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Fing das pastorale Problem schon viel früher an?


Flo77

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Mich hat es als Kind auch zu denken gegeben ,dass die meisten Männer am Sonntagvormittag in die Wirtschaft gingen, während wir Kinder und die Frauen in der Kirche eindeutig in der Überzahl waren. Bei uns waren die Männer also viel weniger religiös als die Frauen. Man(n) geht nicht in die Kirche war damals eine Männersache. Da habe ich mich auch gefragt wieso denn der Papst keine Frau ist.

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Mich hat es als Kind auch zu denken gegeben ,dass die meisten Männer am Sonntagvormittag in die Wirtschaft gingen, während wir Kinder und die Frauen in der Kirche eindeutig in der Überzahl waren. Bei uns waren die Männer also viel weniger religiös als die Frauen. Man(n) geht nicht in die Kirche war damals eine Männersache. Da habe ich mich auch gefragt wieso denn der Papst keine Frau ist.

 

 

Eine Tendenz in dieser Richtung kenne ich aus meiner Kindheit auch. Heute sieht es aber ganz anders aus. Könnte es sein, daß das ein spezielles Problem der Kriegsgeneration war? Die Seelsorge gegenüber den früheren Kriegsteilnehmern war nach meinem Eindruck schwer defizitär.

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Das pastorale Problem fing offenbar noch viel früher an. Hubert Wolf, Professor für Kirchengeschichte in Münster, berichtet dass in Deutschland in den 20er Jahren pro Jahr ca 44.000 Menschen aus der Kirche ausgetreten sind. Dies habe Nuntius Pacelli auch nach Rom berichtet.

Wolf berichtet weiter, dass das Bild Pacellis von den Laien in Deutschland zweigeteilt gewesen war. Der Masse der einfachen Gläubigen "welche dem heiligen Stuhl aufrichtig ergeben (sic!) war" standen die aufmüpfigen katholischen Intellektuellen, die nicht länger bereit waren in blindem Gehorsam der von Rom geleitenen Schafherde hinterherzutrotten. Ziel dieser Intellektuelle war es zum Entsetzen Pacellis, die Katholiken so weit als möglich an die moderne Kultur heranzubringen und "dabei selbst die Grenzen einer solchen Annäherung festzulegen unabhängig von der kirchlichen Behörde und auch gegen diese."

 

(Hubert Wolf, Papsst & Teufel. Die Archive des Vatikan und das Dritte Reich, Becksche Reihe, München 2012. S 71f.)

 

Dazu kommt dass sich bereits in der 2. Hälfte des 19. Jh. die Arbeiterschaft in großen Teilen von der Katholischen Kirche abwandte, da diese mit wenigen Ausnahmen (Adolf Kolping, Bischof Wilhelm Ketteler) sich an der sozialen Frage weitgehend desinteressiert zeigte, bzw sogar reaktionären Haltungen zuneigte.

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Dazu kommt dass sich bereits in der 2. Hälfte des 19. Jh. die Arbeiterschaft in großen Teilen von der Katholischen Kirche abwandte, da diese mit wenigen Ausnahmen (Adolf Kolping, Bischof Wilhelm Ketteler) sich an der sozialen Frage weitgehend desinteressiert zeigte, bzw sogar reaktionären Haltungen zuneigte.

Das Gleiche las ich vor kurzem über die protestantische Arbeiterschaft in Ostdeutschland. Dort gingen schon um 1800 nur noch ein Fünftel der Leute zur Abendmahlfeier an Ostern.

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Für Württemberg würde ich den Beginn des "pastoralen Problems" irgendwann zwischen 1850 und 1870 ansiedeln: Ausgeprägte "Landflucht" aus den katholischen Regionen in die vielfach protestantisch geprägten Städte: exemplarisch sei hier zum Stuttgarter Kolpingchor verlinkt , der anfangs wegen der Herkunft zahlreicher Sänger aus der katholischen Religion Ellwangen auch "Ellwanger Chor" genannt wurde. "Kolping" war ein Versuch, die zahlreichen Katholiken - überwiegend eben jüngere Menschen auf der Suche nach Arbeit - im überwiegend protestantischen Umfeld aufzufangen.

 

Abgesehen davon, dass Vereine wie Kolping in Rom misstrauisch beäugt wurden (Kolping war zwar von einem Kleriker gegründet worden, nichtsdestrotz aber ein Laien-Selbsthilfeverein), war die Kolping-Bewegung ein Versuch, dem durch die sozialen Umwälzungen entstandenen sozialen UND "pastoralen Notstand" entgegenzuwirken - mit aus römischer Sicht sicher nicht durchschlagendem Erfolg. Man erinnere sich nur an das klerikale Gezeter wegen der "vielen Mischehen", die es halt überall dort gab, wo evangelische und katholische Männlein und Weiblein im heiratsfähigen Alter aufeinander trafen: die stur-katholische Erziehung war in Regionen, in denen sich Katholiken mit den evangelischen Ureinwohnern "vermischten" halt nicht mehr gesichert ...

bearbeitet von Julius
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... die stur-katholische Erziehung war in Regionen, in denen sich Katholiken mit den evangelischen Ureinwohnern "vermischten" halt nicht mehr gesichert ...

Kann es sein, dass diese Art Erziehung für "Kirche" in dem Sinne, in dem es die Kirchenführung gerne hätte, unbedingt nötig ist?

 

Werner

bearbeitet von Werner001
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... die stur-katholische Erziehung war in Regionen, in denen sich Katholiken mit den evangelischen Ureinwohnern "vermischten" halt nicht mehr gesichert ...

Kann es sein, dass diese Art Erziehung für "Kirche" in dem Sinne, in dem es die Kirchenführung gerne hätte, unbedingt nötig ist?

 

Werner

das hängt von den randbedingungen ab. mehr mobilität der menschen erfordert mehr geistige mobilität.

 

es wird anpassungsprozesse geben, oder eben nicht. die auseinandersetzung über den inhalt dieser prozesse ist seitdem im gange. an der gesamten kirchenzeitskala gemessen, ist noch nichts verloren.

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Dazu kommt dass sich bereits in der 2. Hälfte des 19. Jh. die Arbeiterschaft in großen Teilen von der Katholischen Kirche abwandte, da diese mit wenigen Ausnahmen (Adolf Kolping, Bischof Wilhelm Ketteler) sich an der sozialen Frage weitgehend desinteressiert zeigte, bzw sogar reaktionären Haltungen zuneigte.

Das Gleiche las ich vor kurzem über die protestantische Arbeiterschaft in Ostdeutschland. Dort gingen schon um 1800 nur noch ein Fünftel der Leute zur Abendmahlfeier an Ostern.

wie groß war der anteil der arbeiterschaft in ostdeutschland 1800?

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Könnte es sein, daß das ein spezielles Problem der Kriegsgeneration war? [/Quote]

 

da hast Du sicher recht.

 

welchen Krieg meintest Du?

 

70/71?

14/18?

39/45?

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... die stur-katholische Erziehung war in Regionen, in denen sich Katholiken mit den evangelischen Ureinwohnern "vermischten" halt nicht mehr gesichert ...

Kann es sein, dass diese Art Erziehung für "Kirche" in dem Sinne, in dem es die Kirchenführung gerne hätte, unbedingt nötig ist?

 

???

Kann es sein, dass Dir entgangen ist, dass der "Mischehenstreit" fast 200 Jahre zurückliegt?

bearbeitet von Julius
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... die stur-katholische Erziehung war in Regionen, in denen sich Katholiken mit den evangelischen Ureinwohnern "vermischten" halt nicht mehr gesichert ...

Kann es sein, dass diese Art Erziehung für "Kirche" in dem Sinne, in dem es die Kirchenführung gerne hätte, unbedingt nötig ist?

 

???

Kann es sein, dass Dir entgangen ist, dass der "Mischehenstreit" fast 200 Jahre zurückliegt?

Die "stur-katholische Erziehung" gab es aber noch bis in die jüngste Zeit in en Gegenden, in denen sich die Katholiken eben noch nicht "vermischten". Und genau dort gab es auch diese Art von Kirche, der die Kirchenführung heute noch nachtrauert, und die es in Mitteleuropa praktisch nicht mehr gibt.

 

Werner

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Die "stur-katholische Erziehung" gab es aber noch bis in die jüngste Zeit in en Gegenden, in denen sich die Katholiken eben noch nicht "vermischten". Und genau dort gab es auch diese Art von Kirche, der die Kirchenführung heute noch nachtrauert, und die es in Mitteleuropa praktisch nicht mehr gibt.

 

Äh, so? Ja? Kann ich nix zu sagen, ich bin in Mitteleuropa erzogen worden. Wo sie sich schon vor mehr als 70 Jahren vermischten. Auch wenn der Pfarrer damals bei jeder "Mischehe" noch waidwund aufgestöhnt haben soll. Angeblich hielt man das halt für eine seiner Macken, die man nicht weiter tragisch nahm. Getraut hat er gemischt-konfessionelle Paare trotzdem - die wären sonst ja gleich zur "Konkurrenz" gegangen. :D Und weil das viele sowieso schon taten, war auch die "stur-katholische Erziehung" nicht mehr gesichert: die Kinder wurden trotz pfarrerlichen Gezeters evangelisch. (Mal ganz davon abgesehen, dass gewissen obrigkeitlichen Attitüden auf katholischer Seite ganz ähnliche obrigkeitliche Attitüden auf evangelischer Seite gegenüberstanden. Die hatten es nämlich auch nicht gerne, wenn sie wegen der sogenannten "Mischehen" eines Teils des Nachwuchses verlustig gingen). Oder anders: ich habe keine Ahnung, was Du mit meiner Bemerkung von "stur-katholischer Erziehung" assoziierst. Vermutlich was ganz anderes als das, was ich damit meinte.

 

Im übrigen: Der Threaderöffner hat nicht danach gefragt, ob es "das pastorale Problem" noch gibt, sondern ob es das schon viel früher gab ... Und meine Antwort bezog sich auf die vom Threaderöffner gestellte Frage.

bearbeitet von Julius
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Will der Papst nicht eine Theologie der Frau entwickeln lassen? Da hat er ja echt was zu tun. Ich habe den Aufsatz mit größtem Interesse gelesen. Offensichtlich gab es vor der Zeit Anfang des 19. Jahrh. gar nicht den Anspruch, dass die Familie Keimzelle des Glaubens sei, was wiederum ein sehr interessantes Licht auf die gerade gelaufene Umfrage wirft sowie die Ergebnisse, nämlich, dass es inzwischen mit der "Hauskirche" gar nicht mehr klappt. Ist ja auch so. Damit können wir uns pastoral etwas befreiter der Tatsache stellen, dass die Glaubensweitergabe wieder an die Institutionen zurück gereicht wurden und dass das legitim ist. Ich kenne das Thema aus der Erstkommunionspastoral, aus meinem eigenen Leben mit meinen Kindern. Das schlechte Gewissen als Mutter, die ihren Kindern Freiräume gewährt, die sie nicht in die Kirche zwingt, weils einfach nicht mein Job ist und ich das nicht leisten kann, Theologin hin oder her. Realitätscheck dazu, 95 % meiner Schüler lernen das VU in meinem Unterricht. Der Schwarze Peter ist wieder da, wo er hingehört, bei der Gemeinschaft der Gläubigen, bei der Gemeinde.

 

Das Rollenbild der Frau, die zu Hause sitzt und den Haushalt macht, ist ja auch nur ein Produkt jener Zeit. Kein Idealbild der Mutter mehr! Das wusste ich nicht, dass es das vorher schon gar nicht gab. Trullala, gut für mich. Es steckt ja immer irgendwo im Hinterkopf.

 

Und dann wieder heute die zum Teil berechtigte Angst vor der Feminisierung der Religion: Mädels sind als Ministrantinnen ja schon in der Überzahl. Ich würde ja eher vorschlagen, eine Theologie des Mannes in Angriff zu nehmen. Der Witz ist ja, dass die Männer es immer wieder schaffen, allein durch ihre Anwesenheit Frauen die Show zu stehlen. Wir haben einen Mann im Krankenbesuchsdienst - Hahn im Korb und er ist noch dazu echt gut. Ein Mann auf dem Besinnungswochenende - Hahn im Korb. Im PGR usw., Männer schaffen es allein durch ihre Anwesenheit. Einfach fies. Oder der jährliche Quotenmann bei den Erstkommunionsmüttern. Oder im Elternbeirat im Kindergarten. Jungs, wie macht ihr das?

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Hahn im Korb und er ist noch dazu echt gut. Ein Mann auf dem Besinnungswochenende - Hahn im Korb. Im PGR usw., Männer schaffen es allein durch ihre Anwesenheit. Einfach fies. Oder der jährliche Quotenmann bei den Erstkommunionsmüttern. Oder im Elternbeirat im Kindergarten. Jungs, wie macht ihr das?

Es liegt nicht an den Männern! Es liegt am Publikum! :lol:

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Hahn im Korb und er ist noch dazu echt gut. Ein Mann auf dem Besinnungswochenende - Hahn im Korb. Im PGR usw., Männer schaffen es allein durch ihre Anwesenheit. Einfach fies. Oder der jährliche Quotenmann bei den Erstkommunionsmüttern. Oder im Elternbeirat im Kindergarten. Jungs, wie macht ihr das?

Es liegt nicht an den Männern! Es liegt am Publikum! :lol:

Stell dir einen Smiley vor, der nicht lacht und dir die Zunge rausstreckt und dich [zensiert] nennt. :111:

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Es liegt nicht an den Männern! Es liegt am Publikum! :lol:

Stell dir einen Smiley vor, der nicht lacht und dir die Zunge rausstreckt und dich [zensiert] nennt. :111:

Meinst du so etwas? :D

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... die stur-katholische Erziehung war in Regionen, in denen sich Katholiken mit den evangelischen Ureinwohnern "vermischten" halt nicht mehr gesichert ...

Kann es sein, dass diese Art Erziehung für "Kirche" in dem Sinne, in dem es die Kirchenführung gerne hätte, unbedingt nötig ist?

 

???

Kann es sein, dass Dir entgangen ist, dass der "Mischehenstreit" fast 200 Jahre zurückliegt?

Die "stur-katholische Erziehung" gab es aber noch bis in die jüngste Zeit in en Gegenden, in denen sich die Katholiken eben noch nicht "vermischten". Und genau dort gab es auch diese Art von Kirche, der die Kirchenführung heute noch nachtrauert, und die es in Mitteleuropa praktisch nicht mehr gibt.

 

Werner

Das ist zumindest aus österreichischer Sicht falsch. Wir haben in österreich einen Protestantenanteil - überwiegend Lutheraner - von ca 4%. Dennoch sind die von Dir behaupteten Phänomene nicht zu beobachten gewesen und heute schon gar nicht mehr.

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Hahn im Korb und er ist noch dazu echt gut. Ein Mann auf dem Besinnungswochenende - Hahn im Korb. Im PGR usw., Männer schaffen es allein durch ihre Anwesenheit. Einfach fies. Oder der jährliche Quotenmann bei den Erstkommunionsmüttern. Oder im Elternbeirat im Kindergarten. Jungs, wie macht ihr das?

Es liegt nicht an den Männern! Es liegt am Publikum! :lol:

Stell dir einen Smiley vor, der nicht lacht und dir die Zunge rausstreckt und dich [zensiert] nennt. :111:

Meinst du so etwas? :D

Ungefähr.

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... die stur-katholische Erziehung war in Regionen, in denen sich Katholiken mit den evangelischen Ureinwohnern "vermischten" halt nicht mehr gesichert ...

Kann es sein, dass diese Art Erziehung für "Kirche" in dem Sinne, in dem es die Kirchenführung gerne hätte, unbedingt nötig ist?

 

???

Kann es sein, dass Dir entgangen ist, dass der "Mischehenstreit" fast 200 Jahre zurückliegt?

Die "stur-katholische Erziehung" gab es aber noch bis in die jüngste Zeit in en Gegenden, in denen sich die Katholiken eben noch nicht "vermischten". Und genau dort gab es auch diese Art von Kirche, der die Kirchenführung heute noch nachtrauert, und die es in Mitteleuropa praktisch nicht mehr gibt.

 

Werner

Das ist zumindest aus österreichischer Sicht falsch. Wir haben in österreich einen Protestantenanteil - überwiegend Lutheraner - von ca 4%. Dennoch sind die von Dir behaupteten Phänomene nicht zu beobachten gewesen und heute schon gar nicht mehr.

Heute natürlich nicht mehr.

Ich kenne das aber noch vom Dorf, auf dem meine Mutter aufgewachsen ist. Es fing erst an, anders zu werden, als der alte Pfarrer gestorben war und der neue nicht mehr vor Ort residierte, sondern in der nahen Kleinstadt, die vorher, weil überwiegend evangelisch, nur Filiale war. Da ich als Kind in den Sommerferien immer 3 Wochen dort war, habe ich das noch mitbekommen. Die Diskussion, dass dieser oder jener heute nicht bei der Messe gewesen sei, dass in das neue Haus am Ortsrand Evangelische einzogen, die allein deswegen nicht richtig dazugehören konnten, und so weiter.

Als Jahre später mein Cousin eine evangelische Frau heiratete, war das für meine Großmutter noch eine Erschütterung ihres Weltbildes und die älteren Leute haben alle den Kopf geschüttelt über "sowas".

 

Werner

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... die stur-katholische Erziehung war in Regionen, in denen sich Katholiken mit den evangelischen Ureinwohnern "vermischten" halt nicht mehr gesichert ...

Kann es sein, dass diese Art Erziehung für "Kirche" in dem Sinne, in dem es die Kirchenführung gerne hätte, unbedingt nötig ist?

 

???

Kann es sein, dass Dir entgangen ist, dass der "Mischehenstreit" fast 200 Jahre zurückliegt?

Die "stur-katholische Erziehung" gab es aber noch bis in die jüngste Zeit in en Gegenden, in denen sich die Katholiken eben noch nicht "vermischten". Und genau dort gab es auch diese Art von Kirche, der die Kirchenführung heute noch nachtrauert, und die es in Mitteleuropa praktisch nicht mehr gibt.

 

Werner

Das ist zumindest aus österreichischer Sicht falsch. Wir haben in österreich einen Protestantenanteil - überwiegend Lutheraner - von ca 4%. Dennoch sind die von Dir behaupteten Phänomene nicht zu beobachten gewesen und heute schon gar nicht mehr.

Heute natürlich nicht mehr.

Ich kenne das aber noch vom Dorf, auf dem meine Mutter aufgewachsen ist. Es fing erst an, anders zu werden, als der alte Pfarrer gestorben war und der neue nicht mehr vor Ort residierte, sondern in der nahen Kleinstadt, die vorher, weil überwiegend evangelisch, nur Filiale war. Da ich als Kind in den Sommerferien immer 3 Wochen dort war, habe ich das noch mitbekommen. Die Diskussion, dass dieser oder jener heute nicht bei der Messe gewesen sei, dass in das neue Haus am Ortsrand Evangelische einzogen, die allein deswegen nicht richtig dazugehören konnten, und so weiter.

Als Jahre später mein Cousin eine evangelische Frau heiratete, war das für meine Großmutter noch eine Erschütterung ihres Weltbildes und die älteren Leute haben alle den Kopf geschüttelt über "sowas".

 

Werner

 

Na ja. Nicht nur in der Kleinstadt. Als mein Onkel 1946 (oder 1947) in unserer gemeinsamen Heimatstadt eine evangelische Frau heiratete, hielt das unsere Großmutter vor uns Kindern streng geheim. Wir durften zwar dann am Nachmittag zum Kaffee, aber zur Trauung in die Kirche? undenkbar.

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Nachtrag: Es mag daran gelegen haben, dass diese region schon immer konfessionell gemischt war. Das eine Dorf katholisch, das nächste evangelisch, das übernächste wieder katholisch. Da war das fest im Bewusstsein verankert, dass man z. B. Heiratskandidaten erst im übernächsten Dorf findet.

 

Ich könbnte mir vorstellen, dass das in konfessionell einheitlichen Gegenden anders war, da kamen irgendwann "Fremde" mit anderer Konfession, und wie man sich allmählich an die "Fremden" gewöhnte, akzeptierte man auch die andere Konfession.

 

Da wo es seit Jahrhunderten klar war, dass man niemanden aus dem nächten Dorf heiraten kann, war das viel schwerer aufzubrechen.

 

Werner

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Jungs, wie macht ihr das?

 

Gar nicht. Die Mädels verhalten sich von selbst so, als Mann ist es einem mitunter sogar peinlich, aber was willst du machen? ;)

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Nachtrag: Es mag daran gelegen haben, dass diese region schon immer konfessionell gemischt war. Das eine Dorf katholisch, das nächste evangelisch, das übernächste wieder katholisch. Da war das fest im Bewusstsein verankert, dass man z. B. Heiratskandidaten erst im übernächsten Dorf findet.

 

Oder im gleichen Dorf. Viele Generationen hintereinander. Das kann nicht gesund sein.

 

Ich könbnte mir vorstellen, dass das in konfessionell einheitlichen Gegenden anders war, da kamen irgendwann "Fremde" mit anderer Konfession, und wie man sich allmählich an die "Fremden" gewöhnte, akzeptierte man auch die andere Konfession.

 

Bei uns hier im östlichen Landkreis Bayreuth sowie in der Stadt Bayreuth kam die Wende mit der Vertreibung, ebenso in den Städten Bietigheim und Besigheim, wo ich aufgewachsen bin. Vorher waren die Katholiken hier so selten, dass man sie leicht marginalisieren konnte. Es gibt noch einen Bayreuther Stadtratsbeschluss von 1905, in welchem der katholischen Stadtkirche verboten wurde, die Glocken zu läuten, "denn die praktisch einheitlich evangelische Bevölkerung könne nicht Werbung für einen falschen Glauben akzeptieren". Soweit ich weiß, wurde dieser Beschluss allerdings nie umgesetzt.

 

Nehmen wir Weidenberg. Oberfränkisch, bis 1809 (oder so) preußisch. Im Jahr 1900 dürfte es maximal 5% Katholiken gegeben haben. Im benachbarten Kirchenpingarten (da war auch damals die katholische Kirche) waren mehr als 90% katholisch (da Oberpfalz). 1946 kamen die Heimatvertriebenen aus dem Kreis Gablonz. Die waren überwiegend RK bzw. AK. Und - oh Schreck - waren auf einmal merh als 40% der Bevölkerung nicht mehr evangelisch - und - noch schrecklicher - es gab auf einmal drei Konfessionen hier.Die evangelische Kirche tat alles, um die Katholiken zu vergrausen (so hatte die evangelische Kirche in den 1950ern unserer Kirche die Gastfreundschaft angeboten, jedoch kam in jedem Gottesdienst immer der evangelische Kirchner - vorzugsweise während der Wandlung - und blies die Kerzen aus: "Ich dulde hier keinen Frevel durch Katholiken" (das war ein Grund, 1962 eine eigene Kirche zu bauen).

 

Nun ist aber viel kaltes Wasser die Warme Steinach runtergeflossen, die Heimatvertriebenen waren wirtschaftlich sehr erfolgreich und bauten in einer rein landwirtschaftlich strukturierten Gegend Kleingewerbe auf. In den 1950ern war praktisch in ganz Weidenberg schon Drehstrom verfügbar, weil die Gablonzer Glasdrücker ihre Öfen damit betreiben wollten. Und sie hatten auch jugendliche Kinder, die sich in ihren Wünschen nicht von der einheimischen Dorfjugend unterschieden.

 

Und plötzlich waren die Unterschiede immer geringer. Einem dickköpfigen Sudetendeutschen, der ins dickköpfige Oberfranken gekommen war, in der evangelischen oder der RK-Kirche die konfessionsverschiedene Trauung zu untersagen oder zu behindern, führte praktisch immer zum Austritt aus dieser Kirche (eines unserer Gemeindemitglieder erzählte, dass im Jahr 1949 der altkatholische Bräutigam in der RKK Kirche bei der Trauung in der letzten Bankreihe stehen bleiben musste, wohingegen die römisch-katholische Braut vorgehen durfte - was zum praktisch sofortigen Übertritt in die AKK führte). Man hat dann sehr bald sich mit den "ökumenischen" Hochzeiten arrangiert und spätestens in den 1970ern war das in unserem kleinen Ort kein Thema mehr. Heute arbeiten die drei Konfessionen sehr eng zusammen, in wirklich allen Punkten, in denen das möglich ist.

 

Ich kann mir vorstellen, dass nicht nur diese (erzwungene) Wanderungsbewegung, sondern auch alle vorherigen Wanderungsbewegungen viel Vermischung in das konfessionelle Leben gebracht haben.Es waren ja auch Wanderungsbewegungen, die die vor allem im mittleren Neckarraum und in München ansehnlich starken christlichen Ostkirchen und auch den Islam nach Deutschland gebracht haben.

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