Jump to content

Verurteilung zum Widerruf einer Erklärung


Wiebke

Recommended Posts

Es ist zwar nicht wirklich eine Frage - und auch keine Antwort -, aber ich möchte auch keine Gladiatorenkämpfe darüber, wie es scheiße ist und wie nicht, sondern hoffe auf sachliche inhaltliche Beiträge zu der durch folgendes Urteil aufgeworfenen religionsverfassungsrechtlichen Thematik: Amtsgericht Hagen, 10 C 187/12, 09.07.2012

 

Das Urteil ist in mehrfacher Hinsicht interessant.

 

1) Zunächst einmal wirft es die Frage auf, wie von staatlicher Seite aus eine Taufe eines Religionsunmündigen zu werten ist, die nicht vom Willen des oder der gesetzlichen Vertreter(s) gedeckt ist. M.E. kann der Staat eine allein darauf beruhende Kirchenmitgliedschaft in seiner Rechtsordnung nicht anerkennen. Das Gericht hat hier gemeint, das nicht entscheiden zu müssen (u.a. weil es davon ausging, dass die Taufe eh nicht stattgefunden hatte), lässt aber wohl durchblicken, dass eine solche Taufe letztlich vom Staat nicht als mitgliedschaftsbegründend anerkannt werden kann, wenn es sagt: "Bereits der Schein der Mitgliedschaft des Kindes E ist aufgrund des als Restitution geschuldeten Folgenbeseitigungsanspruchs der Klägerin wieder auszugleichen." Mehr als bloßer "Schein" könnte also ohnehin nicht vorgelegen haben. Andererseits spricht das Gericht nicht ganz stimmig auch davon, "die ansonsten entstehende Zwangsmitgliedschaft des Kindes E in der katholischen Kirche rückgängig zu machen hat." Mir scheint, wo nichts ist, kann man auch nichts rückgängig machen. Das Gericht konnte sich diese Unschärfe erlauben, weil es diesen Punkt letztlich eh nicht als entscheidungserheblich ansah. Aus dem vom Gericht selbst angeführten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 31.03.1971 geht aber deutlich hervor:

 

Allerdings verbietet Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, als Grundlage für die Kirchensteuerpflicht eine kirchliche Mitgliedschaftsregelung heranzuziehen, die eine Person einseitig und ohne Rücksicht auf ihren Willen der Kirchengewalt unterwirft... Für den Regelfall der Kindestaufe erklären die sorgeberechtigten Eltern die Bereitschaft zur Erziehung des Kindes in diesem Bekenntnis. Dabei wissen sie, daß diesem Akt herkömmlich die Bedeutung der Zugehörigkeit zu der entsprechenden Kirche beigemessen wird.

 

M.a.W.: Taufe eines Religionsunmündigen ohne Willenserklärung der gesetzlichen Vertreter begründet keine Mitgliedschaft im Sinne der staatlichen Rechtsordnung.

 

2) Die andere Frage ist, ob das Gericht sich überhaupt für zuständig erklären durfte. Einerseits geht es hier darum, eine das Familienleben betreffende Lüge zu unterlassen. Andererseits bezieht sich diese Lüge auf etwas, das nur kirchenintern relevant ist. Ich gehe auch mal davon aus, dass die Klägerin eine entsprechende Klage tatsächlich auch vor einem Kirchengericht hätte anbringen können (Chryso?). Ich zweifle da noch, tendiere aber eher dazu, hier die staatliche Gerichtsbarkeit auszuschließen. Die Art und Weise, wie das Gericht es einerseits nicht lassen konnte, sich auf kircheninterne Regelungen zu beziehen, sie dann aber gleich wieder für nicht entscheidungserheblich zu erklären, weist für mich darauf hin, dass die Sache nicht astrein ist.

 

M.E. wäre das einzige, was klar staatlicher Gerichtsbarkeit unterlegen hätte, eine negative Feststellungsklage des Kindes gegen die RKK (Pfarrgemeinde und/oder Bistum) vor dem Verwaltungsgericht auf Feststellung des Nichtbestehens der Mitgliedschaft (im Sinne der staatlichen Rechtsordnung). (Natürlich käme dabei hier der Mutter in die Quere, dass sie inzwischen die elterliche Sorge mit dem Vater teilt...)

 

Aber wie seht ihr das? Was ist Gottes und was ist des Cäsars?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Es ist zwar nicht wirklich eine Frage - und auch keine Antwort -, aber ich möchte auch keine Gladiatorenkämpfe darüber, wie es scheiße ist und wie nicht, sondern hoffe auf sachliche inhaltliche Beiträge zu der durch folgendes Urteil aufgeworfenen religionsverfassungsrechtlichen Thematik: Amtsgericht Hagen, 10 C 187/12, 09.07.2012

 

Das Urteil ist in mehrfacher Hinsicht interessant.

 

1) Zunächst einmal wirft es die Frage auf, wie von staatlicher Seite aus eine Taufe eines Religionsunmündigen zu werten ist, die nicht vom Willen des oder der gesetzlichen Vertreter(s) gedeckt ist. M.E. kann der Staat eine allein darauf beruhende Kirchenmitgliedschaft in seiner Rechtsordnung nicht anerkennen. Das Gericht hat hier gemeint, das nicht entscheiden zu müssen (u.a. weil es davon ausging, dass die Taufe eh nicht stattgefunden hatte), lässt aber wohl durchblicken, dass eine solche Taufe letztlich vom Staat nicht als mitgliedschaftsbegründend anerkannt werden kann, wenn es sagt: "Bereits der Schein der Mitgliedschaft des Kindes E ist aufgrund des als Restitution geschuldeten Folgenbeseitigungsanspruchs der Klägerin wieder auszugleichen." Mehr als bloßer "Schein" könnte also ohnehin nicht vorgelegen haben. Andererseits spricht das Gericht nicht ganz stimmig auch davon, "die ansonsten entstehende Zwangsmitgliedschaft des Kindes E in der katholischen Kirche rückgängig zu machen hat." Mir scheint, wo nichts ist, kann man auch nichts rückgängig machen. Das Gericht konnte sich diese Unschärfe erlauben, weil es diesen Punkt letztlich eh nicht als entscheidungserheblich ansah. Aus dem vom Gericht selbst angeführten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 31.03.1971 geht aber deutlich hervor:

 

Allerdings verbietet Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, als Grundlage für die Kirchensteuerpflicht eine kirchliche Mitgliedschaftsregelung heranzuziehen, die eine Person einseitig und ohne Rücksicht auf ihren Willen der Kirchengewalt unterwirft... Für den Regelfall der Kindestaufe erklären die sorgeberechtigten Eltern die Bereitschaft zur Erziehung des Kindes in diesem Bekenntnis. Dabei wissen sie, daß diesem Akt herkömmlich die Bedeutung der Zugehörigkeit zu der entsprechenden Kirche beigemessen wird.

 

M.a.W.: Taufe eines Religionsunmündigen ohne Willenserklärung der gesetzlichen Vertreter begründet keine Mitgliedschaft im Sinne der staatlichen Rechtsordnung.

 

2) Die andere Frage ist, ob das Gericht sich überhaupt für zuständig erklären durfte. Einerseits geht es hier darum, eine das Familienleben betreffende Lüge zu unterlassen. Andererseits bezieht sich diese Lüge auf etwas, das nur kirchenintern relevant ist. Ich gehe auch mal davon aus, dass die Klägerin eine entsprechende Klage tatsächlich auch vor einem Kirchengericht hätte anbringen können (Chryso?). Ich zweifle da noch, tendiere aber eher dazu, hier die staatliche Gerichtsbarkeit auszuschließen. Die Art und Weise, wie das Gericht es einerseits nicht lassen konnte, sich auf kircheninterne Regelungen zu beziehen, sie dann aber gleich wieder für nicht entscheidungserheblich zu erklären, weist für mich darauf hin, dass die Sache nicht astrein ist.

 

M.E. wäre das einzige, was klar staatlicher Gerichtsbarkeit unterlegen hätte, eine negative Feststellungsklage des Kindes gegen die RKK (Pfarrgemeinde und/oder Bistum) vor dem Verwaltungsgericht auf Feststellung des Nichtbestehens der Mitgliedschaft (im Sinne der staatlichen Rechtsordnung). (Natürlich käme dabei hier der Mutter in die Quere, dass sie inzwischen die elterliche Sorge mit dem Vater teilt...)

 

Aber wie seht ihr das? Was ist Gottes und was ist des Cäsars?

ich würde dieses udalricus zur beurteilung vorlegen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

ich würde dieses udalricus zur beurteilung vorlegen.

Der darf natürlich auch. Aber hoffentlich nicht nur der.

aber ernsthaft, es ist für mich ein mißbrauch des gerichtes um familienstreitigkeiten auszutragen.

 

eine taufe ist für mich kein materieller akt. es ist ein glaubensakt der sich im "getauften" und wenn durch den "getauften" vollzieht oder auch nicht.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

ich würde dieses udalricus zur beurteilung vorlegen.

Der darf natürlich auch. Aber hoffentlich nicht nur der.

Ich hoffe, deine Hoffnungen nicht zu enttäuschen!

 

Es hängt natürlich alles davon ab, ob die großmütterliche Nottaufe wirklich statt gefunden hat.

 

Nehmen wir mal an, sie hat statt gefunden.

 

Dann ist das Kind auf jeden Fall gültig, wenn auch nach can. 868-§1 unerlaubt, getauft.

 

Sollte es sich in Todesgefahr befunden habe, ist die Taufe sogar nach can. 868-§2 erlaubt gewesen. Der Zweifel über die tatsächliche Taufhandlung durch die Großmutter würde sogar dazu führen, dass nach Belehrung der Eltern über diese Notwendigkeit (can 869-§1) eine bedingungsweise Taufe nach can. 869-§1 gespendet werden soll. Das Einverständnis der Eltern wird dabei - so scheint es - nicht mehr gefordert. (Praktisch dürfte eine solche bedingungsweise Taufe dann allerding sehr schwierig werden!)

 

Wenn also das Kind gültig getauft ist, kann ein weltliches Gericht schwer die "Rückgängigmachung" fordern (bzw. die Kirche kann diese Forderung, selbst wenn sie wollte, nicht erfüllen), die Eltern können höchstens ihr Kind aus der Kirche austreten lassen, was zwar die Taufe nicht rückgängig macht, aber vor dem Staat quasi das selbe darstellt.

 

Hat aber definitiv gar keine gültige Taufe statt gefunden, etwa weil die Oma gelogen hat, dann ist es gar kein Problem. Die Kirche kann bestätigen, dass im gemutmaßten Zeitraum keine offizielle Taufe statt gefunden hat, und das Gericht braucht natürlich auch keine "Rückgängigmachung" fordern.

 

Alles klar?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

ich würde dieses udalricus zur beurteilung vorlegen.

Der darf natürlich auch. Aber hoffentlich nicht nur der.

aber ernsthaft, es ist für mich ein mißbrauch des gerichtes um familienstreitigkeiten auszutragen.

 

eine taufe ist für mich kein materieller akt. es ist ein glaubensakt der sich im "getauften" und wenn durch den "getauften" vollzieht oder auch nicht.

Das ist beides richtig. Dennoch hat die Sache natürlich auch eine sakramentenrechtliche Dimension, die man nicht unter den Tisch kehren kann.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

die Eltern können höchstens ihr Kind aus der Kirche austreten lassen, was zwar die Taufe nicht rückgängig macht, aber vor dem Staat quasi das selbe darstellt.

 

Ähm. Da habe ich rechtliche Bedenken. Ich empfinde das Urteil auch als etwas übergriffig, aber anders hätte man es formulieren können:

 

"Für den Fall, dass hier eine Taufe ohne Zustimmung der Eltern stattgefunden hat, hätte spätestens die Aufnahme in die weltliche Organisation der Kirche einer rechtskräftigen Zustimmung durch die Eltern bedurft und war daher schwebend nichtig: Die Kirche muss rückwirkend diese Nichtigkeit bestätigen oder die Eltern müssen nun einwilligen Für den Fall, dass keine Taufe stattgefunden hat, gab es allemal keine Grundlage zu einer (weltlichen) Mitgliedschaft in einer Organisationseinheit der RKK." Ich halte es für unzumutbar, wenn Eltern, die nie eine Mitgliedschaft in der Kirche wollten, dann auch noch ihr Kind austreten lassen müssen - und das auch nicht mal ab Taufe, sondern erst ab Austrittsdatum. Aber das ist rein weltliches Recht.

 

Dann hätte das Gericht überhaupt nicht auf innerkirchliche Dinge abstellen müssen. Auch hier befürchte ich, dass der eine oder andere Richter vielleicht mal eine gepflegte Fortbildung zum Thema "Eigenverwaltung der Kirchen in inneren Angelegenheiten" bräuchte.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Dennoch hat die Sache natürlich auch eine sakramentenrechtliche Dimension, die man nicht unter den Tisch kehren kann.

 

Die geht den Staat aber nichts an. Das wäre kirchengerichtlich zu klären, wenn Klärungsbedarf bestehen sollte.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Dennoch hat die Sache natürlich auch eine sakramentenrechtliche Dimension, die man nicht unter den Tisch kehren kann.

 

Die geht den Staat aber nichts an. Das wäre kirchengerichtlich zu klären, wenn Klärungsbedarf bestehen sollte.

Esbesteht sicher Klärungsbedarf da die Frage getauft oder nichtgetauft im späteren Leben für das Kind erhebliche eherechtliche Komplikationen mit sich bringen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das ist aber doch genau der Supf, in den man kommt, wenn man etwas Übernatürliches wie die Teilhabe am mystischen Leib Christi und etwas ganz profan-weltliches wie die Mitgliedschaft in einem Verein für ein und dasselbe erklärt.

 

Werner

bearbeitet von Werner001
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Es hängt natürlich alles davon ab, ob die großmütterliche Nottaufe wirklich statt gefunden hat.

 

Nehmen wir mal an, sie hat statt gefunden.

 

Dann ist das Kind auf jeden Fall gültig, wenn auch nach can. 868-§1 unerlaubt, getauft.

 

Sollte es sich in Todesgefahr befunden habe, ist die Taufe sogar nach can. 868-§2 erlaubt gewesen. Der Zweifel über die tatsächliche Taufhandlung durch die Großmutter würde sogar dazu führen, dass nach Belehrung der Eltern über diese Notwendigkeit (can 869-§1) eine bedingungsweise Taufe nach can. 869-§1 gespendet werden soll. Das Einverständnis der Eltern wird dabei - so scheint es - nicht mehr gefordert. (Praktisch dürfte eine solche bedingungsweise Taufe dann allerding sehr schwierig werden!)

 

Wenn also das Kind gültig getauft ist, kann ein weltliches Gericht schwer die "Rückgängigmachung" fordern (bzw. die Kirche kann diese Forderung, selbst wenn sie wollte, nicht erfüllen), die Eltern können höchstens ihr Kind aus der Kirche austreten lassen, was zwar die Taufe nicht rückgängig macht, aber vor dem Staat quasi das selbe darstellt.

 

Hat aber definitiv gar keine gültige Taufe statt gefunden, etwa weil die Oma gelogen hat, dann ist es gar kein Problem. Die Kirche kann bestätigen, dass im gemutmaßten Zeitraum keine offizielle Taufe statt gefunden hat, und das Gericht braucht natürlich auch keine "Rückgängigmachung" fordern.

 

Alles klar?

Nicht wirklich, denn du thematisierst nicht den m.E. entscheidenden Unterschied zwischen "Gültigkeit der Taufe" (theologisch/kanonisch-rechtlich) und "Wirksamkeit des Eintritts in die RKK-KdöR" (staatlich-rechtlich).

 

Zweite Frage: Würdest du es dir gefallen lassen, von einem staatlichen Gericht angewiesen zu werden, davon auszugehen, dass die Taufe gar nicht stattgefunden hat, obwohl du vom Gegenteil überzeugt bist? (Okay, ganz soweit war es noch nicht, es wurde nur die Oma verurteilt, der RKK gegenüber nicht mehr zu behaupten, sie habe das Kind getauft, aber wenn man das weiterspinnt...)

 

Ich empfinde das Urteil auch als etwas übergriffig, aber anders hätte man es formulieren können:

 

"Für den Fall, dass hier eine Taufe ohne Zustimmung der Eltern stattgefunden hat, hätte spätestens die Aufnahme in die weltliche Organisation der Kirche einer rechtskräftigen Zustimmung durch die Eltern bedurft und war daher schwebend nichtig: Die Kirche muss rückwirkend diese Nichtigkeit bestätigen oder die Eltern müssen nun einwilligen Für den Fall, dass keine Taufe stattgefunden hat, gab es allemal keine Grundlage zu einer (weltlichen) Mitgliedschaft in einer Organisationseinheit der RKK." Ich halte es für unzumutbar, wenn Eltern, die nie eine Mitgliedschaft in der Kirche wollten, dann auch noch ihr Kind austreten lassen müssen - und das auch nicht mal ab Taufe, sondern erst ab Austrittsdatum. Aber das ist rein weltliches Recht.

Das ist wohl das, was ich hiermit meinte:

 

M.E. wäre das einzige, was klar staatlicher Gerichtsbarkeit unterlegen hätte, eine negative Feststellungsklage des Kindes gegen die RKK (Pfarrgemeinde und/oder Bistum) vor dem Verwaltungsgericht auf Feststellung des Nichtbestehens der Mitgliedschaft (im Sinne der staatlichen Rechtsordnung). (Natürlich käme dabei hier der Mutter in die Quere, dass sie inzwischen die elterliche Sorge mit dem Vater teilt...)

Problem ist, dass das befasste Gericht das nicht selbst hätte tun können, denn verklagt worden war ja die Oma, die RKK war an dem Verfahren gar nicht beteiligt (und der falsche Rechtsweg war es obendrein).

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Esbesteht sicher Klärungsbedarf da die Frage getauft oder nichtgetauft im späteren Leben für das Kind erhebliche eherechtliche Komplikationen mit sich bringen.

Wieso? Kann man im Zweifelsfall nicht einfach offiziell gesichert taufen?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wieso? Kann man im Zweifelsfall nicht einfach offiziell gesichert taufen?

 

Natürlich, das wäre wohl der richtige Weg, wenn sich die Sache nicht klären lässt: Taufen sub conditione. Aber vielleicht braucht der Betroffene auch mal eine Aussage darüber, dass er nicht getauft ist. Dies festzustellen, wäre im Zweifelsfalle Aufgabe eines Kirchengerichtes.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das ist aber doch genau der Supf, in den man kommt, wenn man etwas Übernatürliches wie die Teilhabe am mystischen Leib Christi und etwas ganz profan-weltliches wie die Mitgliedschaft in einem Verein für ein und dasselbe erklärt.

 

Werner

sei nicht so mystisch.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das Urteil ist sprachlich und juristisch grauenhaft, der Streit banal. Grund des Konfliktes ist:

 

Zwischen den Parteien und den Kindeseltern bestehen zahlreiche umfangreiche familiengerichtliche Streitigkeiten.

 

Ansonsten erweist sich die rechtliche Würdigung des Gerichtes als angreifbar. Bereits der rechtliche Ausgangspunkt des angeblichen Unterlassungsbegehren scheint dem Gericht nicht recht klar zu sein. Das Gericht arbeitet nicht sorgsam heraus, warum das Recht auf religiöse Kindererziehung ein absolutes Rechtsgut sein soll, das deliktischen Schutz gegenüber Dritten genießt. Dennoch mag man im Ergebnis dem Gericht soweit folgen.

Die Beweiswürdigung hingegen genügt bereits im Ansatz nicht den Anforderungen sauberer gerichtlicher Tatsachenfeststellungen. Zu keinem Zeitpunkt wird die zu würdigende Aussage der Beklagten zusammenhängend wiedergegeben. Das Gericht reiht vielmehr mehr oder minder zweifelhafte Indiztatsachen, die die Richtigkeit des Vorbringens der Beklagten in Frage stellen sollen, und Gerichtsfloskeln aneinander. Auf diese Weise ist nicht erkennbar, ob sich das Gericht mit den besonderen Anforderungen, die sich auch ein Zivilgericht bei Vieraugenkonstellationen (hier eher sogar Zweiaugenkonstellationen) stellen sollte, auseinandergesetzt hat. So weit, so schlecht.

Mysteriös wird es bei den gerichtlichen Ausführungen zur "Verwirkung nach § 242 BGB" des Rechts auf Berufung auf die angebliche Taufhandlung. Warum man eine - zu unterstellende - wahrheitsgemäße Äußerung nicht tätigen darf, weil man es jahrelang unterlassen hat, bleibt ein vom Gericht nicht aufgelöstes Rechtsrätsel.

Undurchdacht sind ferner die gerichtlichen Äußerungen zum staatskirchenrechtlichen Rahmen des Rechtsstreits. Es mag ja sein, dass die unerbetene Taufe ein Eingriff in - über die Zivilrechtsordnung zu schützende - Grundrechtspositionen des Kindes darstellt. Nun ist aber zweifelhaft, ob die Mutter eine solche Rechtsverletzung im eigenen Namen verfolgen dürfte. Jedenfalls kann aus dem Umstand, dass jemand das Recht eines Dritten verletzt hat, nicht automatisch folgen, dass er einen wahrheitsgetreuen Bericht über diese Rechtsverletzung zu widerrufen hat.

 

Man könnte noch vieles rügen, aber ich breche an dieser Stelle ab.

 

Wiebkes Bedenken zu 2.) kann ich nicht anschließen. Selbstverständlich sind staatliche Gerichte in Äußerungsstreitigkeiten zuständig. Wenn ich behaupte, Wiebke getauft zu haben, hat sie natürlich das Recht, mich auf Unterlassung zu verklagen (aus §§ 1004, 823 BGB analog i.V.m. Art. 1, 2 GG). Der Twist ist hier allein, ob auch die Mutter ein dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Kindes vergleichbares Recht auf ungestörte Erziehung hat, das die Abwehr solcher Äußerungen umfasst. Ich neige dazu, das abzulehnen, und hätte die Klage schon aus diesem Grund wegen fehlender Aktivlegitimation abgewiesen.

bearbeitet von Clown
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Das Urteil ist sprachlich und juristisch grauenhaft, der Streit banal. Grund des Konfliktes ist:

 

Zwischen den Parteien und den Kindeseltern bestehen zahlreiche umfangreiche familiengerichtliche Streitigkeiten.

Grins. Wenn ich mir das so überlege, kann man die Auffassung des Gerichts wohl so zusammenfassen: Die Oma lügt doch wie gedruckt. Das musste jetzt nicht auch noch sein, wir haben die Familie hier schon zu oft gesehen. Wir sagen ihr, sie soll das lassen, das führt doch zu nichts. Ach ja, jetzt müssen wir es ja noch irgendwie begründen...

 

Was deine übrige Kritik angeht, hast du wohl auch Recht. Ich war so auf meine Lieblingsthemen fokussiert, dass ich den Unfug nicht mal wahrgenommen habe.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Wiebkes Bedenken zu 2.) kann ich nicht anschließen. Selbstverständlich sind staatliche Gerichte in Äußerungsstreitigkeiten zuständig. Wenn ich behaupte, Wiebke getauft zu haben, hat sie natürlich das Recht, mich auf Unterlassung zu verklagen (aus §§ 1004, 823 BGB analog i.V.m. Art. 1, 2 GG).

Da ist natürlich was dran. Aber nimm mal den Tenor auseinander: So allgemein wie dessen Punkt 2 formuliert ist, scheint das einsichtig, aber Punkt 1 betrifft ganz spezifisch die Taufanzeige. Du hast selbst die Frage der Anforderungen an die Beweiswürdigung thematisiert. Die Anforderungen könnten im staatlichen und im kanonischen Recht unterschiedlich sein. Ist da nicht ein Eingriff?

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Da ist natürlich was dran. Aber nimm mal den Tenor auseinander: So allgemein wie dessen Punkt 2 formuliert ist, scheint das einsichtig, aber Punkt 1 betrifft ganz spezifisch die Taufanzeige. Du hast selbst die Frage der Anforderungen an die Beweiswürdigung thematisiert. Die Anforderungen könnten im staatlichen und im kanonischen Recht unterschiedlich sein. Ist da nicht ein Eingriff?

 

Es mag hart klingen, aber mich als Amtsrichter würde es nicht interessieren, ob ein paar Kirchenfunktionäre Gericht spielen oder nicht. Ich muss den Rechtssuchenden, das Recht geben, das die deutsche Rechtsordnung vorsieht und ob das Ergebnis von einem kirchlichen "Prozess" abweicht oder nicht, ist mir denkbar gleichgültig. Das kirchliche Recht der Selbstverwaltung gewährleistet nicht die Freiheit von der deutschen Justiz. Zumal die Klägerin und deren Tochter nicht einmal Angehörige der Kirche sind. Es wäre eine nicht hinnehmbare Rechtsverweigerung gegenüber der Klägerin, wenn man diese auf ein kirchliches Kasperletheater verwiese, obwohl sie selbst nicht einmal Mitglied er der katholischen Kirche ist. Das wäre auch eine flagrante Verletzung ihres Justizgewährleistungsanspruchs.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

 

1) Zunächst einmal wirft es die Frage auf, wie von staatlicher Seite aus eine Taufe eines Religionsunmündigen zu werten ist, die nicht vom Willen des oder der gesetzlichen Vertreter(s) gedeckt ist.

Ich sehe nicht, wo das Urteil diese Frage aufwirft. Das Urteil fordert die Beklagte auf, eine falsche Tatsachenbehauptung zurückzunehmen. Über Rechtsfolgen, was wäre, wenn die Tatsachenbehauptung der Wahrheit entspräche, verliert das Gericht soweit ich sehe kein Wort. In diesem Fall müsste man auch eine anderslautende Klage, womöglich bei einem anderen Gericht, erheben.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

1) Zunächst einmal wirft es die Frage auf, wie von staatlicher Seite aus eine Taufe eines Religionsunmündigen zu werten ist, die nicht vom Willen des oder der gesetzlichen Vertreter(s) gedeckt ist.

Ich sehe nicht, wo das Urteil diese Frage aufwirft. Das Urteil fordert die Beklagte auf, eine falsche Tatsachenbehauptung zurückzunehmen. Über Rechtsfolgen, was wäre, wenn die Tatsachenbehauptung der Wahrheit entspräche, verliert das Gericht soweit ich sehe kein Wort. In diesem Fall müsste man auch eine anderslautende Klage, womöglich bei einem anderen Gericht, erheben.

 

Das sehe ich anders. Es ist aufgrund der sprachlichen Unbeholfenheit des Gerichtes nicht ganz einfach zu erkennen, aber dieser Abschnitt:

 

 

 

Die Beklagte hat zudem nach § 242 BGB verwirkt, ...

 

bis zu dieser Passage

 

Nach Art. 140 GG, Art 6 GG, Art. 4 GG, deren Respekt sowohl die Beklagte wie die katholische Kirchengemeinde schuldet, hätte es von vorne her rein nicht dazu kommen dürfen, dass das Kind E, zwangsweise, zum Mitglied der katholischen Kirche durch eigenmächtiges Tun der Großmutter, hier der Beklagten erklärt wurde.

 

ist eine - juristisch aberwitzige - Hilfsbegründung, warum die Oma, auch wenn sie getauft hätte, die Erklärung widerrufen müsste.

 

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

...

ist eine - juristisch aberwitzige - Hilfsbegründung, warum die Oma, auch wenn sie getauft hätte, die Erklärung widerrufen müsste.

Ah, jetzt sehe ich den Punkt, den Wiebke gemeint hat. Allerdings denke ich, dass der Richter, in der Tat sprachlich unbeholfen, die Passage anders gemeint hat, als du und Wiebke sie hier interpretiert. Ich habe den Absatz nämlich so verstanden (und verstehe ihn bei erneutem Nachlesen auch nach deinem Hinweis immer noch so), als dass der Richter begründet, warum die Klägerin überhaupt "Widerruf und Unterlassung" beanspruchen kann. Offenbar ist das Gericht der Meinung, man könne nicht bei jeder beliebigen falschen Tatsachenbehauptung auf Widerruf klagen, sondern nur bei solchen falschen Tatsachenbehauptungen, die irgendwelche Rechte des Klägers beeinträchtigen. Das Gericht begründet somit, dass die Erklärung der Omma, wenn wahr, einen Eingriff in das Recht der Klägerin darstellen würde, und daher, wenn unwahr, zu widerrufen ist. Wenn wahr, wäre die Erklärung immer noch ein Eingriff in das Recht der Mutter, aber müsste natürlich nicht widerrufen werden, weil wahre Tatsachen geäußert werden dürfen.

 

Ein etwas blödes Beispiel, falls mein Punkt immer noch nicht klar ist - ich stelle fest, ganz so einfach ist das nicht, es sprachlich beholfen darzustellen: Angenommen, ich würde gegenüber der hiesigen Zeitung, die sich für solche spannenden Themen maßlos interessiert, an Eides statt erklären, dass ich am 31.3.2007 einen Regenschirm dabei hatte, als ich in die Stadt ging. Könnte mich nun mein Nachbar, der genau gesehen hat, dass ich keinen Regenschirm dabei hatte, auf Unterlassung und Widerruf verklagen? Ich denke: Nein. Denn es sind keinerlei Rechte meines Nachbarn tangiert. Eine andere Frage wäre es, wenn ich fälschlicherweise an Eides statt versichern würde, ich hätte der Omma meines Nachbarn über die Straße geholfen. Da könnte es sein, dass Rechte des Nachbarn betroffen sind (ich könnte zum Beispiel Erbschleicher sein), und ein Gericht müsste womöglich prüfen, ob ich wegen der Gefahr, im Testament bedacht zu werden, die falsche Aussage widerrufen muss (wie immer auch die Prüfung ausgeht).

bearbeitet von Sokrates
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

...

ist eine - juristisch aberwitzige - Hilfsbegründung, warum die Oma, auch wenn sie getauft hätte, die Erklärung widerrufen müsste.

Ah, jetzt sehe ich den Punkt, den Wiebke gemeint hat. Allerdings denke ich, dass der Richter, in der Tat sprachlich unbeholfen, die Passage anders gemeint hat, als du und Wiebke sie hier interpretiert. Ich habe den Absatz nämlich so verstanden (und verstehe ihn bei erneutem Nachlesen auch nach deinem Hinweis immer noch so), als dass der Richter begründet, warum die Klägerin überhaupt "Widerruf und Unterlassung" beanspruchen kann. Offenbar ist das Gericht der Meinung, man könne nicht bei jeder beliebigen falschen Tatsachenbehauptung auf Widerruf klagen, sondern nur bei solchen falschen Tatsachenbehauptungen, die irgendwelche Rechte des Klägers beeinträchtigen. Das Gericht begründet somit, dass die Erklärung der Omma, wenn wahr, einen Eingriff in das Recht der Klägerin darstellen würde, und daher, wenn unwahr, zu widerrufen ist. Wenn wahr, wäre die Erklärung immer noch ein Eingriff in das Recht der Mutter, aber müsste natürlich nicht widerrufen werden, weil wahre Tatsachen geäußert werden dürfen.

 

Nein, so verstehe ich das Urteil auch nach nochmaligem Lesen nicht. Vielmehr unterstellt das Gericht ab der Randziffer 69 ja gerade, dass die Behauptung wahr ist und kommt für diesen Fall zum Schluss, dass die Behauptung "verwirkt" wäre. Das zieht sich ja durch die gesamte Passage (Randziffer 74, 76). Das Gericht versucht ja in dieser Passage eine rechtliche Behauptung zu begründen. Nämlich dass "Verwirkung" eingetreten ist. Verwirkung ist ein altes Rechtsinstitut, das in der Tat in § 242 BGB verortet wird, und demzufolge man Ansprüche - auch vor ihrer Verjährung - verliert, wenn man gegenüber dem Schuldner zu erkennen gibt, dass einem am Anspruch nichts mehr liegt, eine gewisse Zeit ins Land gegangen ist und sich der Schuldner darauf eingestellt hat, dass da nichts mehr kommt.

Diesen Rechtsgedanken versucht das AG Hagen auf einen äußerungsrechtlichen Sachverhalt zu übertragen. Und damit muss es natürlich jämmerlich scheitern, denn während es sich aus § 242 BGB gut begründen lässt, dass man bei einem Anspruch, der in dreißig Jahren verjährt, nicht in Jahr 29 zur Vollstreckung schreiten darf, wenn man vorher dem Schuldner jahrelang versichert, dass man ihn in Ruhe lassen wird, ist es schlechterdings absurd, jemandem zum Unterlassen einer Äußerung zu verurteilen, nur weil er diese Äußerung vorher nicht getätigt hat, obwohl er es hätte tun können.

 

 

Ein etwas blödes Beispiel, falls mein Punkt immer noch nicht klar ist - ich stelle fest, ganz so einfach ist das nicht, es sprachlich beholfen darzustellen: Angenommen, ich würde gegenüber der hiesigen Zeitung, die sich für solche spannenden Themen maßlos interessiert, an Eides statt erklären, dass ich am 31.3.2007 einen Regenschirm dabei hatte, als ich in die Stadt ging. Könnte mich nun mein Nachbar, der genau gesehen hat, dass ich keinen Regenschirm dabei hatte, auf Unterlassung und Widerruf verklagen? Ich denke: Nein. Denn es sind keinerlei Rechte meines Nachbarn tangiert. Eine andere Frage wäre es, wenn ich fälschlicherweise an Eides statt versichern würde, ich hätte der Omma meines Nachbarn über die Straße geholfen. Da könnte es sein, dass Rechte des Nachbarn betroffen sind (ich könnte zum Beispiel Erbschleicher sein), und ein Gericht müsste womöglich prüfen, ob ich wegen der Gefahr, im Testament bedacht zu werden, die falsche Aussage widerrufen muss (wie immer auch die Prüfung ausgeht).

 

Ich sehe, was du meinst; ich glaube aber nicht, dass das der Punkt des AG Hagen ist.

 

 

 

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

... du thematisierst nicht den m.E. entscheidenden Unterschied zwischen "Gültigkeit der Taufe" (theologisch/kanonisch-rechtlich) und "Wirksamkeit des Eintritts in die RKK-KdöR" (staatlich-rechtlich).

Was soll ich da thematisieren? Das eine ist Kirchenrecht, das andere Staatskirchenrecht. In Deutschland und Österreich folgt aus der Taufe automatisch die Mitgliedschaft in der entsprechenden KdöR.

 

Die Frage ist allerdings, inwieweit diese Mitgliedschaft vom Staat registriert wird. Wenn das Kind nur von der Oma notgetauft wurde, kann es sein, dass der STaat ja gar nichts weiß von dieser Mitgliedschaft.

 

Zweite Frage: Würdest du es dir gefallen lassen, von einem staatlichen Gericht angewiesen zu werden, davon auszugehen, dass die Taufe gar nicht stattgefunden hat, obwohl du vom Gegenteil überzeugt bist?
Solange diese "Anweisung" keine praktischen Konsequenzen hat, kann ich den Kopf schütteln und mich weiter über mein Getauftstein freuen.
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

... sakramentenrechtliche Dimension...

sehe ich als blasphemie an.

Manchmal habe ich den Eindruck, der Begriff "Recht" löst bei dir allergische Zuckungen aus. Hast du ein Problem damit, dass sich für die Spendung der Sakramente rechtliche Rahmenordnungen gebildet haben?
Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

×
×
  • Neu erstellen...