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Sklaven in der jüdischen Familie?


platon

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Wenn Jesus und Paulus nichts unternommen haben, und wenn auch heute diese Frage von mindestens ebenso vielen Nicht-Christen abgelehnt wird - läßt sich dann nicht eher sagen, dass diese Frage nichts spezifisch-christliches berührt?

Lieber Martin,

 

ich kenne das Argument (von Rainer Krenzer?), Jesus sei nicht als revolutionärer Führer gekommen, nun alle sozialen Strukturen auf einem Schlag umzuordnen, sondern er hätte die Wurzeln gelegt, einen roten Faden gezeigt, wie sie sich langsam ändern kann. Gewisse Mißstände anzuzeigen hätten nur Gewalt und auf die entsprechende Lage keine Lösung gebracht.

 

Dieser Rechtfertigung beantwortet Deine Frage insofern nicht, da Jesus anstatt direkt gegen die Sklaverei zu kämpfen, zurückhaltend einige mißfällige Andeutungen hätte machen können. Aber scheinbar verliert er kein einziges Wort über die Sklaven.

 

Das Gebot seinen nächsten wie sich selbst zu lieben, impliziert eine langsame Wandlung, denn man kann nicht jemand versklaven und gleichzeitig erklären, man liebe den Sklaven wie sich selbst. Das entschärft die Situation ein wenig, auch in bezug auf Paulus. Und auch gilt weiterhin das 5. Gebot. Bekanntlich durften die Römer ihre Sklaven töten.

 

Nun, weiter oben hast Du mit einer Begriffsdefinition des Wortes "Sklave" begonnen. Hierbei vergißt man, daß in alten Zeiten Begriffe oft ineinander über gingen. Nur so ist es verständlich, daß in der Schrift einmal vom "Heiligen Geist" die Rede ist, mal vom "Geist Gottes" als Freiheitskern Gottes, mal vom Schöpfergeist, der das Leben in die Erde zum Leben erweckt. Dies alles sind Anzeichen für das ganzheitliche Denken von damals.

 

Ein weiteres. Eine saubere Begriffstrennung gibt es noch nicht mal im Mittelalter. So wird einmal gesagt: "Jesus ist König." und ein anderes mal sagt man: "Maria ist Königin." Obwohl der Satzbau der gleiche ist, wollen diese zwei Sätze in ihrem Sinn verschiedentlich verstanden werden.

 

Zu untersuchen wäre also, wo in welchem Zusammenhang, wenn jemand etwas schreibt, welche Bedeutungsnuancen sich daraus ergeben. Vielleicht kann man das aus dem Text entnehmen, vielleicht aber auch nicht. Und manchesmal helfen außerbiblische Zeugnisse erst, die geschichtlichen Hintergründe zu durchleuchten.

 

Wenn also von den "Sklaven" in der jüdischen Famile und von den "Sklaven" der Römer spricht, dann sagt man das Gleiche, aber man meint nicht dasselbe. Gesetzt, dem Schriftsteller werden Rückfragen gestellt, dann kann er darauf reagieren. Zu erläutern, was allen bekannt ist, das muß ihm noch nicht mal in den Sinn kommen, weil jeder es versteht. Nur heute kommen wir leider in dieses Dilemma, und dabei darf man nicht vergessen, daß die Übersetzungen "heilstheologisch" das enthalten, was wir brauchen, dennoch Anlaß zu vielen Mißverständnissen geben, so daß dem Paulus immer wieder fälschlich Frauenfeindlichkeit und anderes vorgeworfen wird.

 

Grüße, Carlos

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