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Interview mit Kardinal Stafford bei ZENIT


Ralf

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Hallo.

 

Hier findet Ihr ein gestern bei ZENIT veröffentlichtes Interview mit dem Präsidenten des Päpstl. Rates für die Laien, Kardinal Stafford, geführt von der Kirchenzeitung der Erzdiözese Boston.

 

Einige Aussagen da finde ich höchst interessant.

 

Ich weiß zwar nicht, ob ich es urheberrechtlich darf (wenn nicht, löschen!), aber ich kopier mal einige Auszüge aus oben verlinkten Text:

 

 

[...]

I: Zunehmende Konflikte zwischen zeitgenössischer Kultur und Glauben scheinen viele Katholiken davon abzuhalten, die Lehre der Kirche auf moralischem Gebiet zu akzeptieren. Wie kann diese Kluft zwischen dem Lehramt und der zeitgenössischen Kultur überbrückt werden?

 

KS.: Ich glaube, dass die Laien uns dabei viel lehren können. Ich denke an Persönlichkeiten aus dem Laienstand wie Alasdair MacIntyre, Charles Taylor, David Schindler, Tracey Rowland in Australien -- eine bedeutende Theologin -- und einige Laientheologen in Großbritannien.

 

Sie weisen uns darauf hin, dass wir in unserem Verständnis der Kulturtheologie dazulernen müssen. Wenn ich diese Theologen richtig verstehe, vertreten sie die Auffassung, dass das Vatikanische Konzil -- besonders Gaudium et Spes -- in seiner Beurteilung der Kompatibilität zwischen postmoderner Kultur und katholischem Glauben zu optimistisch war. Ich stimme dieser Beurteilung in vollem Maße zu.

 

Weiter unten, wieder der Kardinal (KS):

 

Kurz zusammengefasst also lautet die Frage: Ist die moderne Kultur eine “praeparatio-evangelica” [Vorbereitung auf das Evangelium] oder nicht? Und welche Elemente innerhalb der modernen Kultur sind nicht “praeparatio-evangelica”? Wie ich es sehe, werden sich viele Elemente innerhalb dieser Kultur finden, von denen man wird feststellen müssen, dass sie der christlichen Ehe, dem christlichen Verständnis von Gerechtigkeit, der Nächstenliebe und dem christlichen Verständnis von Tugend feindlich gegenüberstehen.

 

I.: Ist dies der Punkt, an dem die Neuevangelisierung ansetzen muss?

 

KS.: Die Neuevangelisierung hängt in erster Linie von dieser Bereitschaft ab, zu einem Urteil über die Kompatibilität oder Nichtkompatibilität der postmodernen Kultur mit dem katholische Glauben zu kommen. Nach meiner Beurteilung hängt alles von diesem Urteil ab.

 

I: Das sind starke Worte, Eure Eminenz.

 

KS.: Nun ja, starke Worte, zu denen eine mutige Bereitschaft kommen muss, das Problem anzupacken. Wenn die Bischöfe der Vereinigten Staaten mit irgend einer Art von Zusammenkommen, sei es zu einer Vollversammlung oder einer nationalen Bischofssynode unter dem Vorsitz des Heiligen Vaters eine Initiative ergreifen, so müssen sie, nach meinem Urteil, vor allem den Mut haben, sich diesem Problem zu stellen.

[...]

 

Was meint Ihr?

 

Zu negativ? Oder doch realistisch und daher irgendwie realistisch negativ? Eine Fehleinschätzung?

 

Ich persönlich stimme einer Aussage unumwunden zu: dass die Evangelisierung durch einen jeden Christen zuallerst von dem genannten Urteil abhängt (auch wenn das unterschiedlich ausfallen kann, doch gefällt werden muss es).

 

Beim Rest grübel ich noch...

bearbeitet von Ralf
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Hallo Ralf,

 

klar, dass man sich in diesem Themenfeld erst mal positionieren muss, um zu einer kohärenten Haltung und damit zu einer Handlungsmöglichkeit zu kommen. Wichtig ist aber, dass man (je nach Blickwinkel , Thematik und persönlicher Erfahrung) zu unterschiedlichen Beurteilungen kommen kann. In der Kirchengeschichte hat es immer beides gegeben: Menschen, die sich um die Integration der jeweiligen Kultur in den Glauben bemühten, und Menschen, die sich "aus der "Welt" zurückzogen, um eine radikalere Form des Christentums zu leben.

 

Um den Heiden das Evangelium nahebringen zu können, hat Paulus alle gesellschaftlich relevanten Fragestellungen konsequent ausgeblendet. Er hat sogar die Sklaverei akzeptiert. Kreuzzüge und Hexenverbrtennungen gab es tatsächlich; beides ist eine Folge des germanischen Verständnisses des Christentums.

 

Franziskus hat weder das eine noch das andere (also weder Anpassung noch Weltflucht) gelebt: durch seinen selbstgewählten Platz bei den Allerärmsten konnte er das Evangelium wörtlich umsetzen, ohne den Kontakt zur zeitgenösischen Kultur abzubrechen.

 

Die Vorstellung, man könnte eine von Grund auf christliche Kultur entwickeln, die man in Abgrenzung zu zeitgenössischen westlichen Kultur propagiert, halte ich aber für eine Illusion. Jede Kultur trägt, da sie naturhaften Charakter hat und Menschenwerk ist, auch den Stempel des Todes. Der christliche Glaube darf sich an keine Kultur binden, er kann auch keine ewig gültige Kultur erzeugen, er kann nur die bestehenden Kulturen befruchten, durchdringen und erlösen.

 

Pace e Bene, Matthias

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Tja, da hast du ein Thema...

Ich komme eigentlich immer mehr zu dem Schluß, daß sich gelebtes Christentum und Kultur nicht miteinander vereinbaren lassen. Es grenzt an ein Wunder, daß das Christentum solange die europäische Kultur bestimmen konnte. Der Papst vertritt ja den Standpunkt, daß das Christentum Kultur werden muß, um tatsächlich zu sein.

Wer hat denn den Unsinn von der "praeparatio evangelica" verfaßt?

Die moderne Kultur ist bekanntlich zutiefst luziferisch, weil stolz, schon in der Renaissance hat man den Menschen in die Mitte gerückt (und Gott zur Seite geschoben!). Das ist doch der Grund, warum die Demut und das Dienen (und somit auch das Christentum) nicht sonderlich geachtet sind.

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Während die Integration früherer Kulturen (Hellenismus, Germanentum, sogar in Südamerika) in das Christentum noch möglich war, befürchte ich, dass eine solche Integration der heutigen mitteleuropäischen Kulturen fast unmöglich sein wird. Dafür gibt es in der Kirche eine zu starke Tendenz, sich der Geschichte zu verweigern. Und so wächst die Kluft zwischen realer Kultur und christlicher Lebensweise Jahr für Jahr.

 

Die Idee, dass man sich dann in einer ziemlich extremen Weise zu entscheiden hat, scheint mir allerdings nicht sonderlich zukunftweisend. Sie führt in ein Gettho, das nur noch eine kleine Minderheit von Menschen beheimaten kann.

Mir erscheint dieser Weg vor allem als eine prima Ausrede, sich mit der modernen oder postmodernen Welt nicht auseinandersetzen zu müssen und wieder inhaltliche Frage durch eine Milieubildung zu lösen.

 

Wenn es eine Lösung dieses Problems geben soll, dann sehe ich nur zwei Möglichkeiten:

1. Die Kirche erlangt ihre integrative Kraft zurück.

2. Durch die Änderung äußerer Umstände bewegt sich die Kultur wieder mehr auf das Christentum zu.

 

Wahrscheinlich wird beides notwendig sein.

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Muss man die Situation so pessimistisch sehen? Ich frage mich, warum so viele Katholiken die "weltlichen Dinge" derart als Bedrohung ansehen.

 

Man kann auch als Katholik sehr gut in der westlichen Kultur leben. Dass die öffentliche Meinung mitunter von Ansichten beherrscht wird, die der eigenen oder der kirchlichen Auffassung widersprechen kann doch wohl kaum als Anzeichen einer Krise angesehen werden.

bearbeitet von Squire
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Muss man die Situation so pessimistisch sehen? Ich frage mich, warum so viele Katholiken die "weltlichen Dinge" derart als Bedrohung ansehen.

So geht es mir auch.

 

Der Kardinal unterstützt hier klar und offensichtlich eine Minderheit, die lautstark "Finsternis" in der Kirche beklagt (schon die wiederholte Verwendung des Schimpfwortes "postmodern" fällt auf). Sein Interview ist eine fast unverhüllte Werbekampagne für Gruppen wie die innerkatholische Kettelhohnsche Sekte ("Neokatechumenat"), die die Kirche in eine vermeintlich bessere Vergangenheit führen wollen.

 

Die Strategie ist immer die gleiche: Die Sünden der Vergangenheit werden schöngeredet, und der moralische Zustand der heutigen Welt wird schlechtgeredet.

 

Man merkt die Absicht, und ist verstimmt.

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Die Strategie ist immer die gleiche: Die Sünden der Vergangenheit werden schöngeredet, und der moralische Zustand der heutigen Welt wird schlechtgeredet.

 

Man merkt die Absicht, und ist verstimmt.

Das möchte ich gerne etwas differenzierter sehen.

Den moralischen Zustand der heutigen Welt muß man nicht schlechtreden, er ist grottenschlecht.

Ob er in früheren (den guten alten) Zeiten wirklich besser war, sei einmal dahingestellt.

Wie ich es sehe, werden sich viele Elemente innerhalb dieser Kultur finden, von denen man wird feststellen müssen, dass sie der christlichen Ehe, dem christlichen Verständnis von Gerechtigkeit, der Nächstenliebe und dem christlichen Verständnis von Tugend feindlich gegenüberstehen.

Dafür waren es früher andere Werte, die einem christlichen Verständnis entgegenstanden.

Hier sei z.B. auf die Anliegen von "Rerum novarum" verwiesen, die von den jungen Industriegesellschaften lange Zeit nicht rezipiert wurden.

 

Es gibt immer gute Gründe für einen zeitgenössischen Kulturpessimismus.

 

Viel wichtiger erscheint es mir, mit wachen Augen die eigene Haltung und Handlungsweise zu beobachten.

..., dass das Vatikanische Konzil -- besonders Gaudium et Spes -- in seiner Beurteilung der Kompatibilität zwischen postmoderner Kultur und katholischem Glauben zu optimistisch war. Ich stimme dieser Beurteilung in vollem Maße zu.

Dem kann ich so nicht zustimmen.

Die Postmoderne ist nicht besser und nicht schlechter als andere Zeiten. Sie verlangt nur andere Antworten.

So verlangt sie (BTW: unsere Zeit als Postmoderne zu bezeichnen ist schon etwas gewagt. m.E. liegt die Postmoderne schon hinter uns.) mehr Verantwortung vonjedem einzelnen. Es existieren quasi keine verbindlichen Normen mehr, die von jedermann im westlichen Kulturkreis anerkannt werden.

Als moralische Stimme ist die Kirche eine im Kanon vieler Stimmen. Damit gilt es für jeden einzelnen zu entscheiden, auf welche Stimme er hören will.

Der Nachteil, ich bekomme die Leitsätze meines Handelns nicht mehr mit der Muttermilch.

Der Vorteil, ich kann mich, wenn ich mich entschieden habe, auf meine persönliche Entscheidung berufen und verantwortlich dazu stehen.

 

Aufgabe der Kirche in dieser Zeit ist es deutlicher zu werden. Ihre Positionen klarer und entschiedener zu vertreten, auch und gerade wenn sie nicht mit dem Mainstream kompatibel sind. Dazu wäre manchmal eine etwas weniger akademische Sprache, weniger unschärfe und weniger Interpretationsspielraum sinnvoll.

 

Für den einzelnen Christen, egal ob Papst, Bischof, Priester oder Laie ist es wichtig sich zu entscheiden.

Und diese Entscheidung im eigenen Umfeld offensiv zu vertreten, indem ich nicht dogmatisch die letzte Wahrheit verkünde, sondern gedanklich den Strömungen unserer Zeit folge und schaue, wie weit ich mitgehen kann ohne mie Profil zu verlieren.

Diesen lobenswerten Versuch hat "Gaudium et spes" gemacht. Ich glaube nicht, daß er gescheitert ist. Ich glaube nur, daß die Konzilsväter einen Auftrag erteilt haben, der von vielen, insbesondere von den Laien noch nicht so ganz rezipiert worden ist.

 

Der Auftrag lautet Christ in der Welt von heute zu sein.

Nicht als Christ der Welt von gestern nachzutrauern.

 

Gruß

Cicero

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»Der Kardinal unterstützt hier klar und offensichtlich eine Minderheit, die lautstark "Finsternis" in der Kirche beklagt (schon die wiederholte Verwendung des Schimpfwortes "postmodern" fällt auf). Sein Interview ist eine fast unverhüllte Werbekampagne für Gruppen wie die innerkatholische Ket[t]elhohnsche Sekte ("Neokatechumenat") [Ha! ha! ha! ha! ha!], die die Kirche in eine vermeintlich bessere Vergangenheit führen wollen. Die Strategie ist immer die gleiche: Die Sünden der Vergangenheit werden schöngeredet, und der moralische Zustand der heutigen Welt wird schlechtgeredet. Man merkt die Absicht, und ist verstimmt.« (KP)

 

Auf die diversen perspektivischen Schieflagen dieser Äußerung erspare ich mir einzugehen. – Wahr ist aber, daß zwischen der Kultur der westlich-aufgeklärten Zivilisation und der Kultur der Kirche eine Versöhnung unmöglich ist. Die beides zu verbinden suchen – wir sehen die Beispiele hier – zerreißen sich am Ende wie Rumpelstilzchen.

bearbeitet von Ketelhohn
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Auf die diversen perspektivischen Schieflagen dieser Äußerung erspare ich mir einzugehen.

Es ist natürlich immer die Frage, ob der Photoapparat schiefgehalten ist, oder ob der Weg schief ist. Das mögen andere beurteilen :blink:

 

– Wahr ist aber, daß zwischen der Kultur der westlich-aufgeklärten Zivilisation und der Kultur der Kirche eine Versöhnung unmöglich ist. Die beides zu verbinden suchen – wir sehen die Beispiele hier – zerreißen sich am Ende wie Rumpelstilzchen.
Wenn Du statt "die Kirche" schreiben würdest "die Kirche, wie Kettelhohn sie gerne hätte", dann könnte ich Dir 100%ig zustimmen.

 

Für mich wäre darin allerdings kein Platz mehr, für die ganzen Schwulen, Weicheier, Taize-Anhänger und andere Abartige hier bei kath.de allerdings auch nicht. Wünschen wir unserer Kirche, dass sie nicht zur Sekte degeneriere.

bearbeitet von Sokrates
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zerreißen sich am Ende wie Rumpelstilzchen.

 

"Das hat dir der Teufel gesagt, das hat dir der Teufel gesagt," schrie das Männlein und stieß mit dem rechten Fuß vor Zorn so tief in die Erde, daß es bis an den Leib hineinfuhr, dann packte es in seiner Wut den linken Fuß mit beiden Händen und riß sich selbst mitten entzwei.

Quelle

 

Mein Bein ist noch noch nicht im Boden versunken und die strukturelle Integrität meiner äußern Hülle ist noch intakt.

 

rumpel2.gif

 

Aber vielleicht meintest Du mich ja gar nicht????

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Aber vielleicht meintest Du mich ja gar nicht????

Ich überlege gerade ohnehin, wer hier manchmal so tut wie das Rumpelstilzchen. :blink:

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Hallo.

 

Unabhängig von dem "Sekten"geplänkel hier (nur mal als Hinweis: per definitionem kann man in keine Vergangenheit führen), ist doch die Wahrnehmung der Kompatibilität der zeitgenössischen westeurop. Kultur mit dem Christentum sehr unterschiedlich.

 

Vielleicht helfen da folgende Fragen weiter:

 

1. Welche Bedeutung soll denn überhaupt das Christentum haben?

2. Wünschen wir uns als Christen überhaupt eine "Durchchristianisierung" Europas? Natürlich nicht bloß dem Namen nach! Oder sind wir mit eienr Rolle unter anderen dauerhaft zufrieden?

3. Und wenn 2.a mit "ja" beantwortet wird, welche kulturellen Elemente stehen dem entgegen? Welche unterstützen dies? Schließlich ist "die Kultur" ja kein monolithischer Block.

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Huhu, Ralf.

 

Warum sollte es schwieriger sein, in dieser mitteleuropäischen Kultur als Christ zu leben, denn zur Zeit der römischen Vorherrschaft? Auch zuvor schon scheint es weniger die Kompatibilität von Christentum um Kultur gewesen zu sein (Jesus und die Juden seiner Zeit), sondern eher die Barriere, die jeder Mensch in sich selbst aufbaut.

 

Es ist nicht leichter und nicht schwieriger Christ in dieser Zeit zu sein als in anderen Kulturen zuvor auch. Der Widerstand ist nicht die Kultur, sondern unser eigenes "Herz".

 

 

Herzliche Grüße

Martin

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Joh 17

 

14 Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, wie auch ich nicht von der Welt bin.

15 Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst.

16 Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.

 

 

Das hat nichts mit einer bestimmten Kultur zu tun, sondern gilt grundsätzlich, wobei mir der Gedanke schwer fällt, denn ich empfinde dieses gehasst werden nicht.

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Das ist nicht die Frage, Martin. Gerade wenn Du das Judentum und die römisch-hellenistische Kultur heranziehst, dann gilt ja, dass sich die jüdischen Gemeinden nicht darauf aus waren, sich damit zu mischen und eher den Einfluss zurückdrängen wollten. Das Judentum ist aber auch nicht missionarisch.

 

Wollen wir die Kultur christianisieren oder nicht? Dabei geht es nicht nur um das Christsein des einzelnen, sondern auch um die Eröffnung des Evangeliums für andere.

 

Du empfindest dieses Gehasstwerden nicht, weil wir (Du wie ich) im allgemeinen selbst viele unchristliche Werte übernommen haben - und einfach auch nicht weh tun. Der Stachel des Christentums ist hierzulande reichlich stumpf.

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Dieser Frage - sollen wir die Kultur christianisieren - stehen zwei Bilder gegenüber, die für mich das Gegenteil sagen. Das Salz salzt, aber verwandelt nicht in Salz, das Licht erhellt, verwandelt aber nicht in Licht - und dann gibt es noch den Hinweis darauf, dass der Weg schmal ist.

 

Mit kommt dabei eher der Begriff "heiligen" in den Sinn. Liegt unsere Aufgabe eher darin, als Christ die Welt durch unser Christ-sein zu heiligen (und nicht zu christianisieren)?

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Hallo,

 

zunächst mal Entschuldigung dafür, dass ich nur sporadisch mitreden kann (Schuljahr hat wieder angefangen).

 

Gerade als Künstler sehe ich es schon als meine Aufgabe an, Kultur auch bewusst christlich zu gestalten, und zwar sowohl ausdrücklich im kirchlichen Bereich als auch ohne viele Worte in der Gesellschaft. Gehasst fühle ich mich tatsächlich nicht (das ist im Rheinland auch schwierig, hier gilt der Grundsatz "jeder Jeck ist anders"), aber es gibt schon sehr wirksame Mechanismen des Verschweigens und Abdrängens. Der Verlauf vieler Gespräche und Teleffonate, weniger mit Musikern, mehr mit Veranstaltern und Medienleuten, ist da schon sehr aufschlussreich.

 

Ralf fragte, welche zeitgenössischen Werte dem Christentum positiv gegenüberstehen. Das ist natürlich schwierig zu beantworten, weil jeder Wert auch eine Schwäche enthält. Deshalb ist miene Auswahl natürlich subjektiv und angreifbar.

 

Positiv finde ich:

 

Jeder geborene Mensch hat das Recht auf Leben, angemessene Versorgung und Bildung.

 

Krieg wird für schlecht gehalten.

 

Weltanschauung allein ist kein Grund für Verfolgung.

 

Grundsätzlich hat jeder Mensch die selben Rechte.

 

Die Kirche ist unabhängig, der Staat versucht nicht, sie zu kontrollieren.

 

Es findet eine Debatte über wissenschaftlichen Fortschritt statt, die sich an ethischen Grundsätzen orientiert.

 

 

Negativ finde ich:

 

Kinderfeindlichkeit

 

Orientierungslosigkeit in Bezug auf Familie und Sexualität.

 

Die spirituelle Leere und die Gottesferne schaffen ein Klima der Depression und der Lebensangst.

 

Der Grundsatz des Grundgesetzes, nach dem die Menschenwürd mit der Befruchtung beginnt, wird nicht eingehalten.

 

Begriffe wie "Soliodarität", "sozial" oder "Gerechtigkeit" werden ausgehöhlt, weil jeder damit seine egoistischen Interessen durchsetzen will.

 

 

Insgesamt muss ich aber sagen: ich komme in dieser Gesellschaft persönlich ganz gut zurecht, und ich kann sicher mehr von meinen Idealen verwirklichen, als das in den meisten anderen gesellschaftlichen Situationen vergangener Zeiten der Fall gewesen wäre.

 

Pace e Bene, Matthias

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Negativ finde ich:

Kinderfeindlichkeit

Hallo Matthias,

 

Das sind ja im wesentlichen nur Schlagworte. Wo machst du diese Kinderfeindlichkeit aus?

 

Orientierungslosigkeit in Bezug auf Familie und Sexualität.

 

Gerade in bezug auf Familie und Sexualität halte ich die Mehrzahl der Menschen in den westlichen Ländern für recht gut "orientiert". Wo siehst du diese Orientierungslosigkeit?

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Hallo Squire,

 

meine Aufzählung sollte ja gerade aus Schlagworten bestehen.

 

ganz kurz:

 

Kinderfeindlichkeit macht sich für mich fest daran, dass

- Kinder praktisch keine Spiel- und Freiräume haben, in denen sie selbst untereinander die Regeln bestimmen

- Kinder das größte Armutsrisiko in dieser Gesellschaft sind, weit vor Arbeitslosigkeit, Alter und Krankheit

- bei Entscheidungen in Betrieben und Unternehmen die Belange der Kinder

der Mitarbeiter Grundsätzlich einen Wert von null haben.

- Erziehungsberechtigte "öffentliche Personen" sind: man darf sie wegen ihrer Kinder kritisieren und beschimfen, auch wenn man sie überhaupt nicht kennt.

 

Du hast selber vermutlich keine Kinder, sonst würdest Du die Frage nicht stellen.

 

 

Die sexuelle Desoriebntierung macht sich daran fest, dass man durch verfrühtes und planloses Herumexperimentieren seine Erlebnis- und Binddungsfähigkeit vergeudet. Später stellt man dann erstaunt und enttäuscht fest, dass man zu wirklich erfüllten und stabilen Beziehungen nicht mehr in der Lage ist.

 

Pace e Bene, Matthias

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<<Wahr ist aber, daß zwischen der Kultur der westlich-aufgeklärten Zivilisation und der Kultur der Kirche eine Versöhnung unmöglich ist. Die beides zu verbinden suchen – wir sehen die Beispiele hier – zerreißen sich am Ende wie Rumpelstilzchen.>>

 

ein bißchen differenzierter geht es auch, lieber robert.

 

http://www.vatican.va/roman_curia/pontific...6061999_ge.html

 

gruss helmut

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