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Die "richtige" Moral in Theorie und Praxis


Shubashi

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Lenk nicht ab. Es ging nicht darum, wie es zustande kam, es ging um die Frage, ob die Kirchen einem ihre Moral aufzwingen würden oder nicht.

Es geht sehr wohl darum, wie das entstanden ist. Ansonsten geht nämlich Dein Argument wieder in die falsche Richtung, nämlich in die Kritik der Gesetzgebung. Wenn Du der Auffassung bist, dass jede Entscheidung des Parlaments, die durch Überzeugung anderer (in diesem Fall: Der Lobbygruppen) entstanden ist, ein "Aufzwingen der Moral der Lobbygruppen" ist, dann hat das primär nicht oder nicht viel mit Kirchen zu tun, sondern mit der Struktur der Legislative in unserem Land.

 

Oder geht es Dir bei den Lobbygruppen nur um die Kirchen und nicht um die anderen, die uns "ihre Vorstellungen / ihre Moral aufzwingen"?

 

Die Antwort ist eindeutig: Ja, wenn sie es können,

Das ist so Basic, dass es natürlich stimmt. Jeder, der Vorstellungen davon hat, wie eine Gesellschaft richtig gestaltet sein sollte, würde seine Vorstellungen versuchen, durchzusetzen, wenn er das könnte. Ja und? Der deutsche Bundestag hat 630 Mitglieder und gehört damit zu den eher großen Parlamenten weltweit. Eine gewisse Meinungsvielfalt wird da schon vorhanden sein, auch bezüglich der Kirchen. Oder der Gesellschaft für Wehrtechnik.

 

gegen den Willen der Mehrheit und gegen bestimmte juristische Prinzipien mal eben so geändert.

Bei dem Willen der Mehrheit waren wir schon mal. Nicht wenige Gesetze - von denen Du sicherlich einige auch gut findest - werden gegen den Willen der Mehrheit beschlossen.

 

dass die Kirchengremien gut bezahlte Endlagerstätten für ausgebrannte Politiker sind.

Willst Du damit sagen, dass Politiker gezielt in Kirchengremien geschickt werden, und dass sie dafür (von wem eigentlich) gut bezahlt werden? Wenn ja, hättest Du dafür einen Beleg? Davon habe ich bisher zumindest nichts gehört (was nicht bedeuten soll, dass es nicht so sein könnte - die Verhältnisse in den Großkirchen sind mir etwas ferner).

 

sie benutzt die Privilegien, die ihr u. a. die Faschisten verschafft haben.

Ja, so wie die Faschisten das erste Gesetz weltweit zum Altöl- und Zündkerzenrecycling und das erste Gesetz weltweit zur Regelung des Scheck- und Wechselverkehrs geschaffen haben. Soweit ich weiß, wurden die Privilegien der Kirche nicht erst durch die Nazis eingeführt, sondern von diesen durch die entsprechenden Verträge kodifiziert. Sie waren aber - zumindest teilweise - schon vorher da.

 

Aber es wäre durchaus sinnvoller, auf die nach 1945 folgenden 70 Jahre zu schauen, in denen es ein durchgängiges Prinzip der Verfassungsgerichte war, die in DE tatsächlich teilweise fehlende Trennung zwischen Staat und Kirche(n) grundsätzlich nicht in Frage zu stellen. Das kann man ja nun zumindest seit 1990 wohl kaum mehr den Nazis anlasten.

 

Man wird sich wohl damit abfinden müssen (bzw. auf ganz normalem politischen Wege dagegen ankämpfen), dass die Mehrheiten in unserem Land derzeit für eine strikte Trennung von Staat und Kirche nicht vorhanden sind und dass keine grundsätzlichen Verfassungsbedenken gegen die momentane Situation bestehen.

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Ist Lobbyismus undemokratisch?Exakt. Ich halte überhaupt nichts davon, Gesetze auf der Grundlage von Umfragen zu machen, und schon gar nichts von Volksabstimmungen. Das führt nämlich dazu dass am Ende der Shitstorm oder die Bildzeitung regiert. Beides möchte ich nicht so gerne.

Tja, das kommt mir jetzt bekannt vor "Der Pöbel darf den Herrschenden nicht ins Handwerk pfuschen" ...

 

Interessant daran :

1. Gehen Volksabstimmungen zu Ungunsten der Kirche aus, sind sie schlecht ...

2. Gehen die zu Gunsten der Kirche aus, hat "das Volk gesprochen" und sie werden bejubelt.

3. Seltsamerweise leben z.b. die Schweizer recht gut mit dieser Form der "Pöbelherrschaft".

 

Aber du hast recht, Volksabstimmungen sind gefährlich, für die Politikerkaste, weil die das Potential haben, wirklich etwas im Sinne des Volkes zu ändern, das darf natürlich nicht sein, das wär ja demokratisch ...

bearbeitet von Gallowglas
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Selbstverständlich nutzt die Kirche die Methoden der Demokratie, um ihre Morallehre durchzusetzen, anders ginge es ja auch nicht. jedenfalls bei uns.

 

Das ist aber gar nicht der Punkt.

 

Die Behauptung war, die Moral sei völlig nebensächlich, wichtig sei die Glaubenslehre.

Das mag für das Christentum sogar gelten.

Für die Kirche ist das genaue Gegenteil wahr.

 

Was den Glaube angeht, hat sich die Kirche seit den 2. Vatikanum dazu durchgerungen, das jedem selbst zu überlassen.

Sie vertritt Glaubensfreiheit und lehnt es (sehr zum Verdruß altgläubiger Katholiken übrigens) ab, da dem Individuum irgendwelche Vorschriften zu machen.

 

Bei der Morallehre ist das nicht der Fall. Da nutzt die Kirche jede sich bietende Gelegenheit, und natürlich auch den demokratischen Prozess, ihre Morallehre, wenn es irgendwie möglich ist, zum allgemeinen Gesetz zu machen. Sterbehilfe, Ehe für Alle, Scheidung (z. B. Malta!), sie lässt nichts unversucht, ihre Morallehre allgemeinverbindlich zu machen.

 

Tatsache ist also: In Sachen Glauben darf jeder glauben was er will, in Sachen Moral soll sich möglichst die ganze Welt nach der Kirche richten.

Daraus folgt, Moral ist wesentlich wichtiger als Glaube.

 

Für die Kirche wohlgemerkt.

 

Für das Christentum, der Meinung bin ich, ist es das nicht richtig.

 

Aus diesen Tatsachen mag nun jeder seine Schlüsse ziehen.

 

Werner

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Selbstverständlich nutzt die Kirche die Methoden der Demokratie, um ihre Morallehre durchzusetzen, anders ginge es ja auch nicht. jedenfalls bei uns.

 

Das ist aber gar nicht der Punkt.

Für mich war genau das der Punkt, da nach meinem Verständnis z.B. durch Volker genau das beanstandet wurde (bzw. es ging um den Begriff "Zwang").

 

Für die Kirche ist das genaue Gegenteil wahr.

 

Tatsache ist also: In Sachen Glauben darf jeder glauben was er will, in Sachen Moral soll sich möglichst die ganze Welt nach der Kirche richten.

Daraus folgt, Moral ist wesentlich wichtiger als Glaube.

 

Für die Kirche wohlgemerkt.

Den Eindruck könnte man in erster Näherung durchaus gewinnen, wobei ich mir nicht sicher bin, ob das so bewusst geplant ist oder eine Art Rückzugsgefecht ist, nachdem man inzwischen wohl auch in der RKK mehrheitlich eingesehen hat, dass man Glauben im engeren Sinne nicht anordnen kann. Mit Moralvorstellungen, vor allem wenn sie konkret ausgelegt werden, wie das auch die RKK macht, geht das wesentlich einfacher.

 

Für das Christentum, der Meinung bin ich, ist es das nicht richtig.

Wenn man von der Annahme ausgeht, dass alle Kirchen in DE in irgend einer Weise die Una Sancta - wenn auch nur zu einem Teil - repräsentieren (woran ja nun auch die RKK lehramtlich nicht mehr zweifelt), dann scheinst Du Recht zu haben. Nachdem z.B. bei der Frage der Wiederheirat selbst die ansonsten extrem konservativen Orthodoxen und Altorientalen hier eine andere Auffassung haben als die RKK.

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2. Gehen die zu Gunsten der Kirche aus, hat "das Volk gesprochen" und sie werden bejubelt.

Ich kann mich nicht erinnern, dass Thomas so argumentiert hätte.

 

Seltsamerweise leben z.b. die Schweizer recht gut mit dieser Form der "Pöbelherrschaft".

Ich kann mich nur wiederholen: Volksabstimmungen über Einbürgerungen, auf die eventuell schon ein Rechtsanspruch besteht (was es in der Schweiz gibt und was regelmäßig bei bestimmten Herkunftsländern zu massiven Schwierigkeiten führt), Volksabstimmungen über Minderheitenrechte, Volksabstimmungen über Justizbeamte halte ich tatsächlich für problematisch.

 

Eine unbeschränkte Demokratie (ich weiß nicht, ob es die überhaupt gibt, denn dann wäre es Anarchie) kann weder Rechtsstaatlichkeit noch einen Schutz von Rechten des Einzelnen vor der Gemeinschaft (bei uns oftmals "Staat" genannt) garantieren. Hierzu benötigt es einschränkende Regelungen.

 

Die Schweiz ist derzeit in einem Umdenkprozess, so wird in einer (IMO derzeit steigenden) Anzahl von Gemeinden nicht mehr über bestimmte Einbürgerungen entschieden.

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Es kommt darauf an, wie man das Wort "Zwang" versteht.

Wenn ich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln versuche, meine Moral allgemeinverbindlich zu machen und widersprechende Moralvorstellungen illegal, dann ist das natürlich der Versuch eines Zwangs zum Einhalten meiner Moral.

Wie ich bereits sagte: Wenn jemand etwas Anderes glaubt, findet die Kirche das voll in Ordnung, wenn jemand eine andere Moralvorstellung hat, versucht die Kirche ihm das gesetzlich zu verbieten. Da ist es sehr eindeutig, dass die Moral wesentlich wichtiger ist als der Glaube.

Wobei, ich wiederhole mich, das kein Webfehler des Christentums ist, sondern einer der Kirche.

 

Werner

bearbeitet von Werner001
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Zu dieser Frage hat mich der Thread "Domini canes" angestiftet:

ich bin erstaunt, wie harsch hier manchmal moralische Gewissheiten formuliert werden, obwohl ich auch in katholischer Theorie und Praxis heute eher Unsicherheit, Suchen und Widersprüchlichkeit entdecke.

 

Ich muss gestehen, dass mir dieserlei Selbstsicherheit daher eher schwer fällt, einerseits sicherlich aus Mangel an theologischem Wissen, zum anderen aber auch aus der Überzeugung, dass der katholisch-moralische Appell heute wirklich nur noch ein Beitrag unter vielen sein, und wir Katholiken die Notwendigkeit zur individuellen Gewissensentscheidung in der Moderne nun mal mit allen anderen Weltanschauungen teilen.

Die Verlockung, in der pluralen Welt einfach seine ureigenen individuellen Interessen zum Maßstab zu erheben oder sich ohne Nachzudenken schlicht dem jeweiligen geistlichen oder weltlichen Mainstream unterzuordnen, ist natürlich groß, aber für mich ist das Faszinierende einer Weltkirche heute eher, sie als großen Impulsgeber zu sehen, der aus einer langen Tradition schöpfen kann - und die dabei im Idealfall gar nicht anders kann, als der Gewissensfreiheit des Einzelnen den Vorrang einzuräumen.

Für mich ist also das, was Konservative manchmal als "zeitgeistige Schwäche" kritisieren eher eine Stärke.

 

Oder ist das doch nur eine bequeme Weltsicht, die schon immer als "Lauheit" durch die gesamte Kirchengeschichte verdammt wurde?

Ehrlich gesagt verstehe ich die Frage nicht ganz.

 

Im Anfang war die christliche Moral - wie auch heute wieder - die Konsequenz des christlichen Glaubens. Aus dem Glauben heraus ergaben sich für die Glaubenden bestimmte Handlungsmuster, Wertmaßstäbe, Entscheidungshilfen.

 

Mit dem ersten Niedergang der Katechese (oder auch mit dem Wechsel von der Entscheidungs- zur Volksreligion) wurde der persönliche Glauben von der Moral "entkoppelt" und die "Moral" wurde zum allgemeinen Handlungsmuster bzw. zur Grundlage von Sitte und Gesetz. In dieser Phase wurden dann auch "Werte" in das Christentum eingeschleppt, die nicht originär waren (wie z.B. die Unterordnung der Frauen, etc.).

 

Diese "Grundordnung" mit all ihren Justierungen durch die Geschichte hat die Kirche als Institut grundsätzlich beibehalten, weshalb man auch immer noch einer "christlichen Moral" sprechen kann, die eine gewisse Allgemeinverbindlichkeit hat.

 

Für heutige "Entscheidungschristen" spielt dieses Institut nur noch eine untergeordnete Rolle. Hier ist die persönliche Moral als Konsequenz aus dem eigenen Weltbild entscheidend. Was nicht tragisch ist, wenn diese Konsequenzen aus einer guten Katechese und einem tiefen Glauben gezogen werden. Ob das immer so der Fall ist, entzieht sich einer objektiven Kontrolle.

 

 

Lustigerweise bin ich ebenfalls nicht sicher, ob ich Dich richtig verstehe.

 

Vielleicht treffe ich es so:

Du beziehst Dich quasi auf eine Moral, die gleichzeitig mit dem christlichen Glauben entstanden ist. Ich bin mir da nicht so sicher - ich denke erst mal, dass in Bezug auf die Moral auch Christen viele Vorstellungen ihres jeweiligen Umfeldes geteilt haben, Heiden Heidnisches wie Juden Jüdisches.

 

Eine ausgefeilte Morallehre entstand erst im Lauf der Zeit, je umfassender der Einfluß der Kirche als Glaubensinstanz war, desto umfassender verfasste sie Regeln für den Alltag und das gesellschaftliche Leben.

Wenn man sich diese Entwicklung immer als ein bisschen "verspätet" vorstellt, d.h. die Kirche folgt den Fragen, die Gesellschaft an sie stellt, dann könnte man sich für unsere Zeit vorstellen, dass Kirche mit ihrer "Morallehre" eben auch verspätet aus einer Zeit viel größerer allgemeiner Anerkennung und Regelkompetenz reagiert.

 

D.h. die Kirche ist eben bei uns inzwischen nur noch eine Stimme unter vielen, die der Gläubige anders wahrnimmt, als in Gesellschaften mit starker kirchlicher Dominanz (Don Gato bringt das Beispiel DomRep).

Ich denke, als Weltkirche sollte sie sich dieser Spannbreite noch bewusster sein - der Weg von Franziskus, in der Weltkirche darüber offen zu sprechen, evtl. aber letztlich den Ortskirchen und Landeskirchen mehr Spielraum zu lassen, ist da vielleicht gar nicht schlecht (falls ich ihn da überhaupt richtig vestanden habe.)

 

Edit: @Werner

Schön, Dich wieder zu lesen.

bearbeitet von Shubashi
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Selbstverständlich nutzt die Kirche die Methoden der Demokratie, um ihre Morallehre durchzusetzen, anders ginge es ja auch nicht. jedenfalls bei uns.

 

Das ist aber gar nicht der Punkt.

Für mich war genau das der Punkt, da nach meinem Verständnis z.B. durch Volker genau das beanstandet wurde (bzw. es ging um den Begriff "Zwang").

 

Tatsache ist also: In Sachen Glauben darf jeder glauben was er will, in Sachen Moral soll sich möglichst die ganze Welt nach der Kirche richten.

Daraus folgt, Moral ist wesentlich wichtiger als Glaube.

Den Eindruck könnte man in erster Näherung durchaus gewinnen, wobei ich mir nicht sicher bin, ob das so bewusst geplant ist oder eine Art Rückzugsgefecht ist, nachdem man inzwischen wohl auch in der RKK mehrheitlich eingesehen hat, dass man Glauben im engeren Sinne nicht anordnen kann. Mit Moralvorstellungen, vor allem wenn sie konkret ausgelegt werden, wie das auch die RKK macht, geht das wesentlich einfacher.

 

Und das ist jetzt kein "Zwang"? ;) Die christlichen Kirchen nutzen seit Bestehen der BRD ihre Kontakte zur Politik, um ihre Vorstellungen, die eigentlich nur für ihre Mitglieder verbindlich sein sollten, allen Bürger aufzunötigen.* Es ist das gleiche Mißverständnis, daß wir im Moment in Ungarn, Polen oder der Türkei beklagen, das Verwechseln von Demokratie und Herrschaft der Mehrheit. Demokratie ist aber (oder sollte sein) die Herrschaft des Volkes, wobei nur die Mehrheit die jeweilige, vorübergehende Regierung stellt. Demokratie ist also mindestens so sehr die Frage nach den Grenzen dessen, was eine Mehrheit darf (oder die, die in ihrem Namen meinen sprechen zu dürfen). Ich denke, die Kirchen werden das noch merken, wenn sich einmal Mehrheiten gegen sie zusammenfinden, und dann vermutlich lauthals beklagen.

 

__________

* Man kann mal spaßeshalber die Führungsspitzen unserer Parteien nach offiziellen Parteigängern der jeweiligen Kirchen untersuchen, ganz unabhängig von der jeweiligen Parteifarbe. Noch krasser wird das Mißverhältnis, wenn man sich die Funktionärsebene der Parteien anschaut und verwundert feststellt, wieviele der vermeintlich Ehrenamtlichen hauptberuflich bei Kirchens beschäftigt sind, und zwar nicht nur bei Parteien, die das "christlich" im Namen führen.

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Und das ist jetzt kein "Zwang"? ;) Die christlichen Kirchen nutzen seit Bestehen der BRD ihre Kontakte zur Politik, um ihre Vorstellungen, die eigentlich nur für ihre Mitglieder verbindlich sein sollten, allen Bürger aufzunötigen.*

Gleiches kann man von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden sagen. Zwang wird es aber erst dadurch, dass die Abgeordneten dem zustimmen und damit erklären, dass sie es für sinnvoll halten, dass die Allgemeinheit sich insgesamt dran hält.

 

Demokratie ist also mindestens so sehr die Frage nach den Grenzen dessen, was eine Mehrheit darf (oder die, die in ihrem Namen meinen sprechen zu dürfen). Ich denke, die Kirchen werden das noch merken, wenn sich einmal Mehrheiten gegen sie zusammenfinden, und dann vermutlich lauthals beklagen.

Natürlich. Da zweifle ich ja nicht daran, und z.B. bezüglich dem derzeit noch recht weit ausgelegten Tendenzschutz würde ich eine rechtliche Neueinschätzung geradezu herbeisehnen. Das ist doch das Natürlichste in einer Demokratie, dass Meinungen nicht nur durchgesetzt, sondern auch überstimmt werden können. Und es ist das Natürlichste auf der Welt, dass dann diejenigen, die dann nicht mehr die Berücksichtigung wie vorher finden, vom Untergang des christlichen Abendlandes oder sonst was reden. Ja und? Hat hier jemand in diesem Thread vertreten, dass das nicht so sein dürfte?

 

Noch krasser wird das Mißverhältnis, wenn man sich die Funktionärsebene der Parteien anschaut und verwundert feststellt, wieviele der vermeintlich Ehrenamtlichen hauptberuflich bei Kirchens beschäftigt sind, und zwar nicht nur bei Parteien, die das "christlich" im Namen führen.

Du bist nun der Zweite nach Volker, der sinngemäß das schreibt. Das mag ja wirklich so sein - ich weiß es nicht - aber es ist mir bisher noch nicht aufgefallen. Bisher habe ich eher den Eindruck, dass sehr viele Abgeordnete aus dem "normalen" Öffentlichen Dienst kommen oder irgendwie mit Firmen verbandelt sind.

 

Ich habe gegenüber Thomas geschrieben, dass ich mir nicht sicher bin, inwieweit Lobbyismus undemokratisch ist. Mit Sicherheit sind Verbandelungen von Abgeordneten oder hohen Parteifunktionären mit Organisationen dann hochgradig problematisch, wenn man den Hintergrund zu wenig erkennen kann.

 

Ich erinnere hier an den erfolgreichen Vorstoß von Helmut Kohl, die Begutachtung von Arzneimitteln durch die Firmen selber bezahlen und beauftragen zu lassen, mit der Begründung, dass derjenige, der etwas will, das auch managen soll. Seither gibt es regelmäßig Einseitigkeitsvorwürfe an die entsprechenden Gutachten.

 

Oder an den massiven, nicht erfolgreichen Versuch einer bayerischen SPD-Vorsitzenden, gegen die Offenlegung der Rücklagen in der Versicherungsbranche Stimmung zu machen.

 

Oder - liegt schon lange zurück - der Kampf von Rita Süssmuth um die Aufhebung der Rezeptpflicht für Ibuprofen, als die Begutachtung noch nicht ganz abgeschlossen war (das war erfolgreich, aber letztlich nicht falsch - nur was das damals eben noch nicht ganz klar).

 

Zusammenhänge mit entsprechenden Firmen sind da IMO nicht zufällig.

 

Das ist aber wiederum kein Problem der Kirchen, sondern ein Problem der für versteckten Lobbyismus anfälligen Legislative.

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Und das ist jetzt kein "Zwang"? ;) Die christlichen Kirchen nutzen seit Bestehen der BRD ihre Kontakte zur Politik, um ihre Vorstellungen, die eigentlich nur für ihre Mitglieder verbindlich sein sollten, allen Bürger aufzunötigen.*

Gleiches kann man von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden sagen. Zwang wird es aber erst dadurch, dass die Abgeordneten dem zustimmen und damit erklären, dass sie es für sinnvoll halten, dass die Allgemeinheit sich insgesamt dran hält.

 

Demokratie ist also mindestens so sehr die Frage nach den Grenzen dessen, was eine Mehrheit darf (oder die, die in ihrem Namen meinen sprechen zu dürfen). Ich denke, die Kirchen werden das noch merken, wenn sich einmal Mehrheiten gegen sie zusammenfinden, und dann vermutlich lauthals beklagen.

Natürlich. Da zweifle ich ja nicht daran, und z.B. bezüglich dem derzeit noch recht weit ausgelegten Tendenzschutz würde ich eine rechtliche Neueinschätzung geradezu herbeisehnen. Das ist doch das Natürlichste in einer Demokratie, dass Meinungen nicht nur durchgesetzt, sondern auch überstimmt werden können. Und es ist das Natürlichste auf der Welt, dass dann diejenigen, die dann nicht mehr die Berücksichtigung wie vorher finden, vom Untergang des christlichen Abendlandes oder sonst was reden. Ja und? Hat hier jemand in diesem Thread vertreten, dass das nicht so sein dürfte?

 

Noch krasser wird das Mißverhältnis, wenn man sich die Funktionärsebene der Parteien anschaut und verwundert feststellt, wieviele der vermeintlich Ehrenamtlichen hauptberuflich bei Kirchens beschäftigt sind, und zwar nicht nur bei Parteien, die das "christlich" im Namen führen.

Du bist nun der Zweite nach Volker, der sinngemäß das schreibt. Das mag ja wirklich so sein - ich weiß es nicht - aber es ist mir bisher noch nicht aufgefallen. Bisher habe ich eher den Eindruck, dass sehr viele Abgeordnete aus dem "normalen" Öffentlichen Dienst kommen oder irgendwie mit Firmen verbandelt sind.

 

[..]

Das ist aber wiederum kein Problem der Kirchen, sondern ein Problem der für versteckten Lobbyismus anfälligen Legislative.

 

Dein Eindruck täuscht nicht. Hat was mit den komfortablen Freistellungsoptionen zu tun.

 

P.S. Versteckten Lobbyismus hast du auch bei Wikipedia. Und vielleicht auch hier?

bearbeitet von teofilos
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Die Diskussion ist seltsam.

Jede Vorschrift beinhaltet Zwang.

Ich würde gern weiterfahren, aber die rote Ampel zwingt micht zum stehenbleiben.

Natürlich ist das Zwang.

 

Das ist aber gar nicht das, worum es geht.

 

Worum es geht, ist die tatsache, dass der Kirche ihre Moralvorstellungen so wichtig sind, dass sie alles daran setzen, sie mit derartigem Zwang allgemein durchzusetzen. Ihr Glaube ist ihr dagegen so wenig wichtig, dass bei diesem Thema der Tenor eher ist "was einer glaubt ist egal, Hauptsache alle haben sich lieb". Wobei der zweite Teilsatz schon wieder ein moralischer ist.

 

"Eigentlich" geht es beim Christentum um Glauben, und, Flo hat das schon richtig gesagt, Moral ist allenfalls eine Folge davon. Wobei der chrsitliche Glaube aber so gestrickt ist, dass unterschiedliche Menschen durchaus zu unterschiedlichen Moralvorstellungen kommen können.

 

Das unterscheidet das Christentum wesentlich vom Islam. Dessen Glaubenslehre lässt sich im Untertitel des Highlanders zusammenfassen "es kann nur einen geben", das war es dann auch schon. Alles andere ist, und das bestreitet im Islam auch niemand, reine Morallehre. Schon der Koran besteht zu 97% aus "tus dies, lass jenes, verhalte dich so" usw. usf. Eine reine Morallehre, weshalb dort auch Dinge wie die richtige Kleidung etc. so furchtbar wichtig sind.

 

Das Christentum dagegen hat eine sehr komplexe Glaubenslehre während sich die im eigentlichen Christentum vorhandene Morallehre auf ein Schlagwort eindämpfen lässt, das berühmte "liebe, und tu was du willst".

 

Das macht das Christentum kompliziert und den Islam simpel, ein Grund für den erfolg des Islam, denn die Mehrheit der Menschen ist eher simpel gestrickt.

 

Wenn man die Beweggründe hört, warum Menschen vom Islam zum Christentum konvertieren, hört man immer wieder, dass der Islam mit seinen ganzen Vorschriften, denen man zu folgen habe, als beengend empfunden wird, während das Christentum mit Themen wie Erlösung, Menschwerdung Gottes usw. fasziniert. Da werden also Leute von der Moral abgestoßen und vom Glauben angezogen.

 

Umgekehrt erzählen Leute, die vom Christentum zum Islam konvertieren, oft, dass sie die rigiden Moralvorschriften des Islam toll finden, man bekommt klare Vorschriften und weiß in jeder Lebenslage, wie man sich zu verhalten hat.

 

Wenn nun christliche Funktionäre meinen, sie müssten aus dem Christentum eine Morallehre machen, können sie damit vielleicht bei ein paar simpel gestrickten Menschen punkten, die moralischen Halt suchen (wenn die nicht dann gleich zum Islam gehen), aber sie verprellen auf der anderen Seite zunehmend die Leute, die zwar eine geistige Heimat, aber keinen Moralismus suchen. Das ist umso trauriger, als, wie gesagt, der Moralismus eigentlich gar nichts mit dem Christentum zu tun hat.

 

Werner

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Worum es geht, ist die tatsache, dass der Kirche ihre Moralvorstellungen so wichtig sind, dass sie alles daran setzen, sie mit derartigem Zwang allgemein durchzusetzen. Ihr Glaube ist ihr dagegen so wenig wichtig, dass bei diesem Thema der Tenor eher ist "was einer glaubt ist egal, Hauptsache alle haben sich lieb". Wobei der zweite Teilsatz schon wieder ein moralischer ist.

 

"Eigentlich" geht es beim Christentum um Glauben, und, Flo hat das schon richtig gesagt, Moral ist allenfalls eine Folge davon. Wobei der chrsitliche Glaube aber so gestrickt ist, dass unterschiedliche Menschen durchaus zu unterschiedlichen Moralvorstellungen kommen können.

 

Das unterscheidet das Christentum wesentlich vom Islam. Dessen Glaubenslehre lässt sich im Untertitel des Highlanders zusammenfassen "es kann nur einen geben", das war es dann auch schon. Alles andere ist, und das bestreitet im Islam auch niemand, reine Morallehre. Schon der Koran besteht zu 97% aus "tus dies, lass jenes, verhalte dich so" usw. usf. Eine reine Morallehre, weshalb dort auch Dinge wie die richtige Kleidung etc. so furchtbar wichtig sind.

 

Das Christentum dagegen hat eine sehr komplexe Glaubenslehre während sich die im eigentlichen Christentum vorhandene Morallehre auf ein Schlagwort eindämpfen lässt, das berühmte "liebe, und tu was du willst".

 

Ob das Glaubenssystem des Christentums wirklich "komplex" ist, bliebe zu diskutieren. Vorallem, ob die komplette Komplexität erfasst worden sein muss, um die sich daraus ergebende Moral sicher ableiten zu können.

 

Es sind eigentlich nur sehr wenige Glaubenssätze die die Basis bilden.

 

Ich denke der Hang ein bestimmtes moralisches Handeln in allgemeine Gesetze fassen zu wollen, hängt auch mit der Idee vom Heil der Seelen zusammen. Auch wer nicht glaubt, kann durch sein Handeln auf diese Weise nicht ganz verloren gehen. Ob nun die Verantwortung der Kirche tatsächlich soweit reicht, daß sie dafür die Bevölkerung in Form von allgemeinen GEsetzen bevormunden muss ware eine gute Frage für das Bischöfliche Kollegium. Insbesondere ob diese Idee heute noch zeitgemäß ist und dem Bild vom verständigen und eigenverantwortlichen Menschen entspricht.

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Ob das Glaubenssystem des Christentums wirklich "komplex" ist, bliebe zu diskutieren. Vorallem, ob die komplette Komplexität erfasst worden sein muss, um die sich daraus ergebende Moral sicher ableiten zu können.

Es ist sehr komplex. Solche Dinge wie Erlösungsbedürftigkeit, Erlösung, Menschwerdung, Trinität mit allem daraus Resultierenden sind nicht einfach. Und das ist bei weitem nicht alles. Wie simpel ist dagegen "Es gibt nur einen Gott und M ist sein P".

Ich glaube nicht, dass viele Menschen in der Lage sind, das christliche Glaubenssystem vollumfänglich zu erfassen, weshalb es ja schon immer eine sehr komplexe Theologie gibt (im Islam gibt es das nicht, da ist die Aufgabe der Geistlichkeit die Verbreitung und Überwachung der Morallehre).

"Die" sich aus dem christlichen Glauben ergebende Moral gibt es nicht. Es gehört zum Grundwesen des Christentums, dass jeder gehalten ist, sich Gedenken darüber zu machen, welche moralischen Konsequenzen er zieht, und die können durchaus bei unterschiedlichen Menschen unterschiedlich ausfallen. Gäbe es "die" christliche Moral, bräuchte man sich um den komplizierte Glauben ja gar nicht mehr sorgen. Man würde einen Moralkatalog aufstellen und fertig wäre das Christentum. Dieser Versuchung scheint man ja auch immer wieder zu erliegen.

Das Problem ist aber, dass dabei nei ein einheitlicher Moralkatalog herauskommt, eben weil die sich aus dem Glauben ergebende Moral subjektiv ist.

Gäbe es "die" chrsitliche Moral, wäre das Christentum wie der Islam: Ein "heiliges Buch" voller Moralvorschriften, die man nur befolgen muss, um garantiert ins Paradies zu kommen.

 

Werner

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Es ist sehr komplex. Solche Dinge wie Erlösungsbedürftigkeit, Erlösung, Menschwerdung, Trinität mit allem daraus Resultierenden sind nicht einfach. Und das ist bei weitem nicht alles. Wie simpel ist dagegen "Es gibt nur einen Gott und M ist sein P

 

Ich glaube nicht, dass viele Menschen in der Lage sind, das christliche Glaubenssystem vollumfänglich zu erfassen, weshalb es ja schon immer eine sehr komplexe Theologie gibt (im Islam gibt es das nicht, da ist die Aufgabe der Geistlichkeit die Verbreitung und Überwachung der Morallehre).

Wobei die von Dir angesprochenen Punkte im christlichen Glaubenssystem doch letztlich nur auf einen Satz reflektieren: Gott liebt die Welt und jeden einzelnen Menschen.

 

Alles Weitere ist lediglich Ausformung, Bebilderung, Ausgestaltung dieses Satzes. Ich glaube nicht, daß die Mission in den ersten Jahrhunderten so erfolgreich war, weil die Theologie so ausgefeilt war. Die Frage ist wohl eher, wie man diese Botschaft wieder sinnvoll und effektiv unters Volk bringt.

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Wenn man Deine Definition von Zwang ansetzt, dann ist das natürlich Zwang. So würde ich das aber nicht verstanden haben wollen, ich dachte schon, dass Volker von einen Zwang schreibt, der über die normale Regelung durch Gesetze hinausgeht.

 

aber sie verprellen auf der anderen Seite zunehmend die Leute, die zwar eine geistige Heimat, aber keinen Moralismus suchen.

Es gibt sicher solche Leute - im weiteren Sinne würde ich mich dazu zählen. Das sind allerdings nicht arg viele, sonst hätten die dafür offenen Glaubensgemeinschaften mehr Zulauf. Haben sie aber nicht. Ganz im Gegenteil, die immer noch relativ rigiden evangelikalen Gruppen (gegen die hat die RKK tatsächlich kaum Moralvorgaben) haben deutlich mehr Zulauf. Das ist eine Frage der Abwägung. Wenn man die Tatsache dazu rechnet, dass allemal immer mehr Leute, die mit dem Glauben nicht viel anfangen können, die Kirche verlassen (das kann man nicht verhindern, das sollte man IMO auch nicht verhindern), dann stellt sich die Frage, wo mehr Leute zu finden sind: Bei den "Liberalen", die gleichzeitig gläubig sind, oder bei den "Konservativeren", die gleichzeitig gläubig sind. Wenn man darüber hinaus will, dann stellt man die Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen selbst im weitesten Sinne in Frage. Ich halte das nicht für falsch, aber auch nicht für kirchlich mehrheitsfähig.

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Es ist sehr komplex. Solche Dinge wie Erlösungsbedürftigkeit, Erlösung, Menschwerdung, Trinität mit allem daraus Resultierenden sind nicht einfach. Und das ist bei weitem nicht alles. Wie simpel ist dagegen "Es gibt nur einen Gott und M ist sein P

 

Ich glaube nicht, dass viele Menschen in der Lage sind, das christliche Glaubenssystem vollumfänglich zu erfassen, weshalb es ja schon immer eine sehr komplexe Theologie gibt (im Islam gibt es das nicht, da ist die Aufgabe der Geistlichkeit die Verbreitung und Überwachung der Morallehre).

Wobei die von Dir angesprochenen Punkte im christlichen Glaubenssystem doch letztlich nur auf einen Satz reflektieren: Gott liebt die Welt und jeden einzelnen Menschen.

 

Alles Weitere ist lediglich Ausformung, Bebilderung, Ausgestaltung dieses Satzes. Ich glaube nicht, daß die Mission in den ersten Jahrhunderten so erfolgreich war, weil die Theologie so ausgefeilt war. Die Frage ist wohl eher, wie man diese Botschaft wieder sinnvoll und effektiv unters Volk bringt.

 

Nur tut sich da die Frage auf "was heißt das denn 'Gott liebt die Welt und jeden einzelnen Menschen'". Ganz schnell ist man dann bei Theme wie Theodizee und ähnlichem gelandet. Komplexe Glaubenslehre eben.

 

Analog zu deiner "Zusammenfassung" der christlichen Glaubenslehre könnte man die islamische Morallehre in einen Satz zusammenfassen: "Halte dich an alle Vorschriften und du kommst ins Paradies" und dann sagen, der Islam enthalte gar keine komplexe Morallehre. Aber da tut sich dann halt ebenso die Frage auf, was es bedeutet "sich an alle Vorschriften halten". Und dann kommt man auf die Myriaden von Moralvorschriften die da existieren.

 

Werner

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Wobei die von Dir angesprochenen Punkte im christlichen Glaubenssystem doch letztlich nur auf einen Satz reflektieren: Gott liebt die Welt und jeden einzelnen Menschen.

 

Alles Weitere ist lediglich Ausformung, Bebilderung, Ausgestaltung dieses Satzes. Ich glaube nicht, daß die Mission in den ersten Jahrhunderten so erfolgreich war, weil die Theologie so ausgefeilt war. Die Frage ist wohl eher, wie man diese Botschaft wieder sinnvoll und effektiv unters Volk bringt.

Wie wärs mit Begeisterung für die Sache, nur für die Sache. Nicht für so Sachen wie Liturgie, Kirchenrecht und andere Nebenkriegsschauplätze. Nicht, dass das nicht faszinierend wäre, aber das ist Amateurfunk auch.

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Wenn man Deine Definition von Zwang ansetzt, dann ist das natürlich Zwang. So würde ich das aber nicht verstanden haben wollen, ich dachte schon, dass Volker von einen Zwang schreibt, der über die normale Regelung durch Gesetze hinausgeht.

Nun, die Macht haben die Kirchen weitestgehend verloren, wenn man mal vom kirchlichen Arbeitsrecht absieht, das allerdings auch heute immer noch, und in zunehmendem Maße, Millionen betrifft. Wenn das kein Zwang ist, weiß ich es nicht.

 

 

 

aber sie verprellen auf der anderen Seite zunehmend die Leute, die zwar eine geistige Heimat, aber keinen Moralismus suchen.

Es gibt sicher solche Leute - im weiteren Sinne würde ich mich dazu zählen. Das sind allerdings nicht arg viele, sonst hätten die dafür offenen Glaubensgemeinschaften mehr Zulauf. Haben sie aber nicht. Ganz im Gegenteil, die immer noch relativ rigiden evangelikalen Gruppen (gegen die hat die RKK tatsächlich kaum Moralvorgaben) haben deutlich mehr Zulauf. Das ist eine Frage der Abwägung. Wenn man die Tatsache dazu rechnet, dass allemal immer mehr Leute, die mit dem Glauben nicht viel anfangen können, die Kirche verlassen (das kann man nicht verhindern, das sollte man IMO auch nicht verhindern), dann stellt sich die Frage, wo mehr Leute zu finden sind: Bei den "Liberalen", die gleichzeitig gläubig sind, oder bei den "Konservativeren", die gleichzeitig gläubig sind. Wenn man darüber hinaus will, dann stellt man die Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen selbst im weitesten Sinne in Frage. Ich halte das nicht für falsch, aber auch nicht für kirchlich mehrheitsfähig.

 

Das würde bedeuten, daß die Kirchen auf der Suche nach Gläubigen immer kleiner und immer "frommer" würden. Dann haben doch die letzten drei Päpste (den heutigen eingeschlossen) alles richtig gemacht! ;)

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Es ist sehr komplex. Solche Dinge wie Erlösungsbedürftigkeit, Erlösung, Menschwerdung, Trinität mit allem daraus Resultierenden sind nicht einfach. Und das ist bei weitem nicht alles. Wie simpel ist dagegen "Es gibt nur einen Gott und M ist sein P

 

Ich glaube nicht, dass viele Menschen in der Lage sind, das christliche Glaubenssystem vollumfänglich zu erfassen, weshalb es ja schon immer eine sehr komplexe Theologie gibt (im Islam gibt es das nicht, da ist die Aufgabe der Geistlichkeit die Verbreitung und Überwachung der Morallehre).

Wobei die von Dir angesprochenen Punkte im christlichen Glaubenssystem doch letztlich nur auf einen Satz reflektieren: Gott liebt die Welt und jeden einzelnen Menschen.

 

Das Christentum ist die Religion, deren Verteter sich jahrhundertelang die Köpfe eingeschlagen haben wegen solch wichtiger Fragen, wie ob der Sohn dem Vater homousios oder homoiusios ist, ob Maria eine Christusgebärerin oder Gottesgebärerin ist, ob die zwei Naturen Jesu getrennt und unvermischt sind oder vielleicht doch nicht etc. Offensichtlich gab und gibt es noch andere Glaubenssätze außer "Gott liebt die Welt und jeden einzelnen Menschen", die so wichtig waren, dass man für sie über Leichen gegangen ist (und das nicht zu knapp).

 

Die Obsession des frühen Christentums mit weltfremden, nicht nachvollziehbaren und für das tägliche Leben zu 100% irrelevanten theoretischen Glaubenssätzen taugt eigentlich nur als Parodie und dürfte in der Menschheitsgeschichte unerreicht sein. Evtl. kommen die frühen Kommunisten da heran - der theoretische Unterschied zwischen Bolschewismus, Menschewismus, Trotzkismus etc. scheint mir von der gleichen Art zu sein, und auch die haben sich bis zum letzten Mann gegenseitig abgeschlachtet, aber das lief nicht so lange und erfasste keine weiten Bevölkerungskreise.

 

Insofern muss man Werner da Recht geben.

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wenn man mal vom kirchlichen Arbeitsrecht absieht, das allerdings auch heute immer noch, und in zunehmendem Maße, Millionen betrifft. Wenn das kein Zwang ist, weiß ich es nicht.

Das kirchliche Arbeitsrecht betrifft ausschließlich diejenigen, die bei der Kirche (oder ihren Werken) arbeiten. Ich halte den Tendenzschutz und das daraus resultierende Arbeitsrecht für den Kernbereich nicht nur für akzeptabel, sondern für notwendig, bei erziehenden Funktionen für akzeptabel und ansonsten für nicht angemessen. Diese Auffassung ist aber derzeit nicht nur in den Kirchen, sondern offensichtlich im Parlament (noch) nicht mehrheitsfähig. Damit muss ich leben, dass der deutsche Gesetzgeber eine Situation akzeptiert, die ich für unangemessen halte.

 

Nachdem aber nun das Willkürverbot relativ neu dazu gekommen ist, bewegt sich da durchaus etwas.

 

Das würde bedeuten, daß die Kirchen auf der Suche nach Gläubigen immer kleiner und immer "frommer" würden.

Wenn das die Mehrheitsauffassung in den Kirchen ist, wird man damit leben müssen. Ich kann mich jederzeit dazu entschließen, nicht mehr dazu gehören zu wollen, wenn es mich zu Tode nervt.

 

Ich persönlich bin der Auffassung, dass das Konzept der Volkskirche tatsächlich unabhängig von einem irgendwie gearteten konfessionellen persönlich zu akzeptierenden Glaubensbekenntnis sein sollte, da ich der Auffassung bin, dass die Kirche Gemeinschaft der Gläubigen, der Suchenden und der distanziert Interessierten sein soll und auch sein kann (wäre auch blöd, wenn ich dieser Auffassung nicht wäre - dann könnte ich ja selber nicht mehr dabei sein). Ich gehe aber momentan davon aus, dass dieses offene Konzept in den Zentralen der RKK derzeit weniger Zustimmung findet als eine "Rückbesinnung auf die Basics". Was man immer darunter verstehen will.

 

Die von Dir skizzierte Konsequenz wird dann wohl irgendwie kommen, oder auch nicht. Bevor das System implodiert, wird es schon verändert. Da bin ich mir sicher. Ansonsten wäre "die Kirche" schon seit Jahrhunderten nicht mehr da (nein, frage nicht nach Gott oder dem Heiligen Geist, das ist nicht Dein Metier, meines übrigens auch nicht).

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Das Christentum ist die Religion,

nicht "die" Religion, "eine" Religion. Das, was Du angesprochen hast, ist ein systematisches Problem eines jeden Monotheismus.

 

Was aber nicht heißt, dass es andere besser können: Die (aus unserer geschichtlichen Zeiteinteilung) mittelalterlichen bis neuzeitlichen Auseinandersetzungen zwischen Buddhismus und Hinduismus, von denen kaum einer der bekannten Geschichtsparks im Fernen Osten (Angkor, Ayutthaya, Bagan) unberührt ist, schaffte das ganz ohne Monotheismus in einer durchaus mit den christlichen Religionskriegen vergleichbaren Brutalität. Selbst innerhalb des Buddhismus ging das weiter, die immer wiederkehrenden Kriege zwischen dem Königreich Bagan (heute Myanmar) und Siam waren Kriege zwischen Buddhisten.

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Das, was Du angesprochen hast, ist ein systematisches Problem eines jeden Monotheismus.

Das glaube ich nicht.

Der Islam hat das Problem nicht.

Da gab es noch nie irgendwelche großen theologischen Streitigkeiten, und auch die beiden verfeindeten Grundrichtungen Schia und Sunna haben sich nicht über theologische Fragen zerstritten, sondern über sehr weltliche Dinge, und auch heute trennen sie keine theologischen Fragen sondern moralische.

 

Werner

bearbeitet von Werner001
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Das Christentum ist die Religion,

nicht "die" Religion, "eine" Religion. Das, was Du angesprochen hast, ist ein systematisches Problem eines jeden Monotheismus.

 

Man hat den Eindruck, man redet hier mit den Wänden, bzw. die Beiträge, auf die geantwortet wird, werden vorher überhaupt nicht gelesen.

 

Werner hat eine These vertreten, nach der sich Christentum und Islam fundamental dadurch unterscheiden, dass im Christentum Glaubenssätze die Hauptrolle spielen, im Islam Moralgebote. Hiergegen gab es nun den Einwand von Flo, dass die Glaubenssätze auch im Christentum nicht wichtig seien und es "eigentlich" nur einen gebe (was natürlich schon deshalb Quatsch ist, weil der von Flo aufgeschriebene Glaubenssatz nicht einmal spezifisch christlich ist - etwas mehr muss Glaube schon beinhalten, damit er ein christlicher wird). Auch ist das ein interessanter Gegensatz zu seiner vorher vertretenen Position, dass der Glaube das Zentrale im Christentum sei. Man gewinnt den Eindruck, Flo hat den Beitrag hauptsächlich geschrieben, um Werner zu widersprechen, denn was Werner sagt, das darf nicht wahr sein, egal was es ist. Aus der weiteren Diskussion hat er sich prophylaktisch verabschiedet, denn argumentativ dürfte das nicht gut ausgehen für ihn.

 

Nun gut. Ich habe daraufhin dargelegt, dass auch eher "theorielastigen" Aussagen der Theologie im Christentum früher ungemein hohe Bedeutung beigelegt wurde. Nun kommst du daher und kritisierst Werner von der komplett entgegengesetzten Seite, dass nämlich theologische Theorie im Christentum sehr wichtig sei, dass das aber auch das "systematische Problem" eines jeden anderen Monotheismus sei. Was läge nun näher, als diese Aussage am Islam, Werners ursprünglichem Gegenbeispiel, zu prüfen?

 

Hat sich also auch der Islam in zahlreiche Splittergruppen aufgespalten, und zwar auf Grund von Debatten über theologische Fragestellungen? Offensichtlich nicht. Schiiten und Sunniten bspw. entzweiten sich über die Frage, wer der rechtmäßige Nachfolger Mohammeds als Herrscher ist, also eine rein dynastisch-politische Fragestellung, die mit Glauben und Theologie überhaupt nichts zu tun hat. Du wirst mir schon zeigen müssen, wo sich islamische Gelehrte über etwas Vergleichbares stritten, wie der lächerliche christliche Klein-Iota-Streit. Alle Spaltungen erfolgten im Islam auf Grund von unterschiedlichen Moralauffassungen (also "Was soll der Mensch tun?" statt "Welche Farbe hat die Unterhose des Erzengels Gabriel am Samstag morgen nach Epiphanias?"), was sehr gut zu Werners These passt.

 

EDIT: Werner war schneller

bearbeitet von Aristippos
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Ich halte den Tendenzschutz und das daraus resultierende Arbeitsrecht für den Kernbereich nicht nur für akzeptabel, sondern für notwendig,

 

Warum und was ist der Kernbereich? Ich für meinen Teil halte sowas wie ein Tendenzbetrieb für vollkommen überflüssig. Egal ob es die Kirchen, die Gewerkschaften, oder sonst wer sind. Diese Sonderegeln, sprich Privilegien, sind einfach unnötig. Die allgemeine Gesetzgebung hat für alle zu reichen. Egal in welchem Bereich. Mir erschließt sich nicht die Notwendigkeit einer KdöR für die Geselschafft oder für den Saat.

 

 

für eine Aufklärung, warum ich da falsch liege, dankbar seiend.................tribald

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