödliche Sünde ankämpfst, und wenn Du dann dennoch scheiterst: dann besteht immerhin die begründete Hoffnung, dass Deine Schuld so weit abgemildert ist, dass Du bei einem plötzlichen Tod doch nicht in die ewige Hölle kommst - auch wenn man das natürlich auch kaum mit letzter Gewissheit ausschließen kann." Das wäre im Grunde das Beste und Menschenfreundlichste, was man im Einklang mit der offiziellen kath. Kirche in so einer Situation einem verzweifelten Menschen mit Suizid-Impulsen sagen könnte: Dass er weiterhin verzweifelt gegen seine "Sünde" anzukämpfen habe; und dass er bestenfalls mit gutem Grund hoffen dürfe, trotz seiner objektiv furchtbaren Taten nicht für alle Ewigkeit verdammt zu werden, wenn er stirbt, bevor er zur Beichte gehen kann. Und hier ist das Dilemma: Entweder muss man sich an dieser Stelle dafür oder dagegen entschieden, die entsprechende kath. Lehre in ihrer offensichtlichen Menschenfeindlichkeit zu akzeptieren. Natürlich kann man es aber auch halten wie der Vogel Strauß in der Fabel: Den Kopf ganz tief und entschlossen in den Sand stecken. Darin haben konservative Katholiken viel Übung. Wenn man sich weigert, die Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen, verschwinden sie gewiss einfach. Als ein erwachsener Mensch sollte man über dieses Stadium aber vielleicht doch hinaus sein ... bearbeitet 30. Oktober von iskander Zitieren
Flo77 Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober vor 22 Minuten schrieb iskander: Normalerweise nimmt man - übrigens auch im Strafrecht - davon aus, dass ein normaler Mensch ohne besondere psychische Beeinträchtigungen für sein Handeln im großen und ganzen auch verantwortlich ist (so etwa der typische Taschendieb oder Einbrecher). Du hast hier vier wesentliche Möglichkeiten der Interpretation: - Es wird im Anschluss an Pius XII. davon ausgegangen, dass schuldmindernde Umstände, welche die schwere Schuld aufheben, (auch) bei sexuellen Sünden die Ausnahme und nicht etwa die Regel sind. - Man nimmt an, dass gravierende schuldmindernde Umstände bei der Masturbation häufig vorliegen und dort oftmals eine entscheidende Rolle spielen - nicht aber auch bei anderen "Sünden". Das klingt etwas seltsam. - Bedeutende schuldmindernde Umstände liegen bei allen oder vielen sexuellen Sünden häufig vor und vermindern die Schuld dort oftmals erheblich - aber das Gesagte gilt eben nur für sexuelle Sünden. Dann hast Du die Sexualität als den menschlichen Problembereich schlechthin, in dem der Mensch nicht nur viel mehr schwerwiegende böse Taten begeht als sonstwo, sondern in welchem er weit mehr die Kontrolle über sich verloren hat als anderswo. Dann bist Du wieder bei der traditionellen kath. Betrachtungsweise, nach dem die Sexualität durch den Sündenfall ganz besonders korrumpiert ist. - Oder Du sagst, dass entscheidende schuldmindernde Umstände generell häufig bestehen - das wäre aber nicht nur gegen die Tradition, sondern ein jedes Strafrecht, das auf dem Schuldprinzip aufbaut, stünde vor großen Schwierigkeiten. Sorry to say, aber was Pius XII. glaubte zu wissen, ist heute weitgehend von der Realität überholt. Zu Zeiten von P12 und vielleicht sogar noch bis J23 (großzügig gerechnet) waren die katholischen Milieus verhältnismäßig intakt und die Moralvorstellungen der meisten Milieus entsprachen dem der Kirche. Entsprechend war auch der Umgang mit den sexuellen Sünden. Das süddeutsche Fensterln ist nun alles mögliche, aber nicht konform mit der kirchlichen Moral, dennoch wurde es vom Milieu toleriert oder sogar erwartet - da man aber eh regelmäßig beichtete, war das auch kein Beinbruch (außer man fiel von der Leiter). Heute wirst Du im Westen kaum noch ein (nicht-islamisches) Milieu finden, daß jungen Menschen besonders strenge Regeln im Bezug auf Sexualität auferlegt. Das Verhältnis zur Körperlichkeit hat sich massiv verändert (und gleichzeitig graut mir davor, wie sich das im Moment gesamtgesellschaftlich weiterentwickelt, daß ich das Gefühl habe, wir werden vor lauter Angst jemandem zu nahe zu treten immer prüder). Der Körper wird eben nicht mehr als "animalische Hülle einer höheren Existenz" aufgefasst, sondern als legitimes "Genussmittel". Das ist ein völlig anderer Ansatz als es das christliche (katholische) Menschenbild hat. Die Ausnahme früherer Zeiten ist für Jugendliche in unseren Breiten die Regel, nachdem sie bereits unter völlig anderen Voraussetzungen erzogen werden, als daß sie aufgrund ihrer Erziehung die Sündhaftigkeit sexuellen Tuns kaum von sich aus erkennen können. Unter normalen Umständen - ich spreche nicht von Pornoüberkonsum und exzessiver, Lebensqualität und -funktionalität einschränkenden Verhalten. Davon mal ab, reden wir beim Gnadenstand NICHT vom Strafrecht. Für Sünden werden - wenn überhaupt - in der Regel Bußgebete auferlegt (deren Ableistung im übrigen außerhalb der Kontrolle des Beichtvaters liegt), die der Besserung helfen oder die die Zusicherung der Vergebung und das Vertrauen in die göttliche Zuneigung stärken sollen. KirchenSTRAFEN und erst Recht die SündenSTRAFEN, die im persönlichen Gericht verkündet werden (sofern kein vollkommener Ablass erworben wurde - wobei die Bedingungen dafür heutzutage auch so niederschwellig sind, daß es kaum noch erstzunehmen ist - hier rächt sich mMn, daß die Katholika ihre "high demands" an mMn falschen Stellen gesenkt hat) sind ein völlig anderes Thema. vor 46 Minuten schrieb iskander: Lüdecke bemerkt zur Position von JPII im Zusammenhang mit den wiederverheiratet Geschiedenen: "- Weil bei aller menschlichen Schwäche die Eheleute durch die Sakramentsgnade können, was sie sollen: Dem Partner treu sein, wie Christus der Kirche (Eph 5,32) (Amoris laetitia 63, 72f.). Die Unauflöslichkeit ist nach Johannes Paul II. kein bloßes Ideal, sondern ein Erfüllungsgebot. [...] - Subjektive Schuldminderungsgründe wurden mehrfach amtlich ausdrücklich für irrelevant erklärt (Familiaris Consortio 84; Erklärung des Päpstlichen Interpretationsrates 2000). Auch die Schwierigkeit, die kirchlichen Werte zu verstehen, rechtfertige kein abweichendes Verhalten (Familiaris Consortio 33)." Das klingt für mich so, als würde nach Meinung von JPII eine schwere subjektive Schuld im Regelfall vorliegen. Lüdeckes Meriten in Ehren, aber für die Diskussion hier ist seine Einschätzung von AL eher weniger interessant bzw. bekräftigt lediglich Chrysologus' Bemerkung der Papa mortus wäre sehr inkonsistent in seiner Lehre über die Sünde gewesen. Zumal es heißen müsste "nach Meinung von JPII eine schwere objektive Schuld im Regelfall". JP2 war in vielem Vertreter einer sehr traditionellen Lehrweise, ABER von ihm ist auch die Lehre, daß zur Todsünde immer die gewollte Abkehr von Gott beinhaltet. Ich weiß leider nicht mehr auswendig in welcher Enzyklika er das niedergelegt hatte. Dieses Prinzip verträgt sich mit dem Konzept der objektiven Sünde nur, solange die Sünde als willentliche Abkehr von Gott ausgeführt wird - wenn nicht, wird es etwas unübersichtlich. 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iskander Geschrieben 30. Oktober Melden Geschrieben 30. Oktober (bearbeitet) vor 24 Minuten schrieb Flo77: Sorry to say, aber was Pius XII. glaubte zu wissen, ist heute weitgehend von der Realität überholt. Ich hatte es bereits gesagt: Es geht mir nicht um die Frage, in welchem Maße die Leute die kath. Lehre berücksichtigen, sondern wie diese aussieht und was aus ihr folgt. Schließlich diskutiere ich hier ja unter anderem mit Vertretern derselben, die meinen, dass diese Lehre auch dann gut und richtig ist, wenn die Menschen sie ignoranterweise missachten. vor 24 Minuten schrieb Flo77: Heute wirst Du im Westen kaum noch ein (nicht-islamisches) Milieu finden, daß jungen Menschen besonders strenge Regeln im Bezug auf Sexualität auferlegt. Ich kann mich auch hier nur wiederholen: Es genügt bereits der Blick nach Polen oder in die USA. Und selbst hier im Forum hast Du doch Leute, die völlig hinter dieser Moral stehen und sie also vermutlich auch an ihre Kinder weitergeben.(Hattest Du nicht übrigens selbst kürzlich einen Artikel einer konservativ-katholischen Jugendorganisation verlinkt?) vor 24 Minuten schrieb Flo77: Die Ausnahme früherer Zeiten ist für Jugendliche in unseren Breiten die Regel, nachdem sie bereits unter völlig anderen Voraussetzungen erzogen werden, als daß sie aufgrund ihrer Erziehung die Sündhaftigkeit sexuellen Tuns kaum von sich aus erkennen können. Dann nimm die Jugendlichen in Deutschland - und noch mehr in anderen Ländern - die gemäß der kath. Lehre erzogen wurden. Es sind offenbar selbst in der westlichen Welt nicht wenige. Und das betrifft übrigens nicht nur die kath. Kirche - denke etwa an die vor allem evangelikal geprägte "Purity Culture" in den USA. (Wir drehen uns an dieser Stelle übrigens in einer Schleife.) vor 24 Minuten schrieb Flo77: Davon mal ab, reden wir beim Gnadenstand NICHT vom Strafrecht. Das habe ich auch nicht behauptet. Der Schuldbegriff ist aber ein ähnlicher. Er war innerhalb der Kirche vermutlich sogar noch rigider als beim staatlichen Strafrecht. So heißt es etwa bei Jone: "Auch jene, bei denen der [sexuelle] Trieb abnorm hochgradig gesteigert ist (hyperaesthetia sexualis), können und müssen sich beherrschen. Geistesstörungen können allerdings die Verantwortlichkeit mindern oder ganz aufheben. [...]" vor 24 Minuten schrieb Flo77: Lüdeckes Meriten in Ehren, aber für die Diskussion hier ist seine Einschätzung von AL eher weniger interessant bzw. bekräftigt lediglich Chrysologus' Bemerkung der Papa mortus wäre sehr inkonsistent in seiner Lehre über die Sünde gewesen. Zumal es heißen müsste "nach Meinung von JPII eine schwere objektive Schuld im Regelfall". Inkohärent scheint mir die Lehre von JPII hier nicht unbedingt zu sein: Es hat vielmehr den Anschein, dass für ihn persönliche Schuld in der Regel gegeben ist. "Subjektiv" soll hier nicht "Einschätzungssache" bedeuten, sondern "dem Subjekt zugehörig" anstatt "zum objektiven Tatbestand gehörend". vor 24 Minuten schrieb Flo77: JP2 war in vielem Vertreter einer sehr traditionellen Lehrweise, ABER von ihm ist auch die Lehre, daß zur Todsünde immer die gewollte Abkehr von Gott beinhaltet. Ich weiß leider nicht mehr auswendig in welcher Enzyklika er das niedergelegt hatte. Dieses Prinzip verträgt sich mit dem Konzept der objektiven Sünde nur, solange die Sünde als willentliche Abkehr von Gott ausgeführt wird - wenn nicht, wird es etwas unübersichtlich. Okay, das klingt vielleicht schwer vereinbar. Außer man interpretiert ihn eben so, dass der Mensch normalerweise die Verwerflichkeit der Sünde erkennen und gemäß dieser Einsicht handeln kann - und dass jemand, der eine entsprechende Sünde begeht, sich damit zumindest konkludent von Gott abwendet. Ich würde vermuten, dass es so gemeint ist. JPII war allem Anschein nach stark davon überzeugt, dass das, was er als schweren Verstoß gegen die Liebe (und somit gegen Gott) empfand, unter Normal-Bedingungen auch von den anderen Menschen in diesem Sinne verstanden werden konnte, sollte oder sogar musste. bearbeitet 30. Oktober von iskander Zitieren
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