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Fatima, Lourdes, Wunder?


mykathpierre

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Nun- es gibt Menschen, die mit dem Fallschirm aus großer Höhe abspringen, der Fallschirm öffnet sich nicht, die Leute überleben.

Ja, einmal.

 

Er richtete die Pistole auf sie, drücke ab- kein Schuß löste sich. Er untersuchte die Waffe - kein Hindernis. Da dachte er nach, ob das nicht ein zeichen sein könne- zielte in die Luftt- der schuß ging los.

Das "Wunder", dass der Schuss beim zweiten Mal losging, ist mit einer messbaren Wahrscheinlichkeit in der Untersuchung der Waffe zu finden. Geschichten, wo etwas nach Befolgung der Anweisung "Vor Gebrauch schütteln" im zweiten Anlauf dann doch funktionierte, kann ich dir aus meiner Zeit auf'm Bau jede Menge erzählen. Dass mit der Pistole klingt nur dramatischer und existenzieller, aber es beruht auf demselben banalen Prinzip.

 

Tja- wenn es üble Nachrede ist, die Dinge auszusprechen wie man sie sieht ...

Du hast die besagten Dinge (dreifacher Sturz vom Kirchturm) doch gar nicht gesehen, das war doch nur ein Geschichterl.

 

André

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Gerlinde Blosche
Ich habe bewusst diese "Kerngleichnisse" gedanklich nicht von Jesu "sonstigen Aussagen getrennt" , in denen er vom Willen seines Vater spricht, weil ich der Meinung bin, dass man das der Ganzheitlichkeit des Gottesbildes wegen, das Jesus vermittelt, nicht tun sollte.

 

Die "Ganzheitlichkeit" von Jesus ist eine Illusion, denn an den dem Bild, das Jesus vermittelt, haben die Evangelisten noch gewaltig gedreht. Man erkennt dies an den zahlreichen Sprüchen, die Jesus nur zugeschrieben werden, die aber ältere Autoren haben, und daran, dass vieles aus dem AT abgeschrieben wurde (wie es ein Theologe mal ausdrückte: Das NT wurde mit alttestamentlichen Farben gemalt). Daraus folgen auch die zahlreichen Widersprüche, nicht nur der Evangelisten untereinander, sondern auch von Jesus selbst. Einmal redet er vom Frieden, dann vom Schwert, das er bringen würde, und dass er die Familien entzweien würde.

 

Man kann das harmonisieren, aber damit tut man dem NT Gewalt an. Nichts an Jesus ist ganzheitlich oder einheitlich, weil vieles von dem, was Jesus laut Evangelien gesagt haben soll, nicht von Jesus stammt, sondern später hinzugefügt wurde - das gilt als gesicherte theologische Erkenntnis. Das Jesus-Seminar hat 70% der Aussprüche in den Evangelien, die Jesus getan haben soll, verworfen. Und zwar nicht, wie viele das tun, weil es nicht in das Jesus-Bild passt, dass sie gerne hätten, sondern weil man die älteren Autoren dieser Aussprüche gefunden hat!

 

Von dem, was in den Evangelien steht, wird dann über Rosinenpickerei und Umdeutung das Jesus-Bild konstruiert, das man gerne haben möchte. Was da nicht reinpasst, wird uminterpretiert - die Ganzheitlichkeit entsteht im Kopf des Lesers, hat mit den Evangelien dann aber wenig zu tun. Da ich nicht glaube, dass Jesus nicht gelebt hat, tangiert mich das nicht, mir ist es gleichgültig, von wem die Gleichnisse stammen, sie gewinnen ihre moralische Kraft unabhängig vom Autor. letztlich mache ich auch das, was Christen so gerne tun: Ich picke mir die Rosinen heraus, nur tue ich das bewusst.

 

Mein Jesus-Bild ist eher vom amerikanischen Professor für Theologie, Robert M. Price, geprägt, der in "Deconstructing Jesus" zeigt, dass die ganzen Jesus-Bilder auf Willkür beruhen, und das kein Jesus-Bild wahrer oder besser sein kann als das andere, weil wir über Jesus praktisch nichts wissen. Was wir kennen sind die bereits artifiziellen und verfälschten Konstruktionen der Evangelisten, darauf werden dann eigene Konstruktionen und Umdeutungen drüber gesetzt, und behauptet, dies sei nun der "wahre Jesus". Ein "wahres" Jesus-Bild gibt es nicht und hat es niemals gegeben - deswegen kann man auch nicht zwischen einem historischen und einem biblischen Jesus unterscheiden, der historische Jesus liegt unter so viel "Interpretationsschutt" und Verfälschungen begraben, dass man sehr wohl zweifeln kann, das darunter überhaupt eine Person gelegen hat.

 

Jeder macht es den Evangelisten nach: Man konstruiert sich aus dem vorhandenen Material den Jesus, den man gerne hätte. Genau das habe ich auch - mit etwas provokativer Absicht - gemacht. Tatsächlich könnte man aus dem Material sich seinen atheistischen, pantheistischen, kommunistischen, sozialistischen, feministischen, christlichen oder sonstigen Jesus schnitzen, ganz nach Belieben - und das hat jedes Jahrhundert gemacht. Als Albert Schweitzer nach dem historischen Jesus fahndete, der irgendwo unter diesem Material verborgen sein musste, kam er zu dem Schluss, dass man diesen nicht auffinden kann, und dass das, was nach allem Bereinigen übrig bleibt, keine Substanz für das Christentum bietet. Schweitzer wandte sich danach vom Christentum ab und folgte dem Jesus, den er für richtig hielt - aber nicht, weil er vermutete, den richtigen Jesus gefunden zu haben, sondern weil er aus ganz anderen Gründen und unabhängig von der Person Jesus von der Richtigkeit seines Vorhabens überzeugt war. Ob es überhaupt einen Jesus gegeben hat, war dafür unerheblich.

 

Handlungen der Nächstenliebe "allein" für oder wegen des Willen Gott zu tun, wäre m. E. auch nicht die rechte Absicht, da dann die Liebe sicher zu kurz kommen würde. Damit will ich aber nicht sagen , dass sich Jesus nicht am Willen Gottes orientiert hat, da er uns doch vielerorts aufgetragen hat, den Willen Gottes zu tun, den er auch in Gleichnissen darlegte, wenn er auch "in ihnen" nicht den Willen Gottes direkt ansprach. Den Willen Gottes tun "um der Menschen willen", dazu zeigt uns Jesus Wege auf, wie wir uns untereinander verhalten sollen, dass unser Leben gelingt. Nicht um Gottes Willen wegen, sondern der "Menschen wegen".

 

Und um zu dieser Erkenntnis zu kommen braucht man weder einen Gott noch Jesus, sondern nur ein bisschen Mitgefühl. Wer seinem Herzen folgt, braucht keinen Gott und keinen Jesus, der ist nur dann nötig, wenn man das nicht vorhat und lieber fremden Autoritäten folgen möchte. Wenn man sich die Autoritäten so herauspickt, dass sie dem entsprechen, was man auch ohne sie tun würde, dann aus Unsicherheit, man sucht sich die Bestätigung, die man gerne haben möchte, um vor sich so zu tun, als ob man einen festen Boden hätte - aber das ist eine Illusion. Wer's braucht.

 

Egal ist mir eigentlich was von anderen zu den Gleichnissen hinzugefügt worden sein soll, für mich sprechen sie allein doch eine ziemlich klare Sprache, weil sie wie Du selbst sagst "für sich selbst" sprechen. Ich persönlich habe da keine Probleme damit und lasse da ruhig auch meine Vernunft mitsprechen.

 

Und das ist auch völlig in Ordnung.

Lieber Volker,

leider hab ich momentan nicht die Zeit auf Deine ausführlichen Gedanken einzugehen. Es gehört auch eigentlich nicht mehr zum Thema. Aber um beim Thema "Wunder" zu bleiben habe ich bezüglich Deiner Aussagen schon fast den Eindruck, dass es heutzutage schon ein Wunder sein muss, wenn man an Gott glauben kann.

Leichter hat man es sicher, wenn man dem Zeugnis des Evangeliums vertraut. So wie ich mich bemühe mit der Natur und mit den Menschen in Harmonie zu leben , bemühe ich mich aus Dankbarkeit meinem Schöpfer gegenüber mit diesem in Harmonie zu leben , wenn es auch nicht immer gelingt. Und ich glaube auch dass dies ein wesentliches Anliegen Jesu war, wenn auch Streit wegen Meinungsverschiedenheiten nicht zu vermeiden ist.

Liebe Grüße und einen schönen Sonntag, Gerlinde

 

Und damit war das Gespräch beendet. Unbefriedigend.

Lieber Stefan,

tut mir leid, dass ich Dich nicht zufriedenstellen konnte. Ich habe das Gespräch zunächst aus Zeitgründen beendet, aber auch deshalb weil ich zum eigentlichen Thema "Wunder" zurückkehren wollte, da Volkers Ausführungen m.E. nicht mehr dazugehörten.

Was die "Ganzheitlichkeit" angeht, meinte ich vor allem damit, dass Gott und Jesus eine Einheit bilden, da Jesus selber Gott ist und seine Aussagen bzw. Gleichnisse deshalb immer als Gottes Wille gesehen werden sollten, egal ob Gott darin erwähnt wird oder nicht.

Man kann Jesus nicht von Gott trennen wie Volker es mit folgenden Worten tut:" Die Moral von Jesus ist fast rein atheistisch. Seine Begründung ist unabhängig davon, ob Gott nun existiert oder nicht."

Liebe Grüße, Gerlinde

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Ja, einmal.
Man sagt bei manchen Stürzen, die eigentlich zum Tod hätten führen müssen, da wäre ein "Schutzengel" am Werk gewesen.
Das "Wunder", dass der Schuss beim zweiten Mal losging, ist mit einer messbaren Wahrscheinlichkeit in der Untersuchung der Waffe zu finden. Geschichten, wo etwas nach Befolgung der Anweisung "Vor Gebrauch schütteln" im zweiten Anlauf dann doch funktionierte, kann ich dir aus meiner Zeit auf'm Bau jede Menge erzählen. Dass mit der Pistole klingt nur dramatischer und existenzieller, aber es beruht auf demselben banalen Prinzip.
Da der Bericht schon länger her ist, war ich mir nicht ganz sicher, ob der Berichterstattet nicht erzählt habe, er hätte die Waffe geprüft, noch mal zu schießen probiert - und es sei nicht gegangen- erst als er in die Luft zielte, funktionierte es. Aber egal wie wundersam die Sache auch ist, manche finden immer eine Erklärung, warum das alles dem Zufall zuzuschreiben wäre.
Du hast die besagten Dinge (dreifacher Sturz vom Kirchturm) doch gar nicht gesehen, das war doch nur ein Geschichterl.

Für manche ist eine Geschichte, ein Bild, eine Metapher eine Verständnishilfe- für andere nicht.

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Gerlinde Blosche

Das Problem bei der Frage nach dem "Wunder" liegt m.E. auch darin, ob erklärt werden kann, dass es sich um eine natürliche Ursache des Ereignisses handelt oder um eine übernatürliche Ursache, die man eben nicht erklären kann. Für Ereignisse die außerhalb des natürlichen Bereichs liegen, also keine natürlichen Ursachen haben können, hat auch die Wissenschaft keine Antworten und keine Beweise. Deshalb scheint es mir gelegentlich ein wenig überheblich, wenn man aus unerklärlichen Ereignissen schließt, es gäbe nichts Übernatürliches, man kommt dann sehr leicht auch zu dem Schluss es gäbe keinen Gott, der ja auch übernatürlich ist .

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Das Problem bei der Frage nach dem "Wunder" liegt m.E. auch darin, ob erklärt werden kann, dass es sich um eine natürliche Ursache des Ereignisses handelt oder um eine übernatürliche Ursache, die man eben nicht erklären kann. Für Ereignisse die außerhalb des natürlichen Bereichs liegen, also keine natürlichen Ursachen haben können, hat auch die Wissenschaft keine Antworten und keine Beweise. Deshalb scheint es mir gelegentlich ein wenig überheblich, wenn man aus unerklärlichen Ereignissen schließt, es gäbe nichts Übernatürliches, man kommt dann sehr leicht auch zu dem Schluss es gäbe keinen Gott, der ja auch übernatürlich ist .

Ein naturwissenschaftliche Erklärung ist zunächst nur die Feststellung einer bestimmten Regelmäßigkeit.

Ein Wunder ist daher eine Ausnahme von dieser Regelmäßigkeit.

Beißen tut sich da erst dann etwas, wenn man bestimmte Vorstellungen darüber hat, warum es Regelmäßigkeiten gibt oder warum es in einem bestimmten Fall mal keine gab.

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(...)

Man kann Jesus nicht von Gott trennen wie Volker es mit folgenden Worten tut:" Die Moral von Jesus ist fast rein atheistisch. Seine Begründung ist unabhängig davon, ob Gott nun existiert oder nicht."

Liebe Grüße, Gerlinde

Das ist richtig. Jesus sagt ja, daß das Gute der Wille Gottes sei.

Dies verdeutlicht er im Gleichnis vom barmherzigen Samariter.

Nur ist es eben nicht so, daß das Gute allein deswegen gut sei, weil es Gott diktiert - quasi wegen seiner Autorität und Macht, sondern deswegen weil das Gute so etwas ähnliches wie das Wahre ist und damit ist weder wahr und unwahr noch gut und böse beliebig.

Wenn wir etwas böses tun, dann ist es nicht deswegen böse, weil es Gott nicht gefällt, sondern Gott gefällt es nicht, daß wir das böse tun.

Da wir ein Gewissen haben, können wir zwischen gut und böse unterscheiden, so wie wir auch zwischen wahr und unwahr unterscheiden können.

Allerdings kann es dann aber nicht so sein, daß das Wort Gottes, auch wenn wir es für unmoralisch halten, trotzdem gut ist.

Man kann daher eindeutig einen Unterschied zwischen den Taten Jesus und eines Teufels feststellen und nicht behaupten, daß Jesus z.B. ein Teufel gewesen wäre und damit seine guten Werke vollbracht hätte.

Wenn man dies aber kann, dann kann man auch sicher sein, daß von Gott nichts gefordert werden kann, was wir als böse empfinden.

Freilich kann der Mensch auch irren, was im Mangel seiner Vernunft und Erkenntnisfähigkeit begründet ist.

 

Etwas ist daher nicht deswegen gut, weil Gott es will und wir können erkennen was gut und böse ist.

Darum stellt sich für uns dann auch erst die Theodizee.

Wenn das Gute eine willkürliche Setzung der Gottheit wäre, dann ergäbe sich keine Frage nach der moralischen Rechtfertigung Gottes.

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Gerlinde Blosche

Das Problem bei der Frage nach dem "Wunder" liegt m.E. auch darin, ob erklärt werden kann, dass es sich um eine natürliche Ursache des Ereignisses handelt oder um eine übernatürliche Ursache, die man eben nicht erklären kann. Für Ereignisse die außerhalb des natürlichen Bereichs liegen, also keine natürlichen Ursachen haben können, hat auch die Wissenschaft keine Antworten und keine Beweise. Deshalb scheint es mir gelegentlich ein wenig überheblich, wenn man aus unerklärlichen Ereignissen schließt, es gäbe nichts Übernatürliches, man kommt dann sehr leicht auch zu dem Schluss es gäbe keinen Gott, der ja auch übernatürlich ist .

Ein naturwissenschaftliche Erklärung ist zunächst nur die Feststellung einer bestimmten Regelmäßigkeit.

Ein Wunder ist daher eine Ausnahme von dieser Regelmäßigkeit.

Beißen tut sich da erst dann etwas, wenn man bestimmte Vorstellungen darüber hat, warum es Regelmäßigkeiten gibt oder warum es in einem bestimmten Fall mal keine gab.

Ja, es bleibt dann die Frage nach dem "Woher bzw. des Warum" der Nichtregelmäßigkeit der Naturgesetze, die die Naturwissenschaft zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten kann. Diese Beantwortung ist ja immer auch vom Wissensstand der Naturwissenschaften abhängig.

Außerdem wird natürlich der einzelne Mensch je nach Glaube an die übernatürlichen Kräfte dies unterschiedlich einordnen.

Liebe Grüße, Gerlinde

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Lasst uns nur einfach mal zurückdenken.

 

Vor 250 Jahren bekam man die Schwindsucht, niemand wusste woher bis ein Herr Koch den Tuberkel fand. Nun war es keine Strafe Gottes mehr sondern Ansteckung und evtl. vermeidbar.

 

Und so wird es mit vielen Phänomenen gehen, die wir uns heute noch nicht erklären können.

 

Pierre

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Das Problem bei der Frage nach dem "Wunder" liegt m.E. auch darin, ob erklärt werden kann, dass es sich um eine natürliche Ursache des Ereignisses handelt oder um eine übernatürliche Ursache, die man eben nicht erklären kann.

 

Eine Ursache ist immer eine Erklärung für die Wirkung, die sie verursacht hat (oder anders herum: Wenn wir fragen, was die Erklärung für die zerbrochene Fensterscheibe ist, dann akzeptieren wir die Antwort "Weil da ein Stein durchgeworfen wurde" als Erklärung, weil damit die Ursache bekannt ist).

 

Zu sagen: Wir haben keine natürliche Erklärung für etwas, heißt zunächst, dass es keine Erklärung gibt oder man keine hat - und nicht mehr. Zu sagen, es gäbe keine natürliche Erklärung, aber eine übernatürliche Erklärung, erklärt zum einen überhaupt nichts (d. h., man hat noch immer keine Erklärung), und zum anderen behauptet man, man habe eine Erklärung und man habe gleichzeitig keine Erklärung - was denn nun? Hat man eine Erklärung oder hat man keine?

 

Die "Beschränkung" der Wissenschaft auf natürliche Methoden erklärt sich nicht dadurch, dass es irgendeine "geheimnisvolle Beschränkung" gibt, die es der Wissenschaft verbietet, übernatürliche Erklärungen untersuchen zu können - das wird meistens falsch verstanden. Vielmehr verhält es sich so, dass eine Erklärung immer eine natürliche Erklärung ist, ansonsten handelt es sich nämlich nicht um eine Erklärung, sondern nur das Eingeständnis, dass man keine Erklärung hat. Sobald etwas "Übernatürliches" wirklich als Erklärung taugt, wird es von der Wissenschaft "einverleibt" und ist fortan eine natürliche Erklärung und keine "Übernatürliche" mehr. Kurz, in dem man erklärt, verschwindet alles Übernatürliche, es bleibt nur dort übrig, wofür man keine Erklärung hat (so, wie die Junggesellen "verschwinden", sobald sie heiraten).

 

Deswegen ist eine "übernatürliche" Erklärung keine Erklärung, sondern ein Widerspruch in sich, weil es sich immer um das Eingeständnis handelt, dass man keine Erklärung hat (die man dann für eine Erklärung ausgibt). Erklären bedeutet ja, die Ursache natürlicher Umstände zu finden (die dann entweder natürlich sind, oder unbekannt), oder etwas Unbekanntes auf etwas Bekanntes (= natürliches) zurückzuführen, oder die natürliche Entwicklungsgeschichte von etwas Natürlichem auf natürliche Art zu rekapitulieren.

 

Irgendein Ereignis auf "übernatürliche Ursachen" zurückzuführen bedeutet schon rein sprachanalytisch immer, zwei Fehler zu begehen:

 

Erstens, dass man daraus, dass man die natürliche Ursache nicht kennt, zu schließen, dass es auch keine gibt und keine geben kann. Das ist ein Fehlschluss - aus dem, was man nicht weiß, kann man nicht schließen, ob es sich um eine natürliche oder übernatürliche Ursache handelt, sondern nur, dass man es nicht weiß.

 

Zweitens, man gibt etwas als "Erklärung" aus, von dem man ja schon zuvor gesagt hat, dass man es nicht erklären kann. Man widerspricht sich selbst, in dem man sagt, dass man keine natürliche Ursache (oder Erklärung) gefunden hat und behauptet, dass man diese auch niemals finden wird (was man nicht wissen kann), und behauptet gleichzeitig, dass man eine Erklärung gefunden hat - man behauptet, was man bestreitet, und bestreitet, was man behauptet. Sprachanalytisch hat die Behauptung damit keinen Sinngehalt mehr.

 

Da Wissenschaftler sich bemühen, keine sinnfreien Behauptungen aufzustellen, können sie die "übernatürliche Erklärung, die zugleich keine Erklärung sein kann" nicht verwenden, das verbietet sich schon rein sprachlich. Daraus wurde dann der Mythos konstruiert, dass sich die Wissenschaft nicht mit der Erforschung übernatürlicher Gegebenheiten beschäftigt und dies irgendwie außerhalb ihrer Methode liegt. Nichts könnte falscher sein als das.

 

Der Wissenschaft ergeht es wie Midas, dem alles zu Gold wurde, was er berührte - nur dass die Wissenschaft versucht, Unwissenheit in Wissen zu verwandeln, und was sie "berühren" kann, was also unseren natürlichen Sinnen zugänglich ist und erklärbar, gehört nach der Erklärung zur Wissenschaft dazu (es sei denn, es erweist sich als Irrtum, manchmal gehen Erklärungen auch wieder "verloren"), und solange man es noch nicht erklären kann, zum Unerklärlichen. Aber genau damit beschäftigt sich die Wissenschaft: Mit dem Unerklärlichen, sie versucht, die Grenze des Unerklärlichen immer weiter hinauszuschieben, und niemand kann sagen, dass es dort irgendwo eine feste Grenze gibt, denn dazu müsste er wissen, was zum Gebiet des Nichtwissens gehört, und das ist selbstwidersprüchlich.

 

Kurz: Rein sprachlich gesehen ist der Ausdruck "übernatürliche Ursache" reiner Unsinn. Ursachen sind entweder natürlich oder unbekannt. Unbekannte Ursachen sind eine Herausforderung für die Wissenschaft, aber keine Grenze. Eine "übernatürliche Ursache" wäre eine unbekannte Ursache, die aber bekannt ist, die eine Erklärung für etwas ist, was man nicht erklären kann, und stellt Wissen über das Nichtwissen dar - und alles dieses gibt es ebenso wenig wie "verheiratete Junggesellen".

 

Kann also ein Wunder eine übernatürliche Erklärung haben? Die Antwort auf diese Frage ist dieselbe wie auf die Frage: Gibt es verheiratete Jungesellen?, nämlich ein definitives Nein. Beides ist auf dieselbe Weise unmöglich. Wunder muss man anders definieren als "beruht auf einer übernatürlichen Ursache" oder "verstößt gegen ein Naturgesetz", denn letzteres ist auf ähnliche Weise sinnfrei. Das ist kein Dogmatismus, das ist pure Sprachhygiene, denn es steht ja jedem frei, Wunder anders zu definieren als auf eine Weise, mit der man auch den Terminus "verheiratete Junggesellen" definieren müsste.

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Ja, es bleibt dann die Frage nach dem "Woher bzw. des Warum" der Nichtregelmäßigkeit der Naturgesetze, die die Naturwissenschaft zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten kann.

 

Aber nur, weil diese Frage sinnlos ist, so wie die Frage nach "verheirateten Junggesellen". Naturgesetze sind Regeln, und die Frage nach der "Nichtregelmäßigkeit der Regeln" ist keine sinnvolle Frage, also kann man sie deswegen auch nicht beantworten. Das ist schon das ganze Geheimnis.

 

Außerdem gibt es keine Ausnahme von Naturgesetzen - Naturgesetze sind menschliche Beschreibungen beobachteter Regeln. Die Ausnahme widerlegt die Regel, d. h., findet man eine Ausnahme, dann war die Regel falsch, man hat im Irrtum eine Regel unterstellt, wo es offensichtlich nicht die Regel gab, die man dafür hielt (sondern eine andere). Es gibt zwischen "Regelmäßigkeit" und "Nichtregelmäßigkeit" auch kein Drittes, außer, dass man die Regel nicht kennt. Dann aber kann man weder sagen, dass es eine gibt, noch, dass es keine gibt, man kann überhaupt keine sinnvolle Aussage darüber machen. Bei den sinnvollen Aussagen gilt die Logik: Entweder, es handelt sich um eine bekannte Regel, oder man kennt keine Regel, und ein Drittes ist ausgeschlossen. Findet man eine Ausnahme, dann hat man die Regel entweder nicht gekannt, oder es gibt keine Regel. Auch hier ist wieder - rein sprachlich gesehen - nichts anderes möglich.

 

In der Wissenschaft gibt es kein "Die Ausnahme bestätigt die Regel", sondern nur ein "Die Ausnahme widerlegt die Regel".

 

Wunder, die man definiert als "Bruch der Naturgesetze oder Ausnahme von den Naturgesetzen" gibt es genauso wenig wie "verheiratete Junggesellen", und wieder aus denselben Gründen. Zusätzlich widerspricht sich der, der von einem "Bruch der Naturgesetze" oder ähnlich sinnfreiem Zeugs redet, auch noch selbst, denn um behaupten zu können, dass es einen Bruch der Naturgesetze gibt, müsste man behaupten, dass man die Naturgesetze zu 100% kennt, das also eine Ausnahme völlig unmöglich ist - aber gleichzeitig wird behauptet, dass das Naturgesetz nicht zu 100% gilt, sondern eine Ausnahme konstatiert.

 

Angenommen, ich bezeichne es als Wunder, dass jemand Wasser in Wein verwandelt, und definiere Wunder als "Bruch der Naturgesetze" oder "Ausnahme von den Naturgesetzen". Zunächst muss man aber voraussetzen, dass Wasser sich niemals spontan in Wein verwandeln kann, dass dies ganz und gar unmöglich ist. Um das zu wissen, müsste man die Naturgesetze zu 100% kennen (was niemand behaupten kann - jedenfalls kein Mensch). Nun behauptet man im Widerspruch dazu aber, dass es ein Ereignis gegeben hat, bei dem sich Wasser in Wein verwandelt hat - was denn nun? Ist es unmöglich, dass sich Wasser in Wein verwandelt, weil die Naturgesetze zu 100% gelten? Dann kann das beobachtete Ereignis nicht stattgefunden haben. Hat es aber stattgefunden, dann behauptet man ja, dass die Naturgesetze nicht zu 100% gelten, dass es also möglich sein muss, dass sich Wasser in Wein verwandelt.

 

Man sagt also: "Es ist unmöglich, dass sich Wasser in Wein verwandelt, aber es ist nicht nur möglich, es ist passiert, dass sich Wasser in Wein verwandelt". Ist das nun möglich oder ist das unmöglich? Man behauptet, die Naturgesetze zu 100% zu kennen (sowieso eine gefährliche Behauptung), und zugleich, sie nicht zu 100% zu kennen, weil ja etwas passiert ist, was unmöglich ist. Wenn etwas passiert, kann es nicht unmöglich sein. Wenn ein Naturgesetz "durchbrochen" wird, dann war die Beschreibung, die das Naturgesetz darstellt, schlicht und ergreifend falsch und muss korrigiert werden - "durchbrechen" kann man nur Naturgesetze, die man irrtümlich postuliert hat, und der "Durchbruch", wenn er stattfand, ist der Beweis dafür, dass man die Naturgesetze eben doch nicht zu 100% gekannt hat.

 

Also ist auch diese Definition von Wundern schlicht sinnfrei. Sie beruht auf einer mangelhaften sprachlichen Analogie zwischen "Naturgesetzen" und menschlichen Sollensvorschriften (= unsere Gesetze). Sollensvorschriften kann man "durchbrechen", ich kann bei Rot über die Ampel fahren, obwohl ich das nicht tun sollte. Naturgesetze beschreiben aber kein Sollen, sondern das, was ist, und das ist eine andere Kategorie. Ein "Durchbrechen der Naturgesetze" beschreibt also, dass etwas ist, was gerade eben nicht ist, dass eine Regel gilt, wo man gerade festgestellt hat, dass diese nicht gilt! So wie ein "verheirateter Junggeselle" einen Menschen beschreibt, den es nicht geben kann, er beschreibt, dass etwas ist, was nicht ist.

 

Man kann das auch nicht mit einem verächtlichen "Pah, Logik!" abtun. Es gibt einfach keinen Weg, dass etwas ist, was nicht ist, oder dass sich etwas Regeln nach verhält, wenn man gerade festgestellt hat, dass diese Regel nicht oder nicht immer gilt.

 

Ich kann es auch ganz dramatisch formulieren: So, wie Gott keine verheirateten Junggesellen erschaffen kann, oder keinen Stein schaffen kann, der so schwer ist, dass er ihn nicht hochheben kann, so wenig kann er Naturgesetze schaffen, die er durchbrechen kann, weil das dann eben keine Regeln im Sinne von Naturgesetzen mehr wären. Naturgesetze, die Gott "durchbrechen" kann, sind dann in dem Moment eben keine Naturgesetze mehr, also wurde keins gebrochen, weil es keins gab, dass er hätte "brechen" können.

 

Auch das ist nichts weiter als "Sprachhygiene". Wunder muss man anders definieren, nicht als etwas, was keinen Sinn ergibt.

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Von mir aus. Dann nenne ich die Verwandlung von Wasser in Wein, die Jesus durchführte, eben nicht Wunder, sondern eine Technik, die er beherrschte, und die sich später einmal als mit der Naturwissenschaft in Einklang erweist.

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Das Problem bei der Frage nach dem "Wunder" liegt m.E. auch darin, ob erklärt werden kann, dass es sich um eine natürliche Ursache des Ereignisses handelt oder um eine übernatürliche Ursache, die man eben nicht erklären kann.

 

Eine Ursache ist immer eine Erklärung für die Wirkung, die sie verursacht hat (oder anders herum: Wenn wir fragen, was die Erklärung für die zerbrochene Fensterscheibe ist, dann akzeptieren wir die Antwort "Weil da ein Stein durchgeworfen wurde" als Erklärung, weil damit die Ursache bekannt ist).

 

Zu sagen: Wir haben keine natürliche Erklärung für etwas, heißt zunächst, dass es keine Erklärung gibt oder man keine hat - und nicht mehr. Zu sagen, es gäbe keine natürliche Erklärung, aber eine übernatürliche Erklärung, erklärt zum einen überhaupt nichts (d. h., man hat noch immer keine Erklärung), und zum anderen behauptet man, man habe eine Erklärung und man habe gleichzeitig keine Erklärung - was denn nun? Hat man eine Erklärung oder hat man keine?

 

Die "Beschränkung" der Wissenschaft auf natürliche Methoden erklärt sich nicht dadurch, dass es irgendeine "geheimnisvolle Beschränkung" gibt, die es der Wissenschaft verbietet, übernatürliche Erklärungen untersuchen zu können - das wird meistens falsch verstanden. Vielmehr verhält es sich so, dass eine Erklärung immer eine natürliche Erklärung ist, ansonsten handelt es sich nämlich nicht um eine Erklärung, sondern nur das Eingeständnis, dass man keine Erklärung hat. Sobald etwas "Übernatürliches" wirklich als Erklärung taugt, wird es von der Wissenschaft "einverleibt" und ist fortan eine natürliche Erklärung und keine "Übernatürliche" mehr. Kurz, in dem man erklärt, verschwindet alles Übernatürliche, es bleibt nur dort übrig, wofür man keine Erklärung hat (so, wie die Junggesellen "verschwinden", sobald sie heiraten).

 

Deswegen ist eine "übernatürliche" Erklärung keine Erklärung, sondern ein Widerspruch in sich, weil es sich immer um das Eingeständnis handelt, dass man keine Erklärung hat (die man dann für eine Erklärung ausgibt). (...)

Die Sache ist die, das man ja zwischen willkürlichen Ereignissen und unwillkürlichen, daher "gesetzmäßig" erfolgenden Ereignissen unterscheiden kann.

In unserer Erfahrung gibt es Ereignisse, die unwillkürlich geschehen und solche, bei denen wir ein Verursacher annehmen.

Einfach unterscheiden können wir, wenn wir jemand dabei beobachten, wie er z.B. einen Stein in einen Garten trägt.

Schwieriger ist es, wenn wir nur den Stein vorfinden und dann entscheiden müssen, ob er absichtlich oder unabsichtlich dorthin gelegt wurde.

In der Regel werden wir sagen, daß ein Stein zufällig da liegt wo er liegt.

Nur wenn die Lage des Steins für uns eine Bedeutung hat, wenn mit der Lage ein Zweck oder eine Bedeutung verbunden ist, werden wir uns fragen, ob ihn nicht jemand mit einer Absicht dorthin gelegt hat.

Manche Menschen sehen in bestimmten Ereignissen einen Zufall und andere sehen darin eben ein Zeichen.

Ein Wunder ist für mich immer ein solches Zeichen.

Das man in einem "unerklärbaren" Phänomen nicht einfach nur einen unerklärlichen Zufall sieht, daß ist eine Frage der Deutung.

Ein Wunder ist keine Erklärung für ein Ereignis, sondern eine Deutung eines Ereignisses in einem Zusammenhang.

Freilich ist unsere Sprache so unscharf, daß man in einem gewissen Sinne auch eine Deutung schon als Erklärung bezeichnen kann.

 

 

Gruß

Sam

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Ja, es bleibt dann die Frage nach dem "Woher bzw. des Warum" der Nichtregelmäßigkeit der Naturgesetze, die die Naturwissenschaft zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten kann.

 

Aber nur, weil diese Frage sinnlos ist, so wie die Frage nach "verheirateten Junggesellen". Naturgesetze sind Regeln, und die Frage nach der "Nichtregelmäßigkeit der Regeln" ist keine sinnvolle Frage, also kann man sie deswegen auch nicht beantworten. Das ist schon das ganze Geheimnis.

 

Außerdem gibt es keine Ausnahme von Naturgesetzen - Naturgesetze sind menschliche Beschreibungen beobachteter Regeln. Die Ausnahme widerlegt die Regel, d. h., findet man eine Ausnahme, dann war die Regel falsch, man hat im Irrtum eine Regel unterstellt, wo es offensichtlich nicht die Regel gab, die man dafür hielt (sondern eine andere). Es gibt zwischen "Regelmäßigkeit" und "Nichtregelmäßigkeit" auch kein Drittes, außer, dass man die Regel nicht kennt.

Die Wissenschaft ist komplexer.

Findet man eine Ausnahme, wird eine Theorie deswegen noch lange nicht verworfen.

Man kann jede beliebige Theorie durch zusätzliche Annahmen vor der Widerlegung schützen, insofern man an dieser Theorie entsprechend interessiert ist und dies wird in der Wissenschaft auch so gemacht.

 

Wenn dann außerdem wirklich einmal eine Ausnahme geschieht, die wie ein Wunder daherkommt, dann wird die Wissenschaft dieses Ereignis auch einfach ignorieren.

Erst wenn dieses Ereignis selbst wieder eine beschreibbare Regelmäßigkeit aufweißt, wäre es dann eine neue Regelmäßigkeit, die dann beschrieben würde.

 

Wunder, die man definiert als "Bruch der Naturgesetze oder Ausnahme von den Naturgesetzen" gibt es genauso wenig wie "verheiratete Junggesellen", und wieder aus denselben Gründen.

Im Mittelalter gab es verheiratete Junggesellen. B)

 

Gruß

Sam

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Von mir aus. Dann nenne ich die Verwandlung von Wasser in Wein, die Jesus durchführte, eben nicht Wunder, sondern eine Technik, die er beherrschte, und die sich später einmal als mit der Naturwissenschaft in Einklang erweist.

Wenn man das Wirken eines Gottes ebenfalls als eine wissenschaftlich beschreibbare Sache ansehen würde, dann wäre dem so.

Aktuell ist die Wissenschaft eine irdische Methode Modelle und Vorhersagen über den Verlauf der unwillkürlichen und teilweise auch der willkürlichen Ereignisse in der Welt zu ermöglichen.

Von daher wäre eben nicht alles eine wissenschaftliche Erklärung.

Freilich mag es einmal eine "göttliche Wissenschaft" von allem geben, wenn wir im Jenseits mit dem Wissen darum beglückt würde, was unsere irdische Welt im Kleinsten zusammenhält etc..

Unsere jetzige Wissenschaft hat aber eben ein anderes Selbstverständnis.

 

Gruß

Sam

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Findet man eine Ausnahme, wird eine Theorie deswegen noch lange nicht verworfen.

Man kann jede beliebige Theorie durch zusätzliche Annahmen vor der Widerlegung schützen, insofern man an dieser Theorie entsprechend interessiert ist und dies wird in der Wissenschaft auch so gemacht.

 

Das kann man aber nur dann machen, wenn man die widerlegende Beobachtung auch mit einem "Messfehler" (oder eine andere Art des Irrtums) erklären kann, oder wenn man trotzdem keine konkurrierende alternative Erklärung hat, die man vorziehen müsste.

 

Viele Dinge bleiben in der Wissenschaft erstmal als "Kuriosum" stehen, die zunächst jeder Erklärung spotten. Ich denke etwa an die Beobachtung, dass wenn man einen Körper aufheizt, dass sein Farbwechsel auch bei kontinuierlicher Erwärmung sich in Sprüngen vollzieht. Das widersprach allem, was man von der Natur zu wissen glaubte. Letztlich war dies dann aber der Anstoß dazu, die Quantenphysik zu entwickeln, die erfolgreichste physikalische Theorie, die es bislang gegeben hat.

 

Es bleibt aber trotzdem das Argument bestehen, dass wenn man für etwas keine Erklärung hat, dann hat man dafür eben keine Erklärung - weil es keine gibt, oder weil man nicht alle Beobachtungen kennt, oder weil man einen (oft subtilen) Fehler in seiner Erklärung hat, oder weil man Opfer eines Messfehlers wurde. Möglichkeiten gibt es viele, weil es viele Möglichkeiten für Irrtümer gibt. Man kann z. B. auch Opfer eines unwahrscheinlichen Zufalls geworden sein, also ein singuläres Ereignis beobachtet hat, dass in dieser Konstellation so selten ist, dass man es wohl kaum ein zweites Mal beobachten wird.

 

Wer von Wundern redet als einem "Durchbrechen von Naturgesetzen" müsste alle diese Möglichkeiten positiv ausschließen können - und das ist eben so gut wie nie möglich. Wunder (im definierten Sinne von "Durchbrechen der Naturgesetze") entstehen dadurch, dass man alle anderen Möglichkeiten kategorisch und dogmatisch ausschließt, auch wenn man wegen der Natur dieser Art Wunder genau das eigentlich nicht machen kann, ohne sich zu widersprechen.

 

Von dem anderen Widerspruch ganz zu schweigen: Gott gilt als Urheber der Regeln der Welt (= Naturgesetze), und dann auch noch der Ausnahmen. Dann aber kann Gott nicht der Urheber der Regeln sein, sondern der, der sie aufhebt. In diesem Fall deuten weder die Naturgesetze noch ihre "Ausnahmen" auf Gott. Wunder wären in diesem Fall ein Beweis dafür, dass Gott nicht die Ursache der Regelhaftigkeit der Welt sein kann.

 

Die "Zeichenhaftigkeit" der Wunder kommt also durch einen Irrtum zu Stande, durch Sand im Getriebe einer als perfekt gedachten Welt, die dann eben doch nicht perfekt sein kann - Gott war offensichtlich unfähig, eine Welt zu schaffen, die nach konsistenten Regeln funktioniert, das wäre ein Beweis dafür, dass diese Welt nicht von einem perfekten Gott geschaffen wurde, sondern von einem, der beständig an dieser Welt "herumbasteln" muss, weil sie nicht seiner Vorstellung entspricht. Dass Menschen so inkonsistent sind - oder inkonsequent - dass sie Gott als "Urheber der Regelmäßigkeit" zu preisen, um dann willkürlich ihn als "Aufheber der Regelmäßigkeit der Welt" zu preisen ist eine menschliche Schwäche und nichts, auf das man stolz sein könnte. Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde - als jemanden, der Regeln "aufstellt", um sie dann, wenn sie sich als unzureichend herausstellen, sie wieder über Bord zu werfen.

 

Die Idee, Gott als allmächtigen Urheber der Regeln der Welt darzustellen - eine starke Tendenz im Christentum - führte in Konsequenz zum Deismus und machte so "die Bahn frei" für die Wissenschaft. In einer Welt, in der Gott willkürlich eingreift, um mal an den Regeln "zu schrauben" wäre Wissenschaft natürlich vergebliche Liebesmühe. Und nun kann man die Wissenschaft schlecht dafür tadeln, dass sie die Vorstellung einer Regelhaftigkeit der Welt entwickelt hat, womit sie solche Dinge wie z. B. hochwirksame Schmerzmittel überhaupt erst entwickeln konnte, und dies dann als "Verdienst Gottes" hinstellen, wenn man gleichzeitig den "Sand im Getriebe der Wissenschaft" (= Wunder) gleich auch wieder als ein Verdienst Gottes preist. Vor allem, weil die Entdeckung von Wundern viel mehr mit menschlicher Schwäche zu tun hat als mit Gott.

 

Wunder beweisen die Unvollkommenheit unserer Erkenntnis (als ob es eines solchen zusätzlichen Beweises bedarf!) und nicht die Vollkommenheit Gottes.

 

Auch hier widersprechen sich die Gläubigen selbst: Sie betonen ja gerne die Unvollkommenheit unserer Erkenntnis bei vielen passenden und noch mehr unpassenden Gelegenheiten, um dann so zu tun, als ob man daraus vollkommen auf Gott schließen könnte. Aber wenn unsere Erkenntnis unvollkommen ist, folgt dann nicht zwingend, dass wir viele Dinge beobachten, die auf unseren Fehlern und Schwächen beruhen? Wie kann man dann auf einen vollkommenen Gott schließen, wenn der Schluss selbst als Basis unsere Unvollkommenheit hat? Muss man nicht vielmehr schließen, dass unsere Erkenntnis teilweise falsch ist, und dass man von diesen Fehlern nicht fehlerlos auf Gott schließen kann? Muss das nicht zwangsläufig zum Zweifel an Gott führen, und ist ein Fehlen dieses Zweifels nicht wiederum ein Beweis für die Unvollkommenheit des Menschen - obwohl es eines solchen Beweises nicht bedarf?

 

Wenn dann außerdem wirklich einmal eine Ausnahme geschieht, die wie ein Wunder daherkommt, dann wird die Wissenschaft dieses Ereignis auch einfach ignorieren.

Erst wenn dieses Ereignis selbst wieder eine beschreibbare Regelmäßigkeit aufweißt, wäre es dann eine neue Regelmäßigkeit, die dann beschrieben würde.

 

Ja, aber Wunder als ein Zeichen Gottes zu deuten, bedeutet, dass man aufgrund einer Unregelmäßigkeit auf den vollkommenen Urheber der Regelmäßigkeit schließt, und ein solcher Schluss kann nicht anders als falsch sein. Aus den Schwächen der Wissenschaften folgt die Schwäche von uns Menschen, und sonst nichts. Jeder Schluss darüber hinaus ist der Versuch, einen Fehler zu korrigieren, in dem man noch einen Fehler mehr macht. Eigentlich sollte man dann annehmen, dass es immer noch falsch ist.

 

Wunder, die man definiert als "Bruch der Naturgesetze oder Ausnahme von den Naturgesetzen" gibt es genauso wenig wie "verheiratete Junggesellen", und wieder aus denselben Gründen.

Im Mittelalter gab es verheiratete Junggesellen. B)

 

Nicht im Sinne der heutigen Definition. Man kann die Definition ändern, aber das ändert überhaupt nichts daran, dass es im Sinne der heutigen Definition nie einen verheirateten Jungesellen gegeben hat und nie geben wird. Was Du damit sagst ist: Rot ist dann blau, wenn man rot als blau definiert. Aber damit ändert man nichts an der Welt.

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Lieber Volker,

wenn ich Dir in nächster Zeit eine Antwort in der gleichen Qualität geben kann, dann ist das garantiert ein WUNDER.

 

In diesem Sinne halte ich Wunder für möglich.

 

Wunder kann man ja durchaus auch anders definieren. Was ich nur ausgedrückt habe, ist, dass ich nicht in der Lage bin, was ein Wunder als "Durchbrechen der Naturgesetze" überhaupt sein soll, und dass dies eigentlich niemand verstehen kann.

 

Vielleicht habe ich Dir wenigstens deutlich gemacht, warum ich damit solche Probleme habe, und dass dies nicht auf Engstirnigkeit oder andere persönliche Mängel zurückzuführen ist, sondern auf ernsthafte Einwände, bei denen ich nicht anders denken kann, als ich es tue.

 

Ich definiere ein Wunder als ein "Ereignis, für das es keine Erklärung gibt oder geben kann, oder dass sehr unwahrscheinlich ist". In diesem Sinne gibt es natürlich Wunder - wir haben Ereignisse, die wir nicht erklären können, und es geschehen ständig Dinge, die sehr unwahrscheinlich sind (genau betrachtet muss es beides sogar geben). Aber keine Erklärung zu haben bedeutet nur, keine Erklärung zu haben, und nicht mehr. Und das unwahrscheinliche Dinge geschehen, ist sogar unvermeidbar, in einer statistischen Welt wäre es nahezu unmöglich, dass nicht auch permanent Dinge geschehen, die im Nachhinein extrem unwahrscheinlich sind. Allerdings liegt die Wahrscheinlichkeit von allem, was tatsächlich geschehen ist, exakt bei 1 (oder bei 100%), und keine Rechnung der Welt kann diese Wahrscheinlichkeit verkleinern.

 

Meine eigene Existenz ist - nach dieser Definition - ein Wunder, weil es aberbilliardenmal mehr mögliche Menschen geben kann, als es tatsächliche Menschen gibt. Zu existieren ist viel unwahrscheinlicher als tausendmal hintereinander Sechs Richtige im Lotto zu haben. Wie kleinlich erscheint es mir da, angesichts dieses Wunders, noch mehr kleinliche Wunder zu erwarten, und das Offensichtliche dabei zu übersehen!

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Gerlinde Blosche

Lieber Volker,

wenn ich Dir in nächster Zeit eine Antwort in der gleichen Qualität geben kann, dann ist das garantiert ein WUNDER.

 

In diesem Sinne halte ich Wunder für möglich.

 

Wunder kann man ja durchaus auch anders definieren. Was ich nur ausgedrückt habe, ist, dass ich nicht in der Lage bin, was ein Wunder als "Durchbrechen der Naturgesetze" überhaupt sein soll, und dass dies eigentlich niemand verstehen kann.

 

Vielleicht habe ich Dir wenigstens deutlich gemacht, warum ich damit solche Probleme habe, und dass dies nicht auf Engstirnigkeit oder andere persönliche Mängel zurückzuführen ist, sondern auf ernsthafte Einwände, bei denen ich nicht anders denken kann, als ich es tue.

 

Ich definiere ein Wunder als ein "Ereignis, für das es keine Erklärung gibt oder geben kann, oder dass sehr unwahrscheinlich ist". In diesem Sinne gibt es natürlich Wunder - wir haben Ereignisse, die wir nicht erklären können, und es geschehen ständig Dinge, die sehr unwahrscheinlich sind (genau betrachtet muss es beides sogar geben). Aber keine Erklärung zu haben bedeutet nur, keine Erklärung zu haben, und nicht mehr. Und das unwahrscheinliche Dinge geschehen, ist sogar unvermeidbar, in einer statistischen Welt wäre es nahezu unmöglich, dass nicht auch permanent Dinge geschehen, die im Nachhinein extrem unwahrscheinlich sind. Allerdings liegt die Wahrscheinlichkeit von allem, was tatsächlich geschehen ist, exakt bei 1 (oder bei 100%), und keine Rechnung der Welt kann diese Wahrscheinlichkeit verkleinern.

 

Meine eigene Existenz ist - nach dieser Definition - ein Wunder, weil es aberbilliardenmal mehr mögliche Menschen geben kann, als es tatsächliche Menschen gibt. Zu existieren ist viel unwahrscheinlicher als tausendmal hintereinander Sechs Richtige im Lotto zu haben. Wie kleinlich erscheint es mir da, angesichts dieses Wunders, noch mehr kleinliche Wunder zu erwarten, und das Offensichtliche dabei zu übersehen!

Lieber Volker,

jetzt habe ich Dich besser verstanden. Dass das Wunder ein Ereignis ist, für das es keine Erklärung gibt, sehe ich ja auch so. Nur dass für Dich keine Erklärung zu haben nur bedeutet "keine Erklärung zu haben und nicht mehr", das unterscheidet Dich halt von manchen Christen für die Gott als übernatürliches Wesen mächtig ist in die Geschehnisse der Menschen einzugreifen. Beweisen und erklären lassen sich diese Geschehnisse natürlich nicht, darum sieht man sie als Wunder, die Gott wirkt. Aus dem Glauben heraus versuchen Christen manche unerklärlichen Ereignisse als übernatürliche Ereignisse zu deuten.

Könnte man beweisen, dass es sich bei solchen unerkärlichen Ereignissen um übernatürliche Ereignisse handelt, dann würdest Du sicher daran glauben , gell. Aber

Übernatürliches lässt sich nicht untersuchen und deshalb kann es m.E. nur geglaubt werden.

Danke für Deine Mühe, Gerlinde

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(...)

Wer von Wundern redet als einem "Durchbrechen von Naturgesetzen" müsste alle diese Möglichkeiten positiv ausschließen können - und das ist eben so gut wie nie möglich. Wunder (im definierten Sinne von "Durchbrechen der Naturgesetze") entstehen dadurch, dass man alle anderen Möglichkeiten kategorisch und dogmatisch ausschließt, auch wenn man wegen der Natur dieser Art Wunder genau das eigentlich nicht machen kann, ohne sich zu widersprechen.

Wenn man Wunder daran festmachen würde, daß Naturgesetze aufgehoben werden - man also Wunder daran erkennbar machen will, daß sie ein Naturgesetz aufheben, dann wäre dies problematisch. Man würde dann von der Wissenschaft ein Beleg dafür wollen, daß etwas kein Naturgesetz sei.

Die Wissenschaft beschäftigt sich aber nur mit der Regelmäßigkeit. Wenn es nun sporadische Ereignisse gibt, die von der Wissenschaft nicht beschrieben werden können, dann kann der Wissenschaftler nur rein negativ und singulär feststellen: "Das kann ich nicht wissenschaftlich erklären!".

Der Christ sagt dann, insofern er dieses Ereignis für ein Wunder hält: "Das kannst du deswegen nicht erklären, weil es ein Wunder ist."

Ich halte diesen Wunderbegriff aber noch für zu kurz gegriffen. IMHO muß ein Wunder nicht zwangsläufig ein naturwissenschaftlich unerklärbares Ereignis sein. Ein Wunder ist ein Zeichen und diese Funktion kann es auch im Rahmen der Naturgesetze haben.

 

Man kann aber Wunder durchaus als Eingriffe bezeichnen, die nicht innerhalb der von uns bekannten Naturgesetzlichkeit erfolgen.

Der Mensch fühlt sich den Naturgesetzen ausgeliefert und er findet sich nicht in der Lage, die Naturgesetze zu beherrschen.

Nun kann er aber ein Ereignis so deuten, als hätte ein Gott in die Naturgesetze eingegriffen und sich so als Herr über die Naturgesetze gezeigt.

Daher: Wir sind ohnmächtig gegenüber der Natur und Gott ist allmächtig.

 

Von dem anderen Widerspruch ganz zu schweigen: Gott gilt als Urheber der Regeln der Welt (= Naturgesetze), und dann auch noch der Ausnahmen. Dann aber kann Gott nicht der Urheber der Regeln sein, sondern der, der sie aufhebt. In diesem Fall deuten weder die Naturgesetze noch ihre "Ausnahmen" auf Gott. Wunder wären in diesem Fall ein Beweis dafür, dass Gott nicht die Ursache der Regelhaftigkeit der Welt sein kann.

Das ist falsch.

Nach deiner Logik gibt es nur ein scheinbare Regelmäßigkeit.

Die scheinbare Regelmäßigkeit ist dann die, die wir wahrnehmen und wissenschaftlich beschreiben.

Wenn Gott nun eingreift, dann erweißt sich die Regelmäßigkeit als nur scheinbar - wenn man deiner Deutung folgt - denn nun gibt es eine Ausnahme von der Regel.

Von Seiten der Wissenschaft können wir aber sowieso kein Argument dafür angeben, warum es keine Ausnahmen geben dürfte. Erst wenn wir metaphysisch behaupten, daß Naturgesetze nicht einfach nur Regelmäßigkeiten, sondern Notwendigkeiten darstellen, dann darf es keine Ausnahmen geben.

Wenn man aber als Gläubiger die Welt und die Mensch als durch Naturgesetze bestimmt betrachtet und Gott aber als deren Schöpfer, dann gibt es für uns eine Regelmäßigkeit, die wir aus eigenen Vermögen nicht aufheben können und einen Gott, der in diese Regelmäßigkeit eingreifen kann. Die Naturgesetze gelten dann nicht unabhängig von Gott und dies wird dadurch noch einmal deutlich, daß Gott Wunder wirken kann.

Sowohl die Existenz der Regelmäßigkeit als auch deren singuläre Aufhebung ist mit der Existenz eines wirkenden Gottes vereinbar.

 

Die "Zeichenhaftigkeit" der Wunder kommt also durch einen Irrtum zu Stande, durch Sand im Getriebe einer als perfekt gedachten Welt, die dann eben doch nicht perfekt sein kann - Gott war offensichtlich unfähig, eine Welt zu schaffen, die nach konsistenten Regeln funktioniert, das wäre ein Beweis dafür, dass diese Welt nicht von einem perfekten Gott geschaffen wurde, sondern von einem, der beständig an dieser Welt "herumbasteln" muss, weil sie nicht seiner Vorstellung entspricht.

Ob die Welt perfekt ist oder nicht, hängt davon ab, ob sie ihren Sinn oder Zweck erfüllt.

Für einen ewigen Gott erfolgen noch nicht einmal unerwartete Ereignisse, die einer Korrektur bedürften, sein Eingreifen in der Zeit erfolgt für Gott dann quasi nicht a posteriori sonder a priori. In diesem Sinne ist auch eine Welt, die aus unserer Perspektive erst perfekt werden wird, für einen ewigen Gott schon vollkommen.

 

Das "Getriebe der Welt" ist nicht Selbstzweck, sondern dient einem anderen Zweck.

 

Dass Menschen so inkonsistent sind - oder inkonsequent - dass sie Gott als "Urheber der Regelmäßigkeit" zu preisen, um dann willkürlich ihn als "Aufheber der Regelmäßigkeit der Welt" zu preisen ist eine menschliche Schwäche und nichts, auf das man stolz sein könnte. Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde - als jemanden, der Regeln "aufstellt", um sie dann, wenn sie sich als unzureichend herausstellen, sie wieder über Bord zu werfen.

Wenn ich die Existenz eines transzendentes Wesens als "Spielmeister" eines Spieles ansehe, dann sind sowohl die Spielregeln als auch sein Helfen jenseits der Regeln mit der Annahme seiner Existenz kompatibel.

 

Die Idee, Gott als allmächtigen Urheber der Regeln der Welt darzustellen - eine starke Tendenz im Christentum - führte in Konsequenz zum Deismus und machte so "die Bahn frei" für die Wissenschaft. In einer Welt, in der Gott willkürlich eingreift, um mal an den Regeln "zu schrauben" wäre Wissenschaft natürlich vergebliche Liebesmühe.

Nein, natürlich wäre das keine vergebliche Liebesmühe.

Die Wissenschaft kümmert sich um die Ausnahmen doch gar nicht, sondern beschäftigt sich mit den Regelmäßigkeiten die uns im allgemeinen verläßliche Vorhersagen ermöglich - das ist der Sinn und Zweck der Wissenschaft: Vorhersage von Ereignisse und der Bau von Machinen etc..

Selbst wenn Gott recht oft eingreifen würde, würden wir noch Wissenschaft betreiben oder betreiben müssen. Wenn er natürlich durch Gebete quasi naturgesetzlich zum Wirken gezwungen würde, dann bräuchten wir keine Wissenschaft mehr und würden uns auf unser Sofa setzen uns von herbeigebeteten Bunnys bedienen lassen.

Da dies aber nicht der Fall ist, benötigen wir unseren Verstand um zu erkennen, zu lernen und zu handeln und wenn dann Wunder geschehen, dann nicht deswegen um uns doch mit Bunnys zu vergnügen, sondern um uns etwas zu sagen.

Sowohl die Naturgesetze als auch die Wunder haben eine Funktion, nämlich den Vollzug des Heilsplanes.

 

Auch hier widersprechen sich die Gläubigen selbst: Sie betonen ja gerne die Unvollkommenheit unserer Erkenntnis bei vielen passenden und noch mehr unpassenden Gelegenheiten, um dann so zu tun, als ob man daraus vollkommen auf Gott schließen könnte. Aber wenn unsere Erkenntnis unvollkommen ist, folgt dann nicht zwingend, dass wir viele Dinge beobachten, die auf unseren Fehlern und Schwächen beruhen?

Ganz recht, wenn wir z.B. keinen freien Willen besitzen oder unsere Urteile gar nicht bewußt fällen, wie können wir dann noch sicher sein, daß wir etwas begründet für wahr halten und nicht einfach deswegen, weil uns ein biologischer Automatismus dazu zwingt?

 

Der Mensch kann irren und den Gläubigen wirst du damit kaum schrecken, daß du auf diese Möglichkeit hinweißt.

Für den Gläubigen ist Jesus der Weg zur Wahrheit und wir gelangen zu Wahrheit nur durch Gnade.

Daher nicht deswegen, weil wir auf Grund unserer fehlerhaften Ratio auf diese schließen, sondern weil wir eine direkte Eingebung haben. In der Bibel steht ja öfters sinngemäß: "Das konntest du nur wissen, weil dir der heilige Geist beisteht."

Aber in diese Richtung will ich noch nicht einmal argumentieren.

Vollkommen auf Gott schließen kann man nicht anhand von Wundern.

Man kann nur glauben, weil man sie entsprechend deutet oder eben auch zweifeln, weil man sich nicht sicher ist, ob man sie richtig gedeutet hat.

 

Wenn dann außerdem wirklich einmal eine Ausnahme geschieht, die wie ein Wunder daherkommt, dann wird die Wissenschaft dieses Ereignis auch einfach ignorieren.

Erst wenn dieses Ereignis selbst wieder eine beschreibbare Regelmäßigkeit aufweißt, wäre es dann eine neue Regelmäßigkeit, die dann beschrieben würde.

 

Ja, aber Wunder als ein Zeichen Gottes zu deuten, bedeutet, dass man aufgrund einer Unregelmäßigkeit auf den vollkommenen Urheber der Regelmäßigkeit schließt, und ein solcher Schluss kann nicht anders als falsch sein. Aus den Schwächen der Wissenschaften folgt die Schwäche von uns Menschen, und sonst nichts. Jeder Schluss darüber hinaus ist der Versuch, einen Fehler zu korrigieren, in dem man noch einen Fehler mehr macht. Eigentlich sollte man dann annehmen, dass es immer noch falsch ist.

Wenn jemand eine Maschine baut und man die Funktion der Maschine nicht erkennen kann, dann erkennt man seine Ohnmacht eben daran, daß man selbst nichts an der Maschine ändern kann und man kann nun aber darauf schließen, daß es zumindest jemanden gibt, der weiss wie die Maschine funktioniert. WEnn nun jemand die Maschine ändern kann, dann zeigt er, daß er die Maschine "beherrscht".

So ist das auch mit Wundern: Wir selbst sehen in den Naturgesetzen eine Regelmäßigkeit, die wir auf Gott zurückführen und wir sehen im Wunder ein Zeichen dafür, daß wir den Naturgesetzen nicht unbedingt ausgeliefert sind, daß sie nur einen Zweck haben und das einer Herr über die Naturgesetze ist.

Im Grunde kann keiner Christ sein, der daran glaubt, daß der Mensch immer in die Naturgesetze eingebetet bleiben wird.

 

 

Im Mittelalter gab es verheiratete Junggesellen. B)

 

Nicht im Sinne der heutigen Definition. Man kann die Definition ändern, aber das ändert überhaupt nichts daran, dass es im Sinne der heutigen Definition nie einen verheirateten Jungesellen gegeben hat und nie geben wird. Was Du damit sagst ist: Rot ist dann blau, wenn man rot als blau definiert. Aber damit ändert man nichts an der Welt.

Was ich sage ist: Die Bedeutung eines Begriffes ergibt sich aus dem Kontext in dem er gebraucht wird. Es ist kein Satz aus sich heraus wahr.

Wenn wir die Definition eines Satzes betrachten, dann greift diese auch wieder auf andere Begriffe zurück, die ebenfalls wieder definiert sind und das bildet dann eine nahezu unendliche Kette. Wobei sich die Kette ständig verändert.

Das ganze bildet ein Netz, welches sich ständig verändert und in Bewegung ist - deswegen können sich solche Definitionen, wie die vom Junggesellen eben auch ändern.

 

Gruß

Sam

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Die Wissenschaft beschäftigt sich aber nur mit der Regelmäßigkeit.

 

Das ist selbstverständlich falsch. Die Wissenschaft beschäftigt sich auch mit singulären Ereignissen, wie etwa dem Urknall - da wir nur von einem wissen, handelt es sich dabei um keinerlei "Regelmäßigkeit". Auch die Evolution ist ein Beispiel für etwas, was sich nicht regelmäßig wiederholt. Ein weiteres Beispiel ist die Quantenphysik, wo es Ereignisse gibt oder zu geben scheint, die zwar innerhalb eines Rahmenwerks von Regeln stattfinden, aber wo das einzelne Ereignis selbst nach keiner Regel mal so oder anders ausfällt.

 

Wenn es nun sporadische Ereignisse gibt, die von der Wissenschaft nicht beschrieben werden können, dann kann der Wissenschaftler nur rein negativ und singulär feststellen: "Das kann ich nicht wissenschaftlich erklären!".

 

Auch das stimmt nicht. Zum einen ist praktisch jedes Ereignis singulär - es tritt in genau dieser Form nur ein einziges Mal auf. Atomzerfall ist ein Beispiel für sporadische Ereignisse, die nach keiner bekannten Regel auftreten. Untersuchen kann man das aber immer noch statistisch. Ein weiters Beispiel ist die Chaosforschung.

 

Der Christ sagt dann, insofern er dieses Ereignis für ein Wunder hält: "Das kannst du deswegen nicht erklären, weil es ein Wunder ist."

 

Und damit widerspricht er sich selbst. Ein Wunder ist nach christlicher Definition ein von Gott verursachtes Ereignis. Hat man die Ursache, hat man auch eine Erklärung. Was der Christ in diesem Fall also sagt ist: Es gibt keine Erklärung, und die Erklärung ist, dass es ein Zeichen Gottes ist. Gibt es nun keine Erklärung - dann wäre es der Wissenschaft entzogen - aber wenn Gott die Ursache ist, ist das auch die Erklärung. Man sagt also, übersetzt: Es gibt keine Erklärung und wir haben die Erklärung dafür. Aber man hat eine oder man hat keine Erklärung und nicht beides gleichzeitig, das ist für Menschen unmöglich. Ich kann nicht verstehen, was es bedeutet, dass ein Ereignis eine Erklärung und gleichzeitig keine Erklärung hat, und ich bezweifle, dass irgendein Mensch damit etwas anfangen kann. Das ist sinnfrei.

 

Ich halte diesen Wunderbegriff aber noch für zu kurz gegriffen. IMHO muß ein Wunder nicht zwangsläufig ein naturwissenschaftlich unerklärbares Ereignis sein. Ein Wunder ist ein Zeichen und diese Funktion kann es auch im Rahmen der Naturgesetze haben.

 

Das wäre der Wunderbegriff, wie ich ihn definiert habe: Ein unerklärliches oder unwahrscheinliches Ereignis. Aber wo soll da ein Zeichen sein? Wenn es unerklärlich ist, deutet es darauf hin, dass wir keine Erklärung haben und nicht weiter denken können (glauben kann man natürlich alles, inklusive an ausgemachten Unsinn). Wenn es unwahrscheinlich ist, ist es möglich, und zwar mit oder ohne Gott, nur eben selten. Man kann es dann Gott zuschreiben oder dem Zufall, und in diesem Fall sind Gott und Zufall zwei völlig gleichwertige Erklärungen. Man kann nicht unterscheiden, welche davon zutrifft - außer, man definiert Gott so, wie ich es tue: Gott ist das, was als Ursache hinter zufälligen Ereignissen gesehen wird, die einen positiven Ausgang haben. Dann ist Gott ein Synonym für Zufall, es ist bedeutungsgleich, ja, der Zufall ist Gott und Gott ist der Zufall. Oder anders gesagt, Gläubige verehren den Zufall bzw. etwas, was man vom Zufall nicht unterscheiden kann, und wir nennen gleich, was wir nicht unterscheiden können. oder man könnte sagen, dass die Gläubigen den Zufall verneinen, ihn aber mit Gott verwechseln und diesen dann verehren.

 

Die Leugnung des Zufalls liegt natürlich daran, dass wir zufallsblind sind. Wir können quasi den Zufall nicht als solchen erkennen, nicht einmal, wenn er daherkommt und uns ins Bein beißt. Wir vermuten immer hinter allem sofort eine Ursache, aber mehr als eine Vermutung ist das nicht. Nur führt die Bestreitung des Zufalls zum Determinismus und damit zu einer Bedingung, die jeden Schöpfergott positiv ausschließt.

 

Man kann aber Wunder durchaus als Eingriffe bezeichnen, die nicht innerhalb der von uns bekannten Naturgesetzlichkeit erfolgen.

 

Das ist nur ein verklausulierter Ausdruck dafür, dass die Naturgesetze kurzzeitig aussetzen, durchbrochen werden, ihre Gültigkeit verlieren oder kurzfristig "aufgehoben" werden, was aber in jedem Fall dasselbe meint und daher von meinem Einwand auch getroffen wird. Ordnung und Regelmäßigkeit als ein Zeichen Gottes, Chaos und Zufall als Zeichen Gottes, das Erklärbare als Zeichen Gottes, und das Unerklärbare als Zeichen Gottes - alles und sein Gegenteil kann als Zeichen Gottes gedeutet werden, und damit ist Gott wiederum nur ein Synonym für "Beliebigkeit" - und just das exakte Gegenteil von Vernunft. Gott ist ein einziger Widerspruch - was ja von Theologen öfters schon zugegeben wurde - also ein Synonym für das, was wir nicht verstehen oder nicht verstehen können.

 

Ich habe es als Atheist einfacher: Für mich ist das Unerklärliche schlicht das Unerklärliche, Zufall ist nichts weiter als Zufall, Ordnung ist ein Zeichen für Ordnung, Chaos ist ein Zeichen für Chaos, und ich muss keine Verschwörungstheorie bemühen, um dahinter etwas anderes zu sehen als das, was es ist. Gott ist die ultimative kosmische Verschwörungstheorie, die hinter allem und jedem steckt. Damit st die Lücke in den Erklärungen selbst Gott. Gott ist die Lücke.

 

Der Mensch fühlt sich den Naturgesetzen ausgeliefert und er findet sich nicht in der Lage, die Naturgesetze zu beherrschen.

Nun kann er aber ein Ereignis so deuten, als hätte ein Gott in die Naturgesetze eingegriffen und sich so als Herr über die Naturgesetze gezeigt.

Daher: Wir sind ohnmächtig gegenüber der Natur und Gott ist allmächtig.

 

Oder die Lücken in den Erklärungen sind allgegenwärtig, und die Lücke ist das, was als Gott verehrt wird. Und so ganz ohnmächtig sind wir dann ja doch nicht, und wo wir nicht ohnmächtig sind, ist kein Gott. Oder, Gott ist ein Ausdruck für die Ohnmacht, die wir empfinden, er ist der personifizierte Mangel (an Erklärungen, an Ordnung, an Regelmäßigkeit). Mir ist unerfindlich, warum ich einen Mangel oder ein Fehlen von Ordnung, Erklärungen oder Regelmäßigkeit als Gott verehren soll, kann aber verstehen, warum unsere Vorfahren das getan haben: Aus Unwissenheit und Mangel an Logik. Oder wiederum: Der Mangel ist es, der einen Gott vermuten lässt. Gott st der Mangel, den wir anhand der Welt empfinden. Kurz, Gott ist ein Synonym für das Nichts. Zu behaupten, er existiert, führt nur dazu, seine Nichtexistenz oder sein Fehlen zu konstatieren.

 

Gott ist das Fehlen einer Ursache (= Zufall, ob das nun wirklich so ist oder nur einen Mangel unseres Wissens darstellt), Gott ist das Fehlen einer Erklärung, das Fehlen von Ordnung in der Regelmäßigkeit. Gott ist ein Symbol für die Abwesenheit von Erklärungen, Ordnung, Regeln, kurz, Gott ist das personifizierte Nichts.

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Die Wissenschaft beschäftigt sich aber nur mit der Regelmäßigkeit.

 

Das ist selbstverständlich falsch. Die Wissenschaft beschäftigt sich auch mit singulären Ereignissen, wie etwa dem Urknall - da wir nur von einem wissen, handelt es sich dabei um keinerlei "Regelmäßigkeit". Auch die Evolution ist ein Beispiel für etwas, was sich nicht regelmäßig wiederholt. Ein weiteres Beispiel ist die Quantenphysik, wo es Ereignisse gibt oder zu geben scheint, die zwar innerhalb eines Rahmenwerks von Regeln stattfinden, aber wo das einzelne Ereignis selbst nach keiner Regel mal so oder anders ausfällt.

Die Wissenschaft liefert keine Erklärung für den Urknall.

Denn diese Erklärung müßte empirisch und falsifizierbar sein.

Würde sie eine Erklärung liefern, dann würden sie eine Regel formulieren, die das Entstehen eines Urknalls beschreiben und da wir diese nicht an der Empirie überprüfen könnten, wäre ein solche Hypothese nicht falsifizierbar.

Die Ereignisse in der Quantenphysik erfolgen nach statistischen Regeln.

 

Wenn es nun sporadische Ereignisse gibt, die von der Wissenschaft nicht beschrieben werden können, dann kann der Wissenschaftler nur rein negativ und singulär feststellen: "Das kann ich nicht wissenschaftlich erklären!".

 

Auch das stimmt nicht. Zum einen ist praktisch jedes Ereignis singulär - es tritt in genau dieser Form nur ein einziges Mal auf. Atomzerfall ist ein Beispiel für sporadische Ereignisse, die nach keiner bekannten Regel auftreten. Untersuchen kann man das aber immer noch statistisch. Ein weiters Beispiel ist die Chaosforschung.

Jedes Ereignis ist im Grunde singulär, deswegen ergibt sich das Induktionsproblem.

Die Wissenschaft umgeht dieses Problem dadurch, daß sie eine Regel formuliert und danach beobachtet, ob sich diese Regel bewährt oder nicht.

 

Der Christ sagt dann, insofern er dieses Ereignis für ein Wunder hält: "Das kannst du deswegen nicht erklären, weil es ein Wunder ist."

 

Und damit widerspricht er sich selbst. Ein Wunder ist nach christlicher Definition ein von Gott verursachtes Ereignis. Hat man die Ursache, hat man auch eine Erklärung. Was der Christ in diesem Fall also sagt ist: Es gibt keine Erklärung, und die Erklärung ist, dass es ein Zeichen Gottes ist. Gibt es nun keine Erklärung - dann wäre es der Wissenschaft entzogen - aber wenn Gott die Ursache ist, ist das auch die Erklärung.

Du nutzt hier die Unschärfe der natürlichen Sprache für deine Argumentation.

Der Christ sagt nicht: "Es gibt keine Erklärung und es gibt eine Erklärung!"

Der Christ sagt im Grunde: "Hier geschieht etwas, worauf die üblichen Erklärungen nicht anwendbar sind. Wegen dem Kontext dieses Ereignis deute ich es aber nicht als Zufall, sondern als Wunder oder Zeichen."

Die Wissenschaft kann solche Ereignisse so nicht deuten, weil ihr die subjektive Perspektive fehlt und sie daher einen anderen Blickwinkel auf den Kontext von Ereignissen hat. Die Wissenschaft würde nach Regelmäßigkeit suchen und die müßte nicht gegeben sein, höchstens vielleicht eine auffallend häufige Wiederholung ähnlich klingender Phänomene.

Wenn z.B. Menschen schildern, daß sie eine spirituelle Erfahrung hatten - ihnen plötzlich bewußt wurde, daß sich eine Situation zum Guten wenden wird oder das etwas bestimmtes geschieht, dann sind diese Personen für sich selbst sicher, daß ihre Erfahrung kein zufälliges Ereignis war. Die Wissenschaft kann diese Menschen in ihrer Sicherheit gar nicht betätigen, denn für die Wissenschaft müssen solche Ereignisse naturalistisch erklärbar sein. Wenn das wirklich eine wundersame Eingebung stattgeben hat, wenn z.B. eine Vorausahnung nicht nur rein zufällig wahr sein soll, dann muß es dafür eine nicht-naturalistische Erklärung geben, wobei diese Erklärung eben nicht wissenschaftlich oder naturalistisch sein würde.

Freilich könnte man sagen, daß es einmal eine Wissenschaft geben könnte, die auch solche Phänomene als "wahr" anerkennt und eben in einem spirituellen Kontext erklärt.

Dann würde die Wissenschaft jedoch ihre naturalistische Methodik aufgeben.

 

Man sagt also, übersetzt: Es gibt keine Erklärung und wir haben die Erklärung dafür. Aber man hat eine oder man hat keine Erklärung und nicht beides gleichzeitig, das ist für Menschen unmöglich. Ich kann nicht verstehen, was es bedeutet, dass ein Ereignis eine Erklärung und gleichzeitig keine Erklärung hat, und ich bezweifle, dass irgendein Mensch damit etwas anfangen kann. Das ist sinnfrei.

Würde man so etwas sagen, dann wäre das natürlich sinnfrei.

Man bezeichnet ein Wunder deswegen als Wunder, weil man es sich nicht anders, als einen willkürlichen Eingriff einer Macht erklären kann, die nicht wie wir an die Naturgesetze gebunden ist.

 

Ich halte diesen Wunderbegriff aber noch für zu kurz gegriffen. IMHO muß ein Wunder nicht zwangsläufig ein naturwissenschaftlich unerklärbares Ereignis sein. Ein Wunder ist ein Zeichen und diese Funktion kann es auch im Rahmen der Naturgesetze haben.

Das wäre der Wunderbegriff, wie ich ihn definiert habe: Ein unerklärliches oder unwahrscheinliches Ereignis. Aber wo soll da ein Zeichen sein? Wenn es unerklärlich ist, deutet es darauf hin, dass wir keine Erklärung haben und nicht weiter denken können (glauben kann man natürlich alles, inklusive an ausgemachten Unsinn). Wenn es unwahrscheinlich ist, ist es möglich, und zwar mit oder ohne Gott, nur eben selten. Man kann es dann Gott zuschreiben oder dem Zufall, und in diesem Fall sind Gott und Zufall zwei völlig gleichwertige Erklärungen. (...)

Man kann jedes Ereignis als Zufall, als willkürlich (es wurde von einem anderen Willen absichtlich ausgelöst) oder als gesetzlich deuten.

Diese drei Möglichkeiten haben wir.

IMHO gibt es echten Zufall nur hinsichtlich eines Ereignisses, welches statistisch schwankt oder welches ohne Absicht erfolgt.

Wenn ich morgen einen Menschen treffen werde, der einen roten Hut trägt, dann ist das ein zufälliges Ereignis.

Wenn dies nun jeden Tag geschehen würde und immer nur dann, wenn ich eine Tasse Earl Grey zum Frühstück trinke und sich diese Regelmäßigkeit lange genug bewährt, dann werde ich davon ausgehen, daß es sich um eine gesetzmäßige Beziehung handelt.

Wenn ich aber sage: "Ich habe noch nie einen Mann mit einem roten Hut gesehen und wenn ich morgen einen Mann mit rotem Hut sehe, dann will ich meinen Leben ändern!" und man am nächsten Tag dann tatsächlich einen Mann mit rotem Hut sehe, dann ist dies schon mal kein regelmäßiges Ereignis. Der naturalistische Mensch kann dieses Ereignis nur als Zufall deuten. Ein religiöser Mensch würde darin womöglich ein Zeichen sehen und sein Leben ändern. Naturalistisch würde man solche Phänomene dann eben entweder als Zufall oder als selektive Wahrnehmung etc. erklären. Stärker als solche Zeichen sind wohl aber Ereignisse, die mit starken Emotionen verbunden sind - wenn z.B. ein geliebter Mensch erkrankt und wir genau wissen, daß er gesund wird oder sterben wird, wenn wir Kräfte verspüren, die uns plötzlich stärker machen, als wir uns je zugetraut haben usw..

Der Gläubige unterscheidet sich in der Deutung dieser Ereignisse - er sieht sie nicht als Zufall an.

 

Die Leugnung des Zufalls liegt natürlich daran, dass wir zufallsblind sind. Wir können quasi den Zufall nicht als solchen erkennen, nicht einmal, wenn er daherkommt und uns ins Bein beißt. Wir vermuten immer hinter allem sofort eine Ursache, aber mehr als eine Vermutung ist das nicht. Nur führt die Bestreitung des Zufalls zum Determinismus und damit zu einer Bedingung, die jeden Schöpfergott positiv ausschließt.

Gott läßt sich mit dem Determinismus problemlos vereinbaren.

Es geht hier aber auch nur um Kausalität, nicht aber um Determinismus.

Der Mensch ist so geschaffen, daß er Muster erkennt oder erkennen kann.

Für den Naturalisten sieht er auch da Muster, wo es keine gibt.

Für denjenigen, der Wunder für möglich halten, handelt es sich bei dem Muster "Wunder" tatsächlich um ein Muster, welches eine Bedeutung hat.

 

Man kann aber Wunder durchaus als Eingriffe bezeichnen, die nicht innerhalb der von uns bekannten Naturgesetzlichkeit erfolgen.

 

Das ist nur ein verklausulierter Ausdruck dafür, dass die Naturgesetze kurzzeitig aussetzen, durchbrochen werden, ihre Gültigkeit verlieren oder kurzfristig "aufgehoben" werden, was aber in jedem Fall dasselbe meint und daher von meinem Einwand auch getroffen wird. Ordnung und Regelmäßigkeit als ein Zeichen Gottes, Chaos und Zufall als Zeichen Gottes, das Erklärbare als Zeichen Gottes, und das Unerklärbare als Zeichen Gottes - alles und sein Gegenteil kann als Zeichen Gottes gedeutet werden, und damit ist Gott wiederum nur ein Synonym für "Beliebigkeit" - und just das exakte Gegenteil von Vernunft. Gott ist ein einziger Widerspruch - was ja von Theologen öfters schon zugegeben wurde - also ein Synonym für das, was wir nicht verstehen oder nicht verstehen können.

Der Programmiere einer simulierten Scheinwelt, wäre einerseits für die Regelmäßigkeit der simulierten Welt verantwortlich, denn er hat sie ja programmiert und andererseits, könnte er auch neue Routinen einfügen oder versteckte Befehle und Routinen etc. nutzen und dementsprechend würde er sich als Programmierer gegenüber den simulierten Wesen zu erkennen geben, daß er eben nicht ohnmächtig wie sie, sondern die Macht über die Welt besitzt.

 

Ich habe es als Atheist einfacher: Für mich ist das Unerklärliche schlicht das Unerklärliche, Zufall ist nichts weiter als Zufall, Ordnung ist ein Zeichen für Ordnung, Chaos ist ein Zeichen für Chaos, und ich muss keine Verschwörungstheorie bemühen, um dahinter etwas anderes zu sehen als das, was es ist. Gott ist die ultimative kosmische Verschwörungstheorie, die hinter allem und jedem steckt. Damit st die Lücke in den Erklärungen selbst Gott. Gott ist die Lücke.

Der Atheist geht seinen eigenen Weg.

 

 

Gruß

Sam

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Die Wissenschaft liefert keine Erklärung für den Urknall.

Denn diese Erklärung müßte empirisch und falsifizierbar sein.

Würde sie eine Erklärung liefern, dann würden sie eine Regel formulieren, die das Entstehen eines Urknalls beschreiben und da wir diese nicht an der Empirie überprüfen könnten, wäre ein solche Hypothese nicht falsifizierbar.

Die Ereignisse in der Quantenphysik erfolgen nach statistischen Regeln.

 

Wenn es keine Erklärung gibt für den Urknall, wird die Wissenschaft auch keine finden, das ist aber kein Mangel der Wissenschaft und kein Grund, nun doch eine Ursache zu erfinden. Dass Universen nach einer Regel entstehen, ist möglich. Und die Urknall-Theorie in der inflationären Form gilt deswegen als gut bestätigt, weil sie Voraussagen über unser Universum geliefert hat, die bestätigt werden konnten, so folgte daraus die Existenz der Hintergrundstrahlung (wurde bestätigt) und die Existenz von Schwankungen in dieser Strahlung (wurde inzwischen auch bestätigt). Folgen daraus Vorhersagen, die falsch sind, ist die Theorie falsifiziert. Wissenschaftliche Theorien haben immer nicht-beliebige Konsequenzen, und anhand dieser Konsequenzen kann man sie prüfen, das unterscheidet sie von Glaubenshypothesen, die entweder keine Konsequenzen oder keine prüfbaren Konsequenzen haben.

 

Wenn es nun sporadische Ereignisse gibt, die von der Wissenschaft nicht beschrieben werden können, dann kann der Wissenschaftler nur rein negativ und singulär feststellen: "Das kann ich nicht wissenschaftlich erklären!".

 

Auch das stimmt nicht. Zum einen ist praktisch jedes Ereignis singulär - es tritt in genau dieser Form nur ein einziges Mal auf. Atomzerfall ist ein Beispiel für sporadische Ereignisse, die nach keiner bekannten Regel auftreten. Untersuchen kann man das aber immer noch statistisch. Ein weiters Beispiel ist die Chaosforschung.

Jedes Ereignis ist im Grunde singulär, deswegen ergibt sich das Induktionsproblem.

Die Wissenschaft umgeht dieses Problem dadurch, daß sie eine Regel formuliert und danach beobachtet, ob sich diese Regel bewährt oder nicht.

 

Inwieweit ist das ein Einwand gegen meine Behauptung?

 

Der Christ sagt nicht: "Es gibt keine Erklärung und es gibt eine Erklärung!"

Der Christ sagt im Grunde: "Hier geschieht etwas, worauf die üblichen Erklärungen nicht anwendbar sind. Wegen dem Kontext dieses Ereignis deute ich es aber nicht als Zufall, sondern als Wunder oder Zeichen."

 

Und das ist keine Erklärung? - Dann wäre es sinnfrei. Die Erklärung ist ja gerade die, dass es sich um das willkürliche Eingreifen einer höheren Macht handelt. Damit kann man immer alles "erklären", deswegen hat so eine "Erklärung" auch keinen Wert. In dieser Hinsicht überlappen sich Glauben und Wissenschaft nicht, weil die Wissenschaft echte Erklärungen mit Sinn und Wert liefert, der Glauben aber nicht.

 

Die Wissenschaft kann solche Ereignisse so nicht deuten, weil ihr die subjektive Perspektive fehlt und sie daher einen anderen Blickwinkel auf den Kontext von Ereignissen hat. Die Wissenschaft würde nach Regelmäßigkeit suchen und die müßte nicht gegeben sein, höchstens vielleicht eine auffallend häufige Wiederholung ähnlich klingender Phänomene.

 

Ein singuläres Ereignis, welches nur einmal auftritt, aber aufgrund von Regeln und besonderen Umständen, ist immer noch wissenschaftlich erklärbar. Der Wissenschaft fehlt auch nicht die subjektive Perspektive, sie überschreitet diese und macht Erfahrungen allgemein. Wenn die subjektive Perspektive in der objektiven nicht enthalten ist, dann ergibt auch die subjektive Perspektive keinen Sinn.

 

Wenn z.B. Menschen schildern, daß sie eine spirituelle Erfahrung hatten - ihnen plötzlich bewußt wurde, daß sich eine Situation zum Guten wenden wird oder das etwas bestimmtes geschieht, dann sind diese Personen für sich selbst sicher, daß ihre Erfahrung kein zufälliges Ereignis war.

 

Dasselbe Verfahren führt auch zum Aberglauben!

 

Die Wissenschaft kann diese Menschen in ihrer Sicherheit gar nicht betätigen, denn für die Wissenschaft müssen solche Ereignisse naturalistisch erklärbar sein. Wenn das wirklich eine wundersame Eingebung stattgeben hat, wenn z.B. eine Vorausahnung nicht nur rein zufällig wahr sein soll, dann muß es dafür eine nicht-naturalistische Erklärung geben, wobei diese Erklärung eben nicht wissenschaftlich oder naturalistisch sein würde.

Freilich könnte man sagen, daß es einmal eine Wissenschaft geben könnte, die auch solche Phänomene als "wahr" anerkennt und eben in einem spirituellen Kontext erklärt.

Dann würde die Wissenschaft jedoch ihre naturalistische Methodik aufgeben.

 

Nicht-naturalistische Erklärungen sind vom Prinzip her keine Erklärungen, sie führen das Unbekannte auf das Unbekannte zurück. Erklären bedeutet aber gerade, dass Unbekannte auf das Bekannte zurückzuführen.

 

Man bezeichnet ein Wunder deswegen als Wunder, weil man es sich nicht anders, als einen willkürlichen Eingriff einer Macht erklären kann, die nicht wie wir an die Naturgesetze gebunden ist.

 

Da ist sie wieder, die merkwürdige Vorstellung, dass irgendetwas an unsere Naturbeschreibungen "gebunden" ist oder nicht. Das ist ebenso sinnfrei, als wenn ich behaupte, dass das Aussehen einer Landschaft an die Gestaltung meiner Landkarte "gebunden" ist, und wenn die Landschaft davon abweicht, dann wurde sie von höheren Mächten gestaltet. Simplerweise müsste man aber davon ausgehen, dass wohl die Landkarte falsch war.

 

Man kann jedes Ereignis als Zufall, als willkürlich (es wurde von einem anderen Willen absichtlich ausgelöst) oder als gesetzlich deuten.

Diese drei Möglichkeiten haben wir.

IMHO gibt es echten Zufall nur hinsichtlich eines Ereignisses, welches statistisch schwankt oder welches ohne Absicht erfolgt.

 

Wie sollte man dies vom willkürlichen Eingreifen einer unbekannten Macht vom Zufall unterscheiden? Diese Unterscheidung ist wiederum willkürlich!

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