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[UMT: Julius] Von Holzwegen und Stolpersteinen


Julius

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Ich wollte ja schon immer mal etwas über die schwäbische Pfarrhauskette schreiben: aber die Arbeit haben mir Schüler abgenommen (unter tatkräftiger Mithilfe des inzwischen in anderem Zusammenhang bekannt gewordenen Gabriel Stängle, der ihr Geschichtslehrer war und sich seit Jahren aktiv in der KZ-Gedenkstätte Hailfingen-Tailfingen einsetzt:

 

die Homepage der Gedenkstätte

 

die Schülerarbeit des Technischen Gymnasiums Nagold: Gerechte unter den Völkern

kzht.v.ve_gerecht_e.pdf

 

Einigen der genannten evangelischen Pfarrer und ihre Ehefrauen wurden inzwischen posthum in Yad Vashem die Auszeichnung "Gerechte unter den Völkern" zuteil.

So z.B. Theodor und Hildegard Dipper, sowie Hermann und Elsbeth Zeller, ferner Elisabeth Goes, Richard und Hildegard Gölz, Gertrud und Otto Mörike (und wahrscheinlich noch weitere, die ich gerade nicht präsent habe).

bearbeitet von Julius
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Heute vor 100 Jahren, am 20. Mai 1914, wurde in Stuttgart Erich Strobel geboren. Er starb 29-jährig im KZ Dachau. Vor seinem Elternhaus in Stuttgart-Wangen ist ein Stolperstein verlegt worden.

bearbeitet von Julius
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Gerade bin ich dabei, Akten über eine jüdische Familie zu sichten. Dabei fand ich ein derart höfliches Understatement, wie es mir bisher im Zusammenhang mit der Judenverfolgung nicht begegnet ist. Der Satz stammt von jemandem, der ganz knapp entkommen konnte, illegal auf einem Schiff nach Palästina, und steht in einem Brief, den er 1984 an die Stadt Köln schrieb: "Da ich jüdischen Glaubens bin, veranlasste mich die damalige Situation, meinen Aufenthalt in Köln und in Deutschland im Allgemeinen zu beenden."

Der alte Herr lebt übrigens noch, er ist über 90. Zwei seiner Geschwister wurden in der Nazi-Zeit ermordet.

 

Alfons

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Die Gebäude viele Synagogen sind noch erhalten.

Die Synagoge in Bayreuth wurde nur deshalb nicht angezündet, sondern nur zerstört, von dem Volkszorn, weil die Synagoge unmittelbar an das Opernhaus angrenzt.

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Die Augsburger Synagoge soll die Tatsache gerettet haben, dass sich gegenüber eine Tankstelle befand (die gab es meiner Erinnerung nach 1986 auch noch, da waren wir zu einer Fortbildung über das Judentum in Augsburg).

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Der Wiener Stadttempel verdankt sein Überleben dem Umstand, dass in der Zeit seines Baus Synagogen nicht "prominent" placiert werden durften, sondern sogar ein Stück zurück gebaut werden mussten. (Er hat einen unauffälligen Vorbau, im Inneren sind da Garderoben-Räume) Daher steht er so dicht in einer Häuserzeile eingebaut, dass ein Brand zu riskant war.

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In meinem Heimatdorfstadt durfte die reformierte Kirche 1672 auch nur so erbaut werden, dass man sie von der Straße aus nicht sehen konnte. 1873 durfte hingegen die Synagoge direkt an einer Nebenstraße erbaut werden. Die Evangelen bauten später einen Turm auf ihre Kirche, weswegen man sie heute schon von der Straße aus sehen kann.

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Der Wiener Stadttempel verdankt sein Überleben dem Umstand, dass in der Zeit seines Baus Synagogen nicht "prominent" placiert werden durften, sondern sogar ein Stück zurück gebaut werden mussten. (Er hat einen unauffälligen Vorbau, im Inneren sind da Garderoben-Räume) Daher steht er so dicht in einer Häuserzeile eingebaut, dass ein Brand zu riskant war.

Aber natürlich wurde der Tempel im Inneren völlig devastiert. Und im Jerusalemer Prozess wurde Adolf Eichmann vom Vorwurf an diesen Zerstörungen mitgewirkt zu haben mangels Beweisen freigesprochen. Im Film von Claude Lanzmanns über Benjamin Murmelstein (damals Rabbiner in Wien und zu Kriegsende Judenältester in Theresienstadt) - Titel des Films: "Der Letzte der Ungerechten" hat Murmelstein erklärt, er sei daneben gestanden und habe gesehen wie Eichmann mit einer Eisenstange die Bänke der Synagoge zertrümmert habe.

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In meinem Heimatdorfstadt durfte die reformierte Kirche 1672 auch nur so erbaut werden, dass man sie von der Straße aus nicht sehen konnte. 1873 durfte hingegen die Synagoge direkt an einer Nebenstraße erbaut werden. Die Evangelen bauten später einen Turm auf ihre Kirche, weswegen man sie heute schon von der Straße aus sehen kann.

Der Stadttempel in Wien stammt aus 1826 (das ist das Eröffnungsjahr).

Da galt diese Bauvorschrift in Österreich natürlich auch noch für alle nicht-katholischen Bethäuser. 1873 hätten sie tun können, was sie wollen, da waren schon fünf Jahre die Staatsgrundgesetze in Kraft.

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Die Geschichte der kleinen Rottweiler Synagoge war ähnlich:

in einem eng bebauten Altstadtviertel gelegen, in der noch einige Häuser aus dem 16. Jahrhundert stammen, wäre die Gefahr zu groß gewesen, mit einer Brandlegung das ganze Viertel abzufackeln. Deswegen wurde sich darauf "beschränkt", das Innere zu verwüsten, Kultgegenstände und alles was nicht niet- und nagelfest war, wurde auf die Straße geworfen und zertrümmert. Die in dem Haus wohnhafte Rabbinerfamilie hatte sich kurz vor dem Überfall der SA-Horde ins unmittelbar benachbarte bischöfliche Konvikt retten können. Die im Jahre 1938 noch in der Stadt wohnhaften Juden konnten zum größeren Teil noch emigrieren, vierundzwanzig fanden den Tod in den Gaskammern des Holocaust. Die erst im Jahre 1806 in der Stadt neu entstandene jüdische Gemeinde war ausgelöscht.

 

Vor einigen Jahren ist nun eine neue und sehr rege jüdische Gemeinde entstanden, die Ankunft der Tora war ein fröhliches öffentliches Fest.

Der angemietete Betsaal ist inzwischen zu klein geworden.

Es wird nun eine neue Synagoge gebaut,

kaum weiter vom Stadtzentrum entfernt als die 1938 zerstörte,

der erste Spatenstich ist getan.

bearbeitet von Julius
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In Esslingen am Neckar liegen 38 Stolpersteine. Die dortige jüdische Gemeinde war mit der Deportation der letzten jüdischen Mitbürger erloschen.

 

Vor allem durch Zuzug von Juden aus der ehemaligen UdSSR ist eine neue Gemeinde entstanden. Seit 2012 benutzt sie das mittlerweile in städtischem Eigentum befindliche ehemalige Synagogengebäude wieder für ihre Gottesdienste. Dieser Tage brachte sie ihre erste eigene Tora-Rolle ein:

 

http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/25741

 

http://images.juedische-allgemeine.de/article/24857.jpg

bearbeitet von Julius
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Die Geschichte der kleinen Rottweiler Synagoge war ähnlich:

in einem eng bebauten Altstadtviertel gelegen, in der noch einige Häuser aus dem 16. Jahrhundert stammen, wäre die Gefahr zu groß gewesen, mit einer Brandlegung das ganze Viertel abzufackeln. Deswegen wurde sich darauf "beschränkt", das Innere zu verwüsten, Kultgegenstände und alles was nicht niet- und nagelfest war, wurde auf die Straße geworfen und zertrümmert. Die in dem Haus wohnhafte Rabbinerfamilie hatte sich kurz vor dem Überfall der SA-Horde ins unmittelbar benachbarte bischöfliche Konvikt retten können. Die im Jahre 1938 noch in der Stadt wohnhaften Juden konnten zum größeren Teil noch emigrieren, vierundzwanzig fanden den Tod in den Gaskammern des Holocaust. Die erst im Jahre 1806 in der Stadt neu entstandene jüdische Gemeinde war ausgelöscht.

 

Vor einigen Jahren ist nun eine neue und sehr rege jüdische Gemeinde entstanden, die Ankunft der Tora war ein fröhliches öffentliches Fest.

Der angemietete Betsaal ist inzwischen zu klein geworden.

Es wird nun eine neue Synagoge gebaut,

kaum weiter vom Stadtzentrum entfernt als die 1938 zerstörte,

der erste Spatenstich ist getan.

 

Am 19. Februar ist es nun so weit: die Neue Rottweiler Synagoge wird eingeweiht. Der neue und noch sehr junge Rabbiner, der mit seiner Familie einziehen wird, lebt mit seiner Familie schon seit ein paar Monaten in der Stadt.

bearbeitet von Julius
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Franciscus non papa

Sehr erfreuliche Nachricht - mit den besten Wünschen für eine hoffentlich friedliche gemeinsame Zukunft und dem Segen Gottes.

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Bei der Gedenkstunde zur Reichspogromnacht in Rottweil erinnerten Schüler in einer szenischen Darstellung auch an die Vertreibung von Selik Oko und seiner Familie aus seinem Haus und Schuhgeschäft schon im Jahre 1933. Ich brauche mir die Mühe nicht zu machen, diese Geschichte hier aufzuschreiben, das hat der unermüdliche Werner Kessl, ein pensionierter Gymnasiallehrer für Geschichte, schon im Jahre 2010 getan. Der Artikel "Weg mit der jüdischen Konkurrenz" ist im Novemberheft 2010 der Gedenkstättenrundschau abgedruckt (bitte scrollen), die ich als ganzes verlinke, weil sich - ausser diesem Artikel - auch noch weitere, interessante Berichte zur Reichspogromnacht in unserer Region darin finden.

bearbeitet von Julius
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In Berlin wurden Anfang der Woche alle Stolpersteine in der Hufeisensiedlung, einem häufigen Anschlagsziel Rechtsradikaler,  ausgegraben und gestohlen.

https://www.morgenpost.de/berlin/polizeibericht/article212460301/Stolpersteine-in-Neukoelln-gestohlen.html

 

Erfreulicherweise mit dem Nebeneffekt, dass die Anwohnerinitiative "Hufeisern gegen Rechts" nun in der Folge eine erhebliche Steigerung ihrer Bekanntheit und Unterstützung erlangt hat. Auch die Lücke, die ein gestohlener Stolperstein reißt, schätzt so ein Täterhirn offenbar völlig falsch ein.

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Da haben die besorgten  Bürger aber den Linksextremisten kräftig PR verschafft ...

 

(So muss das Forums-PC-mäßig doch gesagt werden, weil Nazis gibt's nicht und Linke sind immer gewalttätige Extremisten ..)

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vor 2 Stunden schrieb Julius:

einen der grunder von schavei zion habe ich bei einer bahnfahrt von beer sheva nach nahariah kennengelernt. wir kamen beide von studienabschluss-feiern unserer enkel an der ben-gurion- uni in beer sheva zurueck. er sprch mich an,, nachdem er bemerkte, dass ich ein buch auf deutsch lese. leider ist er schon vor jahren gestorben. das gespraech war sehr interessant, er war christ, mit einer juedin verheiratet. das habe aber weder palmach noch die idf gestoert, er war fast 20 jahre in der armee.

wir haben bis zu seinem tod fleissig deutsche buecher ausgetauscht.  im gegensatz zu mir war er der meinung, dass freude am lesen nur mit einem buch  moeglich sei, tablet und pc wuerden sich nur zum lesen von nachrichten eignen

bearbeitet von elad
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Am 21.1.2018 um 11:57 schrieb elad:

... nahariah ...

 

Naharija war ja (oder ist vielleicht noch) so etwas wie ein Jeckes-Zentrum. Kennst Du Dich dort aus? Einige der Juden, über deren Familiengeschichten ich schreibe, sind dort gelandet. Sind Dir die Namen Gunz und Altberger mal begegnet?

Alfons

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