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Katholische Kirche in der DDR


orier

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Frage an alle "älteren" katholischen Forenmitglieder hier (keine Neubekehrten bitte). Mich würde mal interessieren, wie ihr die katholische Kirche in der DDR erlebt hat bzw. noch allgemeiner, wie sie war. Ich habe mal gehört, dass sie sich stärker als die protestantische Kirche ("Wir sind Kirche im Sozialismus") vom Staat abgegrenzt hat und den Aspekt der Weltkirche betont hat ("nicht Landeskirche, sondern katholische Kirche in einem Land"). Aber mich würde auch Konkret-Praktisches interessieren: Wie war die Stimmung? Die Mittel? Der Glaube? Das Engagement? Der Priesternachwuchs? ...

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Frage an alle "älteren" katholischen Forenmitglieder hier (keine Neubekehrten bitte). Mich würde mal interessieren, wie ihr die katholische Kirche in der DDR erlebt hat bzw. noch allgemeiner, wie sie war. Ich habe mal gehört, dass sie sich stärker als die protestantische Kirche ("Wir sind Kirche im Sozialismus") vom Staat abgegrenzt hat und den Aspekt der Weltkirche betont hat ("nicht Landeskirche, sondern katholische Kirche in einem Land"). Aber mich würde auch Konkret-Praktisches interessieren: Wie war die Stimmung? Die Mittel? Der Glaube? Das Engagement? Der Priesternachwuchs? ...

Ich gehöre zwar nicht zum angesprochenen Personenkreis, möchte trotzdem etwas dazu beitragen:

 

Die Dresdener Hofkirche (Kathetrale des Bistums Dresden- Meißen) wurde mit Mitteln der Karh. Kirche Westdeutschlands aufgebaut. Obwohl diese Kirche zum Dresdener Schloß gehört gab es vom Staat keine Mittel. Welche zugeständnisse gemacht wurden um die Westkontakte pflegen zu können, weiß ich leider nicht. ab Dienstag bin ich in Dresden, da kann ich ja mal nachfragen.

 

Tschö

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Leider war ich zu dieser Zeit noch recht jung und kann nicht allzuviel beitragen, aber dennoch mal ein paar Zeilen, weil mich das Thema auch sehr interessiert.

 

Fangen wir mal ganz zeitig an. Kirche war ja ein verhaßtes Thema und man wurde grundsätzlich als dumm hingestellt an Gott zu glauben. Im Kindergarten gab es da zum Glück weniger Probleme, weil die Leiterin selbst evangelisch war und auch nicht so ganz linientreu. So war es auch ok, daß ich dienstagvormittags in der Kirche zur Frohen-Herrgotts-Stunde ging. Dies war wie kath. Kindergarten (weil es so etwas nicht gab bzw. ist mir das hier im Umkreis nicht bekannt). Es wurde gebastelt, gespielt, Lieder gesungen, Geschichten erzählt natürlich auch gern in Verbindung zur Bibel und Basteleien und ähnliches auch in Hinblick auf die Vorbereitung wie Ostern, Weihnachten mit den entsprechenden Erläuterungen (man sollte ja auch etwas lernen). Die ältere Frau, die das gemacht hat, war einfach super und ich erinner mich sogar heute sehr gern zurück. Im Kindergarten konnte auch sein was wollte (selbst Fasching oder so) ich bin lieber dorthin gegangen.

 

In der Schulzeit wurde das schon schwieriger. Schon bei der Frage meiner Eltern bei der Einschulung, ob nicht alle kath. Kinder in eine Klasse kommen könnten, weil sie sich doch besser kennen, ging kein Weg rein bzw. wurde selbst gesagt, daß man uns extra getrennt hat. In regelmäßigen Abständen wurde man dann von kommunistisch geprägten Mitschülern immer wieder angegriffen. Heutzutage würde man es wohl Mobbing in alles möglichen Stufen nennen bis hin zum verprügelt werden. Von den ganz treuen Kommunisten wurde man auch sehr gern sonntags nach der Kirche oder nach dem Reli abgefangen und schön befragt, warum man denn dahin geht und was der Blödsinn soll...

Bei der kleinsten Gelegenheit (Evolution, Erdgeschichte) fingen die Lehrer an über die Kirche und das verschobene Weltbild herzuziehen (es gibt auch Ausnahmen bei den Lehrern). Den Pionierquatsch habe ich mitgemacht, aber ich wurde schon so erzogen, daß ganze für unwichtig zu nehmen und sah auch keinen großen Sinn drin mir 1000x das Geschwätz über die großen Kommunisten anzuhören. Zum Glück hatte ich bei den sogenannten Pioniernachmittagen sehr oft Arzttermine und Familienfeiern. Zufall? - Nein!

Reli-unterricht wurde nur von den Gemeinden selbst in den eigenen Räumen angeboten und das ist sehr oft sogar heute noch so!

Zum Glück war die DDR schon so ruiniert, daß ich mich gegen eine Jugendweihe nicht mehr wehren mußte. Interessanterweise wurden die größten Kommunisten (zB Kinder von Stasi-Offizieren) ganz schnell evangelisch und wurden konfirmiert (das ging auch in 2-3 Monaten).

 

Es stimmt das viele Kirchen überhaupt nur mit Westmitteln gebaut werden konnten. Ich will nicht wissen, wieviele Schikanen es dann aber beim Bau selber gab bzw. bis es überhaupt dazu kam.

Ich weiß nur, daß es sehr schwer war dafür Baumaterial aufzutreiben (gab es eh so gut wie nie oder gegen Westgeld und wer hatte das offiziell denn?) bzw. Baufirmen. Oft geschah der Bau dann in unzähligen Arbeitsstunden der Gemeindemitglieder.

 

Leider gibt es auch genug dunkle Seiten. Der Pfarrer, der mich getauft hat, war bei der Stasi und hat auch die Gemeinde schön runtergewirtschaftet, so daß es eigentlich nur noch Gottesdienste gab und keine anderen Aktivitäten/Gruppen. Darunter leiden wir heute noch, denn zB ist unsere Kartei so runtergewirtschaftet, daß wir nicht sagen können wer alles Mitglied ist und wer weiß, wer alles nicht drinsteht (leider kümmert man sich heutzutage auch nicht richtig darum). Meine Hochachtung vor dem Pfarrer (der Nachfolger), der die Stasitätigkeit auch vermeldet hat. Leider wissen wir bis heute nicht welche Gemeindemitglieder mehr gehorcht haben als Beistand zu leisten, denn da soll es auch genügend geben. Unsere Stasiakte ist nur ein Witz, denn die wirklich brisanten Sachen fehlen leider.

 

Im allgemeinen muß man wohl aber doch sagen, daß die evangelische Kirche einen größeren Widerstand geleistet hat und auch in den Vorwendejahren solche Aktivitäten unterstützt hat. Man denke nur an die Friedensgebete in Leipzig, die den Ausgangspunkt für die Montagsdemos bildeten und schon ca. 1 Jahr oder länger im Vorfeld der Demos stattfanden. Natürlich darf man die kath. Beteiligung daran nicht vergessen. Die Evangelen haben aber überwogen.

 

Ich hoffe das war noch zum Thema. Leider kann ich nur von meinen eigenen Erfahrungen berichten, würde aber gern mehr dazu hier lesen.

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Keine Ahnung. Ich weiss nur, dass JPII verhindert hat, dass die Apostolischen Administraturen in der DDR 1978 zu Diözesen aufgewertet wurden. Das war nämlich von Paul VI. geplant, nur ist der gestorben, und der neue Papst, der den Kommunismus kannte, hat das verhindert, da es die DDR gestärkt hätte.

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Schwieriges, weil sehr komplexes Thema, für so einen Forumsbeitrag.

 

Es stimmt das viele Kirchen überhaupt nur mit Westmitteln gebaut werden konnten. Ich will nicht wissen, wieviele Schikanen es dann aber beim Bau selber gab bzw. bis es überhaupt dazu kam.

Ich weiß nur, daß es sehr schwer war dafür Baumaterial aufzutreiben (gab es eh so gut wie nie oder gegen Westgeld und wer hatte das offiziell denn?) bzw. Baufirmen. Oft geschah der Bau dann in unzähligen Arbeitsstunden der Gemeindemitglieder.

 

Kirchbau war nach dem Mauerbau (zeitlich, nicht kausal) offiziell erst mit den Sonderbauprogrammen ab Mitte der 70er Jahre möglich, alle vorherigen Kirchbauten stehen in den 50er Jahren mit den neuentstehenden Gemeinden (heimatvertriebene Katholiken aus den Ostgebieten) bzw. dem Wachstum schon bestehender Gemeinden in Zusammenhang. In den 60er und 70er Jahren gab es eine Reihe Schwarzbauten unterschiedlichster Art, teils Kirchen, teils Gemeinderäume oder Anbauten. Wenn so etwas rauskam, waren die Reaktionen unterschiedlich. Wenn die Kirchen fertiggestellt waren, hat man es meines Wissens zähneknirschend hingenommen. Flog die Sache vorher auf, konnte es schwierig werden. Baustop, Abrißdrohung, Geldstrafe u.ä. waren möglich. Im Fall meiner Heimatgemeinde am Südrand Berlins wurde ein schlichter Gottesdienstraum um die vorherige Notkirche aus Holz gebaut, unmittelbar vor dem ersten Sonderbauprogramm, also illegal. Das Material wurde teils über die Caritas aus dem Westen besorgt, teils über den normalen Baustoffhandel für Privatbedarf. Also mit Schlangestehen, Informationen bekommen, umsonst hinfahren,... Gemauert haben Rentner und Jugendliche aus der Gemeinde, den Bauscheinwerfer hatte ein Kirchenvorsteher von einer Baustelle in Berlin ausgeborgt. Ohne zu fragen, natürlich. Dem Pfarrer hat er erst später davon erzählt, er wird sich aber sein Teil gedacht haben. Als die Sache bekannt wurde, war der Rohbau halb fertig, die alte Kapelle drinnen abgerissen. Neun Monate Baustop mit Notgottesdiensten im Rohbau waren die Folge. Dann kam unerwartet die Baugenehmigung für einen "Umbau", für den man nachträglich den Bauantrag gestellt hatte. Begründungen wurden nicht gegeben, es wurde willkürlich entschieden.

 

In manchen Gemeinden wurden offiziell Garagen gebaut, für die man die Genehmigung bekam, und hat sie dann - etwas überdimensioniert ausgeführt - zur Kapelle umgewidmet. Die Kirche in Geising/Erzgebirge sieht z.B. danach aus, als hätte man so etwas im doppelten LKW-Format an das Pfarrhaus angebaut.

 

Die gleichen Probleme gab es mit der Erhaltung kirchlicher Gebäude. Denkmalschutz an Kirchen war für die DDR erst zum Schluß ein Thema. Kirchliche Kindergärten konnten nur mit Mühe erhalten werden, Schulen gab es mit Ausnahme der Berliner Theresienschule nicht, Kinderheime wurden der Kirche Ende der 50er Jahre weggenommen, um die Erziehung sozialistischer Persönlichkeiten nicht zu behindern. Lediglich um Behinderte durfte sich die Kirche weiter kümmern. Hier hatte der Staat kein Interesse, da diese Menschen nichts für die Produktivitätsideologie hergaben.

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War der Papst eigentlich mal in der DDR?

Nein.

 

Es gab Hoffnungen in dieser Richtung im Zusammenhang mit dem Katholikentreffen 1987 in Dresden bzw. mit einem Papstbesuch in Prag, von dem aus eine Stippvisite per Hubschrauber denkbar gewesen wäre. Ist aber nichts draus geworden. Ich glaube, irgendwo ist dazu auch mal was publiziert worden, bin mir aber nicht sicher.

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Keine Ahnung. Ich weiss nur, dass JPII verhindert hat, dass die Apostolischen Administraturen in der DDR 1978 zu Diözesen aufgewertet wurden. Das war nämlich von Paul VI. geplant, nur ist der gestorben, und der neue Papst, der den Kommunismus kannte, hat das verhindert, da es die DDR gestärkt hätte.

Die Teilung des Bistums Berlin ist zuerst durch den Widerstand Kardinal Bengschs und dann durch den jetzigen Papst verhindert worden. Die Diözesanstruktur hing auch mit der Frage nach der deutschen Einheit zusammen, da Erfurt zu Fulda, Meiningen zu Würzburg, Magdeburg zu Paderborn und Schwerin zu Osnabrück gehörten. Hier war Casarolis Politik sicher mehr im Sinne der DDR. Bei Görlitz lag die Sache anders, da es sich hier um den deutsch gebliebenen Rest der Erzdiözese Breslau handelte. Nach Anerkennung der jetzigen Grenze durch beide deutsche Staaten wurde Görlitz aufgewertet, allerdings nicht zum Bistum. Der Bischof hieß dann aber immerhin Apostolischer Administrator von Görlitz, während seine Mitbrüder (außer Berlin und Dresden-Meißen) Apostolische Administratoren in Erfurt, Magdeburg und Schwerin hießen.

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