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Syllabus errorum etc.


Gast jakob

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Die Päpste sind zwar unfehlbar, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen, sie haben aber nicht die "Christlichkeit" für sich gepachtet. Ich finde einen solchen Index, mit dem die Glaubenskongregation Schriften verbieten muß völligen Quatsch! Wenn´s halt mit Argumenten nicht mehr geht, dann kommt die Keule aus Rom?!

 

Liebe Grüße

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>> wie du im syllabus "göttliches recht" erkennen kannst, ist mir unbegreiflich. << (Oestemer an Ketelhohn)

 

 

Mir ist es begreiflich, da ich unseren Freund inzwischen lange genug kenne. Einige Gesichtspunkte ergeben sich aus dem nachfolgenden Aufsatz:

 

"- Die Schutzbehauptung, Pius IX. habe im "Syllabus" (1864) lediglich einen kirchenfeindlichen Liberalismus bekämpft, trifft die historische Realität nicht. Die Forschungen Martinas belegen, daß der Papst vor allem den "katholischen Liberalismus" treffen wollte, der keineswegs bequemer Anpassung der Kirche an den Zeitgeist das Wort redete, sondern die Kirche in einer Welt, die um den Wert der Freiheit kreiste, glaubwürdig machen wollte. So wurde etwa der französische Laie Charles de Montalembert, dessen Bekenntnis zur Religionsfreiheit die Erklärung "Dignitatis Humanae" des II. Vatikanums vorwegnimmt, in der Enzyklika "Quanta cura" verurteilt. Die Seligsprechung Pius IX. wirkt als eine nachträgliche Bestätigung des Syllabus und entkräftet das Bekenntnis der Kirche zu Werten wie Gewissens- und Religionsfreiheit. Zugleich wäre die Seligsprechung des Papstes, der sich der nationalen Einigung Italiens widersetzte, ein Schlag gegen den italienischen Staat. Sie würde neue Polarisierungen in die italienische Gesellschaft hineintragen und Wunden wiederaufreißen, die nach den Lateranverträgen von 1929 geheilt schienen.

- Die Wiedererrichtung des römischen Ghettos 1850 und der "Fall Mortara" (Im Kirchenstaat wurde 1858 ein in Todesgefahr ohne Wissen seiner Eltern getauftes jüdisches Kind seinen Eltern weggenommen.) sind Zeichen einer antijüdischen Haltung, die weder dem II. Vatikanum noch der Haltung des jetzigen Papstes entsprechen und kein Vorbild in der heutigen Kirche sein können.

 

Mit der gleichzeitigen Seligsprechung der beiden Konzilspäpste Pius IX. und Johannes XXIII. soll ein Bekenntnis zur Zusammengehörigkeit des I. und des II. Vatikanums abgelegt werden. Dies kann jedoch deshalb nicht gelingen, weil Pius IX. in seinem rigiden Einsatz für die Unfehlbarkeitsdefinition jedes Verständnis für die Minorität vermissen ließ. Hinter den durchaus gewichtigen theologischen und pastoralen Bedenken der Minoritätsbischöfe und nicht zuletzt der Orientalen, sah er nur schwächliche Rücksicht auf Zeitgeist, öffentliche Meinung und Fürstengunst. Dies und sein - jetzt erwiesener - Ausspruch "La tradizione sono io" (Die Tradition bin ich) gehören zu den beschämendsten Seiten seines Pontifikats. Zweifellos wird seine Seligsprechung deshalb, nicht zuletzt in der Ostkirche und selbst bei den Unierten, als anti-ökumenisches Zeichen wirken. Da sie weiter das I. Vatikanum auf die Person Pius IX. fixiert, wird sie gerade nicht die Autorität des Konzils festigen, sondern sie noch weiter schwächen und zumal bei den getrennten Christen eine unvoreingenommene Auseinandersetzung mit den Papstdogmen des I. Vatikanums (die dann mit dem "La tradizione sono io" identifiziert werden) erschweren. Sie wird jedoch die Gegner des II. Vatikanums, die sich dann mit gewissem Recht als legitime Erben Pius IX. ansehen können, zusätzlich ermutigen. Statt Ausgleich und Integration zu erreichen, wird so die Spaltung innerkirchlich wie ökumenisch verfestigt. "

 

http://home.t-online.de/home/kath.kirche.giengen/pius9.htm

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Da fällt mir ein: Wurde eigentlich der Antimodernisteneid auch abgeschafft oder gibts den noch?  

 

 

(Geändert von lissie um 11:52 - 6.Juni.2001)

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Zum Antimodernisteneid:

 

"Der Inhalt des noch bis ins Jahr 1967 obligatorischen und von katholischen Klerikern (bis etwa zum Geburtsjahrgang 1942) abgelegten Eids ist in unserem Zusammenhang vor allem deshalb bemerkenswert, weil er von nahezu allen am Schwerter Deschner-Symposion beteiligten katholischen Theologen abgelegt wurde und nicht nur im Blick auf die Entwicklung ihrer geistigen Unabhängigkeit von nicht geringer Bedeutung gewesen sein dürfte. Der Eid selbst

 

"zerfällt in zwei Abschnitte; im ersten ist zu beschwören:

1. daß die Existenz Gottes aus der sichtbaren Schöpfung wie die Ursache aus der Wirkung erkannt und bewiesen ["certe cognosci et demonstrari"] werden könne,

2. daß die biblischen Wunder und Weissagungen historische Tatsachen und als solche übernatürliche Beweggründe des Glaubens seien,

3. daß das unfehlbare Lehramt der Kirche durch den wahren und geschichtlichen Christus direkt eingesetzt und durch Petrus für alle Zeiten seinen Nachfolgern übermittelt worden ist,

4. daß die Glaubenslehre, soweit sie von den Aposteln durch die orthodoxen Väter übermittelt wurde, stets ein und dieselbe war,

5. daß der Glaube kein blindes Gefühl für Religion ist, das aus den verborgenen Gründen des Unbewußten unter dem Druck des Herzens und der Erregung des sittlich ungebildeten Willens hervorbricht, sondern daß er die wahrhaftige Zustimmung unseres Verstandes zu einer Wahrheit ist, die von außen her durch Hören angenommen wird, durch die wir das, was von dem persönlichen Gott, dem Schöpfer und unserem Herrn gesagt, bezeugt und offenbart wurde, für wahr halten um der Autorität des im höchsten Grade wahrhaftigen Gottes willen.-"

 

http://www.ibka.org/artikel/miz94/scheinheilig.html

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"Doch es geht noch weiter. Im zweiten Abschnitt des Antimodernisteneids ist u.a.

 

"die Zustimmung zu folgenden Verurteilungen zu beschwören:

 

Zu verurteilen ist der Irrtum all derer, die behaupten, der kirchliche Glaube könne der Geschichte widersprechen und die heutigen katholischen Dogmen ließen sich mit den zuverlässigen Quellen der christlichen Religion nicht in Einklang bringen.

 

Verurteilt wird die Meinung, nach der der christliche Gelehrte zwei Personen in sich vereinigen könne, eine, die glaubt, und eine, die forscht, so daß es dem Historiker erlaubt sei, etwas für wahr zu halten, was dieselbe Person vom Standpunkt des Glaubens als fälsch erkennen muß.

 

Verworfen wird der Irrtum derer, die behaupten, daß der Lehrer, der Fragen der historischen Theologie behandelt oder wer auch immer sich mit diesem Gegenstande schriftstellerisch befaßt, zuerst sich von allen Voraussetzungen frei machen müsse, sei es hinsichtlich des übernatürlichen Ursprungs der katholischen Überlieferung, sei es hinsichtlich des von Gott versprochenen Beistandes eines jeden Teils der geoffenbarten Wahrheit.

 

Ferner werden u.a. verurteilt alle jene, die in der christlichen Überlieferung überhaupt nichts Göttliches anerkennen oder diese Überlieferung im Sinne des Pantheismus auslegen, so daß die nackte und einfache, jeder anderen geschichtlichen Überlieferung gleichzustellende Tatsache übrigbleibt."6

 

http://www.ibka.org/artikel/miz94/scheinheilig.html

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Gast Ketelhohn


Betrifft: Beitrag von Cano, 6. Juni 2001.

Zitat: »So wurde etwa der französische Laie Charles de Montalembert, dessen Bekenntnis zur Religionsfreiheit die Erklärung "Dignitatis Humanae" des II. Vatikanums vorwegnimmt, in der Enzyklika "Quanta cura" verurteilt. Die Seligsprechung Pius IX. wirkt als eine nachträgliche Bestätigung des Syllabus und entkräftet das Bekenntnis der Kirche zu Werten wie Gewissens- und Religionsfreiheit.«

Vielleicht sollte man die Texte, über die man redet, mal zur Kenntnis nehmen. Hier ein Auszug aus „Dignitatis humanæ“: »Da nun die religiöse Freiheit, welche die Menschen zur Erfüllung der pflichtgemäßen Gottesverehrung beanspruchen, sich auf die Freiheit von Zwang in der staatlichen Gesellschaft bezieht, läßt sie die überlieferte katholische Lehre von der moralischen Pflicht der Menschen und der Gesellschaften gegenüber der wahren Religion und der einzigen Kirche Christi unangetastet« (DH 2).

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Gast Ketelhohn


Betrifft: Beitrag von Cano, 6. Juni 2001.

Zitat: »Die Wiedererrichtung des römischen Ghettos 1850 ...«

... ist ein Märchen. Die Ghettomauer war in Wahrheit weder vorher verfallen, noch ist sie wiedererrichtet worden. In der Osternacht 1848 hatte Pius vielmehr die beiden Schranken am Ghetto entfernen lassen und so freien Zu- beziehungsweise Weggang ermöglicht. Er erweiterte die Bürgerrechte der Juden und befreite sie vom bisherigen jährlichen Tribut, er dehnte seine Almosengaben auch auf die Juden aus, und als ein Jude aus Livorno dem Papst aus Dankbarkeit dreißigtausend Scudi schenkte, gab er sie unverzüglich an die Armen des Ghetto weiter.

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>> Die Ghettomauer war in Wahrheit weder vorher verfallen, noch ist sie wiedererrichtet worden. << (Ketelhohn bzw. Brandmüller)

 

 

Aus jüdischer Sicht sieht die Sache so aus:

 

"Es besteht die Gefahr, dass Papst Pius IX. (1846-1878) im September 2000 seliggesprochen wird. Kein Zweifel ist möglich, dass Pius IX. ein Antisemit war und einer der ersten, der kirchliche Judenfeindschaft mit dem politischen Antisemitismus verband. Deshalb formiert sich Protest gegen das Vorhaben .

 

von Ernst Ludwig Ehrlich

 

Die Haltung Papst Pius IX. gegenüber den Juden war nicht gradlinig. So liess Pius IX. zu Beginn seiner Regierung im Jahre 1848 die Ummauerung des jüdischen Gettos in Rom niederreissen, doch bereits 1850 erneuerte er die Gettoisierung der Juden im Kirchenstaat. Damit stiess er die jüdischen Menschen Roms in eine Situation zurück, die es zu dieser Zeit in Europa nur noch im russischen Zarenreich gab. Er erneuerte die Diffamierungen der Juden, verbot die Ausübung der meisten Handwerksberufe, Besitz von Grund und Boden wurde ihnen untersagt, den Talmud liess er auf den Index der verbotenen Bücher setzen.

 

http://juedische.rundschau.ch/showart.asp?ID=669

 

(Brandmüller ist [oder war] Dekan an einer kathol. theolog. Fakultät und machte sich für die Seligsprechung Pius IX. stark)

 

 

 

(Geändert von Cano um 20:36 - 7.Juni.2001)

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