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F1 und die Mafia


Flo77

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Bei Morden dürfte die allgemeine Ansicht, dass es sich dabei um schwere Sünden handelt, die keiner päpstlichen Bestätigung bedürfen, um zum Ausschluss aus der Kommuniongemeinschaft zu führen, unter Katholiken ziemlich verbreitet sein. Hier kann die allgemeine Rechtsüberzeugung und die katholische Rechtsüberzeugung als gleich angesehen werden und die Parallelwertung in der Laiensphäre funktioniert.

 

Bei der Beurteilung von rein kirchlichen Delikten wie Sakrileg und Häresie sind Laien meist überfordert.

 

Abtreibung ist extrem häufig, auch von Laien erfassbar (ohne komplizierte Überlegungen, wann eine Abtreibung eine ist), selbst in katholischen Kreisen teilweise akzeptiert und im säkularen Recht dabei zum "Menschenrecht" zu mutieren. In diesem Sinn ist der höhere (Rechts-)schutz des CIC für ungeborenes Leben nicht unverständlich.

 

So charmant die Idee einer gewohnheitsrechtlichen Exkommunikation als Tatstrafe für Mörder ist, so wenig dürfte sie haltbar sein. Can. 23 CIC stellt allgemein hohe Hürden für das Entstehen kanonischen Gewohnheitsrechts auf, aus Can. 18 und 19 CIC ist m.E. sowieso ein striktes Gesetzlichkeitsprinzip zu folgern. Hinzu kommt, dass Can. 6 § 1 3° CIC alle Strafgesetze aufhebt, die vor dem CIC 1983 promulgiert wurden. Das heißt, es gibt außerhalb des CIC nur Strafrecht, das nach 1983 entstanden ist, und dass sich in dieser Zeit dein Gewohnheitsrecht gebildet hast, ist doch eher fernliegend. Schließlich wäre, selbst wenn es eine kanonische Straftat des Mordes gäbe, diese gem. Can. 1314 CIC eine Spruchstrafe.

Nein, der Befund ist klar: es gibt eine knappe und erratische Liste kirchlicher Straftaten und Mord fällt nicht hierunter.

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Bei Morden dürfte die allgemeine Ansicht, dass es sich dabei um schwere Sünden handelt, die keiner päpstlichen Bestätigung bedürfen, um zum Ausschluss aus der Kommuniongemeinschaft zu führen, unter Katholiken ziemlich verbreitet sein. Hier kann die allgemeine Rechtsüberzeugung und die katholische Rechtsüberzeugung als gleich angesehen werden und die Parallelwertung in der Laiensphäre funktioniert.

 

Bei der Beurteilung von rein kirchlichen Delikten wie Sakrileg und Häresie sind Laien meist überfordert.

 

Abtreibung ist extrem häufig, auch von Laien erfassbar (ohne komplizierte Überlegungen, wann eine Abtreibung eine ist), selbst in katholischen Kreisen teilweise akzeptiert und im säkularen Recht dabei zum "Menschenrecht" zu mutieren. In diesem Sinn ist der höhere (Rechts-)schutz des CIC für ungeborenes Leben nicht unverständlich.

 

So charmant die Idee einer gewohnheitsrechtlichen Exkommunikation als Tatstrafe für Mörder ist, so wenig dürfte sie haltbar sein. Can. 23 CIC stellt allgemein hohe Hürden für das Entstehen kanonischen Gewohnheitsrechts auf, aus Can. 18 und 19 CIC ist m.E. sowieso ein striktes Gesetzlichkeitsprinzip zu folgern. Hinzu kommt, dass Can. 6 § 1 3° CIC alle Strafgesetze aufhebt, die vor dem CIC 1983 promulgiert wurden. Das heißt, es gibt außerhalb des CIC nur Strafrecht, das nach 1983 entstanden ist, und dass sich in dieser Zeit dein Gewohnheitsrecht gebildet hast, ist doch eher fernliegend. Schließlich wäre, selbst wenn es eine kanonische Straftat des Mordes gäbe, diese gem. Can. 1314 CIC eine Spruchstrafe.

Nein, der Befund ist klar: es gibt eine knappe und erratische Liste kirchlicher Straftaten und Mord fällt nicht hierunter.

Edith sprach nicht von Exkommunikation, sondern von schweren Sünden, die von den Sakramenten ausschließen.

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Mein Verständnis der päpstlichen Aussage, bei dem es sich selbstverständlich um das eines Außenstehenden handelt, und mit dem ich völlig daneben liegen könnte, ist: Natürlich ist mit der Exkommunikation nicht gemeint, dass jedem, der auf seiner Lohnsteuerkarte "Mafioso" stehen hat, von dem jeweiligen Priester das Brot und der Wein verwehrt wird. Sondern dass Franziskus meint, wer systematisch mordet und Menschen schindet, dem wird die Eucharistie nicht zuteil. Der mag an dem Ritual teilnehmen, aber Gott wird ihm fernbleiben, für ihn wird die Teilnahme an der Kommunion nicht mehr sein als die Einnahme von Esspapier und Wein. Ich sehe darin also keinen kirchenrechtlichen Akt, sondern eine theologische Aussage. Die auch beinhaltet, bzw. hätte lauten können: "Sie waren schon immer exkommuniziert".

bearbeitet von Marmot
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Ich finde es einfach gut, dass Franziskus zu diesem furchtbaren Zustand den Mund aufgemacht hat.

Vielleicht hat er dabei überhaupt nicht an kirchenrechtliche Feinheiten gedacht, sondern wollte sich schlicht auf die Seite der Opfer stellen, deren Elend ihn anrührt.

 

Exkommunikation hin oder Kirchenrecht her: Ein deutliches päpstliches Wort kann hier nicht schaden.

Ob es viel bewirkt, bezweifle ich zwar. Die Polizeiarbeit hat ja auch bisher nicht zu einer Beendigung maffioser Verbrechensstrukturen geführt.

Aber einfach mal ein Signal zu senden: "Ich habe das im Blickfeld. Und Maffia ist Sauerei. Und das von der Maffia erzeugte Elend ist grausam." ist zumindest mal ein Tröpfchen auf den heißen Stein.

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Es gibt eine kurze Liste von Fällen, in denen automatisch die Exkommunikation eintritt - es gibt kein umfassendes kirchliches Strafrecht innerhalb des CIC.

 

Du gehst anscheinend davon aus, daß die Exkommunikation eine Strafe wie eine Gefängnis- oder Geldbuße sei. Und ich denke, da liegt der Denkfehler. Die Aufgabe der Kirche ist nicht eine parallele Rechtsprechung - dafür ist sie schlichtweg nicht da (selbst wenn die Kirche die letzte funktionierende Organisation im Land wäre, hätte ich da bedenken). Und es überrascht mich, daß Du ihr eine solche Funktion attestierst.

 

Das kirchliche Strafrecht, kennt lediglich die "gerechte" Strafe für Kleriker die gegen ihre Amtspflichten verstoßen haben, aber selbst dieses "Strafrecht" wird bedingt durch die Versorgungspflichten der Kirche gegenüber ihren Klerikern. Gegenüber dem Laien hat sie keinerlei Jurisdiktion und weder das Personal noch die Mittel für eine Straßverfolgung.

 

Die Exkommunikation ist der Ausschluss von den Sakramenten und den Ämtern in der Kirche. Nicht mehr und nicht weniger. Und dieser Ausschluss ist niemals endgültig. Mit einer gültigen Beichte (und den gegebenenfalls einzuholenden bischöflichen bzw. päpstlichen Unterschriften) ist der Zustand im Prinzip jederzeit aufhebbar (heute - in uralten Zeiten gab es ja richtige Kataloge, wie die Bußzeiten aussahen). Im Gegensatz zu einer Haftstrafe...

bearbeitet von Flo77
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Edith sprach nicht von Exkommunikation, sondern von schweren Sünden, die von den Sakramenten ausschließen.

 

 

 

Ok, dann geht mein Beitrag natürlich ins Leere (Sorry, Edith!). Aber das ist doch m.W. ohnehin keine kirchenrechtliche Frage mehr, sondern allein eine moraltheologische, oder? Und von den Sakramenten trennt eine schwere Sünde, d.h. eine Auflehnung gegen die Schöpfungsordnung in einer schweren Angelegenheit (das ist Mord gewiss - wie auch zB Masturbation) aus freien Stücken.

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Es gibt eine kurze Liste von Fällen, in denen automatisch die Exkommunikation eintritt - es gibt kein umfassendes kirchliches Strafrecht innerhalb des CIC.

 

Du gehst anscheinend davon aus, daß die Exkommunikation eine Strafe wie eine Gefängnis- oder Geldbuße sei. Und ich denke, da liegt der Denkfehler. Die Aufgabe der Kirche ist nicht eine parallele Rechtsprechung - dafür ist sie schlichtweg nicht da (selbst wenn die Kirche die letzte funktionierende Organisation im Land wäre, hätte ich da bedenken). Und es überrascht mich, daß Du ihr eine solche Funktion attestierst.

 

 

 

Nein, der Punkt ist, dass das kirchliche Strafrecht einerseits überwiegend ein spezielles Klerikerstrafrecht ist - was ja völlig nachvollziehbar ist, dass aber andererseits eine Strafbestimmung für Abtreibung in diesem System sinnlos ist. Daher mein einleitender Kommentar: Das kirchliche Strafrecht ist nicht zu einem leidlich sinnvollen System kombinierbar, es leidet an unüberwindbaren Brüchen und Widersprüchen.

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Ich bin sowieso kein Freund von Exkommunikationen - unabhängig davon, ob es sich in diesem Fall um eine solche dreht, oder ob es sich um die (vermeintliche) Feststellung einer solchen dreht. Eine Beteiligung an Maffia-Aktivitäten bedeutet die Ansammlung schwerer Sünden. Und man muss sowieso im Einzelfall nachschauen, wie jemand da reingerutscht ist. Opfer- und Tätersein durchdringen sich ja oftmals unentwirrbar - selbst bei den allerschlimmsten Sünden.

 

Andererseits ist es auch für den Papst nicht leicht, eine gute Formulierung zu finden, die klar genug macht, dass es sich bei der Maffia um eine von der Kirche und vom Papst abgelehnte (tja ... dieses Wort ist eben zu schwach ...) Verbrecherorganisation dreht, die unvorstellbares Leid schafft. Da sind zum einen Sprachgewohnheiten im Spiel. Man spricht eben schnell mal von Exkommunikation, weil man das eben so macht, um eine ganz deutliche Ablehnung zu betonen. 2010 hat man ja bei den Missbrauchsskandalen ganz hübsch sehen können, wie schwer sich Bischöfe tun, ihre Ablehnung von solchen Verbrechen und ihr Mitgefühl mit den Opfern zu formulieren. Und im Vergleich zu mancher damaligen Verlautbarung finde ich Franziscus' Worte als wahre Perle. Da schwingt was. Seine Worte sind nicht das üblich nüchterne und politischkorrekte Blabla. "Mit großer Bestürzung ... möchte ich meine Entrüstung ausdrücken ... blubber, blubber"

 

Und: Dass der Papst einer seltsam scheinheiligen Lebensführung klar entgegenwirken will, finde ich sehr gut. Es soll ja Katholiken geben, die jeden Sonntag in die Kirche gehen, Rosenkranz beten bis zum Umfallen, sogar Beichte an Beichte reihen ... und sich dann als "gutkatholisch" betrachten, weil sie all dies tun. So Bagatellen wie Maffia-Verbrechen trüben ein solches Selbstverständnis manchmal nicht. So was soll es geben. Es gibt sogar ein Klischee, dass dies in Italien häufig vorkommen soll. Keine Ahnung, ob dieses Klischee zurecht oder zu Unrecht besteht.

 

Ich bin kein Freund von Exkommunikationen. Ich bin auch kein Freund davon, dass man "Christsein" und auch "Katholiksein" moralisch definiert. Selbst sehr gläubige Katholiken können furchtbare Moralversager sein - allerdings mit schlechtem Gewissen. Eine Gemeinschaft, die auch moralische Großversager aufnimmt, ihnen ins Gewissen redet, sie aber nicht rauswirft, halte ich für sinnvoll. Jesus, der zwar den Pharisäern allerschroffste Vorwürfe machen kann (Schlangenbrut, Natterngezücht, übertünchte Gräber, außen weiß getüncht und innen stinkig nach Verwesung), aber auch für sie sich hingibt und demonstrativ am Kreuz einem anderen (wohl nicht-pharisäischen) Großverbrecher das Himmelreich verheißt ... tja, der ist da mein Vorbild.

 

Nachdem sich hier die Diskussion sehr stark um rechtliche Eigenheiten der Exkommunikation dreht, wäre es vielleicht besser gewesen, wenn Franziskus dieses verfängliche Wort gar nicht benutzt hätte, sondern von Grund auf neu formuliert hätte (was er ja im Rest seiner Rede ganz gut getan hat). Ich kann mir nicht vorstellen, dass er mit seinen Worten begeisterten Kirchenrechtlern ihr Fresschen hinwerfen wollte. Ihm ging es um die Grausamkeit der Maffiaverbrechen und um das Elend, das sie erzeugen und darum, klipp und klar zu sagen, dass diese Verbrechen von der Kirche abgelehnt werden.

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Daher mein einleitender Kommentar: Das kirchliche Strafrecht ist nicht zu einem leidlich sinnvollen System kombinierbar, es leidet an unüberwindbaren Brüchen und Widersprüchen.

Schön, dies aus berufenem und rechtskompetentem Munde zu hören. Das denke ich schon lange. Und die ganze Kirchenjuristerei wäre mir erträglicher, wenn sich die Kirchenrechtler einig wären, dass das alles nur unbeholfene Hilfskonstruktionen sind, die man eben für die Praxis braucht, ohne einen ideologisch-theologischen Anspruch darin zu suchen. Nicht nur im kirchlichen Strafrecht, sondern zum Beispiel auch im Eherecht. Wirklich Gerechtigkeit schaffen kann man damit nicht. Wirklich Glauben praktizieren auch nicht. Hat man all die hübschen Normen interpretiert und exekutiert, steht man für den Glauben (und auch für die Gerechtigkeit) immer noch mit leeren Händen da.

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Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir dieser Thread klar macht, dass ich gar nicht richtig verstanden habe, warum man überhaupt von "Kirchenrecht" spricht. In meiner laienhaften Vorstellung war es quasi ein Nachäffen staatlichen Rechtes, das sich aus der jahrhundertelangen Verquickung von Staat und Kirche ergeben hat.

(Bzw auch wohl röm. Rechtsstrukturen über den Zerfall Roms hinaus konservierte, die dann im Frankenreich wiedererweckt wurden,)

Es weckt heute bei mir tlw Assoziation an historisch überlebten Prälaten- und Fürstbischofskarneval für Strukturkonservative, aber:

Eigentlich habe ich keine Ahnung, wie es wirklich entstanden ist und welche wirklich notwendigen Funktionen es noch erfüllt.

 

Was aber ist es wirklich?

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(...) eine Auflehnung gegen die Schöpfungsordnung in einer schweren Angelegenheit (das ist Mord gewiss - wie auch zB Masturbation) (...)

 

Die Unglaubwürdigkeit der Katholischen Kirche in Fragen der Moral in einem halben Satz auf den Punkt gebracht.

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Jepp. Das ist schon ein Perlchen wert.

Wobei man auch diese moralische Unglaubwürdigkeit nicht pauschalisieren darf. Es gibt auch in diesem Bereich Rosinen, die es zu picken gilt.

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Dass Abtreibung strafbewehrt ist, Mord und Vergewaltigung jedoch nicht mehr (außer über den 1399), ist nur so zu erklären, dass man zwar dem staatlichen Arm die Bekämpfung von Mord und Vergewaltigung etc. zutraute, bei der Abtreibung jedoch aus eher politischen Gründen keine kirchenrechliche Straffreiheit wollte.

 

So kann man das begründen und diese Begründung scheint mir durchaus schlüssig zu sein.

 

Allerdings kann man die Straffreiheit für Mord und Vergewaltigung gegenüber der Straffreiheit für Vergewaltigung auch ganz anders begründen - wenn man die historischen Fakten, die dazu geführt haben könnten - außer Acht lässt. Letzteres ist auch nicht verwerflich, sondern Allgemeingut, nachdem man ja nicht unbedingt Rechtshistoriker ist, wenn man mit den Normen in Berührung kommt.

 

Und aus meiner Sicht braucht man nicht mal einen Funken bösen Willen, um in erster Näherung zu unterstellen, das geborene Leben sei der Kirche weniger Wert als das Ungeborene. Und wenn man einen Vertreter der Kirche mit diesem Vorwurf konfrontiert und dieser dann nur von der "wirklich schlimmen Abtreibung" herumdruckst - vermutlich auch deswegen, weil er die rechtshistorischen Hintergründe nicht kennt - dann verfestigt sich eine unschöne Meinung.

 

Bizarr wird das Ganze dann noch wirklich, wenn man den Ausschluss von der Teilnahme an Sakramenten (der ja bei der Mehrheit der Katholiken mit der Exkommunikation gleichgesetzt wird) bei wiederverheirateten Geschiedenen mit der kirchenrechtlichen Straffreiheit bei Mord und Vergewaltigung in Beziehung bringt.

 

Ich frage mich manchmal, warum man nicht erkennt, was solche Rechtsruinen für vernichtende Bilder gerade bei engagierten Kirchengliedern (die anderen wird es oft nicht interessieren) verursachen können und warum man damit nicht irgendwann aufräumen will.

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Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir dieser Thread klar macht, dass ich gar nicht richtig verstanden habe, warum man überhaupt von "Kirchenrecht" spricht. In meiner laienhaften Vorstellung war es quasi ein Nachäffen staatlichen Rechtes, das sich aus der jahrhundertelangen Verquickung von Staat und Kirche ergeben hat.

(Bzw auch wohl röm. Rechtsstrukturen über den Zerfall Roms hinaus konservierte, die dann im Frankenreich wiedererweckt wurden,)

Es weckt heute bei mir tlw Assoziation an historisch überlebten Prälaten- und Fürstbischofskarneval für Strukturkonservative, aber:

Eigentlich habe ich keine Ahnung, wie es wirklich entstanden ist und welche wirklich notwendigen Funktionen es noch erfüllt.

 

Was aber ist es wirklich?

 

Das tut dem Kirchenrecht Unrecht an, es war eine Zeitlang an der Spitze der Rechtsentwicklung Europas bis es in Dunkelheit und Bedeutungslosigkeit versunken ist.

 

Ansonsten denke ich, dass unsere Diskussion nicht ferner von dem sein könnte, was Papst Franz gemeint hat. Denn dieser Papst gibt m.E. keinen Heller auf kirchenjuristische Befindlichkeiten und das ist ja gerade das Erfrischende an ihm.

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Ich muss mich Lothar anschließen, obwohl ich Chrysologus' Erklärung wieder mal äusserst hilfreich fand. Jedes "alte" Recht ist vermutlich voller sonderbarer Kuriositäten, aber die Kirche tut sich wirklich keinerlei Gefallen, nicht mal zum Schutz ungeborenen Lebens, wenn sie diese Missverhältnisse der Gewichtung von "Straftaten" am Leben erhält.

Vermutlich wäre es wirklich am besten, diese Fiktion eines kirchlichen "Strafrechts" überhaupt aufzuheben.

Im Bezug auf kriminelle Kleriker wäre es wohl schlicht das einfachste, ihnen eben nicht den ganzen Mummenschanz einer spez. rechtlichen Aura wg. der "Weihe" zukommen zu lassen, sondern ebenso mit ihnen verwaltungsrechtlich umzugehen, wie andere Institutionen das auch mit ihren gefallenen Funktionären tun. Sie schaden Menschen und deshalb bes. auch ihrer Institution, die sich aufgrund der Lehre ihres eigentlichen Oberhauptes, Christus, den Menschen in ganz außerordentlicher Weise verpflichtet hat.

Hirten, die ihre Schafe auf grausame Weise seelich oder körperlich misshandeln, sind eigentlich die einzigen, die er in seinen Worten ganz explizit verdammt werden - und wenn sie solches an Kindern tun, noch viel expliziter.

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So kann man das begründen und diese Begründung scheint mir durchaus schlüssig zu sein.

Es erklärt es zumindest - ob das schon eine Begründung ist, das halte ich für fraglich.

 

In meinem Schädel geistert allerdings doch noch eine Begründung herum: Das Abtreibungen im verborgenen stattfinden und leicht übersehen werden, braucht es die Tatstrafe, um hier dennoch handeln zu können. Etwas in der Art findet sich irgendwo in den Communicationes (das sind die Protokolle der Codexreformkommission.

 

Das tut dem Kirchenrecht Unrecht an, es war eine Zeitlang an der Spitze der Rechtsentwicklung Europas bis es in Dunkelheit und Bedeutungslosigkeit versunken ist.

 

Woran meine Zunft nicht ganz unschuldig ist - wir arbeiten dran.

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F1 und B16 läßt mich innerlich immer nach Jagd- und Bombenflugzeugen Ausschau halten...

Die sind beide Asbach. Interessant dagegen, wie hier eine religiöse Aussage bzgl. der Teilhaftigkeit von Verbrechern inkl. organisierter selbiger an diversen spirituellen Umständen, die obendrein auch für Außenstehende einfach nachvollziehbar ist, juristisch kategorisiert und breitgelabert wird. Probleme kann man haben.

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Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir dieser Thread klar macht, dass ich gar nicht richtig verstanden habe, warum man überhaupt von "Kirchenrecht" spricht. In meiner laienhaften Vorstellung war es quasi ein Nachäffen staatlichen Rechtes, das sich aus der jahrhundertelangen Verquickung von Staat und Kirche ergeben hat.

(Bzw auch wohl röm. Rechtsstrukturen über den Zerfall Roms hinaus konservierte, die dann im Frankenreich wiedererweckt wurden,)

Es weckt heute bei mir tlw Assoziation an historisch überlebten Prälaten- und Fürstbischofskarneval für Strukturkonservative, aber:

Eigentlich habe ich keine Ahnung, wie es wirklich entstanden ist und welche wirklich notwendigen Funktionen es noch erfüllt.

 

Was aber ist es wirklich?

Wo immer Menschen zusammen wirken gibt es Verabredungen, wie dies zu geschehen hat. Angefangen von den beiden Kleiderhaufen, die das Tor begrenzen (der Architekt hat bei der Anlage des Garagenhofes leider nur an die Autos gedacht und keine Fifa-Maße zugrunde gelgt...), über den Putzplan in der WG-Küche (Verschriftlichung!), über Vereins- und sonstige Satzungen,...

So braucht und hat auch die katholische Kirche (mit 1,2 Milliarden Mitglieder eine der größten Organisationen der Welt!) Regeln, die ihre inneren Belange regeln. Und bei der Größe und Bedeutung dieser Organisation ist es sogar sehr gut, daß diese Regeln etablierten juristischen Prinzipien entsprechen und nicht von Liesschen Müller am Küchetisch zusammengeschustert wurden. Auch, wenn die Entwicklung der Rechstsysteme das Kirchenrecht längst überholt haben mag.

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(...)

So braucht und hat auch die katholische Kirche (mit 1,2 Milliarden Mitglieder eine der größten Organisationen der Welt!) Regeln, die ihre inneren Belange regeln. Und bei der Größe und Bedeutung dieser Organisation ist es sogar sehr gut, daß diese Regeln etablierten juristischen Prinzipien entsprechen und nicht von Liesschen Müller am Küchetisch zusammengeschustert wurden. (...)

 

Ich vermute, dass die Regeln, die Luise Müller am Küchentisch geschrieben hätte, menschlicher und lebensnäher wären als manches juristische Konstrukt aus dem Kirchenrecht.

 

Alfons

bearbeitet von Alfons
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Ich vermute, dass die Regeln, die Luise Müller am Küchentisch geschrieben hätte, menschlicher und lebensnäher wären als manches juristische Konstrukt aus dem Kirchenrecht.

Das mag sein - nur würde wohl jeder Winkeladvokat sie mit Leichtigkeit auseinanderpflücken können. Rechtskonstrukte müssen allgemein sein, was sie in einen prinzipiellen Widerspruch zu "menschlich und lebensnah" stellt. Wobei das Kirchenrecht da doch eine geniale Salvationsklausel hat: "Das wichtigste aber ist das Heil der Seelen".

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(...)

So braucht und hat auch die katholische Kirche (mit 1,2 Milliarden Mitglieder eine der größten Organisationen der Welt!) Regeln, die ihre inneren Belange regeln. Und bei der Größe und Bedeutung dieser Organisation ist es sogar sehr gut, daß diese Regeln etablierten juristischen Prinzipien entsprechen und nicht von Liesschen Müller am Küchetisch zusammengeschustert wurden. (...)

 

Ich vermute, dass die Regeln, die Luise Müller am Küchentisch geschrieben hätte, menschlicher und lebensnäher wären als manches juristische Konstrukt aus dem Kirchenrecht.

 

Alfons

 

Das ist jetzt OT(aber ein wenig analog): die selben Beobachtungen kann man im staatlichen Bereich oft genug bei den Verordnungen machen (nur im Schulbereich???): "So ein Schmarrn", "das steht aber in der Schulordnung." "Seit wann ist das ein Widerspruch?" :blush:

bearbeitet von Elima
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