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Soeren Kierkegaard


Ralf

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Tach allerseits!

 

Ich versuche seit längerem, mein enormes Defizit in abendländischer Philosophie aufzuarbeiten und stieß da vor kurzem auf Kierkegaard, den Begründer der, um den Begriff wird gestritten, Existenzphilosophie (die sich strikt gegen eine auf reine "Vernunft" und Theorie, fernab von persönlichen Erfahrungen und individuellen Einzigartigkeiten gerichtete Art des Philosophierens wendet).

Kierkegaard war ja u.a. auch Christ, sah seine Hauptaufgabe darin, seinen Mitmenschen klar zu machen, dass die "Christenheit" als solche eigentlich gar nicht aus Christen besteht, sondern nur aus (meine Wortwahl) Weicheiern und Fähnchen im Wind, die sich vor jeglicher Konsequenz und Eigenverantwortung drücken.

 

Wer hat sich schon intensiver mit ihm beschäftigt (ich find das bisschen, was ich kenne, sehr interessant)? Was haltet Ihr davon?

 

Paz Y Bien,

Ralf

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"Kierkegaard war ja u.a. auch Christ, sah seine Hauptaufgabe darin, seinen Mitmenschen klar zu machen, dass die "Christenheit" als solche eigentlich gar nicht aus Christen besteht, sondern nur aus (meine Wortwahl) Weicheiern und Fähnchen im Wind, die sich vor jeglicher Konsequenz und Eigenverantwortung drücken. "

 

Hm, kenne K. zwar nicht, aber Konsequenz und Eigenverantwortung riecht mir ein bißchen nach übertriebenen Anforderungen. Seit Adam und Eva gehört weder das eine noch das andere zu den menschlichen Eigenschaften. (Bei mir jedenfalls *g*)

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Hi Ralf,

 

freue mich, auch einen philosophisch interessierten Menschen hier zu treffen. Ich bin - wie ich gestehen muß - Anfänger in Philosophie. Ich habe ein bißchen Schopenhauer gelesen (aber nicht lange), angeregt durch einen befreundeten Psychologen, den ich durchs Schachspielen kennengelernt habe.

 

Kürzlich habe ich ein bißchen über Heidegger gelesen, und fands recht interessant (siehe auch der Technologie-Thread drüben - wer mag darf seinen Senf dazugeben). Kierkegaard kenne ich ehrlich gesagt kaum, aber er scheint mir recht interessant zu sein, nach dem bißchen, was ich gelesen habe.

 

Ich habe eh eine gewisse Affinität zu den skandinavischen Ländern (wenn wir Dänemark dazu zählen - Kiekegaard war ja Kopenhagener), wenngleich ich sagen muß, daß meine Annäherung zu Kunst und Ästhetik über die Musik verlief (da muß man wohl auch Grieg und Sibelius nennen). Ich war nur einmal in Schweden, aber dies hat einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Nun schweife ich ein wenig ab, also wieder zum Thema.

 

"Das Große ist nicht, dieses oder jenes zu sein, sondern man selbst zu sein; und das kann ein jeder Mensch, wenn er es will."  (Kierkegaard)

 

dieser Satz hat mich irgendwie angesprochen.

 

Folgenden Abschnitt möchte ich noch zitieren, und abschließend Stellung dazu beziehen:

 

"Ein Mensch, der stets nur darum bemüht ist, anderen etwas vorzugaukeln, sie über seine tatsächliche momentane Stimmung und seine generelle Natur hinwegzutäuschen, vermag - davon ist Kierkegaard überzeugt - schließlich selbst nicht mehr zu beurteilen, wer er eigentlich ist. Er verliert das Gespür für seinen eigenen Wert, für seine Würde und seine Verantwortung sich selbst und anderen gegenüber. Die Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens ist immer schwieriger zu beantworten, weil eine realistische Selbsteinschätzung dem Ästhetiker zunehmend schwerer fällt. Eine aufrichtige Wahrnehmung und Beurteilung der eigenen Persönlichkeit ist aber unverzichtbare Voraussetzung dafür, sich selbst in der unverwechselbaren Einzigartigkeit der individuellen Fähigkeiten und Taten zu begreifen - zu einem Individuum zu werden."

 

Ich denke, da ist viel wahres dran. Ich kenne Kierkegaards aufs Christentum bezogene Schriften nicht, der obige Abschnitt spricht mich jedoch sehr an.

 

Ich habe selbst in meinem Leben oft gemerkt, daß ich bemüht war, vor anderen "eine gute Figur" abzugeben, was mir meist auch gelungen ist. Das hatte natürlich zur Folge, daß ich oftmals meine eigenen Ansichten zurückgehalten habe.

 

Zur Zeit bin ich eigentlich sehr zufrieden mit meiner Arbeit (dies gelang mir allerdings nur durch viel Geduld), aber das war nicht immer so. Ich hatte auch eine Phase, in der ich beruflich sehr unzufrieden war, ich hatte eine Stelle, die mir absolut nicht lag, ich hatte oft Meinungsverschiedenheiten mit den Kollegen (an denen ich nicht ganz unschuldig war). Freilich war ich drum bemüht, den Anschein zu erwecken, alles im Griff zu haben (aber es war nun mal nicht so).

 

Irgendwann hatte ich mir eine "rutsch-mir-doch-den-Buckel-runter"-Strategie zugelegt, und ich war praktisch nur noch körperlich anwesend auf meiner Arbeitsstelle, was natürlich weder mir noch den Kollegen irgendwas brachte. Ich war heilfroh, als mein Vertrag auslief.

 

Ich war 6 Monate arbeitslos (anfangs wars noch ganz nett, aber mit der Zeit langweilte ich mich), und seit 1.8. habe ich nun eine neue Stelle, in der ich mich einsetze und wo es mir Spaß macht.

 

Ich denke, daß Kierkegaard hier etwas wichtiges ausdrückt: daß man nicht versucht, andren was vorzuspielen, sondern dazu steht, wie man ist (ich könnte auch sagen: wie man von Gott erschaffen ist). Das ist etwas, an dem ich immer noch arbeite.

 

Ich denke, daß man eine realistische Einschätzung von sich selbst braucht, und sowohl seine Stärken als auch seine Schwächen angemessen einschätzen kann.

 

Ich selber bin ein eher kreativer Mensch, ich bin eigentlich wenig impulsiv, eher bedächtig, dafür geduldig. Meist zurückhaltend, verständnisvoll, andererseits oftmals in manchen Dingen recht eigensinnig und manchmal gar nicht bei der Sache (weil meine Gedanken woanders sind). Ich habe oft recht gute Ideen, jedoch schwache Nerven und mein Durchsetzungsvermögen ist leider auch nicht sehr ausgeprägt.

 

Ich habe wenig Disziplin, dennoch kann ich mich einer Sache lange und ausdauernd widmen, wenn ich in der rechten Stimmung bin. Bei Auseinandersetzungen bin meistens ich derjenige, der nachgibt, trotzdem kann ich in manchen Dingen recht beharrlich sein. Ich bin meist gelassen und guter Laune, doch kann mich manchmal eine Kleinigkeit so ärgern, daß ich eine ganze Weile lang unausstehlich bin.

 

Manchmal bin ich ziemlich faul, doch wenn ich in der richtigen Laune bin, bin ich nicht eher zufrieden, bis ich mein Ziel erreicht habe. Ich bin ziemlich launisch, manchmal bin ich zu kaum etwas zu motivieren, zu anderen Zeiten mache ich mehr als man von mir erwartet (was dazu führte, daß ich sowohl ausgezeichnete als auch sehr schlechte Beurteilungen meiner Arbeiten bekam).

 

Wenn ich im Schwung bin (so in etwa wie jetzt), dann schreibe ich drauflos, zu anderen Zeiten überlege ich dreimal, bevor ich nur überhaupt eine Zeile schreibe. Ich bin kein disziplinierter Mensch, sondern eher ein künstlerisch orientierter Mensch, wenn ich gut drauf bin, gelingt mir fast alles, wenn ich schlecht drauf bin, gelingt mir nichts.

 

Wie man sieht, gehört auch zu meinen Schwächen, vom Thema abzuschweifen...

 

Dennoch: ich denke, daß Kierkegaard hier einen sehr wertvollen Gedanken präsentiert: daß man sich selbst als Individuum mit eigenen Eigenschaften (sowohl positiv als auch negativ) begreift und dazu steht(was ja nicht immer einfach ist). Das ist eigentlich auch ein christlicher Gedanke: daß man sich so annimmt, wie man von Gott geschaffen wurde, einzigartig, aber nicht perfekt, sondern mit menschlichen Schwächen behaftet, aber auch mit bestimmten Stärken ausgestattet, die man einsetzen sollte.

 

In diesem Sinne wünsche ich allen, daß sie ihren eigenen Standpunkt finden, und sich als einzigartiges Wesen begreifen, mit Schwächen und Stärken...

 

herzliche Grüße

 

Olli

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