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Ist eine Eichel schon eine Eiche?


Patrick

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Küng: "Wozu Weltethos?" - Herder Spektrum 2002:

"Jeder, der ernsthaft Theologie studiert, weiß, dass zu einer menschlichen Person der Geist gehört. Thomas von Aquin u. viele andere Theologen waren nach Aristoteles der Meinung, dass der Mensch sukzessive beseelt wird. Am Anfang hat der Embryo eigentlich nur ein vegetatives Lebensprinzip, eine vegetative Seele, dann eine sensitive, quasi eine Tierseele, und erst in den letzten Monaten vor der Geburt eine intellektuelle Geist-Seele. Eine menschliche Person ist bestimt durch diese Geist-Seele...

In der Frage des Lebensanfangs müsste man meines Erachtens deutlich unterscheiden zwischen "menschlichem Leben " und "menschlicher Person"....

Dann wäre es m.E.  möglich, ein Zweifaches zu bejahen:

Erstens, dass von Anfang an menschliches Leben da ist, das mit Ehrfurcht zu behandeln ist, aber eben noch nicht ein Mensch als Person. Insofern kann man nicht bei jeder Abtreibung undifferenziert von Menschentötung reden...

Andererseits aber wird menschliches Leben im Laufe seiner Entwicklung , vor allem dann, in einer späteren Phase, wenn das Gehirn ausgebildet wird, geistfähig und besitzt auch einen Geist. Jetzt, als menschliche Person, ist grundsätzlich ein ganz anderer Schutz geboten.

Zum Vergleich: Wenn mir jemand eine Eichel aus dem Garten stielt, ist das zwar schon in Potenz, klassisch scholastisch gesagt - eine Eiche. Aber ich kann nicht sagen, dass der Dieb, der mir im Garten eine Eichel gestohlen hat, mir eine Eiche umgehauen hat. Die ist eben erst nach erfolgtem Wachstum gegeben."

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Gast Ketelhohn
Sobald die Eichel zu keimen beginnt. – Es hat ja auch noch nie jemand behauptet ein Spermium oder eine menschliche Eizelle sei eine menschliche Person. Küng ist nicht bloß ein arroganter Salonlöwe, er ist obendrein blöd. Und er weiß es nicht: Das ist das Schlimmste.
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Zitat von Ketelhohn am 23:19 - 10.Mai.2002

Küng ist nicht bloß ein arroganter Salonlöwe, er ist obendrein blöd. Und er weiß es nicht: Das ist das Schlimmste.

 

Hauptsache Du weisst, wie schlau Du bist.

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Zitat von Ketelhohn am 23:19 - 10.Mai.2002

Sobald die Eichel zu keimen beginnt. – Es hat ja auch noch nie jemand behauptet ein Spermium oder eine menschliche Eizelle sei eine menschliche Person. Küng ist nicht bloß ein arroganter Salonlöwe, er ist obendrein blöd. Und er weiß es nicht: Das ist das Schlimmste.


Robert, da kommst Du aber in gefährliches Fahrwasser...

 

...denn auch die nichtkeimende Eichel steht - aus rein biologischer Sicht - zur Eiche im gleichen Verhältnis wie etwa die "überschüssige" befruchtete Eizelle zum Menschen. Die Eichel hat alles, was sie zur Eiche werden läßt - bis auf Wärme, Feuchtigkeit und Nährgrund. Ebenso hat die befruchtete Eizelle alles, was aus ihr später einen Menschen werden läßt - bis auf eine Gebärmutter, die ihr eben dasselbe bietet.

 

Insofern ist es also schon nicht ganz so einfach, schlauer als Küng zu sein.

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Dein Vergleich hinkt. Wenn jemand eine Eichel klaut, dann ist die Eichel und damit das in ihr wohnende Leben noch lange nicht zerstört. Er könnte sie sogar in seinem eigenen Garten zu einer Eiche heranziehen.Also am Ende nur "Embryo"-Diebstahl und keine Zerstörung von Leben.

 

 

 

(Geändert von werner um 2:15 - 11.Mai.2002)

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Zitat von werner am 1:45 - 11.Mai.2002

Dein Vergleich passt nicht. Wenn jemand eine Eichel klaut, dann ist die Eichel und damit das in ihr wohnende Leben noch lange nicht zerstört. Er könnte sie sogar in seinem eigenen Garten zu einer Eiche heranziehen.Also am Ende nur Diebstahl und keine Zerstörung von Leben.

 

Hallo Werner,

 

Eicheldiebe haben selten vor, das darin wohnende Leben zu schützen. Die meisten Eicheldiebe verunstalten ihr Diesbesgut mit Uhu, Filz  und anderen grausamen Bastelmaterialien zu grotesken Figuren. Deratiger Frevel soll auch schon in christlichen Kindergärten beobachtet worden sein.

 

Gruß

Stefan

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Ja und der Frevel der Schweine, die die Eicheln einfach auffressen..... Oder vergleichweise auch die Menschen, die Nüsse vertilgen und damit vernichten.

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Scheint irgendwie Teil des Lebensplanes und der "göttlichen" "Schöpfungsordnung" zu sein, daß nicht alles, das Lebenspotenz enthält zum Zuge kommt.  

 

sstemildt: >...denn auch die nichtkeimende Eichel steht - aus rein biologischer Sicht - zur Eiche im gleichen Verhältnis wie etwa die "überschüssige" befruchtete Eizelle zum Menschen. Die Eichel hat alles, was sie zur Eiche werden läßt - bis auf Wärme, Feuchtigkeit und Nährgrund. Ebenso hat die befruchtete Eizelle alles, was aus ihr später einen Menschen werden läßt - bis auf eine Gebärmutter, die ihr eben dasselbe bietet. <

 

Naja, und kurz vor der Befruchtung hatten Ei- und Samenzelle im Grunde ja auch schon alles, was aus ihnen später einen Menschen werden ließe - bis auf die Kernverschmelzung. Jede vergeudete Eizelle ist daher natürlich auch ein möglicherweise vergeudeter Mensch. Männer sollte diese Erkenntnis noch härter treffen ;) .

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Also, der Vergleich einer Eiche mit einem Menschen erstaunt mich schon. Ich halte jeden, aber auch jeden Menschen für wichtiger als eine Eiche; ich fände auch nichts dabei, eine ausgewachsene Eiche zu fällen.

 

Wenn schon Vergleich, dann entspricht ein Mensch einer ganzen Pflanzenart. Und da sieht die Sache schon anders aus: ist es wirklich ein so großer Unterschied, ob man mutwillig die letzte auf der Welt befindliche Eichel vernichtet, oder die letzt Eiche fällt?

 

Wenn man über Küngs Menschendefinition nur zwei Sekunden nachdenkt, erkennt man sofort das verheerende seiner Definition: geistig Behinderte, Menschen im Koma, usw. hätten dann nämlich auch kein absolutes Menschenrecht auf Leben, sondern nur ein sehr verschwommenes Recht auf eine irgendwie nicht zu grausame Behandlung. (Also: eine möglichst schmerzfreie Tötung)

 

Wir wären gut beraten, die Konsequezen auch für unser eigenes Leben gründlich zu bedenken. Ich auf jeden Fall nehme für mich in Anspruch, ein unbedingtes Recht auf Leben in jeder Situation zu haben und auch gehabt zu haben. Ich verdanke die Tatsache meiner Geburt nicht dem Wohlwollen meiner Mutter, die mich großzügigerweise nicht abgetrieben hat, sondern dem Umstand, dass ich ein Mensch bin, und auch von Anfang an war. Es gibt keine Leistung, die ich erbringen müsste, um meine Existenz zu rechtfertigen. Mein Leben ist mir geschenkt.

 

Das erkenne ich folgerichtig auch für alle anderen Menschen an, und ich bin auch eher bereit, die natur- (bzw. gott-)gegebene Endlichkeit meines Lebens hinzunehmen, als anderen die Menschenwürde abzusprechen.

 

Viele Grüße, Matthias

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Zitat von Franziskaner am 14:16 - 11.Mai.2002

Ich verdanke die Tatsache meiner Geburt nicht dem Wohlwollen meiner Mutter, die mich großzügigerweise nicht abgetrieben hat, sondern dem Umstand, dass ich ein Mensch bin,


 

Lieber Matthias,

 

was ist das denn wieder für in idiotischer Satz?

 

Oder habe ich irgend etwas nicht verstanden???

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Die Tatsache Deiner Geburt, Matthias, verdankst Du vermutlich einer ganzen Kette von Umständen und Zufällen. Einer davon ist - neben vielen tausend anderen - die Tatsache, daß Deine Mutter nicht abgetrieben hat. Wie man diese vielen Zufälle im einzelnen bewerten und gewichten soll, ist wieder eine andere Frage.

 

Bei der Tatsache, daß und warum die eine oder andere überzählige befruchtete Eizelle nicht die Gelegenheit bekommt, Mensch zu werden, spielen ebenfalls eine ganze Menge von Zufällen eine Rolle.  

 

>Wenn man über Küngs Menschendefinition nur zwei Sekunden nachdenkt, erkennt man sofort das verheerende seiner Definition: geistig Behinderte, Menschen im Koma, usw. hätten dann nämlich auch kein absolutes Menschenrecht auf Leben, sondern nur ein sehr verschwommenes Recht auf eine irgendwie nicht zu grausame Behandlung. <

 

Das kann ich aus der Küngschen Definition überhaupt nicht entnehmen, denn er hat sich nicht über die Qualität des Geistes geäußert, sondern nur dessen Vorhandensein ganz prinzipiell als menschenkonstituierend bezeichnet. Ein vollkommen geistloser "Mensch"  wäre nur da vorhanden, wo das geisttragende Organ (=Hirn) entweder total kaputt, tot oder noch gar nicht ausgebildet ist.  Küng schreibt, sehr zu Recht, auch von Geistfähigkeit als Folge der Ausprägung des Gehirns.  Wie gesagt, ob das ein hochwertiger oder vollkommen verblödeter Geist ist, ändert nichts an der Tatsache, daß sein Inhaber Mensch und Person ist.

 

Gruß,

 

Lissie

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Hallo Lissie,

 

Du hast recht, wenn Du schreibst, dass es in jedem Menschenleben tausende von Zufällen gibt, durch die es entscheidend beeinflusst wird (ich verwende der Einfachheit halber den von Dir gebrauchten Begriff "Zufall". Das Verhältnis von Zufall, naturgesetzlicher Determination und ggf. göttlichen Handelns ist noch mal ein eigenes Thema). Für die ethische Betrachtung sind jedoch alleine diejenigen Faktoren wichtig, die von menschlichen Entscheidungen abhängen. Wer diese menschlichen Entscheidungen einfach in die Reihe der Zufälle mit hineinnimmt, der hebelt jede Möglichkeit ethischer Reflektion aus.

 

Kriege, Hungersnöte, Umweltkatastrophen, Morde: alles lässt sich auch als organische Gesetzmäßigkeit unter dem Einfluss von Zufall, Naturgesetzen und Instinkten deuten. Dann sollte man konsequenterweise einen Begriff wie Menschenwürde aber fallen lassen, er wird sinnlos.

 

Also: ich habe kein Recht darauf, mich gesund und vollständidg aus einer befruchteten Eizelle zum Erwachsenen zu entwickeln. Ich habe aber sehr wohl ein Recht darauf gehabt, dass meine Mutter mich nicht abtreibt.

 

Zu Küng und dem Lebensrecht geistig Behinderter:

Du schreibst: "Küng schreibt, sehr zu Recht, auch von Geistfähigkeit als Folge der Ausprägung des Gehirns." Es stimmt nicht, dass Geistfähigkeit eine Folge der Ausprägung des Gehirns ist. Es gibt viele geistig Behinderte, die ein Gehirn haben, aber nie in der Lage sein werden, ein wirkliches Selbstbewusstsein zu entwickeln. Bei vielen alten Menschen befindet sich das Gehirn in einem Zerfallsprozess, auch für sie trifft die Geistfähigkeit nicht zu. Nicht zuletzt haben Kinder bis zum Alter von mindestens 12 Monaten keine geistigen Fähigkeiten, die sie über Delphine oder Schimpansen herausheben würde. Der australische Euthanasiebefürworter Peter Singer hat aus diesen offensichtlichen Tatsachen auch die entsprechenden Schlüsse gezogen.

 

Das Recht auf Menschenwürde ergibt sich allerdings nicht aus irgendwelchen Leistungen, sondern aus der Zugehörigkeit zur Menschheitsfamilie. Sie ist auch kein Almosen, das wir gütigerweise den Schwachen und Kranken zukommen lassen, sondern bedingt in zentraler Weise auch das Selbstverständnis der so genannten "Gesunden".

 

(Der Prozess der Ausgrenzung und Abwertung der Schwachen in der Gesellschaft als Spiegelung der Verdrängung von Schwächen im Individuum und der daraus folgenden Selbstdeformation ist von Jesus positiv gewendet so ausgedrückt worden: "Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden". Erbarmen eben auch vor den unerbittlichen Leistungsansprüchen, die man an sich selbst stellt, um Mensch sein zu dürfen.)

 

Menschsein beinhaltet immer auch Leid. Jede Vorstellung von menschlicher Würde schließt immer auch in, das man dafür gegebenenfalls Opfer bringt. Wir haben unsere Kinder ohne Gentests bekommen (gegen einige Kritik), und können ihnen ohne rot zu werden sagen, dass wir sie in jedem Fall angenommen hätten. Ich kann auch gut mit dem Bewusstsein leben, dass mein Leben endlich ist, und ich gegen Ende auch eine stark veminderte Leistungsfähigkeit habe. Unerträgliche Schmerzen muss heute niemand mehr leiden, die Palliativmedizin ist fortgeschritten genug.

 

Noch ein letztes: medizinische Forschung ist auch immer eine gesellschaftliche Machtfrage. Wohin gehen welche Gelder? Als Kind habe ich in der Schule gelernt: "Ein Menschenleben ist unbezahlbar!" Das ist natürlich glatt gelogen. Ein Menschenleben kostet ungefähr 20 Euro, den Preis für eine Antibiotika-, oder Parasitenbehandlung, die wir Menschen in den armen Ländern verweigern. Solange das so ist, kann sich keiner, der Millionenbeträge in Projekt stecken will, deren Nützlichkeit sehr fragwürdig ist, auf eine "Ethik des Heilens" berufen.

 

Aber auch hier im Westen ist die technologiefixierte Reparaturmedizin schon längst an ihre Grenzen gestoßen. Allergien, psychische Krankheiten, Krankheiten durch falsche Lebensweise: all das kann mit den traditionellen Ansätzen nicht mehr geheilt werden. Diese Krankheiten erfordern einfach eine Weiterentwicklung des Menschenbildes. Das Bild des Menschen als einer komplizierten Maschine ist erkennbar falsch; aber genau das ist die Richtung, in die die Gentechnologie marschiert: eine hochgezüchtete Ersatzteilmedizin, die sich um Dinge wie Menschenwürde nicht schert, und daran letzten Endes auch scheitern wird.

 

Schönen Sonntag und viele Grüße, Matthias

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Zitat von Ketelhohn am 23:19 - 10.Mai.2002

Küng ist nicht bloß ein arroganter Salonlöwe, er ist obendrein blöd. Und er weiß es nicht: Das ist das Schlimmste.


 

Hast du denn sonst auch noch was gescheites zu sagen? Wenn nicht, dann kannst du dir solche Postings in ...die Haare schmieren.

 

zum Thema: Ich halte einen Vergleich Eichel/Eiche - Embryo/Mensch für ziemlichen Unsinn. Das Menschenrecht kann man nicht mit einem "neugeschaffenen Eichenrecht" vergleichen. Das besondere an uns ist doch gerade, dass wir Menschen sind und uns von der 'Rest-Natur' abheben.

Im Übrigen möchte ich mich Matthias anschließen.

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Zitat von EXPLORER am 13:00 - 12.Mai.2002

und uns von der 'Rest-Natur' abheben.

 

Lieber Expolrer,

 

das, gerade das tun wir nicht, aber überhaupt nicht.

 

Die Menschen sind allen Naturgesetzen ebenso "unterworfen", wie die gesamte belebte Natur.

 

Dass Menschen über sich und die "Welt" nachdenken können, "hebt" sie nicht von der Rest-Natur ab, es ermöglicht ihnen lediglich, das Leben variabler zu gestalten.

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Zitat von pedrino am 13:53 - 12.Mai.2002

 

Die Menschen sind allen Naturgesetzen ebenso "unterworfen", wie die gesamte belebte Natur.

 

Dass Menschen über sich und die "Welt" nachdenken können, "hebt" sie nicht von der Rest-Natur ab, es ermöglicht ihnen lediglich, das Leben variabler zu gestalten.

 

Natürlich hebt sich der Mensch naturwissenschaftlich nicht von der "Restnatur" ab. Dass sich der Mensch allerdings seiner Sinne und seines Hirns zwecks Denkens bedienen kann, hebt ihn m.E. ab. Gerade, dass sie das Leben variabler gestalten können, ist doch ein Zeichen für eine Besonderheit des Menschen.

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Lieber Matthias,

 

 

Nur kurz vorneweg: ich habe den Begriff "Zufall" der Einfachheit halber als Sammelbegriff für verschiedene Umstände, die vom Betroffenen selber nicht oder nur begrenzt beeinflußt werden können und von denen wir derzeit nicht wissen können, ob und inwiefern sie von einer höheren willensfähigen bewußten Macht initiiert worden sind.  Natürlich kann menschliches ethisches Handeln nicht als Zufallsprodukt erachtet werden.

 

Wenn ich jedoch davon ausgehe, daß es für viele Frauen eben KEIN ethisches Problem darstellt, eine Schwangerschaft im Anfangsstadium zu beenden (nein, bitte keine erneute Diskussion zum Thema Abtreibung, das hatten wir ja wirklich bis zum Erbrechen), dann komme ich aus Sicht des sich entwickelt habenden ehemaligen Embryos im Maulbeerstadium zu dem Schluß, daß es schon auch mit in die Kette der "Zufälle" gehört hat, daß ausgerechnet diejenige Eizelle aus der ich mich entwickelt habe, zu einem Zeitpunkt herangereift ist, zu dem meine Mutter eben gerade keinen Grund gehabt hat, die Schwangerschaft abzubrechen.  Und daß ausgerechnet das Spermium, aus dem ich mich dann entwickelt habe, nicht wie die Millionen vorheriger, in einem dünnen Gummibeutelchen im Müll gelandet sind. Soviel zur Beurteilung von der "Zufälligkeit" des eigenen Seins.

 

Aber zurück zum Thema: Geist als unerläßlicher Parameter menschlicher Identität. Du schreibst:

 

>Es stimmt nicht, dass Geistfähigkeit eine Folge der Ausprägung des Gehirns ist. Es gibt viele geistig Behinderte, die ein Gehirn haben, aber nie in der Lage sein werden, ein wirkliches Selbstbewusstsein zu entwickeln. Bei vielen alten Menschen befindet sich das Gehirn in einem Zerfallsprozess, auch für sie trifft die Geistfähigkeit nicht zu.<

 

Das ist nicht ganz richtig. Der Geist von "geistig Behinderten" ist wie der Ausdruck schon sagt, in seiner leistung eingeschränkt, behindert. Mitunter vielleicht so gravierend, daß nicht einmal mehr ein eigenes "Selbst-bewußtsein" möglich ist. Aber es ist Wahrnehmung möglich, es ist Verarbeitung von Information möglich. Auch bei den  erwähnten Altersdementen sind Spuren von Geist noch anzutreffen. Dort wo kein Geist mehr vorhanden ist, herrscht absolute Funkstille. Tod. Kein Ich, kein Bewußtsein, keine Person, keine Gefühle. So weit gesteckt würde ich jedenfalls den begriff "Geist" definieren, also keineswegs auf den Intellekt beschränkt.

 

Und hierbei gilt: Es kann zwar ein Gehirn vorhanden sein, aber so dermaßen außer Funktion, daß man eben nicht mehr von einer lebendigen Person sprechen kann.  (Bei einer Leiche zum Beispiel oder einem Hirntoten oder einem Demenzkranken im Endstadium). Umgekehrt geht aber niemals: Wo kein Gehirn vorhanden ist - und das ist bei einem tiefgekühlten überzähligen IVF-Embryo eindeutig nicht der Fall - ist auch kein Geist und noch nichtmal eine Geistfähigkeit gegeben.  

 

>Nicht zuletzt haben Kinder bis zum Alter von mindestens 12 Monaten keine geistigen Fähigkeiten, die sie über Delphine oder Schimpansen herausheben würde. Der australische Euthanasiebefürworter Peter Singer hat aus diesen offensichtlichen Tatsachen auch die entsprechenden Schlüsse gezogen. <

 

Nein, er hat die vollkommen falschen Schlüsse daraus gezogen. Ich würde eher dahingehend argumentieren, daß Delphine und Schimpansen auf dieselbe unantastbare Stufe des Lebensschutzes gestellt werden müssen, wie Säuglinge. Denn beide haben geistige Fähigkeiten.  

 

Die Konsequenzen, die Du der küngschen Menschendefinition entnimmst, kann ich jedenfalls immer noch nicht erkennnen. Ich stelle mir lediglich die Frage, warum folgende Aussage nur für Menschen gültig sein sollte:

 

>Andererseits aber wird menschliches Leben im Laufe seiner Entwicklung , vor allem dann, in einer späteren Phase, wenn das Gehirn ausgebildet wird, geistfähig und besitzt auch einen Geist. Jetzt, als menschliche Person, ist grundsätzlich ein ganz anderer Schutz geboten. <

 

 

Auch Dir einen schönen Sonntag und liebe Grüße,

 

 

Lissie

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Hubert Markl, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, vertritt in den bioethischen Fragen eine betont liberale Position. »In Deutschland «, so stellt er in der »Welt« vom 20.3.2001  fest, »... interpretiert so mancher Überzeugungstäter in auslegungsbedürftige Begriffe des Grundgesetzes gern seine persönlichen moralischen Bewertungen hinein. Gelegentlich wünschte man sich jedenfalls bei so umstrittenen Fragen wie Abtreibung, Embryonenforschung oder selbstbestimmter Euthanasie, daß die Tugendwächter in Politik und Medien der freien Gewissensentscheidung des oder der einzelnen in einem liberalen Gemeinwesen etwas höheres Gewicht einräumen möchten als ihren zu ehernen Zwangsnormen überhöhten persönlichen Überzeugungen.« Damit ist schon manches gesagt, und bei der zentralen Frage, von welchem Punkt an dem menschlichen Lebewesen Menschenwürde zuzusprechen sei, läßt Markl dann an seiner Position keinen Zweifel: »Die doch sehr biologistische Argumentation mancher Biologen und Philosophen, die des Menschen Wesen und Würde ganz und gar in der Erbinformation, die im Genom einer einzigen diploiden, entwicklungsfähigen Zelle enthalten ist, verkörpert sehen will, - als säße in jedem Genom ein Gnom -, kann gerade einen Biologen verwundern. Die gleiche Logik der ununterbrochenen Kontinuität - die dabei hinsichtlich der vollen Menschenwürde einer befruchteten Eizelle bis zum neugeborenen Menschen geltend gemacht wird, ohne im Lauf dieser Entwicklung irgendwelche Abstufungen zu erlauben - müßte dann zum Beispiel auch aus jedem Tiervorfahren in der gesamten Abstammungskette des Menschen lauter 'humanoide' Wesen samt entsprechender unantastbarer Würde machen.«

 

P.S. Quellenangabe:

www.uni-ulm.de/uui/aktuell/

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Zitat von Franziskaner am 14:16 - 11.Mai.2002

 

...

Wenn man über Küngs Menschendefinition nur zwei Sekunden nachdenkt, erkennt man sofort das verheerende seiner Definition: geistig Behinderte, Menschen im Koma, usw. hätten dann nämlich auch kein absolutes Menschenrecht auf Leben, sondern nur ein sehr verschwommenes Recht auf eine irgendwie nicht zu grausame Behandlung. (Also: eine möglichst schmerzfreie Tötung)

.....

Viele Grüße, Matthias


 

Lieber Matthias,

ich habe Küng anders verstanden:

Er bezieht sich ja auf Thomas von Aquin ("Thomas von Aquin u. viele andere Theologen waren nach Aristoteles der Meinung, dass der Mensch sukzessive beseelt wird. Am Anfang hat der Embryo eigentlich nur ein vegetatives Lebensprinzip, eine vegetative Seele, dann eine sensitive, quasi eine Tierseele, und erst in den letzten Monaten vor der Geburt eine intellektuelle Geist-Seele. Eine menschliche Person ist bestimt durch diese Geist-Seele... ",

eine durch und durch teleologische Sictweise: Das Hinzufügen der "Geist-Seele" bedeutet nicht, dass sie sich aus der vegetativen Seele und der sensitiven Seele entwickelt, sondern die sind nur Voraussetzungen, damit das menschliche Leben durch eine Geist-Seele "beseelt" werden kann, damit Person wird. Vegetative und sensitive Seele "erklären" das Auftauchen der Geist-Seele nicht, diese ist ein Sprung in eine neue Qualität. Dieser qualitative Sprung ist aber, nachdem er einmal erfolgt ist, nicht mehr rückgängig zu machen, auch nicht dadurch, dass dieser Mensch z.B. ins Koma kommt bzw. es wäre von uns vermessen, einem Menschen diese einmal gewonnene Qualität absprechen zu wollen. wollen. Es geht also m.E. wirklich nur um Entwicklungszustände VOR Herausbildung des Gehirns.

 

(Geändert von Patrick um 20:28 - 12.Mai.2002)

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Hallo Patrick,

ich bin kein Fachphilosoph, und das Thema der Weiterentwicklung der katholischen Anthropologie von Thomas von Aquin bis heute scheint mir auch außerordentlich komplex und vielschichtig zu sein.

 

Es ist aber wohl so, dass Thomas einem Dualistischen Weltbild verpflichtet ist, das eher aus der griechischen Philosophie als aus dem Evangelium stammt. Soviel ich weiß bewertet er die Schöpfung zwar als gut und notwendig, ist also anders als Plato und seine Nachfolger nicht direkt leibfeindlich, unterscheidet aber zwischen der Ebene der Natur und der Ebene der göttlichen Gnade. Die Natur ist notwendige Vorbedingung für die Gnade, diese tritt aber von außen dazu. Analog dazu entwickelt er seinen Gedanken von der Beseelung des schon vorhandenen Embryos.

 

Diese Vorstellung nimmt meiner Ansicht nach nicht ernst genug, dass in Jesus Christus die Schranke wischen Menschlichem und Göttlichem endgültig und radikal durchbrochen worden ist. Als Mensch war Jesus Christus Gott; die ganze Schöpfung ist beseelt vom göttlichen Geist, und wir Menschen entwickeln uns als untrennbare Einheit von Körper und Seele.

 

Diese Anthropologie überwindet den philosophischen Dualismus zwischen Körper und Geist, und geht zurück zu den jüdischen Quellen des Christentums: der Mensch ist, was er ist, durch seine Geschichte mit Gott. Diese Geschichte ist notwendigerweise bruchlos; ich bin derselbe, der ich auch als Keimzelle war, nur meine Eigenschaften haben sich entwickelt. (Der fundamentale Unterschied zwischen der unbefruchteten Eizelle, die tatsächlich zum Körper der Mutter gehört, und der befruchteten Keimzelle, die eine völlig eigenständige genetische Identität hat, sollte eigentlich klar sein).

 

Kirchengeschichtlich hat sich diese Weiterentwickelte Sicht in den Mariendogmen des 19. und 20. Jahrhunderts niedergeschlagen:

unbefleckte Empfängnis Marias bedeutet eben, dass Maria schon im Keimzellstadium die war, als die sie sich im weiteren Verlauf entwickelt hat.

Die leibliche Aufnahme in den Himmel bedeutet , dass wir eben nicht in  Körper und Geist gespalten sind, die nach dem Tod getrennt werden, und vorher irgendwie künstlich zusammengefügt wurden, sonder dass wir als ganzes, mit unserer ganzen körperlich-geistigen Lebensgeschichte zu Gott gelangen.

 

Deshalb bedeutet der Schutz des Lebens von der Empfängnis (Befruchtung) an, und der Schutz auch kranker und schwacher Menschen eben auch die Verteidigung unserer je eigenen, unaufgebbaren Menschenwürde. In der Keimzelle erblicke ich mich, wie ich war, im geistig Behinderten mich, wie ich sein könnte, im Alzheimerpatienten mich, wie ich vielleicht sein werde.

 

Viele Grüße, Matthias

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Zitat von Franziskaner am 14:15 - 13.Mai.2002

Deshalb bedeutet der Schutz des Lebens von der Empfängnis (Befruchtung) an, und der Schutz auch kranker und schwacher Menschen

 

 

Na Matthias,

 

jetzt stellst du den Schwangerschaftabbruch auf eine Ebene mit behinderten Menschen.

 

Frauen die einen Schwangerschaftabbruch durchführen lassen, stellen das Leben behinderter Menschen nicht, aber überhaupt nicht in Frage.

 

>>In der Keimzelle erblicke ich mich, wie ich war<< (Matthias)

 

Als bereits geboren oder wie?

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Hallo Lissie,

aus dem eben gesagten geht für mich hervor, dass die Unterscheidung zwischen Menschen und Tieren nicht absoluter, sondern relativer Natur ist. Der uneinholbar höhere Wert, den ein Mensch gegenüber einem Tier hat, ist nicht darin begründet, dass beim Menschen etwas grundsätzlich Anderes hinzukommt, sondern darin dass er in seinem Selbstbewusstsein und in seiner Kreativität ganz wesentlich weiterentwickelt ist.

 

Wir Menschen bilden aber eine Familie. Die Gesamtheit der menschlichen Möglichkeiten wird durch die Gesamtheit der Menschen gelebt. Dazu gehört eben auch die Möglichkeit, alt, krank oder behindert zu sein. Nicht jedes Individuum muss jede Möglichkeit verwirklichen könne (das ist sogar grundsätzlich unmöglich). Aber jedes menschliche Individuum hat Anteil an der Gesamtheit des Menschlichen, und deshalb auch an der Menschenwürde. Zur Menschenwürde gehört eben wesentlich, dass man sie nicht verdienen muss, sie sogar gar nicht verdienen kann.

 

Eine größere Achtsamkeit gegenüber Tieren, und überhaupt der gesamten Schöpfung leitet sich aus diesen Gedanken eigentlich logisch ab. Ich würde nicht mutwillig einen Schimpansen oder Delfin töten, halte aber auch einen behinderten Menschen für absolut schutzwürdiger als jedes Tier.

 

Viele Grüße, Matthias

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Zitat von lissie am 14:19 - 12.Mai.2002

Lieber Matthias,

 

 

Und hierbei gilt: Es kann zwar ein Gehirn vorhanden sein, aber so dermaßen außer Funktion, daß man eben nicht mehr von einer lebendigen Person sprechen kann.  (Bei einer Leiche zum Beispiel oder einem Hirntoten oder einem Demenzkranken im Endstadium).

 


 

Liebe Lissie,

 

Deine Darstellung verdeutlicht, zwar wohl unabsichtlich, aber dennoch aufs Beste, die typischen Gefahren dieses Denkens:

 

Du stellst Leichen mit Demenzkranken im Endstadium auf eine Stufe. Zudem sprichst Du explizit dem Demenzkranken im Endstadium ab, überhaupt noch lebendig bzw. eine Person zu sein.

 

Wenn ich so einen Abschnitt wie den von Dir zitierten lese, muss ich eigentlich gar nicht mehr argumentieren; es reicht voll aus, das noch einmal zu lesen, damit es auch so ankommt, wie es da steht.

 

MFG,

Ingrid

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Ich würde gerne noch einmal die Eingangsfrage aufwerfen: Ist eine Eichel nun schon eine Eiche oder nicht?

 

Da anscheinend doch Konsens darüber besteht, dass Eichen keine dem Menschen vergleichbare individuelle Würde zukommt, sondern nur eine Würde als Art, müsste man die Frage insofern auf den Punkt bringen:

 

Worin besteht der Unterschied zwischen der letzten verbliebenen Eichel und der letzten verbliebenen Eiche? Ist es eher zu verantworten, die letzte Eichel zu venichten als die letzte Eiche zu fällen?

 

Viele Grüße, Matthias

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>Ist es eher zu verantworten, die letzte Eichel zu venichten als die letzte Eiche zu fällen? <

 

Ich würde die Frage lieber so stellen: Dürfte man Eicheln (wenn es noch Milliraden davon gibt)   zum Zweck des Erhalts einer fertigen Eiche "opfern"?

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