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Frage an Lektoren


Christoph Overkott

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Christoph Overkott

Heißt es:

 

GOTT ist die Liebe.

 

Gott IST die Liebe.

 

Oder:

 

Gott ist die LIEBE.

 

??

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Guest Blasius

In der Regel sollte man wohl die Substantive betonen, sonst wird es leicht ein "Märchenton"

 

Also nicht:

das KLEINE mädchen, ging in der GROßEN wald.

 

sondern

das kleine MÄDCHEN, ging in den großen WALD.

 

 

Daher:

GOTT ist die LIEBE.

 

(Aber bitte die Betonung nicht übertreiben :blink:)

Edited by Blasius
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Wenn man jedes Substantiv betont, geht der natürliche Sprachfluß verloren - das Zuhören wird extrem anstrengend. Daher sollte maximal ein Wort pro Sinnabschnitt betont werden. Im Schott und im Lektionar sind die Sinnabschnitte gekennzeichnet - die erste Zeile ist ohne Einrückung, die dazugehörenden sind eingerückt.

 

Bei der Lesung, um die es hier (vermutlich) geht, 1. Joh. 4,7-10 sollte man darauf achten, dass man das betonte Wort auch mal wechselt. Wenn in drei aufeinander folgenden Sinnabschnitten immer wieder dasselbe Wort betont wird, kann das sehr einschläfernd wirken.

 

Ich kopier' mal die Lesung hierher und kennzeichne die Worte, die ich hervorheben würde, durch Unterstreichung und die Sinnabschnitte so: |

 

  • Liebe Brüder, wir wollen einander lieben; |

denn die Liebe ist aus Gott, |

und jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott. |

Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; |

denn Gott ist die Liebe. |

Die Liebe Gottes wurde unter uns dadurch offenbart, dass Gott seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben. |

Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat.

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Christoph Overkott

Wir waren über Christi Himmelfahrt ein paar Tage verreist und haben indirekt am Ökumenischen Kirchentag teilgenommen. Dabei haben wir zwei Lektorinnen erlebt. Die eine hat unheimlich spannend vorgetragen, die andere war das große Beben.

Edited by Christoph Overkott
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Christoph Overkott
  • Liebe Brüder, wir wollen einander lieben; |

denn die Liebe ist aus Gott, |

und jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott. |

Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; |

denn Gott ist die Liebe. |

Die Liebe Gottes wurde unter uns dadurch offenbart, dass Gott seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben. |

Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat.

Die Betonungen im ersten Teil sind ok, im zweiten Teil bekommt man Atemnot.

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soll ich Dir jetzt auch noch Atempausen reineditieren????

 

Selbstverständlich darf innerhalb eines Sinnabschnittes geatmet werden, gerade, wenn ein Komma steht. Allerdings darf die Stimme bei einem Komma nicht abgesenkt werden, wie am Satzende, sondern sie bleibt erhoben - wie auch am Ende einer Frage. Denn sonst bricht der Spannungsbogen innerhalb des Sinnabschnittes. Die Sinnabschnitte sind - wie oben schon gesagt - durch den Satz im Lektionar vorgegeben, die sollte man als Lektor tunlichst nicht ignorieren.

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Christoph Overkott
soll ich Dir jetzt auch noch Atempausen reineditieren????

 

Selbstverständlich darf innerhalb eines Sinnabschnittes geatmet werden, gerade, wenn ein Komma steht. Allerdings darf die Stimme bei einem Komma nicht abgesenkt werden, wie am Satzende, sondern sie bleibt erhoben - wie auch am Ende einer Frage. Denn sonst bricht der Spannungsbogen innerhalb des Sinnabschnittes. Die Sinnabschnitte sind - wie oben schon gesagt - durch den Satz im Lektionar vorgegeben, die sollte man als Lektor tunlichst nicht ignorieren.

Als Betonung ist eine

Atempause manchmal geschickter.

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Christoph Overkott
Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; |

denn Gott ist die Liebe. |

Entsprechend kann man betonen:

 

Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; |

denn

Gott ist die Liebe. |

Edited by Christoph Overkott
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Christoph Overkott
GOTT ist die LIEBE.

 

(Aber bitte die Betonung nicht übertreiben :blink:)

Die Warnung vor Übertreibung teile ich.

 

Darüber hinaus kann eine ungewöhnliche Betonung wie

 

"Gott iSt die Liebe"

 

auch mal eine ganz andere und völlig neue Wahrnehmung des Textes bewirken.

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Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; |

denn Gott ist die Liebe. |

Entsprechend kann man betonen:

 

Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; |

denn

Gott ist die Liebe. |

Die Kunstpause hinter dem denn ist geschickt.

 

Die Betonung auf "liebt" allerdings kann leicht in Übertreibung ausarten, weil die Stimme vor dem Komma sowieso leicht angehoben werden sollte. Wenn zusätzlich das "erkannt" noch betont wird, kann man als Lektor schnell aus dem Sprachrythmus kommen - oder es wirkt einfach hoppelig.

 

Christoph, mach doch einfach mal einen Lektorenkurs - da bekommt man das alles beigebracht - Sprechtempo, Satzmelodie, Kunstpausen, ob, wie, wie oft und wie lange man den Blick vom Text heben sollte oder gar einzelne Gemeindemitglieder fixieren darf ...

 

Die Kurse im Martinushaus in Aschaffenburg kann ich Dir wärmstens empfehlen, aber vermutlich ist das für Dich das falsche Bistum.

 

Gruß,

Lucia

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Guest Ketelhohn

Liebe Leute, je mehr ihr euch über die rechte Betonung den Kopf zerbrecht, desto mehr lauft ihr Gefahr, euch selber zu präsentieren, anstatt das Wort Gottes zu proklamieren – und genau darum geht es. Mir scheint, am besten schützt davor der „gesungene“ Vortrag nach gregorianischem Ton.

 

Bedenkenswert ist auch der Sprechgesang des byzantinischen Ritus, der nahezu alles gleichermaßen betont: also nicht etwa „leiert“, sondern jedes Wort mit Gewicht verkündet.

 

Nun beherrscht man normalerweise als Lektor aus dem Laienstande nicht den Ton der Gregorianik, noch kann man in einer Messe des lateinischen Ritus einfach den byzantinischen Ton nachahmen. Jedenfalls aber sollte man keinesfalls zu interpretieren versuchen, sondern möglichst „frei nach Schnauze“ vortragen. Dann orientiert man sich am ehesten schlicht an der Syntax und vermeidet, aus den Lesungen eine Theatervorstellung zu machen.

 

Mein Rat aus persönlicher Erfahrung: niemals vorher das Wort lesen. Laß dich selbst überraschen. Proklamiere langsam – lächerlich langsam, so muß es dir vorkommen – und übertrieben laut, Gliedsatz für Gliedsatz. So wirst du am besten dem Wort Gottes gerecht und trittst selber hinter dem Wort zurück.

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Es wäre ja auch entsetzlich, wenn Gott durch lebendige Menschen und nicht durch Marionetten zu den Menschen sprechen wollte. :blink:

 

In Klöstern hat man den "tonus rectus" eingeführt, damit der Leser keine Möglichkeit hat, persönliche Hervorhebungen zu machen. Das hab ich bei der Tischlesung schon mal mitbekommen, als ich mit Mönchen zusammen gegessen habe. Man konnte sich trotz guten Willens nicht mehr auf das konzentrieren, was da gelesen wurde. Zur menschlichen Sprache gehört eben mehr, als Rezitation.

 

Und meiner Meinung nach spricht Gott durch Menschen und zwar durch lebendige Menschen, nicht durch Sprachwiedergabe-Programme.

 

Ansonsten würde ich empfehlen, die Lektoren durch Programme wie speech-back zu ersetzen. Die haben keinen eigenen Willen und wollen sich nicht selbst darstellen.

 

Unbeschadet dessen hat Robert natürlich recht, dass es auch Lektoren gibt, die sich selbst produzieren und eine Theatervorstellung geben. Aber die sind meiner Erfahrung nach wirklich die ganz seltene Ausnahme. Sie sprechen nicht von innen, von ihrer Personmitte aus, sondern von ihrer Eitelkeit her. Gott will durch den Menschen sprechen, nicht durch den Pfau.

 

Mein Tipp ist dem von Robert genau entgegengesetzt: Lektoren sollten mehr sein, als nur Vorleser. Sie sollten sich über das übliche Maß mit der Bibel beschäftigen und wissen, was sie sprechen. Optimal (ist allerdings nur ein Idealfall, den man nicht einfordern kann) ist, wenn sich der Lektor mit dem Sinn der Bibelstelle identifizieren kann: Wenn er nicht etwas ihm Fremdes rezitiert, sondern aus eigener Überzeugung, die sich mit der Bibelstelle deckt, spricht. Dann kommt die Betonung von alleine. Dann ist er ein wirklich lebendiger Stein im Gebäude der Kirche.

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Heißt es:

 

GOTT ist die Liebe.

 

Gott IST die Liebe.

 

Oder:

 

Gott ist die LIEBE.

 

??

Hallo Christoph!

 

Deine Frage ist mir zu detailliert. Die Leute werden verstehen, was Gott uns durch diesen Vers sagen will - und zwar unabhängig von der Betonungsversion. Sag es so, dass Du dahinter stehen kannst. Das ist viel wichtiger. Und lebe so, dass dieser Satz Bedeutung hat für Dein Leben - auch wenn Du immer Sünder bleiben und dem Anspruch dieses Satzes niemals in vollem Umfang gerecht werden kannst.

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Auch wenn es mich nichts angeht: Ist es nicht jedem Lektor selbst überlassen, welche Worte er betont? Wenn alle gleich betonen, wie Robert es vorschlägt, dann werden vielleicht neue Bedeutungsnuancen, die den einen onder anderen Aspekt in dern Vordergund rücken, der dem einen oder anderen bisher noch nicht in den Sinn kam, prinzipiell ausgeschlossen.

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Mein Rat aus persönlicher Erfahrung: niemals vorher das Wort lesen.

Davor kann ich nur dringendst abraten. Das hörte sich bei einem Lektor, der ganz offensichtlich nicht geübt hatte, neulich

(6. Sonntag d. Osterzeit) ganz grauenhaft an:

 

Apg. 10,25: Als Petrus in Zäh- öh Zäsah Zähsariea beim Haupt -ehm- Mann Kornelia ankam.

 

Sag selbst, Robert, wird das dem Wort der Schrift gerecht?

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Guest Ketelhohn

Daß ein Lektor unbekannte Texte fließend vorlesen kann, setze ich eigentlich voraus. Ggf. muß er generell lesen üben – aber nicht die Lesung für die nächste Liturgie.

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Christoph Overkott

Es geht ja gar nicht darum, bloß ein paar Betonungen über den Text zu verteilen, dass es sich nach einigermaßen natürlich gesprochener Sprache anhört, soweit das in einem hallenden Kirchenraum überhaupt möglich ist, sondern um Interpretation und Meditation. Das setzt voraus, den Text vorher gelesen und verstanden zu haben. Wer verstanden werden will, muss selber verstanden haben.

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Daß ein Lektor unbekannte Texte fließend vorlesen kann, setze ich eigentlich voraus. Ggf. muß er generell lesen üben – aber nicht die Lesung für die nächste Liturgie.

Robert, ich verstehe nicht, warum man dann nicht statt eines Lektors einen Automaten nimmt. Da könnte man den Text perfekt in Gregorianik aufnehmen oder in neutraler Betonung und zum Gottesdienst abspielen: Fehlerlos, perfekt, studioreif und vom Bischof viel besser kontrollierbar. Eine Einheit ungeahnten Maßes: In allen Kirchen nicht nur der gleiche Text, sondern auch der gleiche Vortrag.

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Christoph Overkott
Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; |

denn Gott ist die Liebe. |

Entsprechend kann man betonen:

 

Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; |

denn

Gott ist die Liebe. |

Die Kunstpause hinter dem denn ist geschickt.

 

Die Betonung auf "liebt" allerdings kann leicht in Übertreibung ausarten, weil die Stimme vor dem Komma sowieso leicht angehoben werden sollte.

 

Die Stimme vor dem Komma leicht anzuheben, ist für den Schüler des Vierten Schuljahres eine Grundregel.

 

Der Meister erweist sich allerdings (das sehen wir bei Jesus) im souveränen Umgang mit Regeln.

 

Von daher kann man zur Betonung auch einen Punkt lesen, wo ein Komma steht.

 

Aber Vorsicht!

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Guest Blasius
Die Betonung auf "liebt" allerdings kann leicht in Übertreibung ausarten, weil die Stimme vor dem Komma sowieso leicht angehoben werden sollte. ...

Mir graust.

 

Ich weiss gar nicht, was die Leute immer für ein "Fest" mit den Kommas haben.

Ein Komma im Satz sagt zunächst erstmal nichts aber auch gar nichts darüber aus, ob sich dort beim gesprochenen Wort irgendetwas mit der Stimme tun soll oder nicht.

 

Besonders schlimm wird es, wenn die Leute meinen, dort wo ein Komma steht, eine kurze Pause machen zu müssen. Holperiger kann man wirklich nicht lesen.

 

Robert hat schon recht: es ist besser "frei Schnauze" vorzulesen, als sich Gedanken zu machen, wie sich nun welche Satzzeichen auf den Vortrag auswirken.

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Christoph Overkott
Daß ein Lektor unbekannte Texte fließend vorlesen kann, setze ich eigentlich voraus. Ggf. muß er generell lesen üben – aber nicht die Lesung für die nächste Liturgie.

Robert, ich verstehe nicht, warum man dann nicht statt eines Lektors einen Automaten nimmt. Da könnte man den Text perfekt in Gregorianik aufnehmen oder in neutraler Betonung und zum Gottesdienst abspielen: Fehlerlos, perfekt, studioreif und vom Bischof viel besser kontrollierbar. Eine Einheit ungeahnten Maßes: In allen Kirchen nicht nur der gleiche Text, sondern auch der gleiche Vortrag.

:blink:

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Auch wenn es mich nichts angeht: Ist es nicht jedem Lektor selbst überlassen, welche Worte er betont? Wenn alle gleich betonen, wie Robert es vorschlägt, dann werden vielleicht neue Bedeutungsnuancen, die den einen onder anderen Aspekt in dern Vordergund rücken, der dem einen oder anderen bisher noch nicht in den Sinn kam, prinzipiell ausgeschlossen.

So sehe ich es grundsätzlich auch, Stefan - außer wenn es zur Theatervorstellung wird. Wenn es aus der Mitte des eigenen Glaubens herauskommt, dann ist es gut.

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Thread-Teile wurden abgesplittet.

 

 

 

"Datenmüll" ist in den Katakomben gelandet, "Der Wille Jesu" im Hasenstall (alias Glaubensgespräche).

 

Lucia

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Volker_Biallass

Hallo Christoph :blink:

Es geht ja gar nicht darum, bloß ein paar Betonungen über den Text zu verteilen, dass es sich nach einigermaßen natürlich gesprochener Sprache anhört, soweit das in einem hallenden Kirchenraum überhaupt möglich ist, sondern um Interpretation und Meditation. Das setzt voraus, den Text vorher gelesen und verstanden zu haben. Wer verstanden werden will, muss selber verstanden haben.

 

Meines Erachtens geht es um Kunst und Künstler, um Hingabe und Aufleben.

 

Ein orthodoxer Jude zB wird die Bibel nie lesen, sondern stets sprechen. Es ist für sie nicht möglich, leise in der Schrift zu lesen, diesen Text über die Augen aufzunehmen, ohne ihn zugleich über die Lippen zu bringen ... und so murmeln und grummeln sie scheinbar vor sich hin.

 

Das ist ein Empfinden, das wir vermutlich am ehesten über das Gebet nachvollziehen können, das wir ja nicht bloß denken können, sondern artikulieren müssen, um es zum Gebet zu machen. Und ich habe eine große Abneigung gegen stille Gebete, bei denen sich die Lippen nicht bewegen, sondern wir diese Bewegung nur andenken, um sie dann abzuschneiden, bei denen kein Atem fließt, sondern fast gegen den Luftstrom angedacht werden muss. Leise Gebete, geflüstert oder nahezu lautlos in den Atemstrom gelegt, gerne, denn Gott hat gute Ohren ... aber keine unausgesprochenen, denn das würde seine Phantasie arg strapazieren, wenn wir es uns nicht über die Lippe kommen lassen, was doch an ihn gerichtet ist.

 

Und der jüdische Ritus hegt und pflegt sowohl die Sprach- und Rezitationskunst, wie er ja auch mit der Bar Mizwa Hort des gräuslichsten Dilletantismus ist :blink: Mitten rein in den Stimmbruch und die Angst vor der eigenen Stimme wird der öffentliche Auftritt platziert.

 

Die Interpretation in der Lesung steht für mich nahezu an letzter Stelle, denn zunächst einmal haben wir seinem Wort unseren Atem, unsere Stimme und unser Gehör zu geben, Hingabe und Anteilnahme zu leisten. Der Lektor sollte IMHO weniger darauf bedacht sein, dass er Neues verständlich und akzentuiert rüberbringt, sondern dass er Heiliges durch sich passieren (hindurchgehen) lässt, das wir nicht schlicht verstehen können, sondern das uns nur ergreifen will.

 

Der ideale Lektor ist für mich der, der hinterher nachliest, was er gerade vorgelesen hat, selbst wenn er es vorher noch und nöcher einstudiert hatte, da er im Lesen vor der Gemeinde und vor Gott mehr erlebt als zuvor verstanden hat.

 

bcnu Volker

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Liebe Leute, je mehr ihr euch über die rechte Betonung den Kopf zerbrecht, desto mehr lauft ihr Gefahr, euch selber zu präsentieren, anstatt das Wort Gottes zu proklamieren – und genau darum geht es. Mir scheint, am besten schützt davor der „gesungene“ Vortrag nach gregorianischem Ton.

 

...

 

Jedenfalls aber sollte man keinesfalls zu interpretieren versuchen, sondern möglichst „frei nach Schnauze“ vortragen. Dann orientiert man sich am ehesten schlicht an der Syntax und vermeidet, aus den Lesungen eine Theatervorstellung zu machen.

 

Mein Rat aus persönlicher Erfahrung: niemals vorher das Wort lesen. Laß dich selbst überraschen. Proklamiere langsam – lächerlich langsam, so muß es dir vorkommen – und übertrieben laut, Gliedsatz für Gliedsatz. So wirst du am besten dem Wort Gottes gerecht und trittst selber hinter dem Wort zurück.

Gut. Gehen wir noch mal zurück zum sachlichen Teil.

 

Deine Angst vor dem Präsentieren verstehe ich, wie schon gesagt, halte sie aber für übertrieben. Vor allem halte ich den Preis für zu hoch: Dass nämlich alle persönliche Akzentuierung möglichst aus der Proklamation entfernt werden sollen.

 

Da stehen zwei verschiedene Vorstellungen im Raum:

1.) (Robert): Der Verkündiger soll hinter dem Wort Gottes zurücktreten, indem er nicht interpretiert und phrasiert.

2.) (Mecky): Der Verkündiger soll mit seiner ganzen Persönlichkeit - inklusive seiner Art zu interpretieren und zu phrasieren - in den Dienst des Wortes stellen.

 

Ich halte Version 1 für unnatürlich und auch nicht für hilfreich. Insbesondere erzählerischen Lesungen, die meiner Meinung nach sogar eher zum Nacherzählen als zum wörtlichen Wiedergeben geeignet sind, wird zu viel an Lebendigkeit genommen.

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