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Heiliger des Monats


Olezinsky

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Ein Heiliger des Monats März – Turibio von Mongrovejo

 

Wenn man Berichte über die grausame Eroberung Südamerikas liest oder Filme darüber anschaut, dann fragt man sich oft, warum sich das Christentum dort überhaupt in den Herzen der Menschen verankern konnte. Immerhin war es die Religion, die die Kolonialherren mitbrachten. Wahrscheinlich ist das Bild, das uns von den spanischen und portugiesischen  Konquistadoren gezeichnet wird, oft arg einseitig. Es muss – neben dem bekannten Dominikaner Bartholomeo de las Casas – auch viele andere Zeugen des Evangeliums gegeben haben, die den neuen Glauben „glaub-würdig“ vermittelt haben.

Einer von ihnen war der Spanier Turibio Alfonso von Mongrovejo. Sein Leben weist einige Kuriositäten auf. Geboren 1538, war er schon als junger Mann sehr fromm und wurde nach seinem Studium an der berühmten Universität von Salamanca ein bedeutender kirchlicher Rechtsgelehrter. Seine Ruf als Kanoniker war so groß, dass er vom spanischen König Phillip II. ab 1570 bald für wichtige kirchliche Ämter ausgewählt wurde. Unter anderem machte man ihn zum Vorsitzenden der kirchlichen Gerichtsbarkeit. Zufrieden damit, wie der Gelehrte seine Aufgaben erfüllte, ernannte ihn der König einige Jahre später zum Erzbischof von Lima in der spanischen Kolonie Peru. Papst, Bischofskollegium, Laiengremien und diözesane Pastoralforen hatte zu dieser Zeit in Spanien nicht allzu viel zu melden! Die Sache hatte nur einen Haken, denn Turibio war immer noch Laie, und bekanntlich darf nur ein Priester die dritte Stufe des Weihesakraments, nämlich die Bischofsweihe, für alle anderen empfangen. In aller angemessenen Höflichkeit, aber doch nachdrücklich, wies der fromme Mann seine Majestät auf diesen kleinen Formfehler hin und wagte auch anzumerken, dass er sich selber für unwürdig halte. Der Monarch, immerhin zu seiner Zeit der „Allerkatholischste“, löste das Problem souverän: Er ließ Turibio, ehe der sich versah, schwupps, zwei, drei erst zum Priester und dann zum Bischof weihen. Priestermangel wie heute, gab es unter solchen Umständen keinen. 1580 setzte man ihn auf ein Segelschiff. Die beschwerliche Fahrt über ein von englischen Piraten verseuchten Ozean in ein flächenmäßig riesiges und seelsorgerlich verwahrlostes Bistum begann. Es sollte die erste von vielen mühseligen Reisen werden.

1581 in Lima angekommen, entfaltete der „Jungpriester“ und Erzbischof schnell eine rege pastorale Tätigkeit, die man einem Kirchenrechtler kaum zutraut. Von Anfang an sah er sich vor allem als ein Anwalt der Armen und als Verfechter einer Reform der desolaten kirchlichen Zustände. Alleine seine erste Visitationsreise dauerte sieben Jahre. Und das unter äußeren Umständen, die heute kein Veranstalter von Abenteuerreisen seinen gut ausgerüsteten, zivilisationsmüden Kunden zumuten würde. Straßen und Unterkünfte waren Mangelware, Dschungel, Insekten, wilde Tiere und Rabauken gab es im Überfluss. Insgesamt verbrachte er von seinen 25 Jahren als Erzbischof 17 Jahre auf Reisen und soll dabei jeden noch so abgelegenen Winkel seines Bistums besucht haben. Er gründete Priesterseminare, um den werdenden Geistlichen wenigstens ein Mindestmaß an Bildung vermitteln zu lassen, und bekämpfte unnachsichtig zahlreiche Skandale im Klerus. Er stritt für die Rechte der unterdrückten Indios und legte sich mit den Kolonialbehörden an. Er lernte schwierige Indiosprachen, um den oft nur hastig christianisierten oder heidnischen Indianern die frohe Botschaft von Jesus Christus in einer ihnen verständlichen Sprache zu predigen. Er taufte und ermahnte. Nebenbei veranstaltete er drei Konzilien und dreizehn Diözesansynoden, auf denen man Erfahrungen aus allen kirchlichen Arbeitsfeldern austauschte. Um den Bau und die Ausschmückung der Kirchen machte er sich ebenfalls verdient und war er berühmt für seinen eigenen tiefen Glauben. Die Quellen sind sich uneinig über den genauen Ort seines Todes. Die einen sagen, es sei in Lima gewesen, die anderen sprechen davon, dass er auf einer Reise in ein Indianerdorf die Augen schloss. Der 23. März 1606 sein Todestag, der nach der Reform des Heiligenkalenders auch sein Festtag wurde (früher 27. April). Turibio wurde 1726 heiliggesprochen, aber lange Zeit fast nur in Lateinamerika verehrt.

Aus den Überlieferungen: Einmal ersetzte Turibio einer Frau, die ihre Börse verloren hatte und deshalb heftig zu fluchen begann, den ganzen Schaden, nur weil er sie vor einer solchen Sünde bewahrt wissen wollte. Während seines ganzen Lebens hat er einen Toten erweckt und mehrere Kranke geheilt. An seinem Grab geschahen weitere Wunder. Vor seinem Tod verteilte er seinen Besitz an seine Diener und Arme. Sein Leichnam soll bei der Übertragung vom Todesort nach Lima auch nach einem Jahr noch unverwest gewesen sein.

Menschen anderer Epochen und ferner Orte werden uns immer wieder fremd sein. Auch aus den vorgetragenen Informationen werden wir niemals ein vollständiges Bild gewinnen. Selbst wenn wir den Heiligen heute so kennen lernen würden, wie er tatsächlich war, käme uns manches sonderbar oder allzu streng vor. Andererseits: Zu allen Zeiten wollen die meisten Menschen am liebsten ruhig und bequem leben. Wenn jemand so viele Strapazen auf sich nimmt wie Turibio, um anderen Menschen auf ihrem Weg zu Gott zu helfen, dann verlangt uns das auch heute Respekt ab.

Das Tagesgebet vom 23. März im Stundenbuch der Heiligen lautet:

Barmherziger Gott, durch die apostolische Arbeit des heiligen Bischofs Turibio und seinen Eifer für die wahre Lehre hast du in Lateinamerika die Kirche im Glauben gefestigt. Gib auch den Christen unserer Zeit neue Glaubenskraft und den Mut zu einem heiligen Leben. Darum bitten wir durch Jesus Christus.

Olaf Lezinsky

 

Quellen: Lexikon für Theologie und Kirche, Stuttgart 2001, Das Große Buch der Heiligen, München 1978/1996, Die Heiligen im Jahr des Herrn, Stuttgart 1979, The Oxford Dictionary of the Saints, 1978/11992, kl. Stundenbuch

 

geschrieben für das Monatsblatt der Dominikanerpfarrei St. Paulus in Berlin Moabit   www.sankt-paulus-berlin.de

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