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Historische Ereignisse


Frank

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Was einen Nationalfeiertag anbelangt: Der 18. Mai wäre eigentlich nicht schlecht - denn: am 18.05.1848 war der erste Sitzungstag der Frankfurter Nationalversammlung, einer Art vorläufiges Parlament des Deutschen Reichs. Beginn des Parlamentarismus in unserem Land.

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Kurz vor den Jahrestagen eine interessant klingende Doku zu Nagasaki:

In den letzten paar Jahren ist die Frage, on die Bombe auf Nagasaki nötig war, immer wieder öffentlich gestellt worden. In den meisten Fällen wird sie von Leuten gestellt, deren Antwort vorhersehbar ist, weil die Frager selber dem Anti-Militär Anti-Kriegs Anti-USA Lager zuzuordnen sind. Was dabei immer vernachlässigt wird: Welche Information hatten die Leute, die in den ersten August-Tagen von 1945 entscheiden mussten, ob 1, 2, 5 oder 10 Bomben verwendet werden? Es gab schliesslich den Plan, den Uran-Kern von Little Boy (über ein Zentner Waffen-Uran, verschwendet auf das ineffiziente Gun-System) in mehrere kleine Implosions-Kerne aufzuteilen, und damit ein halbes dutzend Bomben des Trinity- und Nagasaki-Typs herzustellen. Warum wurde das nicht getan? Weil die damals Zuständigen (Oppenheimer, Groves) nicht das Risiko einer Fehlfunktion eingehen wollten, und deswegen die erste Bombe 100%-ig funktionieren musste, selbst wenn es einen Großteil des spaltbaren Materials verschwendete.

 

Das interessante ist, das zwei andere Fragen heutzutage weniger diskutiert werden: A: War die Bombe auf Hiroshima nötig? B: War es die richtige Entscheidung (von der Warte des US-Militärs im August 1945 gesehen), die Bombardierung nach Nagasaki zu unterbrechen?

 

P.S. Meine Frau und ich sind alt genug, noch Leute zu kennen, die die Explosionen der ersten drei Atombomben und der ersten Wasserstoffbombe mit ihren eigenen Augen gesehen haben. Wir haben zu Hause, in einem Rahmen im Arbeitszimmer, ein kleines Stück der Trinity-Bombe (genauer gesagt, ein kleines Stück Trinitite, oder Atom-Glas).

bearbeitet von Baumfaeller
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Kurz vor den Jahrestagen eine interessant klingende Doku zu Nagasaki:

In den letzten paar Jahren ist die Frage, on die Bombe auf Nagasaki nötig war, immer wieder öffentlich gestellt worden. In den meisten Fällen wird sie von Leuten gestellt, deren Antwort vorhersehbar ist, weil die Frager selber dem Anti-Militär Anti-Kriegs Anti-USA Lager zuzuordnen sind. Was dabei immer vernachlässigt wird: Welche Information hatten die Leute, die in den ersten August-Tagen von 1945 entscheiden mussten, ob 1, 2, 5 oder 10 Bomben verwendet werden? Es gab schliesslich den Plan, den Uran-Kern von Little Boy (über ein Zentner Waffen-Uran, verschwendet auf das ineffiziente Gun-System) in mehrere kleine Implosions-Kerne aufzuteilen, und damit ein halbes dutzend Bomben des Trinity- und Nagasaki-Typs herzustellen. Warum wurde das nicht getan? Weil die damals Zuständigen (Oppenheimer, Groves) nicht das Risiko einer Fehlfunktion eingehen wollten, und deswegen die erste Bombe 100%-ig funktionieren musste, selbst wenn es einen Großteil des spaltbaren Materials verschwendete.

 

Das interessante ist, das zwei andere Fragen heutzutage weniger diskutiert werden: A: War die Bombe auf Hiroshima nötig? B: War es die richtige Entscheidung (von der Warte des US-Militärs im August 1945 gesehen), die Bombardierung nach Nagasaki zu unterbrechen?

 

P.S. Meine Frau und ich sind alt genug, noch Leute zu kennen, die die Explosionen der ersten drei Atombomben und der ersten Wasserstoffbombe mit ihren eigenen Augen gesehen haben. Wir haben zu Hause, in einem Rahmen im Arbeitszimmer, ein kleines Stück der Trinity-Bombe (genauer gesagt, ein kleines Stück Trinitite, oder Atom-Glas).

 

Die von rince empfohlene Doku stellte aber weitere Fragen. Kurzgefasst, warum überhaupt Bombe obwohl Japan zur Kapitulation bereit war? Warum Nagasaki? Warum wurde Japan hingehalten damit Stalin noch rechtzeitig in den Pazifikkrieg eintreten konnte?

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Die von rince empfohlene Doku stellte aber weitere Fragen. Kurzgefasst, warum überhaupt Bombe obwohl Japan zur Kapitulation bereit war? Warum Nagasaki? Warum wurde Japan hingehalten damit Stalin noch rechtzeitig in den Pazifikkrieg eintreten konnte?

Ohne Dir eine Quelle dafür zu nennen: Nagasaki und Hiroshima waren "nur" relativ moderne Industriestädte. Auf Grund der Lage in einem Talkessel wäre zum Beispiel Kyoto ein deutlich besseres Ziel gewesen. Es haben wohl damals am Manhattan-Projekt beteiligte Forscher Daten so manipuliert, dass die Militärs Nagasaki und Hiroshima auswählten. Man muss bedenken, dieser Schutz des kulturellen Erbes in Kyoto vor der sicheren Vernichtung erfolgte unter Lebensgefahr.

 

Warum überhaupt die Atombombenabwürfe? Darüber gibt es viele Theorien und nur wenige behaupten es wäre militärisch notwendig gewesen um die Krieg schnell zu beenden. Nahelegend ist die Erklärung, man wollte zeigen was man hat und kann.

 

DonGato.

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Hier die Doku in der ARD-Mediathek (verfügbar bis 10.08.2015 und aus Jugendschutzgründen erst ab 20:00Uhr abrufbar): [klick]

bearbeitet von Frank
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Eigentlich zeigt diese erneute Debatte nur jeweils wieder den Wertewandel in der öffentlichen Diskussion, neue historische Erkenntnisse liegen meines Wissens nicht vor.

 

"Notwendig" ist im Laufe des Krieges kaum eine spezifische Waffe, aber es ist in Kriegszeiten nun mal wenig populär, den Feind nicht mit allen verfügbaren Mitteln zu bekämpfen.

 

Das gemeinsame Kriegsziel der Alliierten war nun mal die bedingungslose Kapitulation der Achsenmächte, es hätte sich sicherlich sonst auch mit Deutschland eine "Kompromissfrieden" finden lassen; Japan strebte ebenfalls vor dem Abwurf der Bombe v.a. den Erhalt seiner undemokratischen repressiven Regierungsform an - und eine Besetzung Japans stand außerhalb jeglicher Diskussion.

Wenn man bedenkt, welche verheerenden Folgen ein nicht besetztes Japan für die Versorgung der Zivilbevölkerung vermutlich gehabt hätte - Hunger, Mangelversorgung mit allem möglichen modernen Gütern, wäre das keine sehr glückliche Entwicklung gewesen.

Letztendlich wurde ja aber alle offiziellen alliierten Kapitulationsforderungen abgelehnt, und so entschied man sich, Japan soweit zu zerstören, dass eine verlustreiche Invasion vermieden werden könnte.

Übrigens wissen wir auch nicht, ob der unterbliebene Abwurf der Bomben auf Japan nicht ihren Ersteinsatz auf irgendeinem der folgenden Kriegsschauplätze bedeutet hätte, mit weit verheerenderen Folgen, weil die Waffen weiter entwickelt gewesen wären und auf sowjetischer Seite die Möglichkeit zum Gegenschlag bestand.

Leider muss der Menschen ja fast jede Dummheit erst ausprobieren, um zu erkennen, dass es eine ist.

 

https://en.wikipedia.org/wiki/Surrender_of_Japan

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Eigentlich zeigt diese erneute Debatte nur jeweils wieder den Wertewandel in der öffentlichen Diskussion, neue historische Erkenntnisse liegen meines Wissens nicht vor.

 

"Notwendig" ist im Laufe des Krieges kaum eine spezifische Waffe, aber es ist in Kriegszeiten nun mal wenig populär, den Feind nicht mit allen verfügbaren Mitteln zu bekämpfen.

 

Das gemeinsame Kriegsziel der Alliierten war nun mal die bedingungslose Kapitulation der Achsenmächte, es hätte sich sicherlich sonst auch mit Deutschland eine "Kompromissfrieden" finden lassen; Japan strebte ebenfalls vor dem Abwurf der Bombe v.a. den Erhalt seiner undemokratischen repressiven Regierungsform an - und eine Besetzung Japans stand außerhalb jeglicher Diskussion.

Wenn man bedenkt, welche verheerenden Folgen ein nicht besetztes Japan für die Versorgung der Zivilbevölkerung vermutlich gehabt hätte - Hunger, Mangelversorgung mit allem möglichen modernen Gütern, wäre das keine sehr glückliche Entwicklung gewesen.

Letztendlich wurde ja aber alle offiziellen alliierten Kapitulationsforderungen abgelehnt, und so entschied man sich, Japan soweit zu zerstören, dass eine verlustreiche Invasion vermieden werden könnte.

Übrigens wissen wir auch nicht, ob der unterbliebene Abwurf der Bomben auf Japan nicht ihren Ersteinsatz auf irgendeinem der folgenden Kriegsschauplätze bedeutet hätte, mit weit verheerenderen Folgen, weil die Waffen weiter entwickelt gewesen wären und auf sowjetischer Seite die Möglichkeit zum Gegenschlag bestand.

Leider muss der Menschen ja fast jede Dummheit erst ausprobieren, um zu erkennen, dass es eine ist.

 

https://en.wikipedia.org/wiki/Surrender_of_Japan

Na ja, wenn der Mensch sich als echten Teil der Natur versteht, wird er es nicht anders tun als die Evolution.
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Na ja, wenn der Mensch sich als echten Teil der Natur versteht, wird er es nicht anders tun als die Evolution.

Die Evolution "tut" nichts. Menschen SIND Teil der Natur, und als solche Verhalten sie sich entsprechend ihren natürlich entstandenen Eigenschaften, die allerdings bei Menschen in weil höherem Maße als bei allen anderen Arten von ihrem Wissen und ihren Erfahrungen abhängen - und ihrer unbestreitbar eindrucksvollen Fähigkeit, sich Fantasievorstellungen von dieser Welt zu machen. So sehr unsere Fantasie die Voraussetzung für die Entdeckung von Neuem ist, so sehr kann sie allerdings auch dazu genutzt werden, sich ein Wolkenkuckucksheim zurechtzuwünschen. In der Beziehung ist die Bezeichnung "Homo Sapiens" eher ein Euphemismus.

bearbeitet von Marcellinus
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Jedenfalls wollte ich eigentlich nur unterstreichen, dass ich dieser erneuten Debatte wenig historische Erkenntnis abgewinnen kann.

Die Gefahr, dass die USA demnächst weitere Orte atomisieren möchten, halte ich für gering.

 

Die aktuellen Pressionen der japanischen Regierung, wieder eine "patriotischere" Sicht der Gesichte zu etablieren, sind für mich da eher besorgniserregend.

Noch bis zu Beginn der 90er Jahre wurde die Atombombe im dortigen Museum z.B. noch fast völlig isoliert von der Geschichte des Krieges dargestellt, als käme plötzlich irgendwoher ein Flugzeug, und würfe die Bombe ab.

Erst danach, ab Mitte der 90er, tauchten die vielen koreanischen Opfer in der Ausstellung auf, auf, wurde erwähnt, dass die Stadt Sitz des 2. Armee-Hauptquartiers war und allgemein auch über die Kriegsverantwortlichkeiten Japans gesprochen.

 

Ich denke, eine revisionistische Debatte könnte da aktuell sehr viel Schaden für ein modernes und aufgeklärtes Geschichtsverständnis in Japan bedeuten.

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13. August 1961: Es war ein Sonntag, ich wollte vor dem Frühstück noch Nachrichten hören ......... was war da bloß los? Der komische Lärm........ was geschehen war, sah ich im ganzen Ausmaß dann erst zwischen Weihnachten und Neujahr. Ich hatte es mir nach den Meldungen im Radio und den Bildern in der Zeitung nicht so recht vorstellen können. (kein Fernseher! Augenschein bei einer Fahrt nach Berlin)

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Der Mauerbau wird ja meist unter politischen und ethischen Gesichtspunkten thematisiert. Erstaunlich war jedenfalls die Überraschung in der westlichen Welt, denn die Vorbereitungen hatten schon Monate vorher begonnen. Es mußte Personal und Baustoffe beschafft werden. Stacheldraht war zB nur in Rumänien gegen Devisen erhältlich. Und dann gab es die Vorgabe des Politbüros, daß in Ostberlin alles weiterlaufen müsse wie normal. Es waren damals noch viele Westberliner in Ostberlin beschäftigt, deren Arbeitskraft dann fehlte. So wurden etwa Bühnenprogramme Monate vorher umgestellt, große Chorszenen wurden vermieden. Für die Tage nach dem Mauerbau wurden unter Vorwänden Orchester aus der Republik für ein "kurzfristiges Gastspiel" verpflichtet, da man nicht einschätzen konnte, welche Westberliner Musiker noch zum Dienst erscheinen würden. Auch für den später prominenten Dirigenten Horst Stein wurde Ersatz gebraucht. Schon erstaunlich, daß die gesamte westliche Geheimdienstszene davon nichts mitbekommen haben sollte.

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Heute ist der 150. Todestag von Ignaz Semmelweiß. Er hat durch seine Fähigkeit aus eingefahrenen Geleisen auszubrechen und abseits von Konventionen zu denken die Geburtshilfe revolutioniert und damit hunderttausenden Frauen das Leben gerettet.

 

Hier http://diepresse.com/home/zeitgeschichte/4798281/Leichengift-an-den-Haenden-der-Aerzte_Der-Fall-Semmelweis?from=gl.home_zeitreise ein interessanter Artikel dazu.

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Gestern bin ich zufällig über ein Ereignis am 14. August 1965 gestolpert und habe einen beeindruckenden Märtyrer kennengelernt.

Jonathan Myrick Daniels

Die Frau, welcher er durch seine mutige Tat 1965 das Leben rettete, Ruby Sales, erinnert sich in der Washington Post.

 

Kann sein, dass viele hier die Geschichte schon kennen, mich hat sie jedenfalls sehr beeindruckt. Erschreckend, dass sein Mörder nie für die Tat zur Verantwortung gezogen wurde, sondern unter dem Vorwand "Selbstverteidigung" freigesprochen wurde.

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Am 19. August 1965 fielen nach 20 Monaten Verhandlung im Frankfurter "Auschwitzprozess" die Urteile gegen 20 ehemalige SS-Männer.

 

Trotz der Umstände bedingt relativ milden Urteile sehen viele Historiker den Prozess heute als Wendepunkt in der Geschichte: Erstmals habe er die Hölle des Holocaust einer breiten deutschen Öffentlichkeit bekannt gemacht. "Das Böse bekam plötzlich Namen und Gesicht, Alter und Adresse", sagte der frühere Direktor des Fritz-Bauer-Instituts, Micha Brumlik.

 

Näheres hier:http://diepresse.com/home/zeitgeschichte/4798854/AuschwitzProzess_Das-Bose-bekam-Namen-und-Adresse?_vl_backlink=/home/index.do

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...Trotz der Umstände bedingt relativ milden Urteile sehen viele Historiker den Prozess heute als Wendepunkt in der Geschichte: Erstmals habe er die Hölle des Holocaust einer breiten deutschen Öffentlichkeit bekannt gemacht. "Das Böse bekam plötzlich Namen und Gesicht, Alter und Adresse", sagte der frühere Direktor des Fritz-Bauer-Instituts, Micha Brummig. ...

Die Behauptung wird immer wieder gemacht, seit den 50er Jahren: "Wir haben damals nichts gewusst, die Endlösung und die KZs haben uns vollkommen überrascht." Leider ist das eine nachträglich erfundene Schutzbehauptung. Mein Vater war während des Kriegs Gymnasiast (sein älterer Bruder war im Deutschen Militär und fiel Anfang 45 an der Ostfront), und er wusste ganz genau, dass die Juden aus der Nachbarschaft nicht einfach umgesiedelt worden waren, sondern dass sie alle ermordet wurden, genau wie SPD-Mitglieder und Abweichler. Es ist sicher richtig das viele der Details erst nach und nach klar wurden. Manchmal frage ich mich, was der (gesellschaftliche) Nutzen ist, wenn die Details bekannt werden: Alle wussten, dass KZs existierten, dass dort viele Menschen umgebracht wurden, und dass dort Wächter arbeiteten. Was hilft es mir, wenn ich weiss, dass der Wächter der "Herr Maier aus der Hafenstrasse, der früher Bademeister war" ist ?

 

(EDIT: Spelink error corrected)

bearbeitet von Baumfaeller
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...Trotz der Umstände bedingt relativ milden Urteile sehen viele Historiker den Prozess heute als Wendepunkt in der Geschichte: Erstmals habe er die Hölle des Holocaust einer breiten deutschen Öffentlichkeit bekannt gemacht. "Das Böse bekam plötzlich Namen und Gesicht, Alter und Adresse", sagte der frühere Direktor des Fritz-Bauer-Instituts, Micha Brummig. ...

Die Behauptung wird immer wieder gemacht, seit den 50er Jahren: "Wir haben damals nichts gewusst, die Endlösung und die KZs haben uns vollkommen überrascht." Leider ist das eine nachträglich erfundene Schutzbehauptung. Mein Vater war während des Kriegs Gymnasiast (sein älterer Bruder war im Deutschen Militär und fiel Anfang 45 an der Ostfront), und er wusste ganz genau, dass die Juden aus der Nachbarschaft nicht einfach umgesiedelt worden waren, sondern dass sie alle ermordet wurden, genau wie SPD-Mitglieder und Abweichler. Es ist sicher richtig das viele der Details erst nach und nach klar wurden. Manchmal frage ich mich, was der (gesellschaftliche) Nutzen ist, wenn die Details bekannt werden: Alle wussten, dass KZs existierten, dass dort viele Menschen umgebracht wurden, und dass dort Wächter arbeiteten. Was hilft es mir, wenn ich weiss, dass der Wächter der "Herr Maier aus der Hafenstrasse, der früher Bademeister war" ist ?

 

(EDIT: Spelink error corrected)

 

 

Ich glaube es geht eher darum, dass es aus der (ungefährlichen) Distanz geholt wurde.

Ich weiß nicht von wem das Zitat ist, aber es lautete "Auschwitz war nicht "die Hölle", Auschwitz war ein deutsches Konzentrationslager." Das andere, das ich sehr schätze: "Wir können nicht sagen, weil sie soviel Böses getan haben, dass sie keine Menschen sind." (ebenfalls sinngemäß).

 

Es war nicht auf einem anderen Stern, und es waren keine Aliens.

Es waren Männer und Frauen mit ganz "normalen" Karrieren - bis dahin.

Bei den Frauen sieht man es besser, weil die nicht über die Schiene der bewaffneten Verbände und Kampfverbände zur SS-Aufseherin wurden. Die wurden ganz normal über Inserate und Arbeitsamt vermittelt, mit den ganz normalen Anreizen: leichte Arbeit, gute Bezahlung, keine Vorkenntnisse nötig, Sozialleistungen, bei Bedarf Kinderversorgung usw.

 

Es war auch nicht "die SS" - die irgendwie gaaaanz anders ist. Die waren auch nicht ganz anders. Auch die mussten erst dazu "umgeschult" werden. Und die Vernichtungslager waren als psychologische Entlastung für die Täter erfunden wurden. Weil die Herren Mörder trotz allem Probleme hatten, harmlose Menschen, Frauen, Kinder in die Grube zu schießen.

Die ganze Arbeitsteilung des Massenmordes diente letztlich dazu, es den Tätern zu ermöglichen, entweder nichts zu wissen oder nicht beteiligt zu sein oder jedenfalls nicht schuld.

 

Es gibt eine wunderschöne Zusammenfassung einiger Aussagen aus dem Auschwitz-Prozess durch den Vorsitzenden. Es ging um Massenerschießungen an der "Schwarzen Wand". Und der Richter fasste es zusammen mit: "Niemand hat irgendetwas getan. Der Adjutant (des Lagerkommandanten) war nicht dabei, der Erste Schutzhaftlagerführer war "nur so" dabei, der eine kam nur mit den Listen (derjenigen, die erschossen werden sollten) und der andere brachte nur die Schlüssel (der Zellen)...."

 

Mulka (Adjutant des Kommandanten): war Exportkaufmann und wollte dann über die Reichswehr und die Wehrmacht Karriere machen.

Hofmann (Erster Schutzhaftlagerführer): Kolonialwarenhändler und später Hilfspolizist

(Wer die beiden mit den Listen und den Schlüsseln waren, weiß ich jetzt nicht auswendig, aber ich sehe gerne nach.)

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...Trotz der Umstände bedingt relativ milden Urteile sehen viele Historiker den Prozess heute als Wendepunkt in der Geschichte: Erstmals habe er die Hölle des Holocaust einer breiten deutschen Öffentlichkeit bekannt gemacht. "Das Böse bekam plötzlich Namen und Gesicht, Alter und Adresse", sagte der frühere Direktor des Fritz-Bauer-Instituts, Micha Brummig. ...

Die Behauptung wird immer wieder gemacht, seit den 50er Jahren: "Wir haben damals nichts gewusst, die Endlösung und die KZs haben uns vollkommen überrascht." Leider ist das eine nachträglich erfundene Schutzbehauptung. Mein Vater war während des Kriegs Gymnasiast (sein älterer Bruder war im Deutschen Militär und fiel Anfang 45 an der Ostfront), und er wusste ganz genau, dass die Juden aus der Nachbarschaft nicht einfach umgesiedelt worden waren, sondern dass sie alle ermordet wurden, genau wie SPD-Mitglieder und Abweichler. Es ist sicher richtig das viele der Details erst nach und nach klar wurden. Manchmal frage ich mich, was der (gesellschaftliche) Nutzen ist, wenn die Details bekannt werden: Alle wussten, dass KZs existierten, dass dort viele Menschen umgebracht wurden, und dass dort Wächter arbeiteten. Was hilft es mir, wenn ich weiss, dass der Wächter der "Herr Maier aus der Hafenstrasse, der früher Bademeister war" ist ?

 

(EDIT: Spelink error corrected)

 

Ich zitiere dazu aus einem Vortrag den der Theologe und Publizist Norbert Reck vor einigen Monaten in Wien gehalten hat:

 

 

Einige Eindrücke aus dieser Zeit hat Saul Padover (1905–1982), ein in Wien geborener amerikanischer Historiker, aufgezeichnet. Als Offizier der US-Armee war er seit Herbst 1944 in den bereits amerikanisch besetzten Gebieten Deutschlands an Vernehmungen der Bevölkerung beteiligt. Es ging seiner Abteilung darum, die Reaktionen der Deutschen im Hinblick auf die amerikanische Besatzung besser einschätzen zu lernen. So fragten er und seine Kollegen die Deutschen nach ihren Überzeugungen und nach ihrem Verhältnis zum Nationalsozialismus. Kaum jemand wollte sich bei diesen Vernehmungen noch als Nazi bekennen. Padover bemerkt sarkastisch:

„Seit zwei Monaten sind wir hier zugange, wir haben mit vielen Menschen gesprochen, wir haben jede Menge Fragen gestellt, und wir haben keinen einzigen Nazi gefunden. Jeder ist ein Nazigegner. Alle Leute sind gegen Hitler. Sie sind schon immer gegen Hitler gewesen. Was heißt das? Es heißt, daß Hitler die Sache ganz allein, ohne Hilfe und Unterstützung irgendeines Deutschen durchgezogen hat. Er hat den Krieg angefangen, er hat ganz Europa erobert, den größten Teil Rußlands überrannt, fünf Millionen Juden ermordet, sechs bis acht Millionen Polen und Russen in den Hungertod getrieben, vierhundert Konzentrationslager errichtet, die größte Armee in Europa aufgebaut und dafür gesorgt, daß die Züge pünktlich fahren. Wer das allein schaffen will, muß schon ziemlich gut sein. Ich kenne nur zwei Menschen in der ganzen Welt, die so etwas können. Der andere ist Superman.“

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Padover "Lügendetektor" - ein Buch, das ich wärmstens empfehlen würde.

 

Und zum Auschwitz-Prozess: Langbein, Der Auschwitz-Prozess (2 Bände; einen hier als Beispiel). Auch ohne Vorkenntnisse bestens verständlich und leicht zu lesen.

 

*Werbethread hiermit wieder beendet*

bearbeitet von Edith1
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(Das Zitat ist aus einem Buch von Herrn Reck:)

...

Jeder ist ein Nazigegner. ...

Stimmt einerseits. Gleichzeitig war in den 50er und 60er Jahren im Westen beinahe jeder auch überzeugter Anti-Kommunist, der am Freitag Abend am Stammtisch von den aufregenden Erlebnissen beim Russlandfeldzug oder als Besatzungssoldat in Griechenland erzählt. Das ist die Generation meiner Eltern, Onkels und Lehrer. Und die Mütter dieser Männer (d.h. die Generation meiner Grosseltern) haben auf dem Kaminsims im Wohnzimmer noch die Photos ihrer Jungens stehen, in ihrer feschen Ausgehuniform. Manche mit SS-Rune auf dem Kragen, andere in Marine- oder Wehrmachtsuniform.

 

Und genau dies ist das lustige: Seit Anfang 1945 waren das alle Nazigegner; aber merkwürdigerweise hatten sie SS-Runen am Kragen auf den Photos. Und genau da will ich einhaken: Die meisten Deutschen (Österreicher hier mal eingeschlossen) wussten schon vor 1945, dass hier ein gewaltiges Unrecht stattfindet; aber sie waren so in das System "Gesellschaft" eingebunden, sie konnten nicht anders als mitmachen, ob das nun als SS-Soldat (wie mein gefallener Onkel) oder als Flakhelferin (meine Tante) war (der Rest der Familie war zu alt oder zu jung um aktiv am Weltkrieg teilzunehmen). Es waren ganz normale Menschen. Und irgendwann im Jahr 45 schlüpften sie dann in eine andere Überzeugung (Nazigegner), blieben dabei aber gleichzeitig in das System "Gesellschaft" eingebunden. In diesem Kontext sind Schuld und Sühne sehr kompliziert.

 

Ich muss mir das Buch von Saul Padover mal hier aus der Bücherei leihen; die Englische Version hat einen anderen Namen: "Experiment in Germany". Der Langbein ist hier wahrscheinlich nicht zu kriegen, ausser wenn Amazon eine Kindle-Version hat. Gerade nachgesehen: haben sie nicht. Das muss auf meinen nächsten D-Besuch warten.

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Der Langbein ist hier wahrscheinlich nicht zu kriegen, ausser wenn Amazon eine Kindle-Version hat. Gerade nachgesehen: haben sie nicht. Das muss auf meinen nächsten D-Besuch warten.

 

Er ist auch in Österreich (und wahrscheinlich auch in Deutschland nur mehr antiquarisch zu kriegen.....ich habe ihn für relativ teures Geld vor einem Jahr auf einem Bücherflohmarkt der Grünen gekauft.

Ein neueres Buch, das ich empfehlen kann:

David O. Pendas, Der Auschwitzprozess...die englischsprachige Originalausgabe erschien 2006 unter dem Titel "The Frankfurt Auschwitz Trial 1963-1965, Genocide, History and the Limits of the Law, Cambridge Universitiy Press.

 

Gerade der Teil der sich relativ ausführlich mit den Limitierungen durch das deutsche Strafrecht beschäftigt, das einfach nicht für vom Staat gestützte ja angeordnete Massenverbrechen geeignet ist, war für mich sehr interessant

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http://www.zvab.com/advancedSearch.do?title=Der+Auschwitz+Prozess&author=Langbein

 

(sind wahrscheinlich dieselben Anbieter - auch immer eine gute Quelle)

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Ich kann mich noch gut erinnern, dass so ab 1963 in unserem Städtchen auffallend viele relativ angesehen Mitbürger auswanderten ...

Gut, es war bekannt, dass das Städtchen ein Nazinest gewesen war, es war auch kein Geheimnis, dass sich nach dem Kriege - ausser Heimatvertriebenen in großer Zahl - auch eine beachtliche Zahl von Neubürgern eingefunden hatte, die rasch Karriere machten und sich bald als Haute Volée gerierten, die es bis dahin in dieser Form noch nicht gegeben hatte, und die vom ehemaligen Nazibürgermeister gesponsert wurden: einem Fabrikanten, der relativ ungeschoren durch die Entnazifizierung gekommen war und sich mit Zigarettenpapier zum Selberdrehen eine goldene Nase verdiente. Aber wie viele das waren und wer genau sie gewesen waren, das wurde - von den paar bekannten Nasen mal abgesehen - erst im Verlauf des Auschwitzprozesses bekannter. Da waren sie aber schon abgeschwirrt.

bearbeitet von Julius
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Ich finde das muss einer Erinnerung wert sein:

 

Gestern vor 25 Jahren wurde der Deutsche Einigungsvertrag (Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands) unterzeichnet. Damit ist die Deutsche Vereinigung, an die Jahrzehnte lang niemand mehr geglaubt hat, Wirklichkeit geworden.

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