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Jugend und Kirche


Toto

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Immer wieder erleben wir es in unserer Gemeinde...

Jugendliche (abgesehen von den Messdienern) im Gottesdienst ist ein eher seltenes Bild.

Eine (von uns durchgeführte) Umfrage an der ortsansässigen Schule ergab, dass der Glaube nicht wirklich wichtig ist (auf einer Skala von -6 bis +6 etwa bei: 2), Gottesdienst aber unwichtig (-2) .

Auffalend besonders die 18 Jährigen, bei denen der Glaube bei +3 und der Gottesdienst bei -3 liegt.

Aber warum?

Ist die Kirche so veraltet, dass sie kaum zulauf erhält, oder spielt in der heutigen Gesellschaft das kollektive Gebet keine Rolle mehr und jeder steigt zum Individualglaube um?

Welche Möglichkeiten seht ihr Kirche -gerade für Jugendliche- interessanter zu gestalten?

 

Wir veranstalten z.B. mehrfach im Jahr Jugend- und Ministrantengottesdienste. Diese Gottesdienste kommen bei der Gemeinde (nicht nur Jugendliche) so gut an, dass wir sie nun öfter machen sollen.

Zum anderen versuchen wir kirchliche Jugendarbeit "modern" zu gestalten.

Beispiele hierzu sind: Videonächte, Discos, Tanzkurs, etc.

Diese Veranstaltungen sind sehr gut besucht und kommen gut an, aber trotzdem will kaum jemand freiwillig in den Gottesdienst. Ist er zu unnahbar?

 

Vielleicht ändert sich das ja im Laufe der Zeit, vielleicht kommen neue Ideen...

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Vielleicht ist es einfach so, daß zwar Gemeinschaftserlebnisse gesucht werden, man sich aber auf Verbindlichkeit Forderndes (Glaube und Kirche) nicht einlassen will?

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Franciscus non papa

der erste schritt ist sicher notwendigerweise den glauben vorzuleben, die fernstehenden zu begeistern, erst dann hat es sinn, zu erwarten, dass sie zum gottesdienst kommen....

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Ich denke den Glauben vorzulebe ist der Wichtigste Schritt, denn nur wenn wir authentisch sind, sind wir auch interessant und ansprechend.

Unser Religionspädagogik Prof sagte etwas über den Reliunterricht was man überhaupt auf die Weitergabe des Glaubens beziehen läßt:

"Keine gelehrter Glaube ohne gelebten Glauben". Es gibt in unserer Kirche, so sehr ich sie auch liebe, Dinge die Christus sicher verdammt hätte und die nicht dem Glauben entsprechen. Als Beispiel:Wie kann ich das Zölibat hochhalten, aber gleichzeitig Priestern Kinder bezahlen?

Ich möchte auch Priester werden, aber solche Dinge werden mir dann auch vorgeworfen. Sicher ist keiner absolut heilig, aber versuchen wir es, denn wir sind zur Heiligkeit berufen.

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Die Steigerung der Attraktivität von Sonntagsgottesdiensten gleicht der Quadratur des Kreises. Wir leben in einer Gesellschaft, die - Gott sei's gedankt! - nicht mehr so kollektivistisch und obrigkeitshörig wie noch vor fünfzig Jahren ist, sondern vielmehr individualistischer und selbstbestimmter. Wer das zurückdrehen möchte, hat nichts verstanden.

 

Wir brauchen ja gerade mündige Christen, die den Glauben nach außen hin sichtbar und faszinierend vertreten. Duckmäusertum und blinder Glaubensgehorsam helfen da wenig.

 

Nun ist es aber so, daß die Sozialisation von Kindern und Jugendlichen eben auch vollkommen anders verläuft als noch vor fünfzig Jahren. Sei es im Laissez-faire-Stil oder der antiautoritären Erziehung, vielleicht bestenfalls der partnerschaftlichen Begleitung eines Kindes auf dem Weg zum Erwachsenen: Glaubensinhalte und Gottesdienstformen einzutrichtern, ohne sie zu reflektieren, geht heute eben nicht mehr.

 

Jugendliche haben ihre eigene Sprache, ihre eigene Musik, ihre eigenen Freunde. Sie wollen sich bewußt von der Kultur der Erwachsenen abgrenzen (was ja wohl immer schon so war seit Adam und Eva). Nur heute können sie es tatsächlich auch tun, ohne größere Sanktionen zu erwarten.

 

Nehmen wir nur ein Thema, die Musik im Gottesdienst, die ich als nebenamtlicher Organist mitzuverantworten habe. Ich spiele in der Sonntagsmesse fast ausschließlich "klassische" Musik des 16. - 19. Jahrhunderts, keine "schräge" moderne Musik, keinen Jazz, keinen Sacro-Pop. Ich tue das deswegen, weil ich bestimmte musikalische Vorlieben habe, die ich auch den Leuten vermitteln möchte. Selbst wenn ich nun, in Anbiederung an irgendeinen modernen "Zeitgeist", Jazz auf der Orgel spielte (was auch nicht immer befriedigend möglich wäre), liege ich immer noch meilenweit vom Mainstreamgeschmack der meisten Kids entfernt. Die hören nämlich HipHop, Indie, Punk und was auch immer. Also alles Musik, die sich meines Erachtens nicht in den Gottesdienst integrieren läßt.

 

Ich finde das nicht schlimm, sondern respektiere, daß Jugendliche meine traditionelle Orgelmusik vielleicht bestenfalls seltsam, schlimmstenfalls ätzend finden. Wenn nicht schon im Elternhaus eine Sozialisation hin zu klassischer Musik stattfindet, wird sich der Jugendliche normalerweise auch im Erwachsenenalter nicht mehr dieser Musikrichtung zuwenden. Musikalische Sozialisation ist ganz klar eine Frage der Bildungsschicht. Nur wohlhabende Bürger leisten sich Instrumentalunterricht für ihre Kinder; der Rest dreht einfach Fernseher und Radio an und konsumiert passiv Mainstream-Popmusik.

 

All diese Phänomene führen dazu, daß immer weniger Jugendliche und in der Folge auch Erwachsene Orgelmusik überhaupt noch intellektuell nachvollziehen können. Wenn dann zu "langweiliger Ätzmusik" noch ein uralter Pfarrer über den Verfall von Anstand und Moral predigt, was wundert es dann, daß sich die meisten Jugendlichen abwenden?

 

Das alles ist eine Bestandsanalyse. Ich finde das weniger schlimm, ich konstatiere zunächst nur. Eine Lösung gibt es meines Erachtens auch nicht dafür. Die Volkskirche existiert in Europa schon heute nicht mehr. Es wird darauf hinauslaufen, daß mindestens die Hälfte der Kirchen geschlossen und abgerissen wird und sich in größeren Gemeinden Seelsorgezentren bilden, die dann allsonntäglich eine breite Palette von Gottesdienstformen anbieten werden - vom lateinischen Hochamt bis hin zur Sacro-Pop-Jugendmesse. Wenn es dann überhaupt noch genügend Gläubige gibt, die sich für dieses Angebot interessieren...

bearbeitet von RationisCausa
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Ich gebe Dir ja bei so manchem Recht, aber:

 

Wir leben in einer Gesellschaft, die - Gott sei's gedankt! - nicht mehr so kollektivistisch und obrigkeitshörig wie noch vor fünfzig Jahren ist, sondern vielmehr individualistischer und selbstbestimmter. Wer das zurückdrehen möchte, hat nichts verstanden.

 

und

 

Glaubensinhalte und Gottesdienstformen einzutrichtern, ohne sie zu reflektieren, geht heute eben nicht mehr.

 

dabei kann ich Dir nicht folgen. Ich finde weder den überbordenden Individualismus besonders toll noch bin ich der Ansicht, daß das Denken erst von den 68ern, die soviel zerstört haben, erfunden wurde. Es gab auch vorher eine lebendige liturgische Bewegung in den Gemeinden und das mit der Reflektion ist heute wahrscheinlich nicht weiter verbreitet als vor 50 Jahren. Mir sträubt sich immer alles, wenn ich lesen muß, daß unsere Vorfahren nur dumpfes obrigkeitshöriges Stimmvieh gewesen sein sollen.

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Ich rede ja nicht einem "überbordenden Individualismus" das Wort - davon kann gar keine Rede sein. Es geht mir bei Individualismus darum, daß es natürlich ein von der breiten Masse der Bürger kollektiv akzeptiertes Gemeinwesen gibt, aber in den Ausdifferenzierungen viel mehr Zwischentöne möglich sind als früher.

 

Beispiel: Früher durfte ich nicht in Jeans und T-Shirt in die Kirche gehen - O-Ton meiner Mutter: "So gehst Du mir nicht aus dem Haus!". Ich kann bis heute nicht verstehen, warum man einen besonderen "Sonntagsstaat" anziehen muß, um dem Herrn zu gefallen. Es kommt vorrangig auf die innere Einstellung an. Daß man nicht mit Shorts und Achselshirt geht, dürfte sich eigentlich von selbst erschließen, aber lockere Freizeitkleidung? Warum denn nicht!? Heute geht das selbstverständlich.

 

Und bitte: nicht immer dieses ewige Herumgehacke auf den ach so bösen 68-ern, die laut Soames "so viel zerstört" haben. Jede Zeit hat ihre Propheten, manchmal falsche, manchmal richtige. Ich kann nicht erkennen, welche Grundwerte die sog. 68-er zerstört hätten, wirklich nicht. Die sexuelle Revolution z.B. hat allenfalls in den Medien stattgefunden, ganz sicher aber nicht in den Köpfen der Leute. Die sind heute noch genauso angepaßt und eingefahren wie früher.

 

Und das zweite Vaticanum wurde ja wohl ganz sicher nicht von den 68-ern initiiert - das haben der Papst und die Bischöfe verabschiedet!

 

Im übrigen wurde zu allen Zeiten von Seiten der Erwachsenen über den moralischen Verfall der Werte insbesondere unter Jugendlichen gewettert - schon im alten Griechenland und bei den Römern - das ist wahrlich nichts neues.

Ich bin ja mit 31 Jahren auch schon ein Grufti, bemühe mich aber, wenigstens ansatzweise zu verstehen, was junge Menschen bewegt und umtreibt. Als Lehrer sollte man das ja auch schon von Berufs wegen tun...

 

Früher trug ich Schlabberhosen mit durchgescheuerten Knien und Palästinenser-Halstücher. Heute bevorzuge ich konservativ angehauchte Kleidung mit sportlichen Akzenten -

tempora mutantur et nos mutamur in illis
... bearbeitet von RationisCausa
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Im übrigen wurde zu allen Zeiten von Seiten der Erwachsenen über den moralischen Verfall der Werte insbesondere unter Jugendlichen gewettert - schon im alten Griechenland und bei den Römern - das ist wahrlich nichts neues.

Ich bin ja mit 31 Jahren auch schon ein Grufti, bemühe mich aber, wenigstens ansatzweise zu verstehen, was junge Menschen bewegt und umtreibt. Als Lehrer sollte man das ja auch schon von Berufs wegen tun...

Und dass es nicht so ist, dass es keinen verfall der Werte unter Jugendlichen gibt, solltest du dann aber auch wissen:

Beispiel:

72-Stunden-Aktion

Da machen Jugendliche was soziales...

Aber das Jugendliche heute irgendwie "seltsam" sind das sollte man auch wissen. Die Lehrer sehen das alle nicht, aber was da heutztage abgeht ist kaum vorstellbar.

Da werden in der Schule Drogen konsumiert und (mit 13!!!) geraucht und die Lehrer schauen weg. Da frag ich mich, ist sowas normal???

Einerseits scheint Lehrern und Eltern alles egal zu sein, was ihre Kinder machen, andererseits ist das einer der Gründe, warum Jugendliche kein Interesse mehr für Glaube haben.

Wenn man sagt: Ich bin in der Kirche aktiv, dann ist man "out".

Das geht mir so und das ging mir so.

Aber dann muss man "kämpfen". So kann man akzeptiert werden.

Wir bitten euch aber, liebe Brüder, erkennt an, die an euch arbeiten und euch vorstehen in dem Herrn und euch ermahnen; habt sie um so lieber um ihres Werkes willen. Haltet Frieden untereinander. 1 Thessalonicher 5,12 f.
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Es gibt in unserer Kirche, so sehr ich sie auch liebe, Dinge die Christus sicher verdammt hätte und die nicht dem Glauben entsprechen. Als Beispiel:Wie kann ich das Zölibat hochhalten, aber gleichzeitig Priestern Kinder bezahlen?

ist zwar off-topic aber:

 

Priestern werden keine Kinder bezahlt, sondern Kinder von Priestern werden finanziell unterstützt. Und das ist auch gut so. Was kann das Kind dafür, dass sein Vater Priester ist? Es geht hier um die finanzielle Absicherung von Kindern - und nicht um die Belohnung von Priestern, die ihr Zölibatsversprechen gebrochen haben.

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Insgesamt muss man wohl sagen, dass sich der Verlust volkskirchlicher Strukturen vor allem bei den Jungen zeigt. Es ist einfach gesellschaftlich nicht mehr sanktioniert Sonntags nicht in die Kirche zu gehen. Und das ist auch gut so. Die Glaubensentscheidung wird somit zentral. Und hier gibt es eben unterschiedliche Welterklärungsmodelle und sinnstiftende Erfahrungen. Aus ihnen müssen wir alle (nicht nur die Jugendlichen) wählen und uns an ihnen (und sie an uns) bewähren. So einfach - so kompliziert.

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ist zwar off-topic aber:

 

Priestern werden keine Kinder bezahlt, sondern Kinder von Priestern werden finanziell unterstützt. Und das ist auch gut so. Was kann das Kind dafür, dass sein Vater Priester ist? Es geht hier um die finanzielle Absicherung von Kindern - und nicht um die Belohnung von Priestern, die ihr Zölibatsversprechen gebrochen haben.

Mir geht es nicht darum den kindern kein Geld zu bezahlen, aber warum zahlen das die Diözesen, und nicht die Priester selbst? Dass sie es nicht selbst bezahlen, bis zum 3., das weiß ich ganz sicher aus guter Quelle.

Das ist es was mich stört, denn irgendwie ist es doch eine Unterstützung. Ich weiß wieviel ein befreundeter Priester verdient, und das reichte sicher zur Absicherung von mehreren Kindern, ohnbe dass er am Hungertuch nagen müßte!

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ist zwar off-topic aber:

 

Priestern werden keine Kinder bezahlt, sondern Kinder von Priestern werden finanziell unterstützt. Und das ist auch gut so. Was kann das Kind dafür, dass sein Vater Priester ist? Es geht hier um die finanzielle Absicherung von Kindern - und nicht um die Belohnung von Priestern, die ihr Zölibatsversprechen gebrochen haben.

Mir geht es nicht darum den kindern kein Geld zu bezahlen, aber warum zahlen das die Diözesen, und nicht die Priester selbst? Dass sie es nicht selbst bezahlen, bis zum 3., das weiß ich ganz sicher aus guter Quelle.

Das ist es was mich stört, denn irgendwie ist es doch eine Unterstützung. Ich weiß wieviel ein befreundeter Priester verdient, und das reichte sicher zur Absicherung von mehreren Kindern, ohnbe dass er am Hungertuch nagen müßte!!!

Da hat dein befreundeter Priester aber Glück dass es in seiner Diözese so ein tolles Besoldungsschema gibt. Im allgemeinen kann man bei Priestern ja nicht von einem "normalen" Arbeitsverhältniss sprechen, da sie von ihren Diözesesn oder Ordensgemeinschaften inkardiniert sind. Das bedeutet dass sich die Diözese bzw. der Orden um ihre Versorgung kümmert (ihnen eine Wohnung, Spesen und genügend Geld für den alltäglichen Gebrauch zur Verfügung stellt, sich aber auch pensionsrechtlich etc. um sie kümmert) - aber dass da genügend übrigbleibt um ausreichend Alimente zu bezahlen, kann ich mir nicht vorstellen. Kinder sind nun einmal teuer. Und ich würde nicht einsehen warum das Armutsgelübde vererblich sein sollte ....

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In unserer Diözese werden Priester besoldet und müssen für die genutzten Quadratmeter im jeweiligen Pfarrhaus auch Miete bezahlen......

Wir sollten das hierbei belassen, sonst driften wir völlig vom Thema ab.

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Ich rede ja nicht einem "überbordenden Individualismus" das Wort - davon kann gar keine Rede sein. Es geht mir bei Individualismus darum, daß es natürlich ein von der breiten Masse der Bürger kollektiv akzeptiertes Gemeinwesen gibt, aber in den Ausdifferenzierungen viel mehr Zwischentöne möglich sind als früher.

 

Beispiel: Früher durfte ich nicht in Jeans und T-Shirt in die Kirche gehen - O-Ton meiner Mutter: "So gehst Du mir nicht aus dem Haus!". Ich kann bis heute nicht verstehen, warum man einen besonderen "Sonntagsstaat" anziehen muß, um dem Herrn zu gefallen. Es kommt vorrangig auf die innere Einstellung an. Daß man nicht mit Shorts und Achselshirt geht, dürfte sich eigentlich von selbst erschließen, aber lockere Freizeitkleidung? Warum denn nicht!? Heute geht das selbstverständlich.

 

Und bitte: nicht immer dieses ewige Herumgehacke auf den ach so bösen 68-ern, die laut Soames "so viel zerstört" haben. Jede Zeit hat ihre Propheten, manchmal falsche, manchmal richtige. Ich kann nicht erkennen, welche Grundwerte die sog. 68-er zerstört hätten, wirklich nicht. Die sexuelle Revolution z.B. hat allenfalls in den Medien stattgefunden, ganz sicher aber nicht in den Köpfen der Leute. Die sind heute noch genauso angepaßt und eingefahren wie früher.

 

Und das zweite Vaticanum wurde ja wohl ganz sicher nicht von den 68-ern initiiert - das haben der Papst und die Bischöfe verabschiedet!

 

Im übrigen wurde zu allen Zeiten von Seiten der Erwachsenen über den moralischen Verfall der Werte insbesondere unter Jugendlichen gewettert - schon im alten Griechenland und bei den Römern - das ist wahrlich nichts neues.

Ich bin ja mit 31 Jahren auch schon ein Grufti, bemühe mich aber, wenigstens ansatzweise zu verstehen, was junge Menschen bewegt und umtreibt. Als Lehrer sollte man das ja auch schon von Berufs wegen tun...

 

Früher trug ich Schlabberhosen mit durchgescheuerten Knien und Palästinenser-Halstücher. Heute bevorzuge ich konservativ angehauchte Kleidung mit sportlichen Akzenten -

tempora mutantur et nos mutamur in illis
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Das rührt ein weiteres Grundproblem an, nämlich das Verhältnis von Inhalt und Form. Es ist wohl kein Streitpunkt, daß nur die Beachtung der äußeren Form genüge. Nur weil ich mit gefalteten Händen in der Kirche knie und Gebete murmele, bin ich keineswegs besonders christlich. Warum jedoch das Gegenteil stimmen sollte, ist aber auch nicht ersichtlich. Auf die Mischung kommt es an.

 

Und da ist beim "Sonntagsstaat" einfach mal festzuhalten: Wenn ich zu einer Feier bei einem befreundeten Menschen gehe oder eine Ehrung eines Bekannten ins Haus steht, kleide ich mich zur Feier des Tages besonders festlich. Indem ich mir auch in Äußerlichkeiten Mühe gebe, zeige ich, daß mir an diesem Menschen etwas liegt. Genau dies trifft wohl auch auf unser Verhältnis zu Gott zu.

 

Dieses festliche Einkleiden ist selbstverständlich ganz situationsabhängig. In armen Ländern und sicher auch in Deutschland oft genug ist damit "sauber und ohne Löcher" gemeint, wenn ich aber bessere Kleidung habe, warum soll ich sie am Sonntag nicht in die Messe anziehen?

 

Wenn ich betont schlampig herumlaufe, wird wohl niemand mir abnehmen, daß mir so besonders viel an dem Anlaß liegt.

 

Der Verfall allgemeingültiger Ordnungen in Europa hat aber, und das muß man leider anerkennen, dazu geführt, daß es keine allgemein akzeptierte Art offizieller oder eben angemessener Kleidung mehr gibt und sich damit vieles nach unten nivelliert. Mir gefällt es nicht, andere finden gar nichts dabei und den nächsten gefällt es so sogar viel besser. Ob es aber besser oder auch nur sinnvoll ist, bleibt die Frage.

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Insgesamt muss man wohl sagen, dass sich der Verlust volkskirchlicher Strukturen vor allem bei den Jungen zeigt. Es ist einfach gesellschaftlich nicht mehr sanktioniert Sonntags nicht in die Kirche zu gehen. Und das ist auch gut so.

Diesen Schluß bitte ich doch mir zu erklären. Sicher wird es damit eine bewußtere Entscheidung des einzelnen. Aber da der Herdentrieb beim Menschen doch zur Normalausstattung gehört, ist es sehr hinderlich. In alten Zeiten hatten die meisten Menschen aufgrund der sozialen Sanktionierung wenigstens Veranlassung, den Glauben und die Kirche kennenzulernen. Was sie dann daraus machten war ihre Sache, solange die äußeren Formen halbwegs eingehalten wurden. Heute dagegen hält der Herdentrieb viele Menschen sicher besonders fern von Kirche und Glauben. Damit geht vielen Menschen eine große Chance verloren. Was bitte ist daran gut? Und bitte jetzt nicht mit dem Märchen von einem ganzen Land voll mit kritischen, entscheidungsfreudigen und eigenständig denkenden Menschen kommen! Dies gibt es immer, aber es ist in dieser Konsequenz nicht die breite Masse.

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In alten Zeiten hatten die meisten Menschen aufgrund der sozialen Sanktionierung wenigstens Veranlassung, den Glauben und die Kirche kennenzulernen. Was sie dann daraus machten war ihre Sache, solange die äußeren Formen halbwegs eingehalten wurden.

Das erinnert mich an Thomas Hobbes: "Auctoritas non veritas facit legem"

Solange die äußeren Formen eingehalten werden, kann jede und jeder glauben was ihm / ihr gefällt. Hauptsache man geht sonntags in die Kirche und wird beim vorehelichen Sex nicht erwischt ... Die Frage nach der Wahrheit wird einfach als unbeantwortbar ausgesetzt.

 

Gerade in Zeiten des absoluten Markts und der Instrumentalisierung von Menschen halte ich aber einen persönlichen und überzeugten Glauben für unersetzlich. Und der wird eben unterschiedlich ausfallen, vielleicht bei vielen sogar a-religiös. Aber wer sagt uns eigentlich dass wir als Kirche alle Jugendlichen gewinnen müssen (oder 50 % oder 25 % oder 10 %), Hauptsache Gott gewinnt sie für sich und wir können als Kirche vielleicht helfen Jugendliche zu ihm zu führen. Aber insgesamt sind seine Wege wohl unergründlicher als wir glauben ...

bearbeitet von Kryztow
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Jedenfalls scheint es mir nicht besonders hilfreich zu sein Jugendliche grundsätzlich als glaubensfern und gleichgültig darzustellen. Das stimmt so einfach nicht. Vielleicht ist es bei den meisten wirklich nicht mehr die Kirche die ihre religiösen Erfahrungen prägt, aber ich glaube dass auch heutige Jugendliche als Glaubenssubjekte wahrgenommen werden müssen. Mit all ihren Ängsten, Freuden, Hoffnungen, Erfahrugen etc. Ihnen einfach zu sagen: "Aber wir haben was viel besseres, übernehmt einfach unseren Glauben" ist ein bisschen zu wenig. Erst im Dialog zwischen überlieferten und gelebtem Glauben (in all seinen Formen) kann soetwas wie Verkündigung funktionieren. Inkulturation ist eben nicht nur etwas für die Mission.

 

Ausserdem halte ich es für wichtig die Jugenlichen mit Glaubensthemen zu konfrontieren und nicht immer mit moralischen Vorschriften und innerkirlichen Strukturproblemen zu belästigen. Denn erst der Glauben lässt so manches Gebot oder so manche Struktur verstehen und befähigt einen sich dazu zu positionieren.

bearbeitet von Kryztow
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Zwei weitere Holzwege die mir einfallen:

 

Ich halte es für ziemlich lächerlich zu versuchen Jugendlichen ihre Lebenswelt in der Kirche zu verdoppeln. Seht her wir können auch Techno spielen und so ... Ich käme mir als Jugendlicher nicht ernst genommen vor, wenn Erwachsene meine Lebenswelt nachäffen und glauben mich damit zu berühren. Nein, da ginge es mir mehr darum meine eigene Lebenswelt einzubringen und eine Möglichkeit Dinge auszudrücken die mich wirklich berühren. Hören wir den Jugendlichen doch endlich einmal zu, anstatt immer zu glauben dass wir besser wissen was ihnen gefällt oder gut für sie wäre.

 

Ausserdem halte ich es nicht gut zu sehr auf Wellness zu setzen. Was sind die Vorteile eines gläubigen Lebens etc. Ich weiß der Trend geht in die Richtung, dass man sich am religiösen / esoterischen / sinnstiftenden Markt zusammensucht, was einem im Moment gerade gut tut - aber das Christentum ist eben auch Kreuz. Und gerade in der Spannung von Kreuz und Auferstehung kommt die ganze Welt zum Ausdruck, mit all den Schwierigkeiten mit denen auch Jugendliche tagtäglich konfrontiert sind. Diese Spannung auszuhalten hat nichts mit Wellness zu tun - im Gegenteil, gerade deswegen halte ich es für eher lächerlich mit Vorteilen des gläubigen Lebens hausieren zu gehen ... Es geht um Sinn und nicht um den schnellen psychologischen Vorteil.

bearbeitet von Kryztow
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In alten Zeiten hatten die meisten Menschen aufgrund der sozialen Sanktionierung wenigstens Veranlassung, den Glauben und die Kirche kennenzulernen. Was sie dann daraus machten war ihre Sache, solange die äußeren Formen halbwegs eingehalten wurden.

Das erinnert mich an Thomas Hobbes: "Auctoritas non veritas facit legem"

Solange die äußeren Formen eingehalten werden, kann jede und jeder glauben was ihm / ihr gefällt. Hauptsache man geht sonntags in die Kirche und wird beim vorehelichen Sex nicht erwischt ... Die Frage nach der Wahrheit wird einfach als unbeantwortbar ausgesetzt.

 

Gerade in Zeiten des absoluten Markts und der Instrumentalisierung von Menschen halte ich aber einen persönlichen und überzeugten Glauben für unersetzlich. Und der wird eben unterschiedlich ausfallen, vielleicht bei vielen sogar a-religiös. Aber wer sagt uns eigentlich dass wir als Kirche alle Jugendlichen gewinnen müssen (oder 50 % oder 25 % oder 10 %), Hauptsache Gott gewinnt sie für sich und wir können als Kirche vielleicht helfen Jugendliche zu ihm zu führen. Aber insgesamt sind seine Wege wohl unergründlicher als wir glauben ...

Du hast mich leider nicht richtig verstanden. Ich hatte diesen Gedanken als Erklärung benutzt für die Tatsache, daß die Zahl der Kirchenmitglieder immer weiter zurückgeht. Daß diese Haltung als solche gut sei, habe ich nicht geschrieben. Aber solche Zwänge führen eben nicht nur zu inhaltslosen Leerformeln im Verhalten der Menschen, sondern können sicher viele auch dazu führen, den Glauben überhaupt kennenzulernen und als sinnvoll für ihr Leben zu entdecken. Keine Entwicklung dieser Welt hat a priori nur gute oder nur schlechte Folgen. Die Medaille hat zwei Seiten, wir sollten uns daran gewöhnen.

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