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Verurteilung zum Widerruf einer Erklärung


Wiebke

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Was mich an diesem Urteil sehr viel mehr stört, ist die Anweisung des Gerichts an die Pfarrei den Taufeintrag zu löschen.

 

Unabhängig von der KdöR maßt sich das Gericht damit die Definitionshoheit über das Zustandekommen eines Sakramentes an.

 

Festzustellen, daß keine Aufnahme in die KdöR erfolgt ist - ok. Mit viel gutem Willen akzeptabel (für mich zwar nicht, aber für die meisten Ordinariate überhaupt kein Problem).

 

Zu entscheiden ob die Taufe stattgefunden hat oder nicht liegt schlichtweg nicht in der Kompetenz eines zivilen Gerichts.

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Was mich an diesem Urteil sehr viel mehr stört, ist die Anweisung des Gerichts an die Pfarrei den Taufeintrag zu löschen.

 

Eine solche Anweisung hat das Gericht nicht getroffen. Verbindlich ist allein, was das Gericht im Tenor zwischen den Parteien regelt.

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Was mich an diesem Urteil sehr viel mehr stört, ist die Anweisung des Gerichts an die Pfarrei den Taufeintrag zu löschen.

 

Eine solche Anweisung hat das Gericht nicht getroffen. Verbindlich ist allein, was das Gericht im Tenor zwischen den Parteien regelt.

Welche Folge sonst sollte denn (aus Sicht des Gerichts) die Anweisung an die Beklagte haben, gegenüber der Pfarrei die Erklärung über die Taufe zu widerrufen?
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Was mich an diesem Urteil sehr viel mehr stört, ist die Anweisung des Gerichts an die Pfarrei den Taufeintrag zu löschen.

 

Eine solche Anweisung hat das Gericht nicht getroffen. Verbindlich ist allein, was das Gericht im Tenor zwischen den Parteien regelt.

Welche Folge sonst sollte denn (aus Sicht des Gerichts) die Anweisung an die Beklagte haben, gegenüber der Pfarrei die Erklärung über die Taufe zu widerrufen?

 

Das hat dem Gericht egal zu sein.

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Das wäre sehr löblich - ist allerdings angesichts der Vehemenz mit der das Gericht festzustellen versucht, daß keine Aufnahme des Kindes in die Kirche erfolgt ist, ziemlich unwahrscheinlich.

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Die "Leitsätze"

Jedenfalls ist der Widerrurf als Folgenbeseitigung (Schadensersatz-) Anspruch wegen Eingriff in das religiöse Selbstbestimmungsrecht der Mutter des Kindes gerechtfertigt und auch von der Kirche zu beachten
stammen nicht vom Gericht, sondern von dem, der das Urteil in die Entscheidungssammlung http://www.justiz.nrw.de/ aufgenomen hat.

 

Wirkung der Verurteilung zum Widerruf ist (gegebenfalls nach Vollstreckung gemäß § 888 ZPO) für die Kirche, dass sie nun eine Erklärung der Großmutter hat, wonach diese nicht mehr behauptet, sie habe das Kind notgetauft hat sondern diese Behauptung widerruft. Welche Schlüsse die Kirche dann daraus zieht, ist im Urteil überhaupt nicht entschieden.

bearbeitet von Wunibald
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Das wäre sehr löblich - ist allerdings angesichts der Vehemenz mit der das Gericht festzustellen versucht, daß keine Aufnahme des Kindes in die Kirche erfolgt ist, ziemlich unwahrscheinlich.

 

Zunächst ist das eines der grottigsten Urteile, das ich je gelesen habe, und ich habe einige gelesen. Weiterhin kommt es ja auf irgendwelche denkbaren bösen Gedanken des Gerichts nicht an, denn es hatte einen Streit zwischen Mutter und Schwiegermutter zu klären. Was am Ende im Taufregister einer Gemeinde steht, ist da Wurst.

bearbeitet von Clown
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Da ist natürlich was dran. Aber nimm mal den Tenor auseinander: So allgemein wie dessen Punkt 2 formuliert ist, scheint das einsichtig, aber Punkt 1 betrifft ganz spezifisch die Taufanzeige. Du hast selbst die Frage der Anforderungen an die Beweiswürdigung thematisiert. Die Anforderungen könnten im staatlichen und im kanonischen Recht unterschiedlich sein. Ist da nicht ein Eingriff?

 

Es mag hart klingen, aber mich als Amtsrichter würde es nicht interessieren, ob ein paar Kirchenfunktionäre Gericht spielen oder nicht. Ich muss den Rechtssuchenden, das Recht geben, das die deutsche Rechtsordnung vorsieht und ob das Ergebnis von einem kirchlichen "Prozess" abweicht oder nicht, ist mir denkbar gleichgültig. Das kirchliche Recht der Selbstverwaltung gewährleistet nicht die Freiheit von der deutschen Justiz. Zumal die Klägerin und deren Tochter nicht einmal Angehörige der Kirche sind. Es wäre eine nicht hinnehmbare Rechtsverweigerung gegenüber der Klägerin, wenn man diese auf ein kirchliches Kasperletheater verwiese, obwohl sie selbst nicht einmal Mitglied er der katholischen Kirche ist. Das wäre auch eine flagrante Verletzung ihres Justizgewährleistungsanspruchs.

Ich war drauf und dran, dir Recht zu geben. Aber es trottete mir weiter die Frage im Kopf herum, warum ich dabei ein ungutes Gefühl hab... Und dann fiel es mir auf: Was wäre wenn die Oma nur behauptet hätte, sie hätte vor acht Jahren dem Baby ein paar Tropfen Wasser auf den Kopf fallen lassen und eine komische Formel dazu gesprochen, d.h. wenn noch nie jemand etwas von diesem seltsamen Ding namens "Taufe" gehört hätte? Auch wenn wir jetzt mal die Aktivlegitimation weglassen: Mir scheint fraglich, ob man damit irgendjemandes allgemeines Persönlichkeitsrecht oder sonst irgendein Recht beeinträchtigen kann, auch wenn es gelogen ist.

 

D.h. es ist einzig und allein der religiöse Aspekt, der hier ein Recht des Kindes oder der Mutter beeinträchtigen kann. Und da will mir nicht so recht einleuchten, warum ich es um der Religionsfreiheit von Christen willen hinnehmen soll, dass die was von einem unsichtbaren Prägemal faseln (staatlicherseits nicht justiziabel), das mir angeblich anhaftet, bei diesem Kind aber gerade dieses unsichtbare Prägemal den rechtlich relevanten Unterschied zwischen einer völlig unbedeutenden Behauptung und einer Rechtsverletzung machen soll (wohl justiziabel).

 

Nicht dass ich deine Argumentation nicht verstünde oder sicher wäre, dass sie falsch ist, aber meine Zweifel hab ich da nach wie vor.

 

... du thematisierst nicht den m.E. entscheidenden Unterschied zwischen "Gültigkeit der Taufe" (theologisch/kanonisch-rechtlich) und "Wirksamkeit des Eintritts in die RKK-KdöR" (staatlich-rechtlich).

Was soll ich da thematisieren? Das eine ist Kirchenrecht, das andere Staatskirchenrecht. In Deutschland und Österreich folgt aus der Taufe automatisch die Mitgliedschaft in der entsprechenden KdöR.

Thema wäre, dass diese Automatik eben nicht immer funktioniert, und zwar dann nicht, wenn keine entsprechende Willenserklärung der gesetzlichen Vertreter vorliegt. Ergibt sich aus den Ausführungen in dem von mir verlinkten BVerfG-Beschluss.

 

Zweite Frage: Würdest du es dir gefallen lassen, von einem staatlichen Gericht angewiesen zu werden, davon auszugehen, dass die Taufe gar nicht stattgefunden hat, obwohl du vom Gegenteil überzeugt bist?
Solange diese "Anweisung" keine praktischen Konsequenzen hat, kann ich den Kopf schütteln und mich weiter über mein Getauftstein freuen.

Die praktische Konsequenz wäre das Zwangsgeld, was dir droht, solange du den betreffenden Taufregistereintrag nicht "berichtigst".

 

Das wäre sehr löblich - ist allerdings angesichts der Vehemenz mit der das Gericht festzustellen versucht, daß keine Aufnahme des Kindes in die Kirche erfolgt ist, ziemlich unwahrscheinlich.

Na ja, solange keine kirchliche juristische Person Verfahrenspartei war, kann das der Kirche allerdings wirklich reichlich schnuppe sein. Und für eine Klage betreffend ein öffentlich-rechtliches Mitgliedschaftsverhältnis dürfte das Amtsgericht eh unzuständig sein.

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Ich war drauf und dran, dir Recht zu geben. Aber es trottete mir weiter die Frage im Kopf herum, warum ich dabei ein ungutes Gefühl hab... Und dann fiel es mir auf: Was wäre wenn die Oma nur behauptet hätte, sie hätte vor acht Jahren dem Baby ein paar Tropfen Wasser auf den Kopf fallen lassen und eine komische Formel dazu gesprochen, d.h. wenn noch nie jemand etwas von diesem seltsamen Ding namens "Taufe" gehört hätte? Auch wenn wir jetzt mal die Aktivlegitimation weglassen: Mir scheint fraglich, ob man damit irgendjemandes allgemeines Persönlichkeitsrecht oder sonst irgendein Recht beeinträchtigen kann, auch wenn es gelogen ist.

 

D.h. es ist einzig und allein der religiöse Aspekt, der hier ein Recht des Kindes oder der Mutter beeinträchtigen kann. Und da will mir nicht so recht einleuchten, warum ich es um der Religionsfreiheit von Christen willen hinnehmen soll, dass die was von einem unsichtbaren Prägemal faseln (staatlicherseits nicht justiziabel), das mir angeblich anhaftet, bei diesem Kind aber gerade dieses unsichtbare Prägemal den rechtlich relevanten Unterschied zwischen einer völlig unbedeutenden Behauptung und einer Rechtsverletzung machen soll (wohl justiziabel).

 

Nicht dass ich deine Argumentation nicht verstünde oder sicher wäre, dass sie falsch ist, aber meine Zweifel hab ich da nach wie vor.

 

Den staatlichen Gerichten ist die der character indebilis der Taufe gleichgültig und er muss ihnen gleichgültig sein. Wichtig muss ihnen aber sein, dass der Taufe vom Verkehrskreis der Beteiligten Bedeutung beigemessen wird. Damit ist das Allgemeine Persönlichkeitsrecht als Verbürgung der Freiheit zur Selbstentfaltung in der Gemeinschaft angesprochen. Es kommt daher nicht auf katholische Sakramententheologie an, sondern auf die Taufe als soziales Etwas.

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Den staatlichen Gerichten ist die der character indebilis der Taufe gleichgültig und er muss ihnen gleichgültig sein. Wichtig muss ihnen aber sein, dass der Taufe vom Verkehrskreis der Beteiligten Bedeutung beigemessen wird. Damit ist das Allgemeine Persönlichkeitsrecht als Verbürgung der Freiheit zur Selbstentfaltung in der Gemeinschaft angesprochen. Es kommt daher nicht auf katholische Sakramententheologie an, sondern auf die Taufe als soziales Etwas.

Gut, aber das würde dann ja wiederum die These stützen, dass die Großmutter ihre Behauptung, sie habe getauft, selbst dann widerrufen müsste, wenn sie erwiesenermaßen tatsächlich - aber rechtswidrig - getauft hat. Denn das wäre ja die einzige Möglichkeit, im Hinblick auf das "soziale Etwas" die vorrangige Naturalrestitution zu verwirklichen.

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Gut, aber das würde dann ja wiederum die These stützen, dass die Großmutter ihre Behauptung, sie habe getauft, selbst dann widerrufen müsste, wenn sie erwiesenermaßen tatsächlich - aber rechtswidrig - getauft hat. Denn das wäre ja die einzige Möglichkeit, im Hinblick auf das "soziale Etwas" die vorrangige Naturalrestitution zu verwirklichen.

 

Nein, der Prüfungsmaßstab ist ein anderer. Unwahre Behaupten, die eines anderen Privatsphäre tangieren, sind stets zu unterlassen, denn es besteht kein schutzwürdiges Interesse an ihnen auf Seiten des Äußernden. Anders liegt es aber bei wahren Behauptungen. Diese sind grundsätzlich zulässig. Es muss daher eine besondere Belastung beim Betroffenen bestehen und sein Interesse am Unterlassen der Behauptung, muss das des Äußernden überwiegen.

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein Rahmenrecht, dessen Prüfung nicht den klassischen Rechtsgütern des § 823 BGB folgt.

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sein Interesse am Unterlassen der Behauptung, muss das des Äußernden überwiegen.

Zu der Schlussfolgerung würde ich mich vorliegend aber sehr leicht hinreißen lassen (zumindest wenn ich es auf das Kind beziehe).

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Zu entscheiden ob die Taufe stattgefunden hat oder nicht liegt schlichtweg nicht in der Kompetenz eines zivilen Gerichts.

Das hat das Gericht auch nicht entschieden. Es hat entschieden, dass die Behauptung der Omma, sie habe das Kind getauft, nicht aufrecht erhalten werden darf. Ob die Kirche angesichts dieser Faktenlage die Taufe für stattgefunden ansieht, interessiert das Gericht nicht.

 

BTW das erinnert mich an die Ballade "Der Franke in Byzanz" von Paul von Winterfeld (1872-1905).

 

Darum gings:

 

Nun war ein Gesetz gegeben,

An des Kaisers Tische dürfe

Niemand auf die andre Seite

Wenden, was ihm vorgelegt.

Der unwissende Franke aber wendete seinen Fisch und sollte daher zu Tode gebracht werden. Er sollte aber noch einen letzten Wunsch frei haben, allerdings, wegen der Heiligkeit des Gesetzes:

 

Nur das Leben dir zu schenken,

Ginge gegen unserer Väter

Allgeheiligte Bestimmung;

Jedes andre steht dir frei.“

Der Gast aber brachte die Zeugen dazu, die Tatsachenbehauptung zu widerrufen:

 

Drauf der Franke: „Gerne sterb’ ich.

Nur ein einziges begehr’ ich,

Eh’ sie mich zum Tode führen;

Wer den Fisch mich wenden sah,

 

Soll das Augenlicht verlieren.“

Und da hatte natürlich keiner was gesehen - und der gute Mann kam unbeschadet nach Hause.

bearbeitet von Sokrates
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Ich muss es nochmal wiederholen, würde man, was eigentlich die Vernunft gebieten würde, die KdÖR und die Kirche im geist(l)ichen Sinn als zwei Paar Stiefel betrachten, wäre ja alles kein Problem. Die Kirche könnte das Kind als getauft ansehen und die KdÖR als Nicht-Mitglied.

 

Nun wurde aber ja neulich unter dem Applaus der Kirchenvertreter höchstrichterlich entschieden, dass Kirchengliedschaft und KdÖR-Mitgliedschaft ein und dasselbe sei, und da muss natürlich ein Gericht, das über die KdÖR-Mitgliedschaft entscheidet auch über die Kirchengliedschaft mitentscheiden.

 

Das hat nichts mit Anmaßung gegenüber der Kirche und ihren Sakramenten zu tun, es ist genau das, was die Bischöfe wollten.

 

Werner

bearbeitet von Werner001
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Nun wurde aber ja neulich unter dem Applaus der Kirchenvertreter höchstrichterlich entschieden, dass Kirchengliedschaft und KdÖR-Mitgliedschaft ein und dasselbe sei,

Das ist so nicht richtig.

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Nun wurde aber ja neulich unter dem Applaus der Kirchenvertreter höchstrichterlich entschieden, dass Kirchengliedschaft und KdÖR-Mitgliedschaft ein und dasselbe sei,

Das ist so nicht richtig.

Es wurde gesagt, dass das eine mit dem anderen zwingend verknüpft sei.

 

Werner

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Es wurde gesagt, dass das eine mit dem anderen zwingend verknüpft sei.

 

Nein. Das Gericht sagte, dass es aus staatlicher Sicht nur einen Austritt aus "der Kirche" gäbe und dass es den Staat nichts anginge, wenn jemand auf seinem Austritt vermerkt, dass er nur aus der KdÖR austritt. Etwas anderes als die KdÖR sieht laut Urteil der Staat nicht.

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Es wurde gesagt, dass das eine mit dem anderen zwingend verknüpft sei.

 

Nein. Das Gericht sagte, dass es aus staatlicher Sicht nur einen Austritt aus "der Kirche" gäbe und dass es den Staat nichts anginge, wenn jemand auf seinem Austritt vermerkt, dass er nur aus der KdÖR austritt. Etwas anderes als die KdÖR sieht laut Urteil der Staat nicht.

Ja, da ist viel fehlinterpretiert worden.

 

Das Gericht hat zwar gesagt, dass es nur eine RKK gibt und nicht hier eine "geistliche" Kirche und dort einen "Landeskirche" wie in der Schweiz. Aber diese eine Kirche ist etwas "Vorjuristisches". Das ist in etwa so wie der ADAC auch ohne eine bestimmte Rechtsform "existieren" würde, einfach als tatsächliche Organisation, als gesellschaftliches Etwas. Er wird von der deutschen Rechtsordnung aber als e.V. wahrgenommen und danach behandelt, weil eine Rechtsordnung nunmal solche Konzepte braucht, um derartige gesellschaftliche Phänomene adäquat behandeln zu können.

 

Bei der RKK ist es dasselbe. Sie existiert einfach zunächst mal faktisch. Die deutsche Rechtsordnung nimmt sie als KdöR wahr (genauer: als eine Gesamtheit miteinander verbundener KdöR). Nun gibt es daneben die kanonische Rechtsordnung; und die kann dieselbe RKK anders wahrnehmen (was sie auch tut). Dieser Unterschied zwischen den beiden Rechtsordnungen kann sich auch beim Mitgliederstand auswirken. So wie bei einer "hinkenden" Ehe: In Land A ist man verheiratet, in Land B aber nicht; trotzdem ist man in beiden Ländern dieselbe Person.

 

Zapp war ja nicht "nur" aus der KdöR ausgetreten, sondern einfach aus der KdöR ausgetreten. Damit war die RKK in der deutschen Rechtsordnung zutreffend bezeichnet. Ob und wie eine andere Rechtsordnung (hier: die kanonische) diesen Austritt rezipiert, war dem BVerwG schnuppe.

 

Also: Eine Körperschaft, aber die deutsche Rechtsordnung behandelt Zapp als Nicht-Mitglied, die kanonische als Mitglied (weil rk. getauft - ob aufgrund der Erklärung vor dem Standesamt als rechtsgemindertes Mitglied, ist wohl noch nicht geklärt).

 

Dasselbe tritt ja m.E. bei dem Kind aus dem threadgegenständlichen Urteil auf, wenn man die Behauptung der Oma als wahr unterstellt: Nach kanonischer Rechtsordnung ist es dann eindeutig römisch-katholisch, nach der deutschen Rechtsordnung ist es mangels Einwilligung der gesetzlichen Vertreterin eindeutig konfessionslos.

Danke für die Erklärung.

Was sind aber denn nun die tatsächlichen Rechtsfolgen?

Nehmen wir jemanden, der aus Italien oder Spanien zuwandert.

Der wurde dort katholisch getauft und ist unstrittig römisch-katholisch.

Wird der in Deutschland automatisch Mitglied in der KdÖR oder ist das seine freie Entscheidung?

 

Werner

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Nehmen wir jemanden, der aus Italien oder Spanien zuwandert.

Der wurde dort katholisch getauft und ist unstrittig römisch-katholisch.

Wird der in Deutschland automatisch Mitglied in der KdÖR oder ist das seine freie Entscheidung?

Seeehr gute Frage. Ich wünsche mir dazu seit Langem eine Klarstellung durch die Rechtsprechung.

 

Die Behördenpraxis ist leider oft so: Getauft und nicht ausgetreten, also Mitglied.

 

Aus meinen vorherigen Ausführungen ersiehst du, dass das m.E. dann nicht geht, wenn im Herkunftsland eine Mitgliedschaft nach staatlichem Recht nicht bestanden hat (was in vielen Ländern der Fall ist). Die Sache wäre natürlich problemlos, wenn ein Österreicher, rk. getauft, Kirchenbeitragszahler usw., nie ausgetreten, nach Deutschland zieht. Der kann in der Tat in Deutschland automatisch als römisch-katholisch angesehen werden, weil ja auch in Österreich die Eltern wissen (müssen), dass sie mit ihrer Zustimmung zur Taufe die Kirchenmitgliedschaft des Kindes (auch) im Rahmen der staatlichen Rechtsordnung begründen.

 

Anders ist es m.E., wenn dort, wo die Taufe vorgenommen wurde, niemand eine im staatlichen Recht relevante Mitgliedschaft damit verbindet. Dann ist eine Mitgliedschaft im staatlichen Sinne nie begründet worden.

 

Nun ist das Ergebnis in den meisten Fällen trotzdem richtig, weil ein Kircheneintritt nach deutschem staatlichen Recht keinerlei Form unterliegt; es muss nur überhaupt irgendwie der Wille, Mitglied zu sein, zum Ausdruck kommen.

 

Wenn man also bei der Anmeldung beim Einwohnermeldeamt "römisch-katholisch" ankreuzt, gelegentlich zur Kirche geht, eine Taufpatenschaft übernimmt, an der Pfarrgemeinderatswahl teilnimmt und jahrelang nicht gegen den Kirchensteuerabzug protestiert, dann kann man nicht mehr behaupten, nie erklärt zu haben, der RKK beizutreten.

 

Aber wenn man zwar als Baby in Frankreich (nehm ich als Beispiel, weil ich da sicher weiß, dass da keine staatlichen Rechtsfolgen an der Taufe hängen) rk. getauft wurde, sich aber seit Langem nicht mehr um die RKK kümmert, bei der Anmeldung in Deutschland "konfessionslos" ankreuzt, nie zur Kirche geht, keine Taufpatenschaften übernimmt, nicht kirchlich heiratet (oder zwar kirchlich, aber audrücklich als konfessionslos mit der nötigen Dispens vom Bischof) usw., sich also tatsächlich als Nichtmitglied verhält, dann sehe ich in der Tat keine Grundlage dafür, von einer Mitgliedschaft im Sinne der staatlichen deutschen Rechtsordnung auszugehen.

 

Wie gesagt: Die Behördenpraxis ist da manchmal zu undifferenziert. Aber das heißt ja nicht, dass die Behörden da immer Recht haben.

 

Praktisch empfehle ich in solchen Fällen immer, vor dem Umzug nach Deutschland an die heimische RKK eine Austrittserklärung zu richten und zwar so, dass es nachweisbar ist (In den meisten Ländern akzeptiert die RKK sogar, im Taufeintrag eine Notiz vorzunehmen). Wenn man sich danach in Deutschland als konfessionslos anmeldet und sich weiter entsprechend verhält und nicht wie ein Mitglied, dann dürfte das rechtlich nicht angreifbar sein.

 

Bis zu einer eindeutigen Klärung durch die Rechtsprechung bleibt es aber eine faktische Grauzone. Es sollen schon Finanzämter an aus dem Ausland Zugezogene Fragebogen versendet haben: "Sind Sie getauft? Wenn ja, sind Sie ausgetreten?" Und wenn man "ja" und dann "nein" antwortet, kann man sich die - falsche - Schlussfolgerung der Behörde ausrechnen.

bearbeitet von Wiebke
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Dasselbe tritt ja m.E. bei dem Kind aus dem threadgegenständlichen Urteil auf, wenn man die Behauptung der Oma als wahr unterstellt: Nach kanonischer Rechtsordnung ist es dann eindeutig römisch-katholisch, nach der deutschen Rechtsordnung ist es mangels Einwilligung der gesetzlichen Vertreterin eindeutig konfessionslos.

Ohne nähere Kenntnis der deutschen Rechtslage sehe ich das ähnlich:

 

Der gewählte Streitgegenstand (Abgabe bzw. Widerruf einer Erklärung) mag zwar die familienrechtliche Auseinandersetzung beruhigen, prolongiert aber unter Umständen die Unklarheit.

 

Immerhin könnte man sich kirchlicherseits ja darauf berufen, dass der Widerruf nur unter exekutivem Zwang abgegeben wurde und - nach Aussage der Oma - nicht den Tatsachen entspricht, also objektiv falsch ist.

 

Man wird das wahrscheinlich nicht tun, aber wenn man es täte, dann ist mit dem Urteil nichts gelöst, denn dann wäre das Kind katholisch - Widerruf hin oder her.

 

Über die Frage der kanonischen Gültigkeit der Taufe aufgrund Vorliegen der Voraussetzungen für die Nottaufe kann nun einmal nicht das staatliche Gericht entscheiden. Wenn die Kirche diese als gegeben und die Nottaufe als gültig ansieht, dann wäre unabhängig vom Widerruf das Kind katholisch und als Konsequenz daraus die Mitgliedschaft nach staatlichem Recht gegeben, weil dieses Urteil im Spruch darüber nicht abspricht (und aufgrund des vorgegebenen Urteilsantrags auch gar nicht absprechen kann) und die Begründung allein ja nicht in Rechtskraft erwächst.

 

Eine Feststellungsklage, deren Urteil dann für den staatlichen Bereich bindend ist - für den innerkirchlichen natürlich irrelevant - wäre wohl das Sinnvollere gewesen, wenn man eine Entscheidung über die Mitgliedschaft wollte.

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Wenn die Kirche diese als gegeben und die Nottaufe als gültig ansieht, dann wäre unabhängig vom Widerruf das Kind katholisch und als Konsequenz daraus die Mitgliedschaft nach staatlichem Recht gegeben, weil dieses Urteil im Spruch darüber nicht abspricht (und aufgrund des vorgegebenen Urteilsantrags auch gar nicht absprechen kann)

 

Da gibt es wohl bei uns Urteile dazu, dass das nicht immer gilt - wenn die Taufe gegen den Willen der Erziehungsberechtigten erfolgte und diese auch nachher nicht einwilligen, dann kann das Kind nicht gemäß staatlichem Recht Mitglied der Kirche geworden sein.

 

Eine Feststellungsklage, deren Urteil dann für den staatlichen Bereich bindend ist

 

Ja, damit hätte man das Problem elegant lösen können.

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Da gibt es wohl bei uns Urteile dazu, dass das nicht immer gilt - wenn die Taufe gegen den Willen der Erziehungsberechtigten erfolgte und diese auch nachher nicht einwilligen, dann kann das Kind nicht gemäß staatlichem Recht Mitglied der Kirche geworden sein.

Hast du Fundstellen? Ich warte sehnsüchtig darauf...

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Eine Feststellungsklage, deren Urteil dann für den staatlichen Bereich bindend ist - für den innerkirchlichen natürlich irrelevant - wäre wohl das Sinnvollere gewesen, wenn man eine Entscheidung über die Mitgliedschaft wollte.

 

Mitnichten! Was will man denn vor dem Verwaltungsgericht! Ziel war es doch, der Schwiegermutter einen reinzuwürgen und dazu muss man sie verklagen. Dass nur die Mutter klagt und nicht die eigentlich beschwerte Tochter liegt daran, dass mittlerweile gemeinsames Sorgerecht besteht und der Vater das vermutlich nicht so toll gefunden hätte. Beim AG Hagen haben sie jedenfalls einen gefunden, der das Spielchen mitmacht.

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