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Glaube nur eine Krücke?


Zarah

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In der Arena hat man den Glauben an Gott als eine Krücke angesehen

hmm ...

 

ein interessanter Vergleich, meine ich. Glaube als Krücke.

 

ich denke jetzt daran, daß ich mal einige lange Zeit an Krücken gegangen bin (Fuß fast total kaputt).

 

hat mir sehr geholfen, die Krücken.

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Lieber Martin,

 

Sven stellt sich z.B. vehement dagegen und sagt, ein Gläubiger müsse in der Lage sein, auch ohne den Glauben leben zu können. Nur dann sei das gesund. (oder ist das zu überspitzt zusammengefaßt, Sven?).

Das ist richtig und falsch zugleich - es ist halt ein schwieriges Thema... :lol:

 

Ich sage nicht, ein Gläubiger müsse dazu in der Lage sein. Ich meine, das sei der Idealfall, den es immer wieder anzustreben gilt, denn nur dann kann der Gläubige wirklich aus freiem Herzen „ja“ zum Glauben und zu Gott sagen, ohne aus Panik dazu getrieben zu werden.

 

Ich sage auch nicht, dass nur dann der Glauben „gesund“ sei. Ich sage, dass Kranke sich durch einen „Glauben als Krücke“ selbst daran hindern können, aufrecht zu gehen. Ich sage auch, dass jeder von uns gelegentlich in unterschiedlicher Schwere zu „Krankheit“ neigt und dabei immer auch versucht ist, zu beten anstatt an sich zu arbeiten, wo es doch darauf ankäme, zu beten und zu arbeiten, und beides immer mit gleich hoher Aufmerksamkeit.

 

Vielleicht wird es deutlicher, wenn ich eine Unterscheidung aufmache: „das Glauben“ und „der Glauben“. Ersteres ist ein Tun, etwas, bei dem es auf mich ankommt, auf meine religiöse Praxis, auf Gebete und Bekenntnisse. Das zweite ist von Gott selbst kaum zu unterscheiden, es ist der Heilige Geist.

 

„Der Glauben“ bedeutet tatsächlich „ALLES“. Nur kommt es dabei nicht darauf an, ob ich glaube - oder wer auch immer. „Der Glauben“ besteht fort, in der Kirche, in der Gemeinschaft der Gläubigen, auch wenn sie nur ein kleines Häufchen sind. „Der Glauben“ ist das Fundament des Lebens auch derjenigen, die selbst nicht glauben. „Der Glauben“ besteht eher darin, dass Gott an uns glaubt, als darin, dass wir an ihn glauben. Deshalb ist „der Glauben“ auch „unkaputtbar“.

 

„Das Glauben“ dagegen ist eine höchst brüchige Sache. Mein Glauben, der Glauben jedes einzelnen Menschen kann von einer Sekunde auf die andere verschwinden wie Rauch im Sturm. Auf „das Glauben“, darauf, dass ich glaube, kann ich nichts aufbauen, dazu bin ich selbst zu wankelmütig. Ein paar Fehlschaltungen im Gehirn, ein paar fahrlässig eingenommene Drogen (auch legale), ein paar böse Erfahrungen können „das Glauben“ so zerrütten, dass man nicht mehr glauben kann.

 

Meine Liebe ist schwach. Meine Gebetspraxis ist vielleicht nur Gewohnheit. Meine Treue zur Kirche ist vielleicht nur Angst davor, überkommene Wahrheiten zu befragen. Meine Kritik an der Kirche und mein Bewußtsein, Gott besser verstanden zu haben als die Kirche, ist vielleicht nur meine Lust an der Kritikasterei, meine Angst, als unmodern zu gelten, und meine Faulheit, mich unbequemer Verstehensarbeit auszusetzen. Ob ich mich im Schoß der Kirche zusammenrolle wie eine schnurrende Katze, oder ob ich ihr bei jeder Gelegenheit mit ausgefahrenen Krallen ins Gesicht springe: beides kann in Wahrheit nur Ausdruck meiner ganz persönlichen Neurosen sein. Wenn mein Glauben - „das Glauben“ - für mich überwichtig wird, dann werde ich es nicht mehr wagen, diese Möglichkeiten zu prüfen. Dann muss ich „mein Glauben“ (das Glauben) mit schriller Stimme verteidigen und kann es mir nicht mehr gestatten, seinen Kritikern offen zuzuhören. Dann wird „das Glauben“ zu einer Krücke, an die ich mich krampfhaft klammern muss, weil ich keinen Boden mehr habe, auf dem ich stehen kann. „Das Glauben“ kann mir diesen Boden nicht geben.

 

Gottes Liebe dagegen ist stark. Gott liebt mich, unbedingt und ganz gleich, ob ich ihn liebe. Gottes Glauben an mich und jeden anderen Menschen - der Glauben - ist ein Fundament, auf dem ich stehen kann. Auf einem solchen sicheren Fundament kann ich „freihändig“ stehen, ohne mich an einer Krücke festklammern zu müssen. Aus der unbewussten, aber doch sicheren Erfahrung, geliebt zu werden, ein Ziel und einen Sinn zu kennen, kann aber auch der ebenso sicher stehen, der gar nicht weiß, wie gut es ihm geht, der selbst nicht glaubt. Wenn ich auf diesem Glauben - dem Glauben - ein wenig hin und her gewandert und ein wenig auf und ab gesprungen bin, muss ich mich nicht mehr deshalb verrückt machen, weil der Weg zum Heil schmal ist. Er ist schmal - aber er ist stabil gebaut, und links und rechts davon sind solide Geländer errichtet.

 

Erst wenn ich das weiß, und wenn ich deshalb die Angst verloren habe, ich könnte plötzlich herunterfallen, kann ich mir das Fundament, auf dem ich stehe, in aller Gelassenheit ansehen. Dann erst kann ich - in aller Gemütsruhe - darauf hören, was mir an Kritik entgegenschlägt. Dann kann ich dem, der anders glaubt, der sich „das Glauben“ anders vorstellt, mit gelassener Freundlichkeit - aber auch mit freundlicher Festigkeit - gegenübertreten. Denn auch, wenn „das Glauben“ bei ihm und bei mir völlig unterschiedlich aussieht - knochenkatholisch, schmusechristlich, islamistisch oder atheistisch - , weiß ich doch, dass „der Glauben“ ebenso sein wie mein Fundament ist. Und schließlich kann ich seine Position, und seine Kritik an meiner Position auch ganz und gar ernst nehmen, sie wirken lassen, ohne mich dagegen abzuschotten oder sie durch rhetorische Spielchen abgleiten zu lassen. Das gemeinsame Fundament unserer Existenz kann der andere ebensowenig zerstören wie ich. Er kann mich höchstens zum Zweifeln bringen, was meine Gewohnheiten und Vorurteile betrifft - doch das sollte ich ohnehin eher begrüßen.

 

Der Satz „Ohne den Glauben wäre ich nichts“ ist völlig richtig. Aber er ist auch rein hypothetisch und damit bedeutungslos, denn ohne „den Glauben“ zu sein, ist schon von vornherein ganz und gar unmöglich. Der Satz „Ohne den Glauben wäre ich NICHTS“ ist dagegen grundfalsch. Nicht seiner buchstabengetreuen Aussage nach, sondern wegen der Angst, die in den Großbuchstaben zum Ausdruck kommt. Das einzige, was ich verlieren kann, so dass Verlustangst irgendeinen sinnvollen Hintergrund haben könnte, ist „das Glauben“. Das kann ich verlieren, sicher. Nur: dadurch verliere ich wenig.

 

Gott liebt mich - ganz gleich, ob und was ich glaube. Wenn ich meinen Glauben an Gott verliere, ändert das nichts an dem Glauben Gottes an mich. Niemand ist NICHTS, weil er nicht oder nicht mehr glaubt. Gott liebt jeden „Häretiker“ und jeden Kardinal ebenso wie jeden Atheisten und jeden, der die Eucharistie am liebsten bäuchlings erflehen würde, weil er sich für völlig unwürdig hält. Er liebt jeden Abtreibungsarzt ebenso wie das böse alte Weib, das einem den Schirm in die Nieren rammt, weil man in der Messe nicht schnell genug in die Knie geht. Diese unbedingte, vorbehaltlose Liebe Gottes ist es, die jeden Menschen zu „etwas“ macht, ganz gleich, was er tut, sagt, denkt oder glaubt.

 

Damit ist „das Glauben“ nicht bedeutungslos - im Gegenteil: es ist und bleibt wichtig. Es wird ja nicht dadurch gleichgültig, weil es nicht „ALLES“ ist. Aber wir müssen uns deshalb nicht daran klammern. Tatsächlich können wir es auch gar nicht. Denn „das Glauben“ - unser Glauben an Gott, unser „ja“ zu ihm und alles, wodurch wir es ausdrücken - kann nur freiwillig geschehen.

 

Eine Krücke ist nichts, was man freiwillig benutzt: man benutzt es, weil einem nichts anderes übrig bleibt. Wer sich das Bein gebrochen hat, braucht Krücken, und wer sich die Seele gebrochen hat, braucht sie genauso. Nur darf das nie der Normalzustand werden. Krücken sind etwas für Notsituationen, und man muss sich - auch wenn es wehtut - dazu zwingen, sie wieder loszulassen, sobald man dazu imstande ist.

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Glaube ist eine Krücke für jene, die Gewißheit wünschen, die einen Sinn im Leben finden wollen, ohne den Mut zu haben, diesen eigenständig zu suchen.

(Erich Fromm, amerikan. Psychoanalytiker dt. Herkunft, 1900-1980)

 

Und:

Man kann nur objektiv sein und sich seiner Vernunft bedienen, wenn man demütig geworden ist und seine Kindheitsträume von Allwissenheit und Allmacht überwunden hat.

 

Also der Erich war das schon wieder.:lol:

 

Für mich seine subjektive Erfahrung. Mehr nicht.

Spruch1: Ich würde nicht behaupten, dass Gläubige uneigenständig sind

Spruch2: Das können Gläubige mit ihre (s.o.) Kindheitsträume genauso.

 

 

grüße

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Glaube ist nicht gleich Glaube. Wie bei der Liebe muss auch hier unterschieden werden. Es gibt den wahren Glauben und den falsch verstandenen Glauben, ein Glaube, der von den Menschen für Glauben gehalten wird.

 

Es gibt den wahren Glaube und den schwachen bzw. Pseudoglauben.

Der schwache Glaube oder der Pseudoglaube ist wohl eine Krücke, denn dieser Glaube sieht sich von Gott getrennt. Dieser Glaube wird von der Angst genährt. In Zeiten der Bedrängnis kann er nicht standhalten. In Zeiten der Sattheit, des Vergnügens und der Zerstreuung, der Erfolgswelle ist er lästig. Diese Art Glauben soll, wenn es im Leben schwierig wird, einem nicht mit dem Leben konfrontieren, sondern zur Weltflucht und Verschleierung, zur Droge werden, um sich nicht auf das Leben einzulassen.

 

Daneben gibt es den Pseudoglauben, ein Glaube, der eine Einbildung ist, die Einbildung an einen Gott zu glauben. Dabei hat man sich schon längst von ihm entfernt, man leugnet Gott innerlich, man lästert ihn, verlässt ihn und fühlt sich von ihm verlassen. Eine Beziehung, die tot ist, obwohl sie besteht.

 

Andere benutzen den Glauben, um ihre bösen Gedanken und Taten zu tarnen, um ihre inneren Abgründe zu verstecken und um human, lieb und brav zu wirken, einfach um einen guten Eindruck zu machen.

 

Bei manchen Menschen erschöpft sich der Glaube darin zu sagen „ Ich glaube an Gott“ ohne dabei zu glühen und überzeugt zu sein. Es ist wie, wenn einer sagt: „ Ich bin FC. Köln Fan oder Mitglied beim Karnevalsverein der Stadt Düsseldorf oder Mitglied bei einer Gewerkschaft etc.“ und das dabei gelangweilt, gleichgültig, leidenschaftslos und leer. Nach dem Motto „ Ich identifiziere mich mit dem Verein nicht, weiß auch nicht warum ich Anhänger bin, hab halt nix besseres zu tun.“ Glaube aus Routine.

 

 

Der wahre Glaube hingegen ist, einer der mächtigsten Kraft im Universum. Dieser Glaube ist die Gewissheit mit dem allmächtigen, allwissenden Gott, der Inbegriff des Lebens im Überfluss, der Liebe, der Wahrheit und Gerechtigkeit verbunden zu sein. Dieser Glaube versetzt Berge, macht das Unmögliche möglich. Er sprengt alle Fessel, die innere wie äußere Abhängigkeit oder Gefangenschaft, vor allem aber befreit er von den Selbstgestellten Fallen. Dieser Glaube ist eine machtvolle, eine nicht versiegende Kraftquelle, die alle seelische wie körperlicher Krücken überflüssig macht.

 

Für diesen Glauben bedarf es Mut, Mut sich auf Gott einzulassen und sich Gott vollständig hinzugeben. Mut, Gott zu vertrauen, auch wenn die Umstände dagegen sprechen. Den Mut zu haben in der schlimmsten Finsternis, Gottes Licht zu erwarten und zu sehen. Mut zu glauben, dass Gott alles zum Besten wendet, inmitten von Verzweiflungen zu hoffen und inmitten der Not sich von Gott getragen und nicht verlassen zu fühlen. Der wahre Glauben lässt Worten Taten folgen. Der wahre Glaube ist das genaue Gegenteil von Krücken und Drogen, den er stärkt den Mensch von innen heraus, er befreit ihn von der Angst , gibt ihn die nötige Kraft sich selbst und dem Leben vollkommen zu stellen und dabei wach und klar zu sein, er lässt den Menschen die Wahrheit ertragen. Täuschungen jeglicher Art sind ein Mangel an wahrem Glauben. Wer den wahren Glauben hat, der ruht in Gott und somit auch in sich selbst.

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