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Diskussion rund ums Zölibat


Studiosus

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vor 13 Stunden schrieb rorro:

warum ist das zumindest offiziell immer noch wichtig?

Ist es das? Inzwischen haben die Päpste sowohl mit den „Monophysiten“ als auch mit den „Nestorianern“ Sich gegenseitig der völligen Rechtgläubigkeit versichert. Das ist also überhaupt nicht mehr wichtig.

 

Werner

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vor 16 Stunden schrieb rorro:

Oder noch mehr am Anfang: warum fanden die Apostel es wichtig, den Heidenchristen ein paar Gebote mit auf den Weg zu geben, was sie zu tun und inbesondere zu lassen haben?

 

Was könnte die Motivation sein?

 

Wozu dieses ganze "Lehren"?

Weil es für eine Religion wichtig ist, Menschen Lebensratschläge zu geben. aber die müssen zeitgemäß sein, was die Apostel im antiken Kapadokien den dortigen Leuten mit auf den Weg gaben, ist für uns heute nicht mehr relevant.

 

Überhaupt ist das Argument der heiligen Überlieferung ein wohlfeiles Scheinargument, das die Kirche selbst einen feuchten Kehricht kümmert, wenn ihr die „heiligen“ alten Gebote nicht ins Konzept passen.

Oder kümmert es den „heiligen Vater“, dass Jesus selbst gesagt hat, man solle niemanden „Vater“ nennen außer Gott? Kümmert es irgendeinen rechtgläubig-lehramtstreuen Bischof, dass ein Heiliges Konzil einmal sagte, ein Bischof sei mit seiner Diözese so unauflöslich verbunden wie ein Ehemann mit seiner Ehefrau? Kümmert es irgendjemanden, dass ein ökumenisches Konzil das Gebot erlassen hat, man solle am Sonntag nicht knien?

Das Argument von der ehrwürdigen Überlieferung, wegen der man irgendwas tun müsse oder nicht tun dürfe, ist ein billiger Taschenspielertrick, den das Lehramt ganz nach Belieben und Bedarf anwendet oder ignoriert, gerade wie man es im Einzelfall braucht.

 

Und weil das so ist, wäre es überhaupt kein Problem, zu einer zeitgemäßeren Sexuallehre zu kommen, man will nur einfach nicht.

 

Werner

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Warum haben die Apostel die Heidenchristen zwar von einigen Speisegeboten dispensiert,

nicht aber von der Pflicht, Hexen abzumurksen?

Ein solcher Dispens hätte ein paar Jahrhunderte später womöglich Folgen gehabt, die weit über das Kleinklein mit Speisegesetzen hinausgingen.

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vor 53 Minuten schrieb Mecky:

Warum haben die Apostel die Heidenchristen zwar von einigen Speisegeboten dispensiert,

nicht aber von der Pflicht, Hexen abzumurksen?

Ein solcher Dispens hätte ein paar Jahrhunderte später womöglich Folgen gehabt, die weit über das Kleinklein mit Speisegesetzen hinausgingen.

Weil das mit den Hexen zu ihrer Zeit keine Bedeutung hatte. Und das mit den Speisegesetzen ist hervorragend mit der Sexuallehre heute vergleichbar.

So wie Speisegesetze zur Zeit des Mose furchtbar wichtig waren, im „das Volk“ vom Rest der Welt getrennt zu halten und zu separieren, so hatten sie zu Zeiten der Apostel keine Bedeutung mehr, ja sie standen der Verbreitung der Lehre Jesu im Weg.

Und wie die Sexuallehre in der Antike wichtig gewesen sein mag, im die Christen vom lebensfrohen Rest der Menschheit zu separieren, so steht sie heute im Weg.

Und wie zu Zeiten Pauli keiner verstand, warum ein Christ kein Schweinefleisch essen sollte, so versteht heute keiner, warum ein männlicher Christ nicht mit einem Mann zusammen sein sollte.

“das war aber schon immer so“ war weder damals noch heute ein valides Argument, auch wenn die Petrusse es damals wie heute nicht begreifen wollten

 

Werner

bearbeitet von Werner001
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vor 5 Stunden schrieb Mecky:

Warum haben die Apostel die Heidenchristen zwar von einigen Speisegeboten dispensiert,

nicht aber von der Pflicht, Hexen abzumurksen?

 Weil "Hexe" eigentlich "jemand, der schwarze Magie betreibt" bedeutet? Ich kann kein Hebräisch oder Aramäisch, glaube aber mich zu erinnern, dass in der lateinischen Vulgata das Wort, das wir mit "Hexen" übersetzen, "malefici"(*) heißt, also wörtlich "Übeltäter", aber mit starker magischer Konnotation. Und ich vermute, damals war das irgendwie selbstverständlich:  Übeltäter, die schwarze Magie anwenden, muss man eliminieren, genauso wie wir heute Kinderschänder wie selbstverständlich hinter Gittern sehen wollen - die höchste Strafe, mit der sich unsere Gesellschaft noch wohlfühlt, die also im heutigen Kontext der Todesstrafe in der Antike entspricht.

 

(*) Generisches Maskulinum. Ich verkneife mir hier jeden Kommentar dazu...

bearbeitet von Domingo
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vor einer Stunde schrieb Domingo:
vor 6 Stunden schrieb Mecky:

Warum haben die Apostel die Heidenchristen zwar von einigen Speisegeboten dispensiert,

nicht aber von der Pflicht, Hexen abzumurksen?

 Weil "Hexe" eigentlich "jemand, der schwarze Magie betreibt" bedeutet? Ich kann kein Hebräisch oder Aramäisch, glaube aber mich zu erinnern, dass in der lateinischen Vulgata das Wort, das wir mit "Hexen" übersetzen, "malefici"(*) heißt, also wörtlich "Übeltäter", aber mit starker magischer Konnotation. Und ich vermute, damals war das irgendwie selbstverständlich:  Übeltäter, die schwarze Magie anwenden, muss man eliminieren, genauso wie wir heute Kinderschänder wie selbstverständlich hinter Gittern sehen wollen - die höchste Strafe, mit der sich unsere Gesellschaft noch wohlfühlt, die also im heutigen Kontext der Todesstrafe in der Antike entspricht.

 

So ganz ist es nicht. Es hat mit dem Monotheismus zu tun (oder dem, was die Christen darunter verstanden). Es gab auf der einen Seite die „guten“ Wunder im Auftrag „Gottes“ (und damit der Kirche) und auf der anderen die „böse“ Magie, die nur vom „Teufel“ stammen konnte. Da Hexer nicht im kirchlichen Auftrag unterwegs waren, mußte man sie beseitigen, und tat damit auch noch was „Gutes“.

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vor einer Stunde schrieb Domingo:

(*) Generisches Maskulinum. Ich verkneife mir hier jeden Kommentar dazu...

Es hat immerhin dazu geführt, dass in katholischen Gegenden die Hexenverfolgungen gendergerecht durchgeführt wurde, während die Evangelen vornehmlich Frauen verbrannten

 

Werner

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vor 2 Stunden schrieb Marcellinus:

So ganz ist es nicht. Es hat mit dem Monotheismus zu tun (oder dem, was die Christen darunter verstanden).

 

Jetzt fühle ich mich verpflichtet, über "schwarze Magie im Altertum" zu recherchieren, um nachzuweisen, dass das auch ein heidnisches Phänomen war...

 

Edit: Ich habe Deinen Beitrag so interpretiert, als ob der Begriff der schwarzen Magie an den Monotheismus gebunden ist. Wenn Du es nicht so meintest, fällt dieser meine Einwurf ins Leere.

bearbeitet von Domingo
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Natürlich gab es Vorstellungen von "weisser Magie", siehe den Tand, den Frauen und Männer im römisch-hellenistischen Kontext an Liebeszaubern, Fruchtbarkeits-Hokuspokus oder als apotropäische Schutzmaßnahmen (etwa die bulla, welche römische Kinder trugen) veranstalteten, und "schwarzer Magie", die sich in den gut überlieferten Defixionstafeln manifestiert oder im griechischen Urbild der bösen "Hexe", der Göttin Hekate, die wohl viel eher das populäre Hexenbild geprägt haben dürfte, als das, was die Heilige Schrift darunter versteht.

 

Einzig, und hier könnte man im weitesten Sinne einen Bezug zum Monotheismus herstellen, ist es im paganen Altertum so, dass die Zuordnung der einzelnen Götter des Pantheons weniger statisch war, als das mit dem jüdischen oder christlichen Gott und dem Satan der Fall ist. Um Ausführung von Schadenszaubern und Flüchen werden auf den schon erwähnten Fluchtafeln und Artefakten auch in moderner Wahrnehmung gemeinhin "gute" Götter angerufen.

bearbeitet von Studiosus
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Den Grund für die Abmurkserei muss man in der Tat nachschlagen, denn im Bibeltext wird er nicht genau beschrieben. 
Mit fatalen Folgen.
Ich habe beim Nachschlagen auch herausgefunden, dass man störrische Söhne töten soll. Warum? Gemeint waren wohl ursprünglich Söhne, die sich (wie Abschalom) gegen den Vater tätlich erhoben. Und diese sollten nun (entgegen früherer Sitten) erst einmal vor ein Gericht gestellt werden. Erst danach sollten sie abgemurkst werden. 
Auch dies habe ich erst durch Nachschlagen herausgefunden. Im Bibeltext steht das nämlich nicht. Und so konnte man fröhlich abmurksen, auch ohne den ursprünglichen Grund für die Abmurkserei zu kennen. Was für ein Spaß!

 

Bei den Hexen (was immer das sein sollte) genügte somit die Anschuldigung. Eine Beweisführung für erfolgreich durchgeführte schwarze Magie wurde wohl kaum durchgeführt und wirkt aus aufgeklärter Sicht eher stümperhaft. Eher nachweisbar war, dass die Frau ein heidnisches Ritual vollzogen hat. Das musste zur Beweisführung genügen. 

Das Problem besteht erst einmal in den ungeklärten Begriffsfassungen. Wer als Hexe verschrieen war, der war eben eine. Und dann besteht das Problem in der Abmurksanweisung. Ein Grund zum Abmurksen ließ sich schnell finden. Sabbatschändung, Störrischkeit, Ehebruch, Sex während der Menstruation, Gotteslästerung. Was man eben alles so im Alten Testament so vorfand. Und dann: Gleich mal abmurksen. Nur ein toter Rechtsbrecher* ist ein guter Rechtsbrecher*. Frauen bevorzugt. Also: töten. Mal progromartig, mal mit einem Gerichtsurteil ohne klare Begriffe. Hauptsache: Töten. Und zwar als gottgewollte Pflicht.

 

Von dieser Mördergepflogenheit zu dispensieren wäre wirklich eine Wohltat gewesen.

 

Jahrhunderte später hat man diese Unklarheit über Hexen bestens ausnützen können. 

Interessant ist da die Stelle von Jesus und der Ehebrecherin. "Mose hat uns geboten!", sagen die Steinmänner.

Jesus getraut sich nicht einmal offen zu widersprechen, sondern greift zu einen Trick, mit dem er das Gesetz austrixt. 

"Wer ohne Sünde ist ..." Naja: Das hatte Jesus wohl gerade erfunden. Im Gesetz vorgesehen war sowas nicht.

Jesus gibt eine praktische Dispens von der Todesstrafe. Aber den Gesetzestext greift er (hier) nicht an. Falls es wirklich so war, wie es in Johannes 8 steht.

 

Das wäre doch noch einmal ein Grund, diese ganzen Mordbefehle abzuschaffen. Aber nein, aber nein. Stattdessen hat man von Speisegesetzen dispensiert.

Hexen waren gerade nicht aktuell. In späteren Zeiten wurden sie wieder aktuell. Eine Dispens war nicht vorhanden. Also hat man nicht nur gemordet, sondern ist beim Morden einer heiligen Pflicht nachgekommen. Man hat Gottes Willen vollzogen, so wie er in der Bibel steht.

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vor einer Stunde schrieb Mecky:

Gemeint waren wohl ursprünglich Söhne, die sich (wie Abschalom) gegen den Vater tätlich erhoben. Und diese sollten nun (entgegen früherer Sitten) erst einmal vor ein Gericht gestellt werden. Erst danach sollten sie abgemurkst werden. 
Auch dies habe ich erst durch Nachschlagen herausgefunden. Im Bibeltext steht das nämlich nicht.

 Nachschlagen - wo?

 

Bei den alten Römern heiß es ebenfalls, zwar dürfe ein Vater (der berüchtigte pater familias) einen problematischen Sohn hinrichten, müsse aber dafür in der gegenwärtigen Zeit zum Prätor (+/- = Amtsrichter), während es in den guten und/aber harten alten Zeiten ganz anders gewesen sei, dh er habe es einfach so tun dürfen. Natürlich haben wir keine Quellen aus diesen alten Zeiten selbst, so bin ich persönlich ein bisschen skeptisch and neige dazu, zu denken, dass die Einschränkungen der Macht des pater familias schon immer bestanden hatten und die angebliche Härte der Vorfahren einfach nur ein beliebtes Narrativ war.

bearbeitet von Domingo
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vor 10 Stunden schrieb Werner001:

Ist es das? Inzwischen haben die Päpste sowohl mit den „Monophysiten“ als auch mit den „Nestorianern“ Sich gegenseitig der völligen Rechtgläubigkeit versichert. Das ist also überhaupt nicht mehr wichtig.

 

Werner

 

Du zeigst ja selbst, daß es wichtig ist, denn offenbar ist eben Rechtgläubigkeit wichtig. Nur warum?

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Ist es wirklich so, daß keiner hier - selbst kein Priester - eine wohlwollende(!) Ahnung hat, warum die Kirche überhaupt etwas lehrt? Sind doch Leute hier im Forum, die Theologie studiert haben. Ist das Warum da kein Thema, sondern nur das Was (und in dtsprachigen Fakultäten kommt dann noch mehrheitlich das "Weshalb das Blödsinn" ist dazu)?

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vor 8 Minuten schrieb rorro:

st es wirklich so, daß keiner hier - selbst kein Priester - eine wohlwollende(!) Ahnung hat, warum die Kirche überhaupt etwas lehrt?

Ich könnte Dir schon eine Antwort geben. Wahrscheinlich würde sie Dir nicht gefallen.

Also lasse ich das und verneige ich mich vor Dir, denn Du scheinst einer der wenigen Wissenden zu sein.

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vor 18 Minuten schrieb rorro:

Du zeigst ja selbst, daß es wichtig ist, denn offenbar ist eben Rechtgläubigkeit wichtig. Nur warum?

 

Ja, Rechtgläubigkeit scheint wichtig zu sein, und zwar unabhängig vom Inhalt. Was zu einer Zeit Häresie war, ist nun Rechtgläubigkeit, und umgekehrt.

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vor 7 Minuten schrieb Mecky:

Ich könnte Dir schon eine Antwort geben. Wahrscheinlich würde sie Dir nicht gefallen.

 

Wieso würde mir die Antwort nicht gefallen, wenn sie wohlwollend ist?

 

Wenn das Warum der gesamten Lehrtätigkeit der Kirche unklar ist bzw. mißtrauisch betrachtet wird, dann ist die Ablehnung derselben ja nur konsequent (und dann ist es auch irrelevant, welcher Inhalt abgelehnt wird).

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vor 2 Minuten schrieb Marcellinus:

Was zu einer Zeit Häresie war, ist nun Rechtgläubigkeit, und umgekehrt.

 

Offenbar hast Du Dich mit den Aussagen der gemeinsamen Kommission der genannten Kirchen nicht näher beschäftigt. Meinungen haben geht schneller, nicht wahr?

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vor 6 Minuten schrieb rorro:
vor 10 Minuten schrieb Marcellinus:

Was zu einer Zeit Häresie war, ist nun Rechtgläubigkeit, und umgekehrt.

 

Offenbar hast Du Dich mit den Aussagen der gemeinsamen Kommission der genannten Kirchen nicht näher beschäftigt. Meinungen haben geht schneller, nicht wahr?

 

Nein, aber das ist auch nicht meine Aufgabe. Ich habe nur festgestellt, daß die kath. Kirche heute bereit ist, als rechtgläubig anzuerkennen, was seit über tausend Jahren als Häresie galt, mehr nicht. "Rechtgläubigkeit" ist also nicht an bestimmte Inhalte gebunden, sondern eine Frage der "Autorität". Die Weltgeschichte ist voll von solchen Fragen von Akzeptanz oder Zurückweisung. Das ist nicht auf Christentum oder kath. Kirche beschränkt. Es ist der Kern menschlicher Gruppenbildung, Konkurrenz oder Kooperation. 

 

Ursprünglich setzte das Christentum auf unbedingte und kompromißlose Konkurrenz, gegenüber den Heiden ebenso wie gegenüber anderen Christengruppen. Es konnte nur einen geben, und die schwächere Gruppe mußte sich unterwerfen, oder verschwinden. Notfalls half ein Schisma. Dementsprechend kompromißlos war der vertretene Wahrheitsanspruch. In Zeiten des Aufstiegs war das eine (relativ) erfolgreiche Strategie.

 

Nun, in Zeiten des Abstiegs, von der alle christlichen Denominationen mehr oder weniger betroffen sind, scheint man sich eher auf die Möglichkeit von Kooperation zu besinnen. Dem muß das Narrativ folgen, das die eigene Gruppe begründet. Also betonen die jeweiligen Theologen, daß die jeweilig vertretene "Wahrheit" von der der anderen auf einmal gar nicht mehr so verschieden ist. Wie heißt es so schön: Am Anfang war das Wort, und das Wort bedarf der Auslegung. 

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Okay - wegducken zählt nicht. Also doch eine Antwort. 

Oder genauer: Zu den Antworten im Plural, denn man kann wohl kaum von einem einzigen Grund für das Lehren der Kirche sprechen. Es gibt viele Gründe.

 

Da hat jemand auf seine religiösen Fragen eine Antwort gefunden, die ihm was gegeben hat. Um diese Antwort in Worte zu fassen kann er entweder eine Geschichte erzählen, oder er kann sich um eine systematische Formulierung bemühen. Wenn diese Systematik anderen auch was gibt, wird daraus eine Theorie, die sich meistens noch evolutiv verfeinert. Dann hat man was Konkretes vor Augen, das auch irgendwie abgesichert und geprüft ist durch viele Denker.

 

Ein anderer Grund wäre: Ein Charismatiker macht Aussagen, die Leuten emotional gefallen. Damit kann er Leute von seinen Aussagen (und natürlich von sich selbst) überzeugen und gewinnt durch seine Lehre Anhänger. Das muss nicht logisch sein, sondern nur attraktiv. Es genügt, wenn es zum Beispiel das Stammesbewusstsein hebt  (Ersatzweise: Gruppenbewusstsein) und den Leuten das Gefühl gibt, sie sind was Besseres. Zum Beispiel ein auserwähltes Volk. Oder Herrenmenschen. Oder "Wir sind die Guten!".

Das geht auch positiv. Zum Beispiel mit der Aussage, diese Welt sei von einem guten Gott erschaffen worden und die Menschen sind alle seine Kinder. Wie gesagt: Muss nicht logisch sein, aber attraktiv.

 

Wieder ein anderer bringt eine Lehre vor, die er irgendwo gefunden hat. Wie bei den Querdenkern, die andauernd was umwälzend Weltbewegendes im Internet finden und es dann als die eine wahre Lehre verbreiten. Zum Beispiel in irgendeinem alten apokryphen Buch oder in einer exotischen Religion. Das integriert er in die eigene Lehre und propagiert es nun. 

 

Die Kirche sammelt nun solche Lehren, überlegt sich, welche Lehren sich mit den Lehren vereinbaren lässt, die sie als jesuskompatibel erkannt hat. Auf diese Weise entsteht ein illustres Lehrgebäude, das möglichst viele attraktiv finden, ein gewisses Maß an Logik hat und mit dem sich argumentieren, bereichern und regieren lässt. Alles zusammen. Wichtiger als echte logische Stringenz ist wiederum die Attraktivität und die Nutzbarkeit zur Regierung. Und - das darf man nicht vergessen - die inspirierende Fruchtbarkeit. Manche (auch sehr inkonsistente) Lehren sind dennoch sehr inspirierend. Dadurch gewinnen die Leute was, woran sie glauben können. Ein Weltbild, das ihnen einen Boden unter den Füßen gibt. Ein Menschenbild, das ihnen moralische Leitlinien bietet. Ein Gottesbild, das man verehren und auf das man vertrauen kann.

 

Damit erklärt sich auch, warum die katholische Lehre in letzter Zeit nicht mehr so gut ankommt - insbesondere in den gebildeten Regionen dieser Welt.

Grund dafür ist die mangelnde Konsistenz und die vielen unlogischen, erfahrungswidrigen oder unmoralischen Elemente der Lehre. Ein ungebildeter Mensch genießt lieber die Attraktivität, den Boden unter den Füßen, die klare Moral (egal, ob menschenwürdig oder nicht) und die Möglichkeit zur Verehrung. Ein gebildeter Mensch wird am Genuss gehindert durch die Inkonsistenz, die Erfahrungswidrigkeit, die Unlogik und die Amoralität. 

 

Da das Lehrsystem sehr festgefahren ist, kann man die Brüche nicht einfach beseitigen. Man kann nicht einfach anpassen oder weiterentwickeln. Das würde als häretisch erachtet. Also muss man darauf hoffen, dass die Leute entweder ungebildet sind, oder dass ihre Bildung so beschaffen ist, dass sie die Brüche (oftmals auf hohem intellektuellem Niveau) abzustreiten erlaubt. #spitzfindigkeit. Die Lehre veraltet immer mehr, weil man so festgelegt ist auf alte Aussagen, dass man immer weniger neue Aussagen integrieren kann. Sobald man da Abstriche macht, verliert man den Boden unter den Füßen, den man gerne "Tradition" nennt. Irrtümer zugeben geht schon mal gar nicht, weil man dadurch sowohl den Boden in Frage stellen würde, wie aber auch an Autorität verliert. 
So ist die Lehre heutzutage in einer ziemlich verzwickten Lage.

 

 

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vor 13 Stunden schrieb Mecky:

 

Bei den Hexen (was immer das sein sollte) genügte somit die Anschuldigung.

Zunächst waren Hexen diejenigen, die dem Gemeinwesen bewusst und hinterhältig Schaden zufügen wollten. Wir nennen sie heute Terroristen. Irgendwann reichte dann schon die Anschuldigung - das ist heutzutage leider nicht anders.

Mit der Aufklärung hat sich der Name und die Vorstellung davon geändert, der Sachverhalt nicht wirklich.

 

bearbeitet von Moriz
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vor 12 Stunden schrieb rorro:

Ist es wirklich so, daß keiner hier - selbst kein Priester - eine wohlwollende(!) Ahnung hat, warum die Kirche überhaupt etwas lehrt? Sind doch Leute hier im Forum, die Theologie studiert haben. Ist das Warum da kein Thema, sondern nur das Was (und in dtsprachigen Fakultäten kommt dann noch mehrheitlich das "Weshalb das Blödsinn" ist dazu)?

Ich hatte dir geantwortet. Und ich habe gerade noch mal nachgelesen und auch viele andere, durchaus wohlwollende Antworten gefunden. Warum ignorierst du die?

 

Von (ehemaligen) Theologiestudenten habe ich mitbekommen, daß im Studium die frühe Kirchengeschichte wichtig ist, in der die theologischen Grundlagen des Christentums gelegt worden sind, und das zweite Vatikanum, daß die Kirche im 'Heute' verkankern sollte. Vieles dazwischen ist wohl Geschichte mit begrenzeter Relevanz.

 

Die Frage, warum die Kirche das lehrt, was sie lehrt, ist durchaus interessant. Die Antworten darauf dürften jedoch recht komplex sein. Ich kann jeden verstehen, der das nicht mit Leuten wie dir diskutieren mag, die in solchen Fragen auf einfachen Antworten bestehen. (Es gibt immer eine einfache Antwort - und die ist immer falsch!)

bearbeitet von Moriz
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vor 9 Minuten schrieb Chrysologus:

und es gibt wenigstens zwei sehr verschiedene Antwortmodelle:

(...) Zwischen diesen beiden Modellen gibt es mE nach keine vermittelnde Position.

Danke für die klare Erklärung!!! 

Mir fällt schon seit längerem auf, wie oft eigentlich diese beiden Offenbarungsmodelle der Hintergrund von kirchenpolitischen Debatten sind. 

Das zeigt sich übrigens allein schon in der Beurteilung des "Zeitgeistes". In Modell 1 muss er gefährlich sein, weil die Lehre ja überzeitlich ist. In Modell 2 kann er sogar Sprache Gottes sein, nämlich ein Anruf an die Kirche, den Willen Gottes in die jeweilige Zeit hinein zu buchstabieren.  

 

Bei den Anhängern von Modell 1 kommt in der Regel die mangelnde Fähigkeit dazu, die Hierarchie der Wahrheiten zu erkennen, sondern sie nehmen jede kirchliche Lehre (vor allem dann, wenn sie ihnen passt) als gleichermaßen wichtig an. 

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vor 2 Stunden schrieb Moriz:

Wir nennen sie heute Terroristen.

Die Beliebigkeit kann man erkennen, sobald Erdogan jeden Terrorist nennt, der ihm beliebt bzw. missliebt. Ein reiner Nulltitel. 
Zu der Beliebigkeit der Erfassung kommt noch die Beliebigkeit des Umgangs mit ihnen. Die Hexen sind Freiwild.
Die Bibel will gleich mal die Todesstrafe und fordert sie "du sollst sie nicht am Leben lassen". Es ist nicht einmal klar, wer "du" ist.
So weit geht nicht einmal Erdogan.
Infolgedessen sollte man sich lieber nach Erdogan richten, als nach der Bibel.

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Wenn das Apostelkonzil deswegen keine Dispens erlassen hat, weil damals Hexerei nicht so aktuell war,

dann hätte man den Dispens spätestens im fünften Laterankonzil oder allerspätestens auf dem Trienter Konzil nachholen müssen.

Also mitten im brutalsten Hexenwahn bei höchster Aktualität und mit den allerschlimmsten Folgen der Verrohung.

Was hat das Trienter Konzil gemacht? Bezüglich der Hexenbrutalität dasselbe, wie das 5. Laterankonzil oder das Apostelkonzil: Nichts.

Die einschlägige Exodusstelle wurde also fleißig genutzt.

Schon im Mittelalter verbrannte man Jeanne d'Arc. Ja, aus der Sicht der Engländer passte sie perfekt ins Hexen- und Terroristinnenschema.

Als Carlo Borromeo die Protestanten in der Schweiz nicht als Ketzer verbrennen konnte, hat er einfach umdefiniert und dieselben als Hexen verbrennen lassen.


Es mögen vielleicht zur Zeit des Apostelkonzils die Hexen nicht aktuell gewesen sein - die Neigung zur schändlichen Brutalität aber ist ein Evergreen.

Wie sich das Tridentinum liebevoll um die Zahl der Sakramente gestritten hatte, so kümmerte sich das Apostelkonzil um Speiseregelungen.
In beiden Fällen hat man Detailfragen aufgebauscht, in beiden Fällen hat man die eklatantesten Probleme dadurch verdrängt.

 

Erst in den letzten Jahren hat sich (dank der Nachfrage über Umgang mit Frauen und Homosexuellen und durch die Frage nach sexuellem Missbrauch und Vertuschung) das Augenmerk verschoben. Aber nur ein wenig, und zwar deutlich zu wenig. Weil man dies über Jahrtausende verpasst hat, ist das auch nicht leicht zu korrigieren. Der Kirche entsteht durch Bewusstwerdung der eigenen Brutalitätsgrundlagen in Bibel und Tradition ein immenser Schaden. Die Freiwild-Mentalität ist so tief etabliert, dass es nur wenig Chancen gibt, aus dieser Nummer wieder herauszukommen. Ein paar nette Reformen werden dazu nicht ausreichen. Bei Weitem nicht. Im Gegenteil: Sie lenken eher den Blick auf den desaströsen Zustand der Kirche und auf deren latent dauerhaft innewohnende Brutalität. Und auf die Scheinheiligkeit, mit der diese Brutalitätsmentalität verdeckt, gerechtfertigt und beschönigt wurde und wird.

bearbeitet von Mecky
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