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Kommentar zum Sonntagsevangelium


Monika

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Aus einer Predigt des Theodor von Mopsuestia über das Gebet des Herrn

 

 

Der Herr lehrt: Wenn ihr euch um das Gebet bemüht, dann sollt ihr wissen, worum ihr Gott bitten müßt. Es ist ja klar, daß ihr euch auch um das bemühen müßt, wofür ihr eure Bitten vorbringt. Was also sollt ihr sagen, wenn ihr betet, und worum müßt ihr euch kümmern?

 

 

„Vater unser im Himmel“, heißt es. Vor allem müßt ihr wissen, was ihr wart und geworden seid und welch große Gabe ihr von Gott erhalten habt. Der Herr sagt: Was durch mich an denen geschieht, die an mich glauben und die meine Jüngerschaft erwählt haben, ist weit erhabener als das, was im Gesetz des Mose als Lebensregel enthalten ist. Denn der erste Bund vom Berg Sinai wurde gegeben, um Knechtschaft zu erzeugen. Sklaven waren sie nämlich allesamt, die unter dem Gesetz der Gebote standen. Sie hatten ihre Verhaltensregeln bekommen, darunter die Todesstrafe, der niemand entrinnen konnte, der einmal wegen Gesetzesübertretung verurteilt war. Ihr aber habt durch mich die Gnade des Heiligen Geistes empfangen, so daß ihr würdig seid, an Sohnes Statt angenommen zu werden. Und ihr habt die Freiheit, Gott Vater zu nennen. Ihr habt nämlich nicht den Geist empfangen, daß ihr wiederum in Knechtschaft und Furcht seid, sondern daß ihr des Geistes für wert erachtet werdet, der an Sohnes Statt annimmt, und in dem ihr in Freiheit Gott Vater nennen könnt. Von nun an habt ihr euren Dienst in Jerusalem und könnt ein Leben in Freiheit führen, ein Leben, das denen gebührt, die durch die Auferstehung unsterblich und unwandelbar geworden sind und als solche im Himmel zuhause sind.

 

 

Ich trage euch auf, „Vater“ zu rufen, sobald ihr eure Freiheit und Würde erkannt habt und auch die Größe, zu der ihr gelangt seid, nämlich daß auch ihr Söhne des Allmächtigen genannt werdet.

 

 

Jesus lehrte seine Jünger, daß sie sagen sollten: „Vater unser im Himmel.“ Denn der Vater sagt: Ich will nicht, daß ihr mich „mein Vater“, sondern ich will, daß ihr mich „unser Vater“ nennt. Den Vater haben nämlich alle die gemeinsam, die auch gemeinsam die Gnade haben, durch die sie an Sohnes Statt angenommen sind. Ihr sollt also dem Vater das Rechte darbringen, und darüber hinaus soll bei euch auch untereinander Eintracht herrschen. Bewahrt die Eintracht, denn ihr seid Brüder und steht unter der Hand des einen Vaters!

 

 

Weiter spricht Jesus: „der im Himmel ist“. Hier vor euren steht das dortige Leben, und euch ist es gegeben, zu diesem Leben hinüberzuschreiten. Weil ihr an Sohnes Statt angenommen wurdet, seid ihr Bürger des Himmels geworden. Der Himmel ist nämlich die richtige Wohnung für die Söhne Gottes. Wer also diese Gesinnung hat, was muß der tun?

 

 

„Geheiligt werde dein Name“, heißt es weiter. Vor allem tut das, was Gott, eurem Vater, die Ehre gibt. Jesus hat nämlich an einer anderen Stelle gesagt: „So soll euer Licht leuchten vor den Menschen, daß sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ Und das ist mit dem Wort „geheiligt werde dein Name“ gemeint. Man könnte nämlich auch sagen: Ihr müßt euch darum bemühen, das zu tun, was der Anlaß ist, daß der Name Gottes von jedermann gepriesen wird. Dabei schaut ihr staunend auf sein Erbarmen und seine Gnade, die über euch ausgegossen wurde und die euch nicht vergebens zu Kindern gemacht hat. Er hat euch in seiner liebenden Zuwendung den Geist gegeben, so daß ihr unendlich wachsen und Fortschritte machen könnt. Er hat euch in die Zucht genommen und zu dem gemacht, was recht ist, damit die Heiden die Würde erlangen konnten, daß sie Gott Vater nennen.

 

 

Weiter lehrt uns der Herr zu beten: „Dein Reich komme.“ Zum Reich Gottes sind wir gerufen, weil Gott uns als seine Kinder angenommen hat. Und wir erwarten, einst mit Christus im Himmel zu sein. Während dieser Zeit müssen wir uns ganz auf das ausrichten, was dieses Reiches würdig ist, und wir müssen tun, was zum himmlischen Leben paßt. Das Irdische aber müssen wir geringachten, und das ist es ja auch. Doch wie soll das geschehen, und wie sollen wir das tun, was der Freiheit unseres Vaters würdig ist? Wie sollen wir dem himmlischen Wandel nachfolgen, und wie sollen wir tun, was der Anlaß für den großen Lobpreis des Gottesnamens ist?

 

 

Indem wir sprechen: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.“ Sein Wille geschieht dann, wenn wir uns in dieser Welt so sehr wie irgend möglich darum bemühen, unser Leben so zu führen, daß es so sei, wie wir das Leben erwarten, das wir einmal in Himmel führen werden. Im Himmel gibt es nichts, das sich gegen Gott aufbäumt, denn die Sünde wird ausgerottet und die Herrschaft der Dämonen vorbei sein. Kurzum, all das, was hier gegen uns streitet, wird dort vernichtet sein. Wir sind ganz vom Willen Gottes umfangen, weil wir mit all unseren Gedanken im Himmel sind, weil wir das wollen und auch tun, was Gott gefällt. Dort gibt es keine Neigung oder Erniedrigung, die uns in Widerstreit zum Willen Gottes bringt. Soweit wir also können, sollen wir in dieser Welt im Willen Gottes ausharren und uns nicht zum Gottwidrigen hin abwenden. Laßt uns also tun, was der selige Paulus uns gebot, indem er sagte: „Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch durch die Erneuerung eures Sinnes, so daß ihr daraus erkennt, was der Wille Gottes ist, das Gute, das Annehmbare und das Vollkommene.“ Das bedeutet: Wir sollen uns nicht dem angleichen, was auf jeden Fall zusammen mit dieser Welt vergehen wird, und das bedeutet, daß sich der Wille unserer Seele nicht dem Wandel dieser Welt angleicht.

 

 

Homilie 11

 

 

 

(Quelle: Abtei Mariendonk )

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