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Gegen liturgischen Sprachkrebs


wolfgang E.

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In der aktuellen Ausgabe der Linzer Kirchenzeitung (http://www.dioezese-linz.at/redaktion/index.php?page_new=2000) gibt der Linzer Priester Peter Paul Kaspar ein Interview zu seinem Liturgieverstaendnis.

 

Er sagt ueber sich selbst: Obwohl ich zu den Kirchenvolksbegehrern gehöre – im Bereich der Liturgie bin ich sehr konservativ. Es ist ein Irrtum zu glauben, man muss im Gottesdienst Purzelbäume schlagen

 

Grundsaetzlich meint Kaspar:

Kaspar: Unsere Gottesdienste sind zu wortlastig. Und daran ändert sich auch nichts, wenn man die vorgeschriebenen liturgischen Texte durch neue ersetzt. Nicht weil ich mich vor Rom fürchte, halte ich mich an die Texte des Messbuchs, sondern weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass das Ersetzen nichts bringt. Es wird einfach zu viel geredet. Deshalb verbiete ich mir selbst auch alle Minipredigten im Gottesdienst, vor der Lesung zum Beispiel. Das ist eine Seuche, liturgischer Sprachkrebs.

 

Kaspar: Wenn ich Bischof wäre, würde ich Priestern – nicht gerade verbieten, weil ich gegen das Verbieten bin – aber sagen: Bitte außer der Predigt, Begrüßung und Verabschiedung kein improvisiertes Wort. Wichtig ist, dass die verschiedenen Sprachsorten in der Liturgie wieder unterschieden werden. ......

Die Liturgie kommt vielfach als sprachliches Einerlei auf die Mitfeiernden zu: als Sprachwurst – und daher hört man nicht mehr richtig hin.

 

Besonder Bedeutung misst Kaspar der Musik zu,

.....Musik ist nicht Ornament der Liturgie, sie ist Liturgie –......

 

und der Stille

In einer Zeit, wo dauernd geredet und geschwätzt wird, tun wir dasselbe auch in der Kirche, anstatt dort einen Kontrast zu setzen.......

 

Das gesamte Interview findet man hier: http://www.dioezese-linz.at/redaktion/inde...rticle_ID=27769

 

Zur Person Kaspars:

PETER PAUL KASPAR 1942 in Wien geboren, studierte Musik und Theologie in Wien und Innsbruck und arbeitet seit über 20 Jahren als Akademiker- und Künstlerseelsorger der Diözese Linz und als Rektor der Ursulinenkirche. Neben seiner Lehrtätigkeit am Akademischen Gymnasium (Religion) und an der Anton Bruckner Universität (Musiktheorie) verfasste er bisher 30 Bücher (darunter "Ein großer Gesang - Musik in Religion und Gottesdienst", Styria 2002). In seiner Konzerttätigkeit (als Organist und Cembalist) pflegt er besonders Raritäten und die Improvisation. In dieser Eigenschaft betreut er seit den Anfängen vor 20 Jahren die Adventkonzerte unseres Vereins. Auf seine Initiative gehen Konzertzyklen wie "Concert Spirituel", "Abendmusik in der Ursulinenkirche" und die alljährli-che Passion am Karfreitag zurück. Ein wichtiges Anliegen sind ihm die musikalischen Abendgottesdienste an allen Sonn- und Feiertagen (um 20 Uhr) in der Ursulinenkirche. Quelle: http://www.musiktheater.at/kuenstler/mt_kuenst_kaspar.htm

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Ich hatte zu Weihnachten ein ähnliches Gefühl. Da stand seitlich in der Kirche ein Mensch vor einem Mikro, und kommentierte alles: "Wir hören jetzt die Lesung aus dem Buch..., weil bla bla ....Nun die Lesung aus dem Buch ...., weil Gott bla bla ..."

 

Mir kam das sehr sehr überflüssig vor. Gut gemeint, aber im Grunde kam ich mir schon als Klein-Doof deklariert vor, als ob ich mir nicht selbst einen Reim drauf machen könnte, warum jetzt welche Lesung und welcher Ritus kommt.

 

Mir scheint, da liegt seitens der Liturgen ein Misstrauen vor, ob denn ihre Riten auch RICHTIG verstanden werden und GENAUSO ankommen, wie sie beabsichtigt sind. Als ob nicht jeder Ritus, jedes Symbol in vieler Hinsicht einfach offen sein dürfte...

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Ich kenne diesen Hang zur Logorrhoe auch und muss dabei immer an Heinz Erhardts Spruch: "Noch'n Gedicht..." denken, wenn nach der Kommunion noch ein zeitkritisches Gebet und "was zum Nachdenken" kommt. Mich überfordert das immer und ich kann mir ohnehin nicht merken, was da wieder alles Aktuelles und Hochwichtiges an Lebensweisheiten verlesen wurde...

 

Ähnlich anstrengend finde ich es auch, wenn neben dem Evangelium beide Lesungstexte genommen werden. Das wird den Texten auch nicht gerecht, wenn man nicht mehr richtig zuhören kann.... (Osternacht ist da natürlich was anderes.)

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Die Frage nach der Anzahl der Lesungen fand ich nicht gut untergebracht unter der Überschrift "Gegen liturgischen Sprachkrebs". Das wirkte ein bisschen so, als seien Lesungen auch unter den Begriff "Sprachkrebs" zu verbuchen. Ich habe deshalb das Thema abgesplittet, zu finden ist es jetzt hier:

 

Anzahl der Lesungen

 

Liebe Grüße, Gabriele

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Der Split ist seeeeeeeeeeeeeehr gerechtfertigt. Die Lesungen haben sowohl untereinander eine Beziehung als auch Bezug zum Thema des Gottesdienstes (zumindest sehe ich das seit mehreren Jahren so, da ich den "Schott" dabei habe).

 

Aber von den Lesungen abgesehen: Schade, dass sie manchmal mit irgendeinem schönen Spruch von Anselm Grün (o.ä.) konkurrieren müssen. Tut den Lesungen nicht gut, tut auch Anselm Grün nicht gut.

 

Ganz schlimm finde ich es, wenn das Hochgebet mit irgend einem anderen Text unterbrochen wird. Ein Pfarrer in der Nähe nennt an der Stelle: Nimm sie auf in dein Reich.... immer die Namen derjenigen, für die die Messe gezahlt worden ist. Find ich nicht korrekt!

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Franciscus non papa
Der Split ist seeeeeeeeeeeeeehr gerechtfertigt. Die Lesungen haben sowohl untereinander eine Beziehung als auch Bezug zum Thema des Gottesdienstes (zumindest sehe ich das seit mehreren Jahren so, da ich den "Schott" dabei habe).

 

Aber von den Lesungen abgesehen: Schade, dass sie manchmal mit irgendeinem schönen Spruch von Anselm Grün (o.ä.) konkurrieren müssen. Tut den Lesungen nicht gut, tut auch Anselm Grün nicht gut.

 

Ganz schlimm finde ich es, wenn das Hochgebet mit irgend einem anderen Text unterbrochen wird. Ein Pfarrer in der Nähe nennt an der Stelle: Nimm sie auf in dein Reich.... immer die Namen derjenigen, für die die Messe gezahlt worden ist. Find ich nicht korrekt!

 

ist aber so vorgesehen, dass die intention da eingefügt werden kann...

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Ja, hab ich schon gehört, aber glücklicherweise machen das nicht viele!

Gute Entscheidung. Man kann die Intention ja an x Stellen unterbringen. Das Hochgebet sollte man wirklich einfach so lassen, wie es ist.

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Franciscus non papa
Ja, hab ich schon gehört, aber glücklicherweise machen das nicht viele!

Gute Entscheidung. Man kann die Intention ja an x Stellen unterbringen. Das Hochgebet sollte man wirklich einfach so lassen, wie es ist.

 

 

 

aber, wenn doch im hochgebet das einfügen von namen vorgesehen ist - dann ist das doch keine veränderung.

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[...]

 

Ganz schlimm finde ich es, wenn das Hochgebet mit irgend einem anderen Text unterbrochen wird. Ein Pfarrer in der Nähe nennt an der Stelle: Nimm sie auf in dein Reich.... immer die Namen derjenigen, für die die Messe gezahlt worden ist. Find ich nicht korrekt!

 

ist aber so vorgesehen, dass die intention da eingefügt werden kann...

 

Ich fänd's aber passender, wenn das auch entsprechend gesagt würde: "Mit denen, die diese heilige Feier bezahlt haben, nimm sie auf in deine Herrlichkeit und mit ihnen lass auch uns...". Gewöhnungsbedürftig aber ehrlich B)

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Franciscus non papa
[...]

 

Ganz schlimm finde ich es, wenn das Hochgebet mit irgend einem anderen Text unterbrochen wird. Ein Pfarrer in der Nähe nennt an der Stelle: Nimm sie auf in dein Reich.... immer die Namen derjenigen, für die die Messe gezahlt worden ist. Find ich nicht korrekt!

 

ist aber so vorgesehen, dass die intention da eingefügt werden kann...

 

Ich fänd's aber passender, wenn das auch entsprechend gesagt würde: "Mit denen, die diese heilige Feier bezahlt haben, nimm sie auf in deine Herrlichkeit und mit ihnen lass auch uns...". Gewöhnungsbedürftig aber ehrlich B)

 

 

das wäre nun definitiv nicht gewöhnungsbedürftig sondern falsch. auch wer sog. stolgebühren zahlt, zahlt nicht die heilige feier...

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Dieser Hang zum wort hat m.E. ganz viele Ursachen.

 

1. Studium und Pastoralausbildung

Beides ist auf Worte und Gedanken ausgerichtet. Spiritualität ist eher ein schmückendes Beiwerk, da eine persönliche Sache. Ich erinere mich noch mit Schrecken an an manchen Hochschulgottesdienst. Dagegen ist eine Weihnachtsliturgie wie oben beschrieben das reinste Schweigen.

 

2. Liturgische Ausbildung

Ich habe immer das Gefühl, dass die normale liturgische Ausbildung nicht gut ist. Z.B. die Frage, wie gehe ich mit Symbolen um? Oder die Frage, dass Inhalt wichitger ist als Methode werden nach meinem Gefühl sträflich vernachlässigt. Was macht man, wenn man sich nicht sicher ist? Man greift auf das Bekannt, die Sprache, zurück.

 

3. Gottesdienstkulur

Es gibt m.E. in einer normalen Gemeinde kaummehr eine Kultur der Stille. Das fängt ja noch nicht einmal damit an, dass ein Innehalten nach der Kommunion als unsinniges Indielängeziehen einer Messe empfunden wird, sondern schon da, wo während der Kommunionausteilung immer Orgel, Chor oder gar eine Textlesung sein muss. Keine Stille.

 

 

Wenn ich alles mit 'tiefen' Gedanken füllen muss, dann wird es zum Gerede.

 

Ich halte die folgenden Aspekte für wichitg

 

1. Zeiten der Stille während der Messe

2. Konzentration auf einen Gedanken - weniger ist mehr

3. Die Texte können für sich selber sprechen

4. Bei Symbolen - ebenfalls Konzentration auf ein einziges Symbol

5. Konzentration auf die Aussage, nicht auf Methoden

 

Was ich auch immer seltsam finde ist einerseits die Forderung nach einer zeitgemäßeren Sprache verbunden mit einer Predigt, die in Stil (gehobene feierliche Rede) und Wortwahl (kirchliche Binnensprache) dermaßen weiter weg vom Alltäglichen ist als Goethe.

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2. Liturgische Ausbildung

Ich habe immer das Gefühl, dass die normale liturgische Ausbildung nicht gut ist. Z.B. die Frage, wie gehe ich mit Symbolen um? Oder die Frage, dass Inhalt wichitger ist als Methode werden nach meinem Gefühl sträflich vernachlässigt. Was macht man, wenn man sich nicht sicher ist? Man greift auf das Bekannt, die Sprache, zurück.

 

Ein befreundeter Theologe hat mir vor einigen Wochen erzählt, dass eine ganze Generation von Theologiestudenten in Tübingen keine einzige Vorlesung in Liturgie genossen haben. Er selbst hält das für sehr bedenklich und ich - ehrlich gesagt - auch.

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2. Liturgische Ausbildung

Ich habe immer das Gefühl, dass die normale liturgische Ausbildung nicht gut ist. Z.B. die Frage, wie gehe ich mit Symbolen um? Oder die Frage, dass Inhalt wichitger ist als Methode werden nach meinem Gefühl sträflich vernachlässigt. Was macht man, wenn man sich nicht sicher ist? Man greift auf das Bekannt, die Sprache, zurück.

 

Ein befreundeter Theologe hat mir vor einigen Wochen erzählt, dass eine ganze Generation von Theologiestudenten in Tübingen keine einzige Vorlesung in Liturgie genossen haben. Er selbst hält das für sehr bedenklich und ich - ehrlich gesagt - auch.

das würde so manches erklären....

 

Werner

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Oh ja, das erklärt einiges. Ich glaube, daß je eher einer das Zeug zu Doktortitel usw. hat dies wohl auch im Studium vernachlässigt wird.

 

Das erklärt auch, daß ich neulich einem angehenden Priester (ist bereits Diakon) erklärt habe wie ein Gottesdienst mit Weihrauch abläuft. Er hatte absolut keine Ahnung. Da schneiden sogar Ministranten in der Ausbildung besser ab.

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Es gibt m.E. in einer normalen Gemeinde kaummehr eine Kultur der Stille. Das fängt ja noch nicht einmal damit an, dass ein Innehalten nach der Kommunion als unsinniges Indielängeziehen einer Messe empfunden wird, sondern schon da, wo während der Kommunionausteilung immer Orgel, Chor oder gar eine Textlesung sein muss. Keine Stille.

 

 

Das würde dann aber für die Orgel in der kath. Meßliturgie bedeuten, daß sie vollends zur Choralmühle :lol: verkommt, sprich, nur noch zur Liedbegleitung eingesetzt wird.

 

Vor der Messe ist fast immer Stille, bis zum Einzug des Priesters mit den Meßdienern.

 

Und da es in den meisten Kirchen (es sei denn, es wären riesige Kathedralen) nur einen kleinen Einzug von ein paar Metern Länge bis zum Altar gibt, kann der Organist kein ausgedehntes Vorspiel machen, nur ein paar Takte Vorbereitung auf das Eingangslied.

 

Nach dem Segen folgt das Orgelnachspiel, wo aber die meisten eh rausrennen, weil sonst der Sonntagsbraten anbrennt B) . Am schlimmsten ist in meiner Gemeinde die Tatsache, daß während des Orgelnachspiels das Kollektengeld aus den Körben unter lautem Geschepper in den Opferstock rasselt - was ich als eine Störung meines Orgelspiels empfinde, was aber angeblich nicht anders ginge.

 

Sprich: ein Organist hat im Regelfall nur die Kommunionausteilung, um überhaupt solistisch in Erscheinung zu treten. Wenn einem das auch noch genommen würde, und ich nur noch als Organomat zur Choralbegleitung gebraucht würde - dann würde ich sofort meinen nebenamtlichen Dienst quittieren. Dafür wäre ich mir dann echt zu schade...

 

 

Zum Vergleich: In der evangelischen Liturgie ist es üblich, daß es nach dem Ende des Glockenläutens ein eigenständiges Orgelvorspiel gibt, zu dem der Pfarrer bereits in der Kirche sitzt. Erst danach gibt es die Begrüßung und das erste Lied. Und beim Nachspiel bleiben alle Leute inklusive des Pfarrers sitzen!

 

Der Pfarrer verabschiedet die Leute dann nach dem Nachspiel am Kirchenportal. Ich finde das eine sehr angenehme Gottedienstkultur - ganz anders als das ignorante Rausstürmen bei Katholens... :ph34r:

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Hi RationisCausa,

 

ich bin ja auch nebenamtlicher Organist und ich muss ganz ehrlich sagen, dass immer der liturgische Nutzen im Vordergrund stehen sollte. Die Möglichkeit einer Orgelmeditation vor Beginn des Gottesdienstes gibt es ja auch in der katholischen Kirche und ich freue mich immer, wenn sie auch genutzt wird. Im Übrigen sind Organisten selber schuld, wenn sie Liedbegleitung als "Choralmühle" gestalten. Lied- und Gesangsbegleitung ist die zentrale Aufgabe der Orgel in der Liturgie und sollte nicht zu einem AddOn verkommen, auf das man sich nicht vorbereitet und wo man seine Kreativität in der Schublade verschwinden lässt.

 

Ich sehe den Gottesdienst aber nicht als Ort, in dem es einen Eigenwert hätte, "solistisch in Erscheinung zu treten". Wenn es der Liturgie hilft, dann sind solistische Orgelwerke sicherlich prima aber ein Selbstzweck sollte aus ihnen nicht werden.

Es tut meiner Meinung nach auch der Orgelmusik nicht gut, wenn sie zum Lückenfüller wird, der überall reingeschoben wird, wo sonst eine längere Stille einträte.

 

Die prozessionslose Art der evangelischen Liturgie halte ich im übrigen nicht für erstrebenswert. Auch die Tatsache, dass es in vielen Kirchen keinen großen Einzug mit Leuchtern, Vortragekreuz und Evangelium mehr gibt, halte ich für falsch. Der Mensch, der zum Altar des Herrn zieht, ist für mich ein starkes Symbol, was nicht ausfallen sollte.

 

Viele Grüße

 

Stefan

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Die Liturgie ist keine Klowand, auf der jeder seinen Senf dazugeben darf.

 

Ich finde alle Kommentare, ob zur Begrüßung, vor der Lesung oder am Schluss bei den Vermeldungen gehören abgeschafft. Ich will die Lesung hören und nicht schon vorher gesagt bekommen was ich danach hören werde.

 

Euer Remy B)

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Hi RationisCausa,

 

ich bin ja auch nebenamtlicher Organist und ich muss ganz ehrlich sagen, dass immer der liturgische Nutzen im Vordergrund stehen sollte. Die Möglichkeit einer Orgelmeditation vor Beginn des Gottesdienstes gibt es ja auch in der katholischen Kirche und ich freue mich immer, wenn sie auch genutzt wird. Im Übrigen sind Organisten selber schuld, wenn sie Liedbegleitung als "Choralmühle" gestalten. Lied- und Gesangsbegleitung ist die zentrale Aufgabe der Orgel in der Liturgie und sollte nicht zu einem AddOn verkommen, auf das man sich nicht vorbereitet und wo man seine Kreativität in der Schublade verschwinden lässt.

 

Ich sehe den Gottesdienst aber nicht als Ort, in dem es einen Eigenwert hätte, "solistisch in Erscheinung zu treten". Wenn es der Liturgie hilft, dann sind solistische Orgelwerke sicherlich prima aber ein Selbstzweck sollte aus ihnen nicht werden.

Es tut meiner Meinung nach auch der Orgelmusik nicht gut, wenn sie zum Lückenfüller wird, der überall reingeschoben wird, wo sonst eine längere Stille einträte.

 

Die prozessionslose Art der evangelischen Liturgie halte ich im übrigen nicht für erstrebenswert. Auch die Tatsache, dass es in vielen Kirchen keinen großen Einzug mit Leuchtern, Vortragekreuz und Evangelium mehr gibt, halte ich für falsch. Der Mensch, der zum Altar des Herrn zieht, ist für mich ein starkes Symbol, was nicht ausfallen sollte.

 

Viele Grüße

 

Stefan

 

 

Hi Stefan,

 

ja, der liturgische Wert sollte tatsächlich im Vordergrund stehen - aber das bedeutet für mich nicht eine Abwertung, sondern eine Aufwertung der Orgel- bzw. Kirchenmusik.

 

Leider sind katholische Messen oftmals ausgesprochen wortlastig - Einführungen, Begrüßungen, Kommentare, Verkündigungen - endloses Gebrabbel und Geschwafel (mein persönlicher Schwafel-Haß-Favorit: der "meditative Text" nach der Kommunion)...die Orgel fristet in diesem Wald von Worten immer nur ein Schattendasein. Sie sollte doch stattdessen integraler Bestandteil der Liturgie sein.

 

 

 

Du sprachst die Möglichkeit einer Orgelmeditation vor Beginn der Messe an - schön und gut, aber gestatte mir dazu einige Bemerkungen:

 

1. Es ist meiner Erachtens nicht immer schön und sinnvoll, jedesmal vor der Messe irgendwelche weihevollen leisen Klänge in den Raum zu stellen. Es soll dann ja sicher schön besinnlich sein - also leise, so daß man im Grunde nur ein oder zwei Register ziehen kann (bei kleinen Orgeln notgedrungen immer die gleichen, weil man nicht mehr an leisen Stimmen zur Verfügung hat). Aber es wird dann auch schnell einförmig und langweilig - eine Art Fahrstuhlmusik vor dem Gottesdienst.

 

2. Ein weiterer Grund, der gegen Orgelspiel vor der Messe spricht, ist das Läuten der Glocken. Bei mir in der Gemeinde endet das Läuten ca. 30 Sekunden vor dem Einzug, daher wäre Orgelspiel in der Zeit unmöglich. Die Glocken sind laut und scheppernd, das leise Orgelspiel hört dann keiner.

 

3. Gerade in kleinen Gemeinden kommen viele Gottedienstbesucher erst 2 Minuten vor Meßbeginn und quatschen dann auch noch erstmal mit ihrem Banknachbarn. Orgelspiel würde da nur stören *g*.

 

 

 

Aber weiter in Deinem Text. Du schreibst:

 

Lied- und Gesangsbegleitung ist die zentrale Aufgabe der Orgel in der Liturgie und sollte nicht zu einem AddOn verkommen, auf das man sich nicht vorbereitet und wo man seine Kreativität in der Schublade verschwinden lässt.

 

 

Liedbegleitung ist sicher nicht die zentrale Aufgabe der Orgel, sondern eine ihrer zentralen Aufgaben. Bei mir in der Gemeinde wird der Liedauswahl entweder überhaupt keine Beachtung geschenkt (O-Ton Priester: "Lassen Sie mal was Festliches singen, sonst schlafen die Leute ein..."), oder es kommt der Priester 10 Minuten vor der Messe mit einem detaillierten Liedplan hereingeschneit, mit zahlreichen Vorsängerstücken, die ich mir dann in fünf Minuten vor der Messe noch reinziehen muß, damit ich mich nicht versinge.

 

Information vorab, den Liedplan etwas früher dem Organisten geben? Fehlanzeige.

 

 

Wenn ich einmal selber einen Liedplan nach dem Münchner Kantorale zusammengestellt habe, kann ich den meist gleich wieder vernichten, weil der Pfarrer etwas anderes singen lassen will. Ich habe es aufgegeben, mich auf Liedbegleitung "vorzubereiten", da ich eh nie weiß, was kommt.

Ich kann alle Sätze aus dem roten Orgelbuch zum GL vom Blatt spielen, empfinde aber die mangelnde information von seiten der Zelebranten als unverschämt. Ich könnte z.B. choralgebundene Literatur mitbringen - aber wenn man nicht weiß, was gesungen wird...vergebliche Liebesmüh!

 

Da ich aber nur ein kleiner Nebenamtler bin, wird auf mein Urteil ohnehin keinen großen Wert gelegt. Der Pfarrer hat immer das letzte Wort, vor allem, wenn es ein älterer ist... :ph34r:

 

 

Wie Du siehst, wäre ich gerne "kreativer" beim Punkt Liedbegleitung - aber wenn ich die Lieder erst kurz vor der Messe bekomme, habe ich keine Chance. Ich bin nunmal kein Hauptamtler, der mal eben aus dem Stand eine viersätzige Orgelsymphonie über ein beliebigen Choral hinlegt. B)

 

 

Weiter heißt es bei Dir:

 

Es tut meiner Meinung nach auch der Orgelmusik nicht gut, wenn sie zum Lückenfüller wird, der überall reingeschoben wird, wo sonst eine längere Stille einträte.

 

Wie gesagt, außer als Liedvorspiel und zur Liedbegleitung erklingt die Orgel in meiner Kirche nur zur Kommunion und zum Auszug. Sicher könnte man auch mal Stille halten, aber dann hätte die Orgel gar keine Funktion mehr. Reine Choralbegleitung kann ich mir auch mittels eines Organomaten holen, in dem alle GL-Lieder auf CD gespeichert sind, die dann vom Pfarrer mit einer Fernbedienung angewählt werden können (so etwas ist in vielen Kleinstgemeinden schon heute traurige Realität!).

 

 

Das ist es ja gerade: Besonders in der kath. Liturgie hat die Orgel, aber auch die Kirchenmusik im allgemeinen, immer eine subordinierte Rolle gespielt. Bei den Evangelischen war das immer anders - man denke nur an die unzähligen Choralbearbeitungen von Bach und anderen Meistern. So etwas ist im kath. Bereich weitestgehend unbekannt.

 

Und wenn ich schon mal ein etwas längeres Liedvorspiel zum besten gebe, heißt es hinterher dann immer: "Das Vorspiel war aber auch arg lang diesmal"...da verkommt die "heilige" zur "eiligen" Messe...

 

Ich hätte auch keine Probleme, von Zeit zu Zeit bei der Kommunionausteilung nicht zu orgeln - aber was meinst Du, wie mich die Leute dann angucken würden...

 

 

Und ein letztes:

 

Auch die Tatsache, dass es in vielen Kirchen keinen großen Einzug mit Leuchtern, Vortragekreuz und Evangelium mehr gibt, halte ich für falsch. Der Mensch, der zum Altar des Herrn zieht, ist für mich ein starkes Symbol, was nicht ausfallen sollte.

 

Das sehe ich etwas anders...Ich finde, daß oftmals ein bißchen mehr Bescheidenheit nottäte. Dieses Pomp-and-Circumstance-Getue bei manchen Pontifikaleinzügen geht mir schon mal ganz gewaltig auf den Wecker...Das ist wirklich mehr Show als alles andere...

 

In diesem Punkt denke ich sehr evangelisch... :lol:

bearbeitet von RationisCausa
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[...]

Leider sind katholische Messen oftmals ausgesprochen wortlastig [...]

Ich finde sie eher zu Geräuschlastig. Es braucht Zeiten der Sille. Das ist in Taizé so Klasse: Etwa ein fünftel der Gottesdienstzeit ist für die Stille reserviert. Ob auch wir 10 Minuten dafür frei machen könnten?

 

Du sprachst die Möglichkeit einer Orgelmeditation vor Beginn der Messe an - schön und gut, aber gestatte mir dazu einige Bemerkungen:

 

1. Es ist meiner Erachtens nicht immer schön und sinnvoll, jedesmal vor der Messe irgendwelche weihevollen leisen Klänge in den Raum zu stellen. [...]

Wieso denn unbedingt leise? Passende Orgelmusik, würde ich mir wünschen. Der Eröffnungsvers ist meistens aus einem Psalm entnommen. Das sind laute Klagen oder Lobeshymnen. Oder das Thema des Gottesdienstes, das wird auch nicht immer ein "leises Thema" sein. Solch ein Vorspiel soll ja auf den Gottesdienst einstimmen, es muss also stimmig sein.

[...] oder es kommt der Priester 10 Minuten vor der Messe mit einem detaillierten Liedplan hereingeschneit, mit zahlreichen Vorsängerstücken, die ich mir dann in fünf Minuten vor der Messe noch reinziehen muß, damit ich mich nicht versinge.[...]

Das gibt es bei mir schon seit einiger Zeit nicht mehr. Unser Pfarrer bringt zwar nach wie vor fleißig Liedzettel (aus dem Gottesdienst, den er davor in einer anderen Kirche gehalten hat) mit aber die ignoriere ich. Wir hatten einmal ein klärendes Gespräch, dass ich die Liedpläne 2 Tage im Voraus brauche und seitdem verwende ich nur noch meine eigenen oder die Wortgottesdienstleiterinnen sprechen ihre Pläne (meist 2 Wochen (!!!) im Voraus) mit mir ab. Das kann man als Organist ruhig verlangen, man ist eben kein Orgasmat. Das letzte Wort hat übrigens nur der Priester, der selber die Orgel spielen will.

 

[...]

Wie gesagt, außer als Liedvorspiel und zur Liedbegleitung erklingt die Orgel in meiner Kirche nur zur Kommunion und zum Auszug. Sicher könnte man auch mal Stille halten, aber dann hätte die Orgel gar keine Funktion mehr. Reine Choralbegleitung kann ich mir auch mittels eines Organomaten holen, in dem alle GL-Lieder auf CD gespeichert sind, die dann vom Pfarrer mit einer Fernbedienung angewählt werden können (so etwas ist in vielen Kleinstgemeinden schon heute traurige Realität!).

Ein Orgasmat [sic!] spielt auch sämtliche Orgelliteratur, die im entsprechenden Format verfügbar ist. Die Dinger sind absolut nicht auf Liedbegleitung beschränkt. Wer auf solche Teile zurückgreift, kann aber auch eine Musik-CD einlegen, dem ist eh nicht zu helfen.

Eine gute Liedbegleitung, die beim Tempo, der Registrierung und den Pausen auf die jeweilige Gemeinde Rücksicht nimmt, kann aber kein Orgasmat leisten. Ich kenne auch eine ganze Reihe an sehr guten A-Organisten (einer davon sogar in der Organistenausbildung auf Bistumsebene tätig), die fantastisch Orgelliteratur und Imporvisationen spielen können aber deren Liedbegleitung unter aller Sau ist. Eine befreundete A-Organistin gibt auch ganz offen zu, dass sie das nicht gut kann. Worauf ich hinaus will: Man sollte nicht so tun, als sei die Liedbegleitung der Teil der Orgelmusik, der geringeres Können voraussetzt (als z.B. Literaturspiel) und deswegen auch von Maschinen übernommen werden kann. Das ist ein Irrtum.

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