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Wer geht eigentlich noch beichten bei den Katholiken?


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Geschrieben
vor 3 Minuten schrieb iskander:

Ganz sicher widerspricht die kath. Sexualmoral nicht nur im Detail, sondern auch vom grundlegenden Impetus her insbesondere der alttestamentarischen Sichtweise auf Sexualität. Ich hatte hier eine kleine Gegenüberstellung versucht.

 

Eigentlich nicht, denn sie macht ja genau so weiter, wie es die Story von Onan und das AT vorgibt - nur viel besser. Eigentlich hatten die Männer der Kirche das geschafft, wovon die alttestamentlichen Männer nur träumen konnten. Sie zeugten keine Frauen mehr - Im Vatikan gibt es nur noch Söhne, eine rein männliche Nachkommenschaft, an die sie ihren Besitz und ihre Macht vererben können. Sie gründeten ein alttestamentliches Vaterhaus das ganz ohne Frauen auskommt. 

Geschrieben (bearbeitet)
vor 31 Minuten schrieb iskander:

Da bin ich mir jetzt nicht ganz sicher. Ich denke, dass es damals auch im Interesse einer Frau war, Söhne zu haben. Wenn ein Mann seine Levirats-Ehe-Pflicht nicht erfüllte, durfte sie ihn öffentlich demütigen.

 

Dann lies die Geschichte mit Onan noch einmal, genauer. Natürlich demütigt Tamar in der Geschichte Juda, aber auch das dient wieder dem Zwecke der Männer in der Geschichte. Es geht nicht darum, dass Tamar Kinder bekommt und eine glückliche Mutter wird, sondern einzig darum, dass Er am Ende doch einen männlichen Erben bekommen hat, und Juda seinen Sohn Schela nicht Tamar geben musste, weil er Angst hat, dass Schela wie seine Brüder sterben könnte, wenn er mit Tamar zusammen kommt. Er glaubt, dass ein Fluch auf ihr liegt. Er selbst würde aus dem selben Grund, nie mit ihr ins Bett gehen. Juda benutzt sie nur für seine Lust. Sie muss sich verschleiern und sich als Dirne tarnen, um ihrem zwangsverheirateten Mann Er zu seinem Recht zu verhelfen. Sie selbst hat überhaupt keine Rechte, keinen Anspruch auf gar nix. Nicht mal auf Sex. 

bearbeitet von Weihrauch
Geschrieben (bearbeitet)

@Weihrauch

  

vor 26 Minuten schrieb Weihrauch:

Eigentlich hatten die Männer der Kirche das geschafft, wovon die alttestamentlichen Männer nur träumen konnten. Sie zeugten keine Frauen mehr - Im Vatikan gibt es nur noch Söhne, eine rein männliche Nachkommenschaft, an die sie ihren Besitz und ihre Macht vererben können. Sie gründeten ein alttestamentliches Vaterhaus das ganz ohne Frauen auskommt. 

 

Wobei sich mir die Frage stellt, ob es im klassischen Patriarchat nicht eher darum geht, Frauen gründlich zu kontrollieren und in einer Dienst-Rolle zu halten statt sich ihrer komplett zu entledigen.

 

Ansonsten denke ich, dass vieles, was Du sagst, auf andere strenge religiöse Gemeinschaften (wie etwa die LDS-Kirche) zutrifft: Da geht es nicht um ein komplettes Unterdrücken von Sexualität, sondern um deren Dienstbarmachung für große Familien. Das gilt natürlich irgendwo auch für die kath. Kirche, aber wie gesagt ist diese - von zölibatären Männer regierte Organisation - aus meiner Sicht noch einmal etwas anders zu sehen. Das traditionelle Idealbild ist ein anderes (hier Ehe mit Kindern, dort völlige lebenslange Enthaltsamkeit).

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben
vor 2 Minuten schrieb iskander:

Wobei sich mir die Frage stellt, ob es im klassischen Patriarchat nicht eher darum geht, Frauen gründlich zu kontrollieren und in einer Dienst-Rolle zu halten statt sich ihrer komplett z entledigen.

 

Sich ihrer komplett zu entledigen ging ja aus biologischen Gründen auch gar nicht. Frauen zu kontrollieren ist anstrengend, Zickenalarm ist nervig. Im Vatikan ist endlich Ruhe im Puff. Da sind die Männer unter sich, und werden nicht gestört. Sie haben es geschafft, sich eine rein männliche Parallelgesellschaft zu erschaffen, einen Männerstaat mit angeschlossener Nutzviehzucht, die den männlichen Nachwuchs frei Haus liefert, und den Reichtum des Staates sichert. Ich denke mir das doch nicht aus. Jeder kann das sehen. Das ist der Istzustand. Das sind die Fakten. Hier wird doch ständig darauf hingewiesen, wo der Hammer hängt. Verfolge das Geld, wie es so schön heißt.  

Geschrieben
Am 31.10.2025 um 06:00 schrieb Einsteinchen:

Moraltheologe Dr. Grok ist der Beste:

 

...

 

Was ist der "Stand der Gnade" genau?

- Er bedeutet, dass man frei von Todsünden (peccata mortalia) ist. 

 

Das kann schon deshalb nicht richtig sein, weil - selbst wenn man die Erbsündenlehre vertritt (die Erbsünde ist Natur-, aber eben nicht persönliche Todsünde) - der Neugeborene notwendigerweise frei von Todsünde ist, aber lt. Glaubenslehre ohne Taufe keinen Gnadenstand hat.

 

Beim "Gnadenstand" handelt es sich um eine verhängnisvolle Inkongruenz der römisch-katholischen Theologie, welche keinen Unterschied macht zwischen dem Gnadenstand durch Taufe, durch das Bußsakrament oder durch Eingießen der Rechtfertigungsgnade ohne kreatürliche Vermittlung (also durch direkten Eingriff Gottes).

 

Das Konzil von Trient sagt, dass der Mensch seinen Gnadenstand gar nicht selbst erkennen könne, was weder die Gläubigen noch ihre Amtskirche davon abhält permanent einen Gnadenstand in Abhängigkeit von Werken (Beichte als gutes Werk) zu behaupten und so sogar zur alttestamentarischen Werkegerechtigkeit zurückkehrt.

 

Nicht dass es nicht zum Gnadenstand der Rechtfertigung durch das Bußsakrament kommen könnte, aber die kategorische Verknüpfung von Beichte mit "Wiedererlangung des Gnadenstandes" ohne Wenn und Aber ist einfach Wunschdenken, sonst nichts.

 

 

Geschrieben

Auch das ist falsch. Die Beichte gesehen als reiner Akt des Pönitenten erreicht gar nichts.

 

Wenn Du glaubst, Dich auf das Gebiet der Rechtfertigungslehre begeben zu können, solltest Du mindestens die Actae von Trient und die Gemeinsame Erklärung von 1999 dazu gelesen haben.

 

Wenn Du das dann bestenfalls auch noch verstanden hast und Dich danach immer noch zum Richter der Kirche erhebst, dann viel Freude dabei…

Geschrieben
Am 31.10.2025 um 17:57 schrieb Weihrauch:

Im Vatikan ist endlich Ruhe im Puff. Da sind die Männer unter sich, und werden nicht gestört. Sie haben es geschafft, sich eine rein männliche Parallelgesellschaft zu erschaffen, einen Männerstaat mit angeschlossener Nutzviehzucht, die den männlichen Nachwuchs frei Haus liefert, und den Reichtum des Staates sichert. 

 

Ich würde vermuten, dass genau das auch einer der Gründe dafür ist, wieso - anders als selbst in den meisten sehr rigorosen protestantischen Gemeinschaften - das eigentliche Leitbild dasjenige des Zölibatärs ist.

 

Die Ironie dabei ist, dass dies allem Anschein nach sogar der Beeinflussung durch das damalige Heidentum geschuldet ist...

Geschrieben (bearbeitet)
Am 31.10.2025 um 16:31 schrieb iskander:

1. Gott hat dem Menschen seine Sexualität gegeben, damit er mit ihrer Hilfe Kinder zeugt.

2. Also soll der Mensch seine Sexualität (unter bestimmten Bedingungen) dazu benutzen, um Kinder zu zeugen.

2. Also darf er seine Sexualität nur dazu benutzen, Kinder zu zeugen (und alles andere wäre ein Missbrauch der Sexualität). 

 

Das ist so aber nun ein Fehlschluss; denn es wäre im allgemeinen doch völlig absurd, aus einem "X soll zum Zweck A verwendet werden" ein "X darf nur zum Zweck A  werden" abzuleiten.

 

Da ich ja nun schon auf dem Unterschied von Prämissen und logischer Form bestehe, sei das Folgende zur Präzisierung gesagt:

 

So, wie der Schluss da steht, ist er in jedem Fall ein Fehlschluss; denn die Konklusion (der 3. Satz, den ich versehentlich mit der zweiten Ziffer Zwei markiert habe) ist nicht formal gültig aus den ersten beiden Sätzen ableitbar. Man könnte den Schluss freilich formal korrekt machen, indem man eine weitere Prämisse einfügt (bzw. explizit macht, wenn sie bisher nur implizit mitgedacht wurde): 

 

"Wenn der Mensch seine Sexualität (unter bestimmten Bedingungen) dazu benutzen soll, um Kinder zu zeugen, dann darf er sie auch nur dazu benutzen, Kinder zu zeugen."

 

Nur ist eben absolut nicht erkennbar, warum diese Prämisse wahr sein sollte - auch nicht aus einer theistischen Sicht, bei der man davon ausgeht, dass Gott die Sexualität des Menschen erschaffen hat. Oder jedenfalls fällt mir keine Begründung ein, und ich habe auch noch nie eine gehört. Und mehr noch - analoge Prämissen wie die folgende würde kein Mensch akzeptieren:

"Wenn der Mensch seine Zähne (unter bestimmten Bedingungen) dazu benutzen soll, um Nahrung zu zerkleinern bzw. zu sprechen, so darf er seine Zähne auch nur für solche Zwecke benutzen (und nicht etwa auch dazu, ein Kaugummi mit ihnen zu kauen oder einen Stift zwischen ihnen festzuhalten)."

 

Ähnliches gilt übrigens auch die Standard-Argumentation vieler konservativer Katholiken gegen die Verhütung: Der Mensch solle nicht künstlich in die gottgegebene Natur eingreifen. Denn auch hier müsste man für den Bereich der Sexualität andere Regeln postulieren als überall sonst.

Germain Grisez hat zusammen mit John Ford jenes Minderheitengutachten verfasst, in welchem Paul VI. "erfolgreich" angeraten wurde, das Verhütungs-Gebot aufrechtzuerhalten. Er kommentiert das fragliche Argument gegen die Verhütung, "that the integrity of the natural design of human functions always must be respected because it was instituted by God", treffend wie folgt:

 

"Yet, it is not evident that God requires that this design always be respected. If the assumption is true, however, it seems to have great force only in the sphere of sex, since other functions are interfered with in many ways without arousing moral condemnation so long as the faculty itself is not permanently damaged."

 

(Man kann natürlich die grundlegenden Prämissen des kath. Weltbildes ablehnen. Und dann ist es natürlich sehr schwierig (wenn nicht von vornherein unmöglich) die kath. Sexualmoral zu begründen. Potentiell interessanter hingegen ist die folgende Frage: Wenn man die Grundannahmen des kath. Weltbildes akzeptiert, kann man dann die offizielle kath. Sexualmoral begründen?)

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben (bearbeitet)
Am 31.10.2025 um 09:13 schrieb iskander:

Ich denke, dass es damals auch im Interesse einer Frau war, Söhne zu haben.

 

Ich muss mich entschuldigen, dass ich jetzt wirklich nicht genug Zeit habe, alles durchzulesen, was hierzu in diesem Thread geschrieben wurde; so könnten meine Fragen hier bereits beantwortet worden sein. Die sind:

 

Im Interesse der Frau in der antiken Welt als solcher, oder im at-lichen Narrativ?

 

Was "die Männer" wollen: Heißt das die Figuren im besagten Narrativ, oder die Autoren des AT, die (vermutlich) Männer waren (*)?

 

Falls ersteres, dann würde ich sagen: Nö, es geht nicht darum, was "die Männer" wollen, sondern einzig und allein darum, was YHWH will. Der will Israel als seinen Diener haben, und solange es ihm treu bleibt, will er, dass es gedeiht. Auch das ist aber immer auf kollektiver Ebene gemeint, nicht auf der individuellen. Der Individualismus ist eine moderne Sache (wenngleich er schon im alten Greichenland anfing).

 

 

 

 

(*) Schreiberlinge waren höchstwahrscheinlich immer Männer, weil es im alten Orient Jungen waren, die zu Schreibern ausgebildet wurden. Während Frauen vierschiedene Berufe haben konnten (Wirtin war ja beliebt, kennt man aus dem Gilgameshepos), war dieser besondere allem Anschein nach den Jungs vorbehalten.

bearbeitet von Domingo
Geschrieben
vor 51 Minuten schrieb Domingo:

Schreiberlinge waren höchstwahrscheinlich immer Männer, weil es im alten Orient Jungen waren, die zu Schreibern ausgebildet wurden. Während Frauen vierschiedene Berufe haben konnten (Wirtin war ja beliebt, kennt man aus dem Gilgameshepos), war dieser besondere allem Anschein nach den Jungs vorbehalten.

 

 

Gilt nicht für alle Zeiten und Gegenden. So gab es im mittelalterlichen Japan (wie bis heute) unterschiedliche Schriftsysteme. Die anspruchsvollen waren den Männern vorbehalten, während Frauen die einfacheren lernten. Fast die gesamte Literatur der damaligen Zeit wurde von Frauen geschrieben. Vielleicht hatten die Männer ja Besseres zu tun, vielleicht waren sie auch einfach nicht so gut, wie es ihr Selbstbild sagte. ;)

Geschrieben
vor 2 Minuten schrieb Marcellinus:

Gilt nicht für alle Zeiten und Gegenden. So gab es im mittelalterlichen Japan (wie bis heute) unterschiedliche Schriftsysteme. Die anspruchsvollen waren den Männern vorbehalten, während Frauen die einfacheren lernten. Fast die gesamte Literatur der damaligen Zeit wurde von Frauen geschrieben. Vielleicht hatten die Männer ja Besseres zu tun, vielleicht waren sie auch einfach nicht so gut, wie es ihr Selbstbild sagte. ;)

 

Deswegen schrub ich ja "im alten Orient" - was in meinem Hirn "Mesopotamien und Palästina im Altertum" meint; ich merke aber jetzt, dass "Orient" genaugenommen nat. auch Japan bedeuten kann.

 

Ich könnte auch hinzufügen, dass nicht nur ausgebildete Schreiber lesen und schreiben konnten, sondern auch ein paar andere - die volle Schreiberausbildung schloss neben der Beherrschung der Keilschrift übrigens auch das Aufsetzen von Verträgen, das Erlernen von Rechtsvorschriften uvam. Könige und Aristokraten waren meist Analphabeten, es gab aber Ausnahmen wie Ashurbanipal und Enhenuanna - eine Frau, die dazu noch das erste mit Autorennamen bekannte Buch hinterlassen hat.

 

Dennoch scheint es nahezulegen, dass das AT von ausgebildeten Schreibern verfasst wurde, und dass die alle Männer waren.

Geschrieben
vor 11 Minuten schrieb Domingo:

Dennoch scheint es nahezulegen, dass das AT von ausgebildeten Schreibern verfasst wurde, und dass die alle Männer waren.

Der archäologische Befund nach Dr. Yonathan Adler lässt sogar vermuten, daß bis in die Hasmonäerzeit der Pentateuch bzw. die Torah der breiten Bevölkerung noch völlig unbekannt war...

Geschrieben
vor 3 Stunden schrieb Domingo:

Falls ersteres, dann würde ich sagen: Nö, es geht nicht darum, was "die Männer" wollen, sondern einzig und allein darum, was YHWH will.

 

Aber in der Praxis will YHWH eben doch auch das, was die Männer wollen. ;)

 

Zum Beispiel gibt er Israel Gesetze, die die Interessen der Männer schützen und den sozialen Frieden wahren sollen. Die Frage ist nur, ob bzw. in welchem Maße auch die Interessen von Frauen berücksichtigt wurden. Sie galten wenig, aber ich glaube nicht, dass sie gar nichts galten. 

Geschrieben (bearbeitet)
vor einer Stunde schrieb iskander:

Aber in der Praxis will YHWH eben doch auch das, was die Männer wollen.

 

Deswegen schrieb ich auch "Falls Ersteres." Jetzt machst Du daraus Zweiteres. Ok. Also gut, ich gebe vollends zu, dass die Autoren des AT Männer waren. Sie waren aber nicht "die Männer;" wenn überhaupt, eine ganz kleine Elite, die schreiben konnte und um den Tempel herum tätig war.

 

vor einer Stunde schrieb iskander:

Zum Beispiel gibt er Israel Gesetze, die die Interessen der Männer schützen und den sozialen Frieden wahren sollen.

 

Die Gesetze des AT sind ziemlich deutlich von anderen altorientalischen Gesetzessammlungen abgeschrieben - und waren anscheinend wie ihre Vorbilder auch keine wahre Gesetzgebung. Es gibt keine Belege, dass man vor den Hasmonäern auch nur versucht hätte, sie tatsächlich zu implementieren (und altorientalische Gesetze wurden auch kaum implementiert, sondern dienten dazu, den König als gerecht erscheinen zu lassen).

 

Was sind nun die Interessen "der Männer," und wie unterscheiden sie sich von denen der Frauen?

 

Übrigens sind die Gesetzesteile mMn von den narrativen Teilen getrennt zu betrachten. Sie sind nämlich wie gesagt wohl eher Rhetorik als irgendetwas anderes, also keine Rechtsnormen im heutigen Sinne, genauso wie etwa Hammurabis sog. Gesetze nie vor mesopotamischen Gerichten zitiert wurden. Und in den Erzählteilen wird mW nie auf diese Gesetze Bezug genommen, ja sie werden nicht einmal befolgt.

bearbeitet von Domingo
Geschrieben
vor 1 Minute schrieb Domingo:

Es gibt keine Belege, dass man vor den Hasmonäern auch nur versucht hätte, sie tatsächlich zu implementieren (und altorientalische Gesetze wurden auch kaum implementiert, sondern dienten dazu, den König als gerecht erscheinen zu lassen).

Adler hat die Vermutung, daß erst die griechische Erfindung des kodifizierten Gesetzes die Hasmonäer inspiriert hat, die Torah beim Buchstaben zu nehmen.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 38 Minuten schrieb Domingo:

Deswegen schrieb ich auch "Falls Ersteres." Jetzt machst Du daraus Zweiteres. 

 

Stimmt, das war etwas schludrig von mir. Wobei JHWH schon Interesse am Wohlergeben der ihm ergebenen Narrativ-Figuren hatte. Die Gesetze etwa sind ja durchaus dazu da, auch den Einzelnen zu schützen - oder, selbst wenn diese Gesetze nicht implementiert wurden, um zumindest den Eindruck zu erwecken, dass JHWH sich auch um die Rechte des Einzelnen kümmert.

 

Zitat

Ich würde denn gerne wissen, woran Du festmachen willst, inwiefern sie die Interessen von Frauen berücksichtigen, und was diese Interessen Deiner Ansicht nach sind.

 

In der konkreten Debatte ging es ja darum, ob die Leviratsehe (der Bruder muss mit der Witwe Kinder zeugen, die rechtlich als die Kinder ihres verstorbenen Ehemanns gelten) allein die Interesse der Männer schützen soll - hier also des verstorbenen Gatten - oder ob hier auch an die Frau gedacht ist (z.B. Kinder für ihre Altersversorgung).

 

Welche Bedeutung die Interessen der Frauen im allgemeinen im AT haben, müsste wohl eine ausführliche Analyse zeigen. 

 

vor 38 Minuten schrieb Domingo:

Die Gesetze des AT sind ziemlich deutlich von anderen altorientalischen Gesetzessammlungen abgeschrieben - und waren anscheinend wie ihre Vorbilder auch keine wahre Gesetzgebung. Es gibt keine Belege, dass man vor den Hasmonäern auch nur versucht hätte, sie tatsächlich zu implementieren (und altorientalische Gesetze wurden auch kaum implementiert, sondern dienten dazu, den König als gerecht erscheinen zu lassen).

 

Dank Daniel McCellan war mir bekannt, dass dies offenbar auf die Gesetze des AT zutrifft; dass das im Alten Orient aber allgemein so war, wusste ich nicht. Weiß man eigentlich, an welchen Gesetzen hat man sich denn dann orientiert, wenn nicht alles dem Gutdünken des Richters überlassen sein sollte?

 

Dessen ungeachtet geben die Gesetze des ATs zumindest aber darüber Ausschluss, wie die Leute sich damals "Gottes gerechte Gesetze" vorstellten, und insofern sagen sie vielleicht auch etwas darüber aus, was man zum Beispiel über Frauen und deren Schutzwürdigkeit dachte.

 

bearbeitet von iskander
Geschrieben (bearbeitet)
vor 2 Stunden schrieb iskander:

Wobei JHWH schon Interesse am Wohlergeben der ihm ergebenen Narrativ-Figuren hatte.

 

Ja... ;) 

 

vor 2 Stunden schrieb iskander:

Die Gesetze etwa sind ja durchaus dazu da, auch den Einzelnen zu schützen

 

Es war zu kategorisch zu sagen, es gehe nur um Israel als solches und das Individuum sei irrelevant. Doch im alten Orient soll zB, wenn du den Tod des Kindes eines anderen verursachst, dein Kind hingerichtet werden, was zeigt, dass es dort mehr um die Familie oder den Clan als ums Individuum ging. YHWH wendet dieselbe Logik an, als er Davids Babysohn sterben lässt, um David selbst zu bestrafen.

 

vor 2 Stunden schrieb iskander:

Dank Daniel McCellan war mir bekannt, dass dies offenbar auf die Gesetze des AT zutrifft; dass das im Alten Orient aber allgemein so war, wusste ich nicht. Weiß man eigentlich, an welchen Gesetzen hat man sich denn dann orientiert, wenn nicht alles dem Gutdünken des Richters überlassen sein sollte?

 

Ich bin froh, dass wir hierauf zu sprechen gekommen sind, denn Teil der Diskussion über die Funktion der at-lichen Gesetze ist eben der Vergleich zu den sie ungebenden altorientalen. Da haben viele Altorientalisten (darunter der berühmtester Rechtshistoriker dieser Zeit, Raymond Westbrook) hervorgehoben, dass die Gesetze offenbar nicht in der heutigen Art und Weise angewandt wurden. Die einzelnen "Paragraphen" wurden von Schreibern an ihre Schüler und Nachfolger weitergegeben - sie gehörten zu ihrem Repertoire - und enthielten kleine Szenen, die Rechtsprinzipien schilderten; also statt "jeder haftet für Schäden, die er durch Nichtbeaufsichtigen verursacht hat," - eine Abstraktion, zu der laut Westbrook die Altorientalen nicht fähig gewesen wären - schrieben sie, "Wenn dein Ochse jemanden aufspießt und du ihn nicht beaufsichtigt hattest, musst du ihm 30 Shekels zahlen."

 

Da wir auf die YouTube-Bibelwissenschaftler zu sprechen gekommen sind: Joshua Bowen sagt immer wieder, dass die at-lichen Regelungen zu Themen, die die heutigen Menschen brennend interessieren, wie Sklaverei, Frauen usw. usf., im Großen und Ganzen mit denen aus Mesopotamien zu vergleichen sind; also insgesamt weder besser noch schlechter. Wenn das AT also so frauenfeinlich ist, wie imemr wieder behauptet wird, und zwar so sehr, dass die gerne alle Frauen umgebracht hätten, wäre nicht die Biologie gewesen, wie Weihrauch unterstellt - warum sind die diesbezüglichen Regelungen dann in etwa gleich wie die der ungebenden Kulturen anstatt viel, viel schlimmer? Die "Frauenfeindlichkeit" eines Textes bemisst sich mE nicht daran, ob er heutigen Gender Studies-Absolventen gefällt, sondern daran, wie er sich im Kontext der Kultur asunimmt, aus der er entstanden ist.

bearbeitet von Domingo
Geschrieben
vor 6 Stunden schrieb Domingo:

[... - eine Abstraktion, zu der laut Westbrook die Altorientalen nicht fähig gewesen wären - schrieben sie, "Wenn dein Ochse jemanden aufspießt und du ihn nicht beaufsichtigt hattest, musst du ihm 30 Shekels zahlen."

 

Die Formulierung mit dem "nicht fähig" ist vermutlich unschuldig gemeint, aber ich würde sie dennoch hinterfragen, weil man sie so verstehen könnte, dass den Leuten damals die grundlegenden kognitiven Fähigkeiten statt nur einer bestimmten "Denkungsart" fehlten. Gegen eine solche Interpretation würde ich geltend machen, dass die Leute von damals uns an Intelligenz wohl nicht unterlegen waren. Ich glaube, man weiß beispielsweise bis heute nicht, wie die großen Pyramiden aus dem Alten Reich mit damaligen Hilfsmitteln gebaut werden konnten - was wohl heißt, dass wir sie heutzutage nicht mit den damaligen Mitteln nachbauen könnten?

 

vor 6 Stunden schrieb Domingo:

Da wir auf die YouTube-Bibelwissenschaftler zu sprechen gekommen sind: Joshua Bowen sagt immer wieder, dass die at-lichen Regelungen zu Themen, die die heutigen Menschen brennend interessieren, wie Sklaverei, Frauen usw. usf., im Großen und Ganzen mit denen aus Mesopotamien zu vergleichen sind; also insgesamt weder besser noch schlechter.

 

Das glaube ich gerne, und das entspricht auch meinem (bescheidenen) Kenntnisstand. Alles andere wäre vermutlich auch eher überraschend.

(So wie übrigens auch die frühen Christen nicht leibfeindlicher waren als die gebildeten heidnischen Kreise - welche die frühen Christen wesentlich beeinflusst haben, auch wenn dieses unheilige Erbe von heutigen Konservativen mit Zähnen und Klauen als urchristlich vereidigt werden.)

 

Zitat

Die "Frauenfeindlichkeit" eines Textes bemisst sich mE nicht daran, ob er heutigen Gender Studies-Absolventen gefällt, sondern daran, wie er sich im Kontext der Kultur asunimmt, aus der er entstanden ist.

 

Das scheint mir nun allerdings etwas kurz zu greifen. Ich kann immerhin interkulturell Normen vergleichen und beispielsweise feststellen, dass die Darstellung von Frauen in modernen europäischen Texten positiver ist als die in altorientalischen Schriften, und dass Frauen in der einen Epoche mehr Rechte haben als in einer anderen. Und dass insofern die eine Kultur oder Epoche "frauenfreundlicher" ist als die andere.

 

Allerdings denke ich, dass ich verstehe, was Du (vermutlich?) meinst: Es ergibt nicht viel Sinn, dem alten Israel eine "besondere" Frauenfeindlichkeit zu attestieren, wenn alle anderen Völker drum herum genau die gleichen Einstellungen hatten. So wie es ja auch wenig Sinn macht, bei Aristoteles eine besonders negative Einstellung zu Frauen entdecken zu wollen, wenn praktisch alle (gebildeten?) Leute in seinem Kulturkreis so ähnlich gedacht haben wie er (was ich vermuten würde). 

Geschrieben
vor 7 Stunden schrieb Domingo:

also statt "jeder haftet für Schäden, die er durch Nichtbeaufsichtigen verursacht hat," - eine Abstraktion, zu der laut Westbrook die Altorientalen nicht fähig gewesen wären - schrieben sie, "Wenn dein Ochse jemanden aufspießt und du ihn nicht beaufsichtigt hattest, musst du ihm 30 Shekels zahlen."

Sollte Westbrook, das mit der Abstraktion so geschrieben haben, wäre er mit Verlaub ein ...

 

Die Fähigkeit der Abstraktion ergibt sich wohl schon allein aus der Anwendung dieser frühen Form des "Case law".

 

Ich kann mir vorstellen, daß die anekdotenhafte Überlieferung in einer wenig verschriftlichten Zeit vorallem Merkhilfe war.

 

Wenn(!) die Hasmonäer wirklich den Schritt vom Case Law zum Statutory Law gehen wollten und dabei den Schritt der Abstraktion der Rechtsprinzipien übersprungen haben, wäre es spannend, ob das Absicht oder Versehen war.

Ich tippe tatsächlich auf Absicht.

Geschrieben (bearbeitet)
vor 9 Stunden schrieb Domingo:

Wenn das AT also so frauenfeinlich ist, wie imemr wieder behauptet wird, und zwar so sehr, dass die gerne alle Frauen umgebracht hätten, wäre nicht die Biologie gewesen, wie Weihrauch unterstellt -

 

Das AT ist Literatur:

 

Zitat

Ijob 42,13
Auch bekam er sieben Söhne und drei Töchter.

 

Hiob hat nicht vier Töchter umgebracht, sondern vom Geist JHWHs 4 Töchter weniger als Söhne geschenkt bekommen, bzw. 4 Töchter weniger als Söhne gezeugt. Das ist was anderes, als das was du mir unterstellst. Die Biologie weigert sich damals wie heute hartnäckig bei diesem Ideal mitzuspielen, vermutlich aus Mitleid mit dem sexuellen Notstand der 4 überzähligen Söhne, der sich diesem Ideal entsprechend ergeben würde. Außerdem bin ich mir sicher, dass der Autor dieses Ideals das wusste, da er Augen im Kopf hatte, die ihn Tatsachen sehen ließen und keine Ideale. Da stellt sich die Frage: Was will "uns" der männliche Autor damit sagen?

 

Andere Frage: Wieso gibt es Jahrtausende später nur Männer im Reich Gottes Vatikan, die das Ideal dieser Literatur in maximaler Übertreibung in der Realität verwirklicht haben, indem sie die sexuelle Drecksarbeit für männliche Erben zu sorgen, an andere delegiert haben, damit ihr ganz persönliches Neues Jerusalem  Rom, wie im Himmel so auf Erden, ewig Bestand hat, und der Heilige Vater Jesu auf dem Heiligen Stuhl der Heiligen Mutter Kirche sitzt, die Heilige Mutter Gottes, die nie einen Mann erkannt hat, neben sich auf dem nächsten Sockel - während urbi et orbi nichts ist, wie in diesem ganz privaten Königreich Gottes eines Papstes, der sagt: "Die Kirche bin ich."? 

 

Zitat

Mk 12,25
Wenn nämlich die Menschen von den Toten auferstehen, heiraten sie nicht, noch lassen sie sich heiraten, sondern sind wie Engel im Himmel.

 

Weißer Rauch als Zeichen der Auferstehung. Habemus Papam! Jubilate! Wir haben den Vater, unseren Hirten.

 

Ein guter Hirte schert übrigens seine Schafe, die in gutem Glauben lagern auf grünen Auen und sich von ihm zu ihrem Ruheplatz am Wasser führen lassen, dabei sorglos leben wie Unsterbliche, bis sie überraschenderweise vom Hirten zur Schlachtbank geführt werden, wo er sie nicht nur mit salbungsvollen Worten mundtot macht, indem er ihnen die Kehle durchschneidet, und anschließend nicht nur metaphorisch das Fell über die Ohren zieht, und samt der Wolle und dem Fleisch für sich nutzt, und den großen "Rest" zu Markte trägt, zu seinem Profit und Wohlstand.

 

Es sollte wenigstens hier noch möglich sein, literarische Glasperlenspiele mit Worten von Realitäten unterscheiden zu können, zu differenzieren zwischen erzählter Zeit und Zeit des Erzählers, zwischen verschriftlichten Idealen, die den Autoren die Fähigkeit zu weitgehenden Abstraktionen zweifelsfrei bescheinigen, und historischen Tatsachen, zwischen JHWH, Marduk und Kemosch, zwischen Hammurapi, den atl. Gesetzestexten, und denen der kath. Kirche, zwischen Identitäten und Machtansprüchen, zwischen historischer Geschichte und theologisch gedeuteter Geschichte, zwischen Geschichte und Heilsgeschichte, zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen dem erzählten Israel und dem historischen Israel, zwischen dem erzählten Jesus und dem historischem Jesus, zwischen damals und heute - und nicht alles in einen zu Topf schmeißen, egal ob da auf dem Topf "alter Orient" oder "die Kirche" draufsteht.

 

Dieses unerträglich verkürzende "Abschreiben" war viel mehr als das, da ging es nicht um Details sondern um unterschiedliche Denkrichtungen in der Zeit der Erzähler, deren Ideale das Leben ihrer Leser zum Nutzen der Erzähler beeinflussen sollte - und das funktionierte damals wie heute. Gesetzessammlung ist nicht gleich Gesetzessammlung, Sumer nicht gleich Israel, nicht gleich Babylon, nicht gleich Rom. Mythos ist nicht gleich Mythos, JHWH ist nicht gleich Marduk, nicht gleich Kemosch, nicht gleich Jesus. Die Unterschiede sind nicht das Gleiche, weder in der Literatur, noch in der Realität, weder im Alten Orient, noch in den Religionen, noch in den christlichen Kirchen.    

bearbeitet von Weihrauch
Geschrieben
Am 31.10.2025 um 16:31 schrieb Kara:

Ich mache übrigens auch Termine. Der Pfarrer fragt mich immer, wo ich hin möchte. Ich präferiere sein Büro.

 

Das habe ich einmal gemacht. War für mich die bisher unangenehmste Beichte, wie in einer Therapiesitzung. Vielleicht lag es auch am Pfarrer, aber die ganze Situation war für mich komisch.

 

Im Beichstuhl habe ich viel mehr das Gefühl, dass ich Gott meine Sünden beichte und nicht dem Priester. Der Priester hört nur meine Beichte und spricht mir im Name Gottes die Vergebung zu. 

Geschrieben (bearbeitet)
vor 6 Stunden schrieb Flo77:

Sollte Westbrook, das mit der Abstraktion so geschrieben haben, wäre er mit Verlaub ein ...

 

Die Fähigkeit der Abstraktion ergibt sich wohl schon allein aus der Anwendung dieser frühen Form des "Case law".

 

Aber es ist nicht abstrakt fomuliert. Abstrakte Formulierungen kommen erst durch die griechische Philosophie oder ihren Einfluss, etwa auf das römische Recht und die rabbinischen AT-Auslegungen.

 

Und nein, Westbrook dachte nicht, dass die Altorientalen gehirnamputiert waren. Kein Grund, sich hierüber aufzuregen.

bearbeitet von Domingo
Geschrieben (bearbeitet)
vor 4 Stunden schrieb Weihrauch:

Hiob hat nicht vier Töchter umgebracht, sondern vom Geist JHWHs 4 Töchter weniger als Söhne geschenkt bekommen, bzw. 4 Töchter weniger als Söhne gezeugt.

 

vor 4 Stunden schrieb Weihrauch:

Andere Frage: Wieso gibt es Jahrtausende später nur Männer im Reich Gottes Vatikan, die das Ideal dieser Literatur in maximaler Übertreibung in der Realität verwirklicht haben

 

Die zitierte Hiob-Passage soll also ein Beleg sein, dass das Ideal der AT-Autoren ist, was Du beschreibst, nämlich dasselbe wie das des Vatikans heute? Sorry, das ist ziemlich dünn. Und ich bin mir sicher, Du hast schon mal Familien kennengelernt, die etwa 3 Junge und ein Mädchen hatten, oder nur Jungs. Das kommt in der Realität durchaus vor.

 

Ich bezweifle halt Deine ganze Interpretation, dass es eine Kontinuität zwischen den AT-Autoren und der rkK gebe. Die gibt es genetisch nciht, darüber können wir gleich einige sein: Die jüdische Priesterkaste wurde von den Römern eliminiert, die Rabbis, ihre Nachfolger, haben nunmal nix mit dem Vatikan zu tun. Gestig-spirituell mMn auch nicht: Letztere sind Asketen, sexlose Weltentsager (zumindes dem Ideal nach), Erstere waren so weltlich wie es nur geht, sie wollten einen starken jüdischen Staat uvam. Die rkK ist die Erbin der gr. Philosophie, nicht der Altisraeliten.

bearbeitet von Domingo
Geschrieben (bearbeitet)
vor 6 Stunden schrieb iskander:

Allerdings denke ich, dass ich verstehe, was Du (vermutlich?) meinst: Es ergibt nicht viel Sinn, dem alten Israel eine "besondere" Frauenfeindlichkeit zu attestieren, wenn alle anderen Völker drum herum genau die gleichen Einstellungen hatten. So wie es ja auch wenig Sinn macht, bei Aristoteles eine besonders negative Einstellung zu Frauen entdecken zu wollen, wenn praktisch alle (gebildeten?) Leute in seinem Kulturkreis so ähnlich gedacht haben wie er (was ich vermuten würde). 

 

Ja, das ist was ich denke (erster zitierter Satz). Auf den zweiten Satz will ich nicht eingehen, sonst verzetteln wir uns hoffnungslos. Doch im Laufe dieser Diskussion werde ich ein paar Sachen sagen über die griechische Philosophie, die kannst Du dann viell. benutzen, um Aristoteles'Ideen einzuordnen.

 

Außerdem halte ich von einem so weitgefassten Begriff des "Frauenfeindlichkeit" wenig. Jedenfalls nicht im Kontext dieser Diskussion, wo jemand meint, die AT-Autoren hätten lieber gar keine Frauen um sich gehabt oder so. Können wir das als Definition nehmen, und nciht eben alles, was einem heutigen Gender Studies-Absolventen missfallen würde?

 

Edit: Meine Definition wird auch der Bedeutung von "feindlich" eher gerecht.

bearbeitet von Domingo
Geschrieben (bearbeitet)
vor 9 Stunden schrieb iskander:

(So wie übrigens auch die frühen Christen nicht leibfeindlicher waren als die gebildeten heidnischen Kreise - welche die frühen Christen wesentlich beeinflusst haben, auch wenn dieses unheilige Erbe von heutigen Konservativen mit Zähnen und Klauen als urchristlich vereidigt werden.)

 

Diesen meinen Satz möchte ich etwas abschwächen: In der gebildeten heidnischen Welt wurde wohl vor allem deshalb auf das Sexuelle herabgeschaut, weil man dem Ideal der Leidenschaftslosigkeit nachhing und wohl teilweise auch aufgrund medizinischer Missverständnisse.

Im Christentum hat man aus dem Sexuellen (oder vielem davon) jedoch eine "Sünde gegen Gott gemacht" und das ganze hat sich dann immer mehr gesteigert.

Dennoch scheint es ziemlich klar zu sein, dass der Grundstein von antiken heidnischen Strömungen gelegt wurde. (Schockenhoff scheint dem in seinem Buch "Die Kunst zu lieben" wohl recht detailliert nachzugehen; ich muss allerdings gestehen, das nur überflogen zu haben.)

 

@Flo77

 

vor 9 Stunden schrieb Flo77:

Die Fähigkeit der Abstraktion ergibt sich wohl schon allein aus der Anwendung dieser frühen Form des "Case law".

 

Guter Punkt. Die denkerische Abstraktionsleistung muss so oder so dagewesen sein, selbst wenn die Formulierungen nicht abstrakt waren. 

 

@Domingo

 

vor 3 Stunden schrieb Domingo:

Die rkK ist die Erbin der gr. Philosophie, nicht der Altisraeliten.

 

In manchen Fällen ist sie allerdings die Erbin von deren extremen Formen. Es gibt dazu einen wohl ganz treffenden Kommentar auf Reddit:

 

"What I find ironic is that many Catholics take pride in that early Catholic theologians borrowed things from Plato and Aristotle, yet for whatever reason they ignored one of Augustine's [gemeint ist offenbar Aristoteles statt Augustinus] most important ethical teachings, the golden mean, which depicts virtue as a middle ground between two extremes, which are vices. So in Aristotle's ethics you need to find the balance between deprivation and excess.

But it seems Catholics decided to reject the golden mean and instead have the idea that good exists on an extreme and anything less is choosing a lesser good which is apparently sinful. So instead of choosing the golden mean, they prefer the extreme of deprivation, not remembering that Aristotle also considered that to be a vice. [...]"

 

Klar, das ist etwas pauschal formuliert (es gibt ja auch eine gewisse Pluralität innerhalb des Katholizismus), aber ich denke da ist etwas Wahres dran. Es geht Aristoteles beispielsweise nicht um die Elimination von Lust oder Leidenschaft, sondern um deren vernünftige Steuerung durch den Menschen. 

 

Zitat

Ich bezweifle halt Deine ganze Interpretation, dass es eine Kontinuität zwischen den AT-Autoren und der rkK gebe.

 

Es gibt vermutlich eine in ihrem Ausmaß schwer zu spezifizierende geistige Beeinflussung, weil für die RKK die Bibel ja als Maßstab gilt. Allerdings stand im AT ja auch nicht viel anderes über Frauen da, als es ohnehin den allgemeinen Überzeugungen der damaligen Zeit entsprach. Zudem hat die RKK das AT vermutlich zum Teil zur nachträglichen Rechtfertigung ihrer Überzeugungen benutzt und es selektiv zur Kenntnis genommen. 

 

vor 3 Stunden schrieb Domingo:

Doch im Laufe dieser Diskussion werde ich ein paar Sachen sagen über die griechische Philosophie, die kannst Du dann viell. benutzen, um Aristoteles'Ideen einzuordnen.

 

Gerne, wenn sich das ergibt. 

 

bearbeitet von iskander

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