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Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr ...


Volker

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Es gibt eine Frage zum Christentum, die mich schon fast von Anfang an sehr beschäftigt, und die gerade wieder hochgekommen ist, wo ich "Remedial Christianity - What Every Believer Should Know about the Faith, but Probably Doesn't" von Paul Alan Laughlin lese.

 

Es gibt viele Stellen in den Evangelien, die mehrdeutig, schwer verständlich, symbolisch etc. sind. Jesus redet in Gleichnissen, die man so oder so interpretieren kann. Aber es gibt eines, was in Jesu Reden deutlich, klar und unmissverständlich ausgedrückt wird, klarer und deutlicher, als alles andere:

 

Jesus sagt an den verschiedensten Stellen, dass das Sammeln irdischer Schätze verderblich sei, dass eher ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als das ein Reicher in den Himmel kommt etc. Es gibt kaum eine Aussage, die klarer ist als diese. Wir finden das auch in der Bergpredigt wieder, oder wenn er seinen Anhängern verbietet, auf ihren Missionsreisen selbst einen Geldbeutel zu besitzen.

 

Zugleich ist dies eine Aussage, die von Christen recht allgemein (mit Ausnahme etwa von Nonnen und Mönchen, die ein Armutsgelübde ablegen), oder von ganz wenigen anderen Ausnahmen abgesehen, am heftigsten verdrängt, geleugnet, ignoriert, beiseite geschoben oder abgelehnt wird (verglichen mit den meisten Menschen auf der Erde ist selbst ein Arbeitsloser oder Sozialhilfeempfänger bei uns wohlhabender als der größte Teil der Menschheit!).

 

Drei Fragen ergeben sich daraus - und ich meine diese keineswegs polemisch! - die mich beschäftigen:

 

Erstens, warum ist das so? Warum sind die klarsten Aussagen von Jesus die, die zugleich am wenigsten befolgt werden? Was für eine Erklärung habt Ihr dafür? Oder ist das doch nicht so klar?

 

Zweitens, man fragt sich natürlich, wenn schon derartige einfache und klare Dinge uminterpretiert werden, warum man dann nicht auch alles andere uminterpretieren kann oder sogar muss?

 

Ich werde als Ungläubiger gerne darauf hingewiesen, dass ich Jesus folgen müsste, um ein erfülltes Leben zu leben. Aber dies sagen mir oftmals Christen, die mehr Wert auf Wohlstand legen als ich selbst! Der Materialismus (verstanden als Streben nach Wohlstand und Vergnügen) der Atheisten wird oft verdammt und verurteilt, und es wird behauptet, dass dies die Ursache vielerlei Übel sei. Dieser Auffassung bin ich auch, ich teile sie: Habgier ist die Ursache für mehr Übel als alle anderen moralischen Schwächen zusammen genommen - und ich verstehe mich als epikuräischer Hedonist! Warum sollte ich jemandem Glauben, der sagt, dass das Leben der Christen ein Zeugnis für die Wahrheit des Glaubens sei, wenn gerade in den einfachen und klaren Dingen Jesus Lehre ignoriert wird? Entweder ist das Leben der christlichen Mehrheit ein Beweis für die Falschheit des Glaubens, oder aber wir haben es hier mit einem "wahren Schotten" zu tun. Die dritte Frage also lautet:

 

Drittens, wie soll ich die Wahrheit des Glaubens am Leben der meisten Christen prüfen, wenn schon in dieser Frage der Widerspruch zu Jesus Lehren einem geradezu in die Augen springt? Oder ist das ein Missverständnis von meiner Seite aus? Dann wäre die Frage, was ich falsch verstanden habe (was die drei Fragen dann radikal ändert).

 

Ich würde mir eine sachliche Diskussion wünschen, deswegen stelle ich das eher als Frage. Ich befürchte aber, dass diese Frage als Provokation verstanden wird, und dass eine verschiebung in die Arena droht. Ich möchte meine atheistischen Gesinnungsgenossinnen und Gesinnungsgenossen daher dringlich bitten, sich möglichst mit Kommentaren zurückzuhalten - ich werde mich selbst daran halten, ich werde vielleicht nachfragen, aber nicht kommentieren. Mich interessiert, was Gläubige darüber denken, ich bin nicht daran interessiert, was Atheisten dazu zu sagen haben.

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Aber es gibt eines, was in Jesu Reden deutlich, klar und unmissverständlich ausgedrückt wird, klarer und deutlicher, als alles andere:

 

Jesus sagt an den verschiedensten Stellen, dass das Sammeln irdischer Schätze verderblich sei, dass eher ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als das ein Reicher in den Himmel kommt etc. Es gibt kaum eine Aussage, die klarer ist als diese. Wir finden das auch in der Bergpredigt wieder, oder wenn er seinen Anhängern verbietet, auf ihren Missionsreisen selbst einen Geldbeutel zu besitzen.

Mal trefflich beobachtet: Das Hängen an irdischen Gütern macht den Menschen unfrei. Die Habgier - so steht es an einer Stelle in der Bibel- ist die Wurzel aller Übel.
Zugleich ist dies eine Aussage, die von Christen recht allgemein (mit Ausnahme etwa von Nonnen und Mönchen, die ein Armutsgelübde ablegen), oder von ganz wenigen anderen Ausnahmen abgesehen, am heftigsten verdrängt, geleugnet, ignoriert, beiseite geschoben oder abgelehnt wird bei uns wohlhabender als der größte Teil der Menschheit!).
Auch wieder gut beobachtet.
Erstens, warum ist das so? Warum sind die klarsten Aussagen von Jesus die, die zugleich am wenigsten befolgt werden? Was für eine Erklärung habt Ihr dafür? Oder ist das doch nicht so klar?
Weil es Verzicht fordert und erst mal weh tut? Erst wenn man (wie Franziskus) Jesus in der Armut radikal nachfolgt - erst dann merkt man, dass man nicht alles verliert sondern alles gewinnt. Ein weiterer Grund: Das Bauen auf irdische Schätze gibt nun mal ein Gefühl an Macht, Sicherheit - und es ist trotz der Worte und Weisungen Jesu "schwer" nachzuvollziehen, dass das Loslassen zur Erfüllung führen soll. Da arrangiert man sich lieber ein wenig bis viel.
Zweitens, man fragt sich natürlich, wenn schon derartige einfache und klare Dinge uminterpretiert werden, warum man dann nicht auch alles andere uminterpretieren kann oder sogar muss?
Wenn viele hier Jesus nicht nachfolgen ist das keine wirkliche Begründung dafür, dass man ihm überhaupt nicht nachfolgen soll bzw. dass man alles umdeuten kann/ soll. Auch wenn schwere Fehler oft oder von vielen gemacht werden ist das kein Grund sie zu legitimieren.
Ich werde als Ungläubiger gerne darauf hingewiesen, dass ich Jesus folgen müsste, um ein erfülltes Leben zu leben. Aber dies sagen mir oftmals Christen, die mehr Wert auf Wohlstand legen als ich selbst!
Dir ist aber schon auch bewußt, dass es Jesus nicht nur um das Loslassen von iridschen Gütern geht ( sein Freund Lazarus soll ja begütert gewesen sein) sondern um die "geistliche Armut": Selig die arm sind vor Gott, den ihrer ist das Himmelreich d.h. selig jene die erkennen, dass nicht unsere eigenen Tugenden, Talenten, Klugheiten etc. unser wahrer Reichtum sind- sondern Gottes Geist und Gnade.

 

Warum sollte ich jemandem Glauben, der sagt, dass das Leben der Christen ein Zeugnis für die Wahrheit des Glaubens sei, wenn gerade in den einfachen und klaren Dingen Jesus Lehre ignoriert wird?
Diese Kritik kann ich durchaus nachvollziehen.Aber vielleicht gibt es gerade deswegen einen Franziskus und gar manche Orden, die diese Armut auch leben

 

Entweder ist das Leben der christlichen Mehrheit ein Beweis für die Falschheit des Glaubens,
Das Leben vieler Christen ist kein Beweis für die Falschheit des Glaubens, sondern für die Schwäche des Menschen. Wir können ja auch nicht die Mathematik verdammen, weil sich manche schwer verrechnen.
Drittens, wie soll ich die Wahrheit des Glaubens am Leben der meisten Christen prüfen, wenn schon in dieser Frage der Widerspruch zu Jesus Lehren einem geradezu in die Augen springt?
Indem du bei dir selbst beginnst- würde ich sagen. Und so weit ich sehe, kommt es Jesus nicht auf Mehrheiten an. Seine Worte wie "Breit ist der Weg ins Verderben, schmal, eng, steil und steinig ist der Weg zum ewigen Leben und nur wenige gehen ihn" scheint sogar das Gegenteil auszusagen!
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Entweder ist das Leben der christlichen Mehrheit ein Beweis für die Falschheit des Glaubens,
Das Leben vieler Christen ist kein Beweis für die Falschheit des Glaubens, sondern für die Schwäche des Menschen. Wir können ja auch nicht die Mathematik verdammen, weil sich manche schwer verrechnen.

 

Stimmt. Aber es wäre ein Zeichen dafür, dass derjenige, der sich verrechnet, keine Ahnung von Mathematik hat, so sehr er auch das Gegenteil beteuert.

 

Drittens, wie soll ich die Wahrheit des Glaubens am Leben der meisten Christen prüfen, wenn schon in dieser Frage der Widerspruch zu Jesus Lehren einem geradezu in die Augen springt?
Indem du bei dir selbst beginnst- würde ich sagen. Und so weit ich sehe, kommt es Jesus nicht auf Mehrheiten an. Seine Worte wie "Breit ist der Weg ins Verderben, schmal, eng, steil und steinig ist der Weg zum ewigen Leben und nur wenige gehen ihn" scheint sogar das Gegenteil auszusagen!

 

Das es schwer ist, sehe ich unmittelbar ein. Du hast natürlich Recht, dass es Jesus nicht nur um materielle Güter ging, aber soweit ich das sehe, sah er den Verzicht darauf als Voraussetzung an - plus dann natürlich noch mehr als nur das. Man kann ja keineswegs sagen: Ich lebe freiwillig in Armut, deswegen folge ich Christus, und mehr brauche ich nicht. Aber man kann auch keineswegs sagen: "Ich folge Jesus in allem (bis auf die Kreuzigung, versteht sich), lebe aber im Wohlstand, also folge ich Jesus im Großen und Ganzen".

 

Bei mir selbst beginnen - was den Reichtum angeht, wäre dies für mich relativ einfach. Aber es widerspricht meiner eigenen Philosophie, die mit Reichtum durchaus zu vereinbaren ist (wie gesagt, ich bin epikuräischer Hedonist). Ich lebe, was ich sage, und sage, was ich lebe - mit mir durchaus schmerzlich bewussten Ausnahmen - jedenfalls im Großen und Ganzen. Man könnte mir natürlich vorwerfen, dass ich meine Philosophie meiner Lebensweise angepasst habe (und nicht umgekehrt), aber gilt das nicht auch für die Christen, die im Wohlstand leben - dass sie das Christentum nach ihrem Leben interpretieren?

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Um mal eine praktische Frage zum Thema zu stellen:

 

Wieso hoert man so oft von der kath. Kirche Stellungnahmen zur Sexualmoral und nie, dass man aufhoeren sollte, nach irdischen Guetern zu streben?

 

Gibt es irgendein Statement der Kirche zu dieser Forderung Jesus'?

 

Meine 2cents zur Eingangsfrage:

 

Die Kirchen sind sich sehr wohl bewusst, welche Forderungen so unpopulaer sind, dass man wenig erfolgreich als Religion waere, wuerde man versuchen, sie umzusetzen.

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Zugleich ist dies eine Aussage, die von Christen recht allgemein (mit Ausnahme etwa von Nonnen und Mönchen, die ein Armutsgelübde ablegen), oder von ganz wenigen anderen Ausnahmen abgesehen, am heftigsten verdrängt, geleugnet, ignoriert, beiseite geschoben oder abgelehnt wird (verglichen mit den meisten Menschen auf der Erde ist selbst ein Arbeitsloser oder Sozialhilfeempfänger bei uns wohlhabender als der größte Teil der Menschheit!).

 

 

Materieller Reichtum und christliche Nachfolge stehen sich nicht konträr gegenüber. Christus predigt ja in diesen Stellen keine konsequente Armut, sondern fordert vielmehr auf auch den schnöden Mammon für das Reich Gottes einzusetzen.

 

Aus dieser Textauffassung nährt sich allerdings seit alters her auch die Mönchsfrömmigkeit mit den drei "Räten" Armut, Jungfräulichkeit und Gehorsam. Die Dogmatische Konstitution des II. Vaticanum über die Kirche "Lumen Gentium" sagt es so: "Er (der Ordensangehörige) ist zwar durch die Taufe der Sünde gestorben und Gott geweiht. Um aber reichere Frucht aus der Taufgnade empfangen zu können, will er durch die Verpflichtung auf die evangelischen Räte in der Kirche von den Hindernissen, die ihn von der Glut der Liebe und der Vollkommenheit der Gottesverehrung zurückhalten könnten, frei werden und wird dem göttlichen Dienst inniger geweiht."

 

Und so erleben das Christen ja selbst auch immer wieder. Wenn ich merke, dass ich an etwas gebunden bin, macht es mich unfrei und finde ich die Kraft mich davon zu lösen, erlebe ich als Kosequenz die Freiheit die Christus mir schenken möchte.

 

Wenn geschrieben steht: "Jesus gewann den reichen Jüngling lieb" - so sah er das Bestreben des reichen Jünglings die Gebote Gottes zu halten - aber sah eben auch, dass sein Reichtum mit Gott in Konkurrenz stand. Liebte er gar am Ende sein Vermögen mehr als Gott?

 

Und auch der Hinweis bei der Aussendung der Jünger keinen Vorrat mitzunehmen führt ja letztlich nicht in die Armut hinein sondern in das innige Verhältnis zu Gott-Vater. Ein Jünger Jesu braucht sich nicht um das Brot für morgen sorgen - sondern die Gebetszeile heisst: Unser täglich Brot gib uns HEUTE.

 

Macht Euch Freunde mit dem schönden Mammon steht an anderer Stelle geschrieben. Auch hier wieder der Hinweis: setzt Eurer Geld nicht nach "weltlichen Gesichtspunkten" ein - sondern verfügt darüber nach den Willen Gottes, d.h. baut Sein Reich damit schon hier auf Erden auf.

 

Reichtum und christliche Nachfolge schliessen sich aber nicht aus. Die wohl vermögende Tuchhändlerin Lydia hat den Apostel Paulus bei seiner Arbeit unterstützt. Das Grab in dem der Leichnam Jesu gelegt wurde - war Eigentum eines wohlhabenen Mannes. Es hängt immer davon ab - nach welchen Masstäben wir unser Eigentum verwalten...

 

 

gby

 

bernd

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Es gibt sicher viele Gründe, warum die Menschen nach Reichtum streben. Ein sehr wichtiger ist: Die Familie. Man wünscht sich für die Kinder eine gute Bildung, aber die kostet viel Geld. Man wünscht sich eine sichere Zukunft, aber auch die muss finanziert werden. Um heute noch so behandelt zu werden, dass man gesund wird, braucht man Geld. Wenn Kinder nicht auf dem neuesten Stand der Mode sind und vllt noch ein wenig labil, dann können Mitschüler so grausam sein, dass Kinder deshalb verzweifeln und sich ausgeschlossen fühlen. Das prägt.

Das Schlimme dabei ist, dass viele Menschen kein Maß mehr kennen. Es reicht doch, wenn man am Ende des Monats seine Rechnungen bezahlen kann. Es muss doch keine Handtasche für 400 € sein, oder 3 Mal im Jahr Mallorca. In Köln gibt es ein Sprichwort: Man muss auch gönnen können. Aber in zunehmendem Maße wird es ersetzt durch: Geiz ist geil. Man könnte auch sagen: Diebstahl ist geil. Denn Geiz ist eine Form von Diebstahl und zudem gegen die Gemeinschaft gerichtet, also asozial. Aber sag das mal einem ins Gesicht.

Mein Mann hatte vor einigen Wochen ein Date mit einem alten Freund aus Punkerzeit. Er ist heute Anwalt und verdient viel Geld. Er ist zu dem geworden, auf die er als junger Mann gespuckt hat. Als mein Mann ihm das vor die Nase hielt, war der Krach da. Viele wollen dann nichts mehr hören, von den Idealen die sie mal hatten. Selbstfressen macht fett. Es gibt nur noch selten Menschen die spontan und uneigennützig helfen. Ich habe allerdings solche Menschen getroffen und bin sehr dankbar dafür.

Irgendwann habe ich für mich festgestellt: Mein Idol war zwar ein wenig chaotisch und radikal in seinen Ansichten, aber er hat die Menschen geliebt, bis zum Kreuz. Ich versuche mich auf ihn einzulassen und zu vertrauen. Und wenn andere meinen, Gott sei ihnen nur gewogen, wenn sie nach Macht und Reichtum streben, dann sollen sie damit glücklich werden. Aber sie sind in ihrer Gier gefangen und das ist viel schlimmer als mal auf was verzichten müssen.

Was ist für mich festgestellt habe: Je mehr die Menschen sich vom Glauben abwenden, desto härter wird die Gangart untereinander. Keiner gönnt dem anderen die Butter auf's Brot. Das Leben ist kurz und jeder will das dicke Ende der Wurst. Und da viele denken das war's wenn wir die Augen zumachen, sind sie um so gieriger nach allem, was ihnen Spass macht. Wirkliche Erfüllung finden sie in ihrem Leben aber nicht.

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Ich kann mich daran erinnern, vor längerem in der FAZ einen Artikel darüber gelesen zu haben, daß diese Bibelstelle sich nicht auf "Reiche" beziehe, sondern eigentlich Schriftgelehrte gemeint seien. Ich bin selber nicht in der Lage, diesen Artikel (der von einem seriösen Theolgen stammte, kritisch zu würdigen. Vielleicht weiß hier jemand von den Theologen etwas dazu. So glasklar antikapitalistisch ist diese Aussage Jesu vielleicht nicht. - Jedenfalls ist klar, daß das Christentum gegen ungerechten Reichtum ist und dagegen, daß das Sammeln irdischer Schätze den geistlichen Werten vorgezogen wird. Zu dem Argument, daß man davon nie etwas, von Mahnungen zur Sexualmoral ständig höre: Das liegt an der verzerrten Berichterstattung bestimmter Medien. Sex sells, auch im Negativen. Tatsächlich spielt die Sexualität in kirchlichen Lehräußerungen quantitativ eine eher geringe Rolle. Schau mal in den Denzinger (Das ist gewissermaßen eine halbamtliche Sammlung der relevanten Äußerungen des Lehramtes), im systematischen Index finden sich zu Familie und Sexualität Verweise auf ca 25 Randziffern des Werkes, insgesamt gibt es 4858 Randziffern, dh ein halbes Prozent der Lehraussagen beziehen sich im weiteren Sinn auf Sexualität. Grüße, KAM

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Hallo Volker,

 

es ist für jeden Christen besonders in unseren Wohlstandsgesellschaften gut über genau diese Fragen nachzudenken, darum besten Dank für diese Fragen und für das echte Interesse.

 

Dass eher ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher in den Himmel kommt, ist eine radikale Aussage, die uns fast allen unangenehm sein muss. Ich zum Beispiel gehe automatisch in Selbstrechtfertigung über und frage mich, ob Jesus denn tatsächlich allen Reichen den Himmel verweigert? Wo doch im Christentum immer gelehrt wird, dass Gott alle liebt, die Reichen etwa nicht eingeschlossen??

 

Ich wette, dass es zu dieser Thematik theologische Abhandlungen gibt, die sich mehr oder weniger erfolgreich darum bemühen Jesus hier recht zu verstehen. Ich kann nur meine Laiengedanken dazu äußern.

 

1. Dass diese Aussage am wenigsten befolgt wird, glaube ich gar nicht mal. Da hat zum Beispiel Bill Gates den größten Teil seines immensen Vermögens für gute Zwecke gestiftet - und bleibt trotzdem reich genug, sicher, aber er hat etwas Sinnvolles mit seinem Reichtum angefangen. Stiften ist seit Jahrhunderten "in". Dazu kommt die Praxis der Almosen, die jeder Christ kennt und an der sich jeder beteiligt. Hier haben wir vielleicht eine Antwort auf die erste Frage: Kaum einer befolgt radikal diese Aussage Jesu, weil alle sie ein bisschen befolgen.

 

Ein psychologisches Moment also. Keiner sieht sich als der feist und eifersüchtig auf seinem Geld sitzende Reiche, den Jesus vielleicht gemeint hat.

 

Wobei heute noch gilt, was Jesus damals schon aufgefallen ist: Die Armen geben grundsätzlich mehr von dem, was sie haben, als die Reichen.

 

Ich sehe da ein Gegensatzpaar: Die arme Alte, die ein paar Münzchen gibt, stellt Jesus (wo genau weiß ich leider nicht) als Vorbild heraus, den feisten Reichen hier als Negativbeispiel. Mancher sagt sich sicherlich "Übertreibung ist die Mutter der Anschaulichkeit, Jesus wollte uns nur sagen, in welche Richtung es gehen muss." Ich weiß nicht, ob das theologisch gesehen Bestand hat.

 

Was wir als Christen immer tun (sollten) ist von der Liebe aus gehen. Wir dürfen von der Liebe Jesu ausgehen und wenn wir nicht wissen, was wir tun sollen, ist die Antwort immer erst einmal: lieben. Liebe zeigt sich im Geben, im Sich-verausgaben für andere. Was übrigens nicht nur pekuniär gemeint ist, sogar kaum pekuniär. Ich persönlich kenne das Gefühl Materielles zu bekommen, weil jemand seine Liebe zeigen möchte, und ich weiß daher, wie wenig das geht.

 

Noch ein Gedanke: Was Jesus predigt, ist eigentlich nicht das Gleiche wie der Kommunismus. Das Evangelium ist zuallererst Nahrung für die Seele. Ich hoffe das ist Dir nicht zu "christlich" formuliert.

 

Sicher gebührt denen, die auch äußerlich seinen Vorgaben folgen, ganz besondere Ehre. Nicht umsonst stehen sie für den Rest der Gemeinde als Vorbilder da: Priester, Mönche, Nonnen. Und das ist auch Jesus für Christen immer: Sozusagen ein Stern, der die richtige Richtung angibt. Der vollkommene Mensch, wie ich grad in Ratzingers "Einführung in das Christentum" gelesen habe. So einer, wie wir es noch werden müssen.

 

2. Ich glaube nicht, dass Christen uminterpretieren, bzw. wenn sie es tun, machen sie in der Tat einen Fehler. Was gefragt ist, ist eine Interpretation im richtigen Sinne, nicht in einem anderen Sinne. Damit fällt schonmal jede Interpretation weg, die nicht von der Liebe Gottes für uns und der Aufgabe an uns zu lieben ausgeht.

 

3. Das Leben der Christen sollte von dem Anspruch her, den Gott an sie stellt, geeignet sein den Glauben zu vermitteln, das heißt überzeugend sein. Doch man sollte meiner Meinung nach nicht die Lehre daran messen, wieviele Menschen sie möglichst perfekt befolgen. Sondern daran, ob man sie mit dem eigenen Verstand und Gewissen als richtig und gut erkennt.

bearbeitet von Kirisiyana
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Btw: man sollte vielleicht auch nicht vergessen, daß sowohl Armuts- als auch Keuschheitsideal in einer Zeit der eschatologischen Naherwartung ausgesprochen wurden.

 

Wenn ich weiß, daß morgen die Welt untergeht ist es leicht solche Sachen zu beherzigen (gut Keuschheit wäre da noch zu diskutieren).

 

Nachdem die Welt sich allerdings aller Voraussicht nach noch ein paar Jahre drehen wird, halte ich die Entscheidung am Privateigentum zur Sicherung des eigenen Lebensunterhaltes festzuhalten für nicht die allerdümmste (vorallem nachdem so schnell klar war, daß die Gütergemeinschaft der Urkirche scheitern würde).

 

Jörg Sieger hat auf seiner Homepage sinngemäß geschrieben, daß die Aufgabe des Menschen nicht einfach lautet Gott zu dienen sondern "die Welt zu bebauen und zu bewahren."

 

Im Kompendium wird die Bedingung unter der das Recht auf Privateigentum besteht so formuliert:

Das Recht auf Privateigentum besteht unter der Voraussetzung, dass man das Eigentum auf gerechte Weise erworben oder bekommen hat und die allgemeine Bestimmung der Güter zur Befriedigung der Grundbedürfnisse aller Menschen vorrangig bleibt.

 

Gemeinwohl geht also vor Individualwohl.

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Für mich ist dieser Satz Jesu ein Beispiel für was Unmögliches. Die Jünger waren darüber auch verzweifelt und sagten: Wer kann dann gerettet werden? Hier ist der 2. Hauptsatz des Christentums anzuwenden: Bei Gott ist alles möglich.

 

Diese Spannung: Daß das Kamel tatsächlich durch das Nadelöhr kann, und der Versuch, ein Christ zu sein, ist ziemlich dasselbe.

bearbeitet von Einsteinchen
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Es gibt ja kaum wirklich Reiche, daher finde ich diese Zitate nicht besonders beunruhigend. Ich meine auch nicht, dass in den Evangelien Verzicht gepredigt wird, sondern dass man sich nicht zum Sklaven seines Besitzstrebens machen sollte.

 

Wohlhabenheit ist schon eine feine Sache. Es ist viel leichter, sich nach christlichen Wertmaßstäben zu richten, wenn man von finanziellen Sachzwängen entbunden ist.

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Materieller Reichtum und christliche Nachfolge stehen sich nicht konträr gegenüber. Christus predigt ja in diesen Stellen keine konsequente Armut, sondern fordert vielmehr auf auch den schnöden Mammon für das Reich Gottes einzusetzen.

 

Wie setzt man den schnöden Mammon für das reich Gottes ein? Doch wohl, in dem man ihn weggibt. Origenes sagte dazu: "Wer seinen Nächsten liebt, wie sich selbst, der hat nicht mehr als der Nächste". Origenes hat das gelebt, er war reich, verschenkte aber seinen Reichtum, als er Christ wurde.

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Mt 19,23

Da sagte Jesus zu seinen Jüngern: Amen, das sage ich euch: Ein Reicher wird nur schwer in das Himmelreich kommen.

Mt 19,24

Nochmals sage ich euch: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.

Mt 19,25

Als die Jünger das hörten, erschraken sie sehr und sagten: Wer kann dann noch gerettet werden?

Mt 19,26

Jesus sah sie an und sagte zu ihnen: Für Menschen ist das unmöglich, für Gott aber ist alles möglich.

 

Dunkel ist diese Stelle.

Nicht alles, was dunkel ist, hat auch Tiefe aber wenn etwas Tiefe hat, so ist es zumeißt auch dunkel. :huh:

Für Menschen ist es unmöglich, für Gott aber nicht.

Wie soll man das deuten?

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ot: ist das "kamel" nicht wieder ein übersetzungsfehler, und sollte eigentlich schiffstau heissen? ich erinnere mich sowas gehört zu haben.

Da wird noch drüber diskutiert. Ob Tau oder Tier, ob Nadelöhr oder enge Gasse, an der Botschaft, daß Gotteskinder keine Weltkinder sein sollen, ändert sich nicht viel.

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ot: ist das "kamel" nicht wieder ein übersetzungsfehler, und sollte eigentlich schiffstau heissen? ich erinnere mich sowas gehört zu haben.

 

 

Grüße !

 

Der Gerüchte sind viele... mir wurde einmal gesagt, das Nadelöhr sei die Bezeichnung für den schmalsten Durchlass in der Stadtmauer Jerusalems gewesen. So schmal, dass die vollbepackten Lastkamele nicht durchkamen, es musste alles abgeladen werden.

 

Nun, ich nehme an, es gibt noch mehr Deutungen.....

 

 

.

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Mt 19,25

Als die Jünger das hörten, erschraken sie sehr und sagten: Wer kann dann noch gerettet werden?

Mt 19,26

Jesus sah sie an und sagte zu ihnen: Für Menschen ist das unmöglich, für Gott aber ist alles möglich.

Nun, das ist doch die Antwort schlechthin.
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Mt 19,25

Als die Jünger das hörten, erschraken sie sehr und sagten: Wer kann dann noch gerettet werden?

Mt 19,26

Jesus sah sie an und sagte zu ihnen: Für Menschen ist das unmöglich, für Gott aber ist alles möglich.

Nun, das ist doch die Antwort schlechthin.

 

Aber was besagt die Antwort? Wenn Jesus sagt, dass es sehr schwer bis unmöglich für einen Reichen sein wird, ins Himmelreich zu kommen, dann muss es dafür ja einen Grund geben. Der Grund wird wohl sein, dass Gott es nicht will (und nicht, dass er das nicht kann.) Dass für Gott nichts unmöglich ist, ändert nichts an dem Umstand, dass der Mensch sich nicht selber retten kann, wenn er gegen die genannte Bedingung verstösst.

 

Ich interpretiere die Stelle so: Gott kann alle retten, die er retten will. Reiche will Gott nicht unbedingt retten und daran kann kein Mensch etwas ändern. Wenn man also in das Himmelreich will, ist es dringend anzuraten, auf Reichtümer zu verzichten.

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Das es schwer ist, sehe ich unmittelbar ein. Du hast natürlich Recht, dass es Jesus nicht nur um materielle Güter ging, aber soweit ich das sehe, sah er den Verzicht darauf als Voraussetzung an - plus dann natürlich noch mehr als nur das.
So weit ich es jetzt im Gedächtnis habe, sind die Worte Jesu zum "Verzicht auf alles" (z.B. keinen Geldbeutel mitnehmen) vor allem an die Jünger gerichtet.

 

Man kann ja keineswegs sagen: Ich lebe freiwillig in Armut, deswegen folge ich Christus, und mehr brauche ich nicht. Aber man kann auch keineswegs sagen: "Ich folge Jesus in allem (bis auf die Kreuzigung, versteht sich), lebe aber im Wohlstand, also folge ich Jesus im Großen und Ganzen".
Dass die "Nachfolge Christi" für einen Familienvater, der für seine Frau und Kinder zu sorgen hat eine andere ist als die eines Kapuziners, das hat z.N. der hl. Franz von Sales in der "Philothea" gut ausgeführt. Wenn Jesus an einer Stelle sagt, dass wir uns mittels des Mammon einen Schatz im Himmel erwerben sollen, dann ist damit m.E. auch gemeint, dass wir die materiellen Mittel anwenden sollen, anderen zu helfen, Gutes zu tun.
Man könnte mir natürlich vorwerfen, dass ich meine Philosophie meiner Lebensweise angepasst habe (und nicht umgekehrt), aber gilt das nicht auch für die Christen, die im Wohlstand leben - dass sie das Christentum nach ihrem Leben interpretieren?
Ja- leider. bearbeitet von Mariamante
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Die Kirchen sind sich sehr wohl bewusst, welche Forderungen so unpopulaer sind, dass man wenig erfolgreich als Religion waere, wuerde man versuchen, sie umzusetzen.
Iregendwie kommt mir diese Behauptung unschlüssig vor: Denn die Kirche ist sich auch bewußt, dass die Forderung bezüglich Sexualmoral äußerst "unpopulär" sind, und hält doch daran fest. An der "Unpopularität" kann´s also nicht liegen.
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Aber was besagt die Antwort? Wenn Jesus sagt, dass es sehr schwer bis unmöglich für einen Reichen sein wird, ins Himmelreich zu kommen, dann muss es dafür ja einen Grund geben. Der Grund wird wohl sein, dass Gott es nicht will (und nicht, dass er das nicht kann.)
Falsche Schlußfolgerung: Da der Reiche den Mammon zu seinem Gott gemacht hat, hat er am Lebendigen Gott kein Interesse. Zwei Herren kann man nicht dienen.
Ich interpretiere die Stelle so: Gott kann alle retten, die er retten will.
Nach dem christlichen Glauben ist es wohl eher so zu sehen: Gott "kann" den nicht retten, der sich nicht retten lassen will.

 

Reiche will Gott nicht unbedingt retten und daran kann kein Mensch etwas ändern.
Der Reich WILL Reichtum, Geld, Macht aber nicht Gott. Nicht Gott will den Menschen nicht retten, sondern der Mensch der mehr auf Geld, Macht, Reichtum vertraut kümmert sich nicht um Gott.
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Falsche Schlußfolgerung: Da der Reiche den Mammon zu seinem Gott gemacht hat, hat er am Lebendigen Gott kein Interesse. Zwei Herren kann man nicht dienen.

Dann kommt es also nicht darauf an, reich zu sein, sondern den Mammon zu seinem Gott zu machen? Das kann man auch als Armer (da ist es wahrscheinlich noch häufiger). Dann hat man natürlich doppelt Pech. Kein Reichtum und auch kein Himmel.

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Die Kirchen sind sich sehr wohl bewusst, welche Forderungen so unpopulaer sind, dass man wenig erfolgreich als Religion waere, wuerde man versuchen, sie umzusetzen.
Iregendwie kommt mir diese Behauptung unschlüssig vor: Denn die Kirche ist sich auch bewußt, dass die Forderung bezüglich Sexualmoral äußerst "unpopulär" sind, und hält doch daran fest. An der "Unpopularität" kann´s also nicht liegen.

 

Nach aussen so zu tun, als ob man sich an die Vorgaben der Sexualmoral halten wuerde und sich im Schlafzimmer nicht daran halten ist leichter, als als Reicher Mensch Armut vorzutaeuschen.

 

Ausserdem haette es die Kirche dann sehr viel schwerer, sich bei den Reichen und Mechtigen der Welt einzuschleimen.

 

Ich klinke mich allerdings hier jetzt aus, um Volkers Wunsch nach nicht-Beteiligung von Atheisten hier nachzukommen. Wenn Du das Thema mit mir weiterdiskutieren willst, mach einen anderen Thread auf.

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Mt 19,25

Als die Jünger das hörten, erschraken sie sehr und sagten: Wer kann dann noch gerettet werden?

Mt 19,26

Jesus sah sie an und sagte zu ihnen: Für Menschen ist das unmöglich, für Gott aber ist alles möglich.

Nun, das ist doch die Antwort schlechthin.

Vielleicht sollte ich das noch etwas ausführen. Es haben sich bei mir seit gestern abend ein paar Gedanken zu dieser Stelle hinzugesellt.

 

Es lohnt sich wieder einmal, die ganze Stelle zu lesen. Mt 19 also:

 

"16 Es kam ein Mann zu Jesus und fragte: Meister, was muss ich Gutes tun, um das ewige Leben zu gewinnen? 17 Er antwortete: Was fragst du mich nach dem Guten? Nur einer ist «der Gute». Wenn du aber das Leben erlangen willst, halte die Gebote! 18 Darauf fragte er ihn: Welche? Jesus antwortete: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen; 19 ehre Vater und Mutter! Und: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!

 

20 Der junge Mann erwiderte ihm: Alle diese Gebote habe ich befolgt. Was fehlt mir jetzt noch? 21 Jesus antwortete ihm: Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen; so wirst du einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach.

 

22 Als der junge Mann das hörte, ging er traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen. 23 Da sagte Jesus zu seinen Jüngern: Amen, das sage ich euch: Ein Reicher wird nur schwer in das Himmelreich kommen. 24 Nochmals sage ich euch: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.

 

25 Als die Jünger das hörten, erschraken sie sehr und sagten: Wer kann dann noch gerettet werden? 26 Jesus sah sie an und sagte zu ihnen: Für Menschen ist das unmöglich, für Gott aber ist alles möglich.

 

27 Da antwortete Petrus: Du weißt, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Was werden wir dafür bekommen? 28 Jesus erwiderte ihnen: Amen, ich sage euch: Wenn die Welt neu geschaffen wird und der Menschensohn sich auf den Thron der Herrlichkeit setzt, werdet ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten. 29 Und jeder, der um meines Namens willen Häuser oder Brüder, Schwestern, Vater, Mutter, Kinder oder Äcker verlassen hat, wird dafür das Hundertfache erhalten und das ewige Leben gewinnen. 30 Viele aber, die jetzt die Ersten sind, werden dann die Letzten sein, und die Letzten werden die Ersten sein."

 

Dem jungen Mann geht es um sein Heil. Jesus antwortet, er soll einfach die Gebote befolgen. Das scheint zu reichen, denn obwohl das den Menschen noch nicht vollkommen macht, ist es für Gott nicht unmöglich ihn zum Heil zu führen. Dies scheint mir gegen das starre Gottesverständnis gehalten zu sein: Das Verständnis, das meint, man müsse bestimmte Dinge tun, um von Gott geliebt zu werden. Das meint, wenn man diese Dinge nicht tue, könne Gott einen nicht lieben. Das ist ganz und gar nicht das Verständnis von Gott, das uns Jesus vermitteln möchte.

 

Von Besitzaufgabe spricht er da noch nicht. Die kommt erst ins Spiel, als es darum geht, vollkommen zu sein. Der vollkommene Mensch ist einer, der ganz in Liebe und im Liebestun aufgeht, in völliger Hingabe. Eigentlich gibt es nur einen vollkommenen Menschen, Jesus selbst. Die ihm nachfolgen, sind besondere Menschen, Vorbilder. Sie zeigen, was den Menschen zur Vollkommenheit führt: Je mehr er sich für andere gibt, umso eher findet er ganz zu sich selbst (das habe ich nun wieder von Ratzinger), zu seiner Vollkommenheit. Das ist das Heil, auf das das Evangelium hin gerichtet ist.

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Aber was besagt die Antwort? Wenn Jesus sagt, dass es sehr schwer bis unmöglich für einen Reichen sein wird, ins Himmelreich zu kommen, dann muss es dafür ja einen Grund geben. Der Grund wird wohl sein, dass Gott es nicht will (und nicht, dass er das nicht kann.)
Unmöglich ist es überhaupt für einen normalen Menschen, so zu leben, dass er sich damit das Himmelreich verdient. So gut wie alle hängen an irgendetwas, das ihnen äußerst schwer fällt loszulassen. Der reiche junge Mann in dieser Geschichte zum Beispiel ist ein ausgesprochen tugendhafter Mensch, aber er hängt doch irgendwie an seinem Geld, eher wahrscheinlich noch an dem angenehmen Leben, das es ihm ermöglicht.

 

Dass Gott diesen unvollkommenen Menschen nicht zur Vollkommenheit führen möchte, ist gerade nicht die Aussage dieser Geschichte. Auch wenn der Mensch nicht alle Bedingungen erfüllt, die ihn zur Vollkommenheit führen, ist es Gott nicht unmöglich ihn dennoch dahin zu bringen.

 

Dass für Gott nichts unmöglich ist, ändert nichts an dem Umstand, dass der Mensch sich nicht selber retten kann, wenn er gegen die genannte Bedingung verstösst.
Dem christlichen Menschenverständnis nach kann kein einziger Mensch sich selbst retten. Er ist einfach nicht vollkommen genug. Das scheinen die Jünger erkannt zu haben, als sie erschrocken fragen, wer denn überhaupt noch gerettet werden kann. Jesu Antwort, für Gott sei nichts unmöglich, weist darauf hin, dass Gott selbst den letzten Schritt auf uns zugeht, um uns sozusagen aus dem Sumpf zu ziehen.
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