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Creatio ex nihilo


orier

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Die traditionnelle Schöpfungslehre sagt, dass der Sachgrund der Schöpfung das Nichts ist. Gott hat die Welt absolut voraussetzungslos, ohne Vorgegebenes, aus dem Leeren heraus geschaffen. Wie ist nun aber genau dieses Nichts zu denken? Es gibt bekanntlich in der Theologiegeschichte hier zwei Antworten. Die Patristik setzt beim absoluten Nichts (nihil absolutum/negativum, me on) an - Gott ist beim Schöpfunsakt weder die Möglichkeit noch die Wirklichkeit des Seienden gegeben, während die Scholastik von einem relativen Nichts (nihil positivum/relativum, ouk on) ausgeht: Gott ist beim Schaffen zwar nicht die Wirklichkeit, aber sehr wohl die Möglichkeit des Seienden gegeben.

 

Welcher Auffassung ist nun den Vorzug zu geben. Mir scheint, dass die Auffassung vum absoluten Nichts besser dem biblischen Gedanken entspricht. Dennoch ringe ich noch mit der Frage, wie übrigens auch der Theologe und Philosoph Paul Tillich. Dieser möchte eigentlich beide Auffassungen verwerfen, denn: Ist das Nichts relatives Nichts, dann steht das Nichtsein in einer dialektischen Beziehung zum Sein, und das wäre eine Neuauflage des platonischen Dualismus, gegen den die Lehre gerichtet ist. Handelt es sich um ein absolutes Nichts, dann besteht überhaupt keine Beziehung zum Sein, so dass keine Wirklichkeit entstehen kann und nur das Sein-Selbst, d.h. Gott, übrigbleibt.

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...Mir scheint, dass die Auffassung vum absoluten Nichts besser dem biblischen Gedanken entspricht. ...

Nun,

 

die Schöpfung "aus Nichts" ist in der Bibel ein relativ junger Gedanke.

Erstmals ist er in 2Makk 7,28 formuliert. Und schon dort gibt es zwei Lesarten (nicht aus seienden Dingen / aus nicht-seienden Dingen). In der altlateinischen Übersetzung, die in die Vulgata übernommen wurde, hat sich der Plural in einen abstrakten substantivierten Singular (ex nihilo) gewandelt.

 

Hinzu kommt noch, daß etwa das Buch der Weisheit, gerade diesem Gedanken widerspricht: Für deine allmächtige Hand, die aus ungeformtem Stoff die Welt gestaltet hat... (Weish 11,17)

 

Im Christentum - so scheint es - hat sich der Gedanke der Creatio ex nihilo als zentrale Aussage der Schöpfungslehre entgültig erst im Kampf gegen die Gnostik durchgesetzt, etwa bei Irenäus v. Lyon: Menschen vermögen nicht, aus nichts etwas zu machen, sondern sie bedürfen der Materie als Unterlage. Gott aber ist darin den Menschen zuerst überlegen, daß er die Materie seiner Schöpfung, die vorher nicht war, selbst erfand (Adv. haer. II, 10, 4).

 

Lehramtliche Bestätigung fand die Lehre von derCreatio ex nihilo dann auf dem IV. Laterankonzil .

bearbeitet von Juergen
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Christoph Overkott
Die traditionnelle Schöpfungslehre sagt, dass der Sachgrund der Schöpfung das Nichts ist.

Der Sachgrund der Schöpfung ist die Liebe.

 

Schließlich ist der Schöpfer selbst die Liebe.

 

Und seinem Abbild dem Menschen hat er Liebe geboten.

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Christoph,

Du verwechselst hier Sachgrund und Motivation.

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Der Sachgrund der Schöpfung ist die Liebe.

Nein! Es ist zu unterscheiden zwischen Sachgrund und Beweggrund:

 

- Sachgrund oder materialer Grund der Schöpfung ist das Nichts.

- Beweggrund oder Motiv oder formaler Grund ist die Liebe, die ewige Agape.

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Nun,

 

die Schöpfung "aus Nichts" ist in der Bibel ein relativ junger Gedanke.

Erstmals ist er in 2Makk 7,28 formuliert.

Neben 2 Makk 7,28 ist wohl auch noch Jes 44,24 als expliziter Hinweis auf die Schöpfung aus Nichts zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind noch einige impliziten Hinweise zu nennen:

- die Schöpfung durch das Wort (Gott ruft durch sein Wort unmittelbar, voraussetzungslos ins Dasein)

- das atl. Gottesverständnis (Gottes Absolutheit und Einzigkeit)

- das Verbum bara, das exklusiv auf das Schaffen Gottes bezogen wird und ein voraussetziungsloses Schaffen meint, in Absetzung vom menschlichen (handwerklichen oder künstlerischen) Schaffen, bei dem immer von einer vorgegebenen Materie ausgegangen wird.

Außerdem befinden sich zwei Hinweise im NT: ein expliziter in Röm 4,17 (wo die Vorstellung von einer creatio ex nihilo mit dem Auferstehungsgedanken verbunden wird), und doch auch ein impliziter im Johannesprolog (Joh 1,3).

 

Handelt es sich denn nun um ein OUK ON oder um ein ME ON?

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Handelt es sich denn nun um ein OUK ON oder um ein ME ON?

Allein an der verwendeten Negation (ou/mh) kann man das nicht festmachen.

 

Ein Partizip wird in der Regel mit ou verneint; das mh steht bei der Verneinung des finalen und kondizionalen Partizips.

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Allein an der verwendeten Negation (<span style='font-family:symbol'>ou/mh) kann man das nicht festmachen.

 

Ein Partizip wird in der Regel mit ou verneint; das mh steht bei der Verneinung des finalen und kondizionalen Partizips.</span>

Ok, dann stelle ich die Frage anders:

 

Handelt es sich um ein absolutes oder ein relatives Nichts,

bzw.

besteht eine dialektische Beziehung zwischen dem Sein und dem Nichtsein oder nicht?

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Ich habe da das eine oder andere Verständnisproblem:

 

Wenn wir das "Nichts" denken, so müssen wir auch das "nicht Nichts" denken, d.h. das "Alles"

 

Wir habe hier absolut elementfremde Mengen vor uns. Eine Schöpfung aus diesem gedachten "Nichts" wäre dann aber die Schnittmenge zwischen "Nichts" und "nicht Nichts".

 

Anders ausgedrückt: "Alles" -"Nichts" = "Schöpfung"

 

Da "Nichts" aber absolut elementfremd zu "nicht Nichts" ist, muss daraus resultieren "Alles" = "Schöpfung"

 

Das aber wäre Pantheismus. Die Auslegung "Creatio ex nihilo" darf die Grundannahmen über Gott nicht ausser Acht lassen:

1. Allmächtig

2. Ewig

3. Alles

 

Nur dieser Ausgangspunkt, denke ich, führt zu einer sinnvollen Auslegung

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Ich habe da das eine oder andere Verständnisproblem:

 

Wenn wir das "Nichts" denken, so müssen wir auch das "nicht Nichts" denken, d.h. das "Alles"

 

Wir habe hier absolut elementfremde Mengen vor uns. Eine Schöpfung aus diesem gedachten "Nichts" wäre dann aber die Schnittmenge zwischen "Nichts" und "nicht Nichts".

 

Anders ausgedrückt: "Alles" -"Nichts" = "Schöpfung"

 

Da "Nichts" aber absolut elementfremd zu "nicht Nichts" ist, muss daraus resultieren "Alles" = "Schöpfung"

 

Das aber wäre Pantheismus. Die Auslegung "Creatio ex nihilo" darf die Grundannahmen über Gott nicht ausser Acht lassen:

1. Allmächtig

2. Ewig

3. Alles

 

Nur dieser Ausgangspunkt, denke ich, führt zu einer sinnvollen Auslegung

Nimm und lies: Tolle lege!

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Ich glaube nicht, daß der menschliche Verstand das Mysterium der Schöpfung begreifen kann, deshalb ist die Begriffsklauberei vom Nichts zwar ein nettes intellektuelles Spiel, führt aber zu nichts. In der frühen Jugend hab ich durch solche Spekulation mal einen Glaubensabfall erlitten: Ich dachte nämlich, daß Gott mit der Schöpfung eigentlich einen Fehler gemacht habe, denn vor aller Schöpfung war er ja allein da, nach dem Ende der Welt würde gewissermaßen eine Zweiteilung alles Seienden übrigbleiben, aus dem absolut Guten wäre also zusätzlich das Böse entsprungen. Also: sacrificium intellectus, so groß ist das Opfer nicht. :lol:

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