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Augustinus / Kommentar zum Evangelium


Monika

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aus dem Kommentar des heiligen Bischofs Augustinus zum Johannesevangelium

 

 

Jesus, der Herr, hat für seine Jünger gebetet, als sein Leiden bevorstand. Schon manches hatte er mit ihnen geredet, noch bevor er für sie betete. Zu jenen, die er auch Apostel nannte, und mit denen er das Letzte Abendmahl feierte, nahm er auch die übrigen hinzu, die zukünftig an ihn glauben werden. Und er sprach zum Vater: „Nicht für sie allein bitte ich“ – das heißt also für die Jünger, die damals bei ihm waren – „sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden.“ Damit schloß er all die Seinigen ein, also nicht bloß jene, die damals leibhaftig anwesend waren, sondern auch die, die künftig leben werden. Denn alle, die später an ihn glauben, glauben ohne Zweifel durch das Wort der Apostel. Zu ihnen hatte er ja gesagt: „Und ihr werdet Zeugnis geben, weil ihr von Anfang an bei mir seid.“ Durch die Apostel wurde das Evangelium ausgebreitet, und zwar schon bevor es niedergeschrieben wurde. Und gewiß jeder, der an Christus glaubt, glaubt dem Evangelium. Es sind unter den Glaubenden also nicht bloß diejenigen zu verstehen, die zu Lebzeiten der Apostel das Wort hörten. Durch ihr Wort glauben auch wir an Christus – und wir sind ja lange nach dem Tod der Apostel geboren. Die Apostel, die damals bei ihm waren, haben das, was sie von ihm gehört haben, weiterverkündet. So ist ihr Wort bis zu uns gelangt, damit auch wir glauben. Und wo auch immer seine Kirche ist, da wird sein Wort zu den Nachkommen gelangen, die wo auch immer an ihn glauben werden.

 

Der Herr spricht zum Vater: „Sie sollen in uns eins sein.“ Und er fügt hinzu: „Damit die Welt glaubt, daß du mich gesandt hast.“ Was bedeutet dieses Wort? Bedeutet es, daß die Welt dann glauben wird, wenn wir im Vater und im Sohn alle eins sind? Oder ist damit nicht doch eher jener ewige Friede gemeint, der doch mehr der Lohn des Glaubens ist als der Glaube? Denn wir werden ja eins sein, nicht damit wir glauben, sondern weil wir geglaubt haben. Und dennoch: Auch in diesem Leben sind wir gerade wegen des gemeinsamen Glaubens eins, wir alle, die wir an den Einen glauben. So hat ja auch der Apostel gesagt: „Denn ihr alle seid eins in Christus Jesus.“ So sind wir auch jetzt eins, nicht damit wir glauben, sondern weil wir glauben. Was heißt also: "Alle sollen eins sein, damit die Welt glaube"? "Alle", das ist ja die glaubende Welt. Diese "alle", was bedeuten sie anderes als eben die Welt, natürlich nicht die feindliche, sondern die gläubige? Denn siehe, der gesagt hatte: "Nicht für die Welt bitte ich", bittet für die Welt, damit sie glaube. Denn es gibt eine Welt, von der geschrieben steht: "Damit wir nicht mit dieser Welt verdammt werden". Für diese Welt bittet er nicht; denn es ist ihm sehr gut bekannt, wozu sie vorherbestimmt ist. Es gibt dann auch eine Welt, von der es heißt: "Denn der Menschensohn ist nicht gekommen, damit er die Welt richte, sondern damit die Welt durch ihn gerettet werde". Deshalb sagt der Apostel auch: "Gott hat in Christus die Welt mit sich versöhnt". Für diese Welt bittet er, indem er sagt: "Damit die Welt glaube, da Du mich gesandt hast". Denn durch diesen Glauben wird die Welt mit Gott versöhnt, wenn sie nämlich an Christus glaubt, der von Gott gesandt ist. Wir verstehen also, da er bittend sagte: "Damit die Welt glaube", wie er bittend sagte: "Damit alle eins seien", und bittend sagte: "Damit auch sie in uns eins seien". Indem sie glauben, werden sie eins, vollkommen eins.

 

Der Herr sagt zum Vater: "Du hast sie geliebt, wie du mich geliebt hast", was nichts anderes heißt als: Du hast sie geliebt, weil du auch mich geliebt hast. Denn es ist ausgeschlossen, da derjenige, der den Sohn liebt, die Glieder des Sohnes nicht liebt, oder mit anderen Worten: es gibt keinen anderen Grund, seine Glieder zu lieben, als den, da er ihn selbst liebt. Aber er liebt den Sohn nach seiner Gottheit, weil er einen ihm gleichen gezeugt hat; er liebt ihn auch, sofern er Mensch ist, weil das eingeborene Wort selbst Fleisch geworden ist, und wegen des Wortes ist ihm das Fleisch des Wortes der Liebe würdig; uns aber liebt er, weil wir die Glieder dessen sind, den er liebt, und damit wir dies sind, darum hat er uns geliebt, schon bevor wir waren.

 

Unbegreiflich ist daher die Liebe, mit welcher Gott liebt, und nicht veränderlich. Denn nicht erst damals, als wir mit ihm durch das Blut seines Sohnes versöhnt wurden, fing er an, uns zu lieben, sondern vor Grundlegung der Welt hat er uns geliebt, damit mit seinem eingeborenen Sohn auch wir seine Söhne wurden, bevor wir überhaupt etwas waren. Da wir also durch den Tod seines Sohnes mit Gott versöhnt sind, soll man nicht so hören, nicht so vernehmen, als ob uns der Sohn deshalb versöhnt habe, damit er nunmehr anfinge, die zu lieben, die er gehaßt hatte, wie der Feind mit dem Feind versöhnt wird, damit sie dann Freunde sind und einander lieben, die einander vorher gehaßt haben. Vielmehr sind wir mit ihm, der uns bereits liebte, versöhnt worden, nachdem wir vorher mit ihm wegen der Sünde Feindschaft hatten. Somit liebte er uns auf eine wunderbare und göttliche Weise, auch als er uns hatte; denn er hatte uns nicht so, wie er uns gemacht hatte. Und weil unsere Ungerechtigkeit sein Werk nicht in jeder Beziehung vernichtet hatte, so verstand er es, zugleich in einem jeden von uns zu hassen, was wir gemacht hatten, als auch zu lieben, was er gemacht hatte.

 

 

(Quelle Abtei Mariendonk)

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