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Bewusst konsumieren


duesi

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Am 24.6.2020 um 07:54 schrieb Kulti:

Bewusst konsumieren ist was tolles. Ich hab bloß den Eindruck dass mit Beginn der Elternschaft das Konsumverhalten narkotisiert wird.

 

😄

Ich erlebe gerade bei meiner Tochter, wie die Mutterschaft ihr Essverhalten narkotisiert. Mc Donalds? Früher absolutes Tabu, jetzt unbedingtes Muss

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Am 24.6.2020 um 09:56 schrieb Marcellinus:

 

Besonders wenn man eine Menge Kinder hat, hat man eine Reihe von Jahren einfach nur das Gefühl, zu funktionieren, nicht zu leben. 

 

ja und man verliert völlig das Gefühl für seinen Alterungsprozess, bis eines Tages deine 13-Jährige zu dir sagt "Mama, das verstehst du nicht mehr, dazu bist du einfach schon zu alt!". Dieser Satz hat mich damals so traumatisiert, dass ich ihn heute (17 Jahre später!) immer noch im Kopf habe 😄

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Am 24.6.2020 um 12:24 schrieb Kulti:

 

Es reicht eigentlich schon ein Kind. Es muss ja dann nicht nur der angenommene Bedarf des eigenes Kindes bedient werden, man muss auch für alle Kinder einkaufen die vlt. mal zu Besuch kommen.

 

Dann kannst du dir vorstellen, wie das ist,wenn du vier Kinder hast.

Manch Spaziergänger hat unseren Garten zu diesen Zeiten für einen Kindergarten gehalten.

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Am 24.6.2020 um 13:52 schrieb Soulman:

Und Nimbusgrau ist die schlimmste Nichtfarbe, seit die einen TT damit ausgeliefert haben. Traumatisierend.

 

Da kann ich nur noch ganz sexistisch ausrufen "Männer!"

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Gerade eben schrieb Die Angelika:

ja und man verliert völlig das Gefühl für seinen Alterungsprozess, bis eines Tages deine 13-Jährige zu dir sagt "Mama, das verstehst du nicht mehr, dazu bist du einfach schon zu alt!". Dieser Satz hat mich damals so traumatisiert, dass ich ihn heute (17 Jahre später!) immer noch im Kopf habe 😄

 

Und warum traumatisiert es so (wenn man diesen Augenblick nicht eh vorausgesehen hat)? Weil die Jungen Recht haben!. Das ist ein Problem, und es ist auch kaum zu beheben, jedenfalls nicht dadurch, daß man selbst jünger zu werden versucht. Damit macht man sich nur lächerlich. Die Lösung ist trotzdem ganz einfach. Man braucht nur Geduld. Denn wir werden zwar nicht jünger, unsere Kinder aber älter. Und irgendwann klappt‘s dann auch wieder mit dem Verständnis! Wenn man nicht zu besserwisserisch auftritt im Sinne von: hab ich doch gleich gesagt. Sie merken es von allein, man muß sich nicht noch mit der Nase darauf stoßen. Sich einfach nur still freuen, und die neue Nähe genießen. :)

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@Die Angelika: Danke für deine längere Antwort auf mein Eingangs-Posting. Genau so eine kontroverse Diskussion wollte ich mit meinen zwei Einwänden anstoßen.

 

Und ja, es kann durchaus etwas ändern, wenn ich und andere es für gut halten, den Fleischkonsum zu reduzieren und auf Produkte aus artgerechter Haltung zurückzugreifen. Die Biolandwirtschaft hat seit dem Beginn solcher Denkweisen ordentlich zugelegt und ist zu einem wettbewerbsfähigen Wirtschaftszweig geworden. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass Billig-Lebensmittel an Attraktivität verloren haben. Und ja, dadurch dass solch ein Wissen über prekäre Umstände in der Gesellschaft vorhanden ist, kann ich mich nicht damit herausreden, ich habe nichts gewusst. Dennoch bin ich nicht der Meinung, dass ich ein schlechterer Mensch bin, wenn ich in einem Restaurant ein leckeres Fleischgericht bestelle, einfach, weil es gut schmeckt, und mich einmal nicht nach der Herkunft des Fleisches erkundige. Die Verantwortung dafür, mit Respekt auch der Würde von Tieren zu begegnen, sehe ich ganz klar einseitig beim Produzenten und teilweise auch beim Gesetzgeber. Klar würde eine fehlende Nachfrage den Produzenten unter Druck setzen. Aber es wird immer Bereiche geben, in denen Menschen durch unmoralische Geschäfte Geld verdienen können. Die Verantwortung liegt bei denen, die das ausnutzen, nicht bei denen, die das ermöglichen.

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Am 24.6.2020 um 19:32 schrieb duesi:

Ja, da bin ich ja gerade dabei.

 

Ist jedoch einfacher gesagt als getan, wenn man von Kind auf (freikirchliche Sozialisation) darauf getrimmt war, um jeden Preis seiner Überzeugung zu folgen und sich auf keinen Fall anderen Menschen zuliebe verbiegen zu lassen. Ein Kinderlied, das wir damals oft gesungen haben, lautete:

 

Sei ein lebendger Fisch, schwimme doch gegen den Strom!

Auf und wag es frisch! Freude und Sieg ist dein Lohn.

Nur die toten Fische schwimmen immer mit dem Strom.

Lassen sich von allen andern treiben.

Haben weder Kraft noch Mut, was anderes zu tun.

Wollen in der großen Masse bleiben.

 

Erfahrungsgemäß fühlt es sich aber gar nicht so lebendig an, immer gegen den Strom zu schwimmen. Es kostet auf Dauer viel Kraft. Und irgendwann hört einem keiner mehr zu. Ist es wirklich die christliche Berufung, um des Glaubens willen eine Jesus-Erfahrung zu machen? "Es verließen ihn aber alle....."

 

Ensetzlich! Und dann wundert man sich, wenn Religionskritiker von Gehirnwäsche reden.....

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Am 24.6.2020 um 20:50 schrieb Marcellinus:

 

Ist es denn so erstrebenswert, sich „anderen Menschen zuliebe verbiegen zu lassen“? In meiner Jugend (Ende der 60er) gab es einen starken sozialen Druck hin zum Rauchen. Eigentlich jeder Jugendliche tat es. Ich hatte mich lange geweigert, und dann doch mit 16 damit angefangen (als schon keiner meiner Kumpels damit rechnete, wie sie mir später sagten). Es war natürlich ein Fehler, schlimmer: eine Dummheit, und ich habe 8 Jahre gebraucht, um das einzusehen, und davon loszukommen. Vorher war ich in gewisser Weise ein Außenseiter gewesen, und hinter auch, aber lieber das, als jämmerlich an Krebs einzugehen, wie einige meiner besten Freunde. Auf andere Menschen eingehen, gemeinsame Interessen finden, das ja, aber sich verbiegen lassen? Das eher nicht!

 

Na ja, es gibt ja wohl auch n och was dazwischen.

Dieses "sich anderen Menschen zuliebe verbiegen lassen" ja in obigem Kontext schon eher als Kampfansage zu sehen. Denn eben: Wer will sich schon verbiegen lassen? Da schwimmt man dann doch lieber gegen den Strom mit einer exklusiven elitären Gruppe

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Am 24.6.2020 um 21:47 schrieb duesi:

Das ist vermutlich auch die Kunst dabei, den Mittelweg zu finden. Die Treue zu sich selbst nicht zu übertreiben. Aber sie auch nicht derart zu verleugnen, dass ich mich verbiegen müsste. Sich soweit anzupassen, dass die anderen mich akzeptieren können, ohne dass sie sich verbiegen müssen. Aber auch nicht zum persönlichkeitslosen Duckmäuser zu werden. Aristoteles war es glaube ich, der jede Tugend als den Mittelweg zwischen zwei Extremen beschrieb. Beim Rauchen bin ich übrigens durchweg Genussmensch. Ich rauche vielleicht maximal 5 Mal im Jahr. Gönne mir dann aber schon Mal eine teure Havanna, weil sie einfach gut schmeckt. Wie ein guter Tee. Ich möchte nicht Anti sein und mein Leben um jeden Preis verlängern, aber auch nicht in Abhängigkeit geraten.

 

das ist schon ne merkwürdige Sache mit Gruppendruck:

Mein Sohn hat mir z.B. schon mehrmals erzählt, dass bei ihm im Betrieb jeweils bei zwanglosen Treffen mit Kollegen betretenes Schweigen herrsche, wenn er erkläre, dass er keinen Alkohol trinke. Die halten ihn anscheinend alle für einen trockenen Alkoholiker.

 

Sein Vorgesetzter hingegen fühlte sich bemüßigt, ihn zu ermuntern, doch auch mal mit seinen Kollegen einen zu heben in einem Biergarten.

Äh.....

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vor 5 Minuten schrieb Die Angelika:

 

Ensetzlich! Und dann wundert man sich, wenn Religionskritiker von Gehirnwäsche reden.....

Naja, so hoch wollte ich das jetzt nicht hängen. Aus meiner Perspektive heraus sind auch viele Dinge, die für die Mehrheitsgesellschaft normal sind, sehr befremdlich (um Worte wie "entsetzlich" zu vermeiden). Aber dieser Rückblick auf das Lied hat mir ein Stück geholfen, dies besser einordnen zu können.

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Am 25.6.2020 um 09:28 schrieb Kulti:

Muss Konsum eigentlich immer heißen etwas neues zu kaufen?

 

Ich bin seit Jahren dabei den Kauf eines Aquariums zu vermeiden. Aber wenn eins ins Haus käme, dann per Ebay Kleinanzeigen. Da gibt es genug Aquariengeschichten die sich zu einem besseren Ende führen ließen.

 

Möbel sind ein weiteres Beispiel. Mit ausreichend Zeit findet sich vlt. etwas gebrauchtes, was man selber aufmöbeln kann. Und damit ist man an jedem Tisch en vogue.

 

Fazit: Bewusster Konsum ist manchmal eine Frage der Zeit, die man sich beim konsumieren lässt.

 

Wie man es nicht macht sieht man übrigens wenn man nach 3 Wochen Hitze loszieht um sich eine kurze Hose zu kaufen.

 

Gebrauchtes zu kaufen, kann auch in Luxuskonsum ausarten, ("HAch wie toll, dieses Kleid würde neu das Dreifache kosten. Was ein Schnäppchen! DAs muss ich haben!" Blöd nur, wenn es das x-te Kleid im Schrank ist und du eigentlich eh schon drei zu viel im Schrank hast)

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Am 25.6.2020 um 10:04 schrieb Kulti:

 Die längste Geschichte die ich erzählen kann geht über einen Polo Fox für 750 Euro gekauft (mit 35 PS). Der war dann auch im Abgang spannend.

 

Im Abgang spannend klingt, als ob ein Polo Fox eine besondere Flasche Wein wäre

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Am 23.6.2020 um 23:03 schrieb duesi:

Ich bin ja eigentlich im Grunde meines Herzens ein Minimalist.

 

Ach ja, ich bin auch eigentlich ganz anders, ich komme nur so selten dazu (Ödön von Horváth).

 

Zitat

Ich könnte mit sehr wenig auskommen und den Großteil meines Einkommens an gemeinnützige Organisationen spenden. Aber mit dieser Einstellung ist es nur schwer, in Gesellschaft zurechtzukommen. Andere Menschen schauen viel positiver auf mich, wenn meine Kleidung ein bisschen was hergibt und ich ab und an von einer tollen Reise oder einem neuen Konsumprodukt erzählen kann. Die Frage "brauche ich das?" hilft hier nicht weiter. Denn ein wenig soziale Kontakte brauche ich durchaus. Und die Menschen, die meine Gesellschaft auch als spartanischer Minimalist zu schätzen wissen, die habe ich noch nicht getroffen.

 

Irgendwie habe ich den Eindruck, Du legst zuviel Wert darauf, was andere von Dir denken. Nein, anders: Du legst zu viel Wert auf das, von dem Du meinst, daß andere das von Dir denken könnten (gleiches im HandMundKommunionsthread) - wenn Du nachfragen würdest, kämst Du vielleicht zu der mich gar nicht überraschenden Erkenntnis, daß Dein Verhalten anderen schnurz ist. Bestenfalls ist es Anlaß für ein Gespräch = sozialer Kontakt = Ziel erreicht.

 

Selbstredend wirst Du immer Menschen treffen, die Deine Entscheidung nicht nur doof finden, sondern vor allem selbst zur Rechtfertigung ihres anderen Verhaltens neigen - das nennt sich Dissonanzreduktion. Habe ich häufiger erlebt, als ich noch als Single ca. 15 Jahre ohne Fernseher lebte. Doch das gibt sich und ist auch kein Beziehungstöter.

 

Also: mach dein Ding, sei authentisch und nicht so wie Du meist, daß andere Dich gerne hätten. Die meisten mögen Authentizität.

 

Das übriggeblieben Geld kannst Du dann in wenige, aber qualitativ gute Klamotten stecken. Die zeichnen sich u.a. dadurch aus, daß man ihr Logo nicht deutlich sieht ;) (bspw. lieber ein super passendes Hemd von Dolzer oder Kuhn als fünf von C&A und Co.). Und kauf bspw. Schuhe, die sich mindestens zweimal neu besohlen lassen (support your local dealer Schuhmacher).

 

Und spende nicht Dein Einkommen, sondern lege es so an, daß Du früher aufhören kannst zu arbeiten und dann Deine wichtigste Ressource spenden kannst: Deine Zeit, wertvoller als sehr viel Geld.

 

Das sind natürlich alles Vorschläge, die genausoviel Wert sind wie die von irgendeinem anderen und beanspruchen nicht einen Hauch von Weisheit.

bearbeitet von rorro
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vor 7 Minuten schrieb Die Angelika:

 

das ist schon ne merkwürdige Sache mit Gruppendruck:

Mein Sohn hat mir z.B. schon mehrmals erzählt, dass bei ihm im Betrieb jeweils bei zwanglosen Treffen mit Kollegen betretenes Schweigen herrsche, wenn er erkläre, dass er keinen Alkohol trinke. Die halten ihn anscheinend alle für einen trockenen Alkoholiker.

 

Sein Vorgesetzter hingegen fühlte sich bemüßigt, ihn zu ermuntern, doch auch mal mit seinen Kollegen einen zu heben in einem Biergarten.

Äh.....

Ja, gar nicht so einfach. Mir hat mal ein Kommilitone erzählt, dass er in den Semesterferien auf dem Bau gearbeitet hat. Dort wurde soviel gesoffen, dass er Mittags schon betrunken war. Und es wurde nicht wirklich geduldet, sich dem zu entziehen. Er musste die Stelle vorzeitig kündigen, weil er den Saufdruck einfach nicht ausgehalten hat. 

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vor 34 Minuten schrieb Die Angelika:

Ensetzlich! Und dann wundert man sich, wenn Religionskritiker von Gehirnwäsche reden.....

 

Was hattest du denn gedacht, was Sekten tun?

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@rorro : Dein Beitrag hat was männliches Aufbauendes. Wie so ein kumpelhalfter Schlag auf die Brust. "Sei du selbst! Das ist okay." Das mit dem Sparen fürs Alter sehe ich anders. Aber müssen wir nicht diskutieren. 👍

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Oder noch mal ein anderer Gedanke. Was tun anerkannte Religionsvereine, wenn sie ihre Kinder (und die der anderen gleich mit) von Kita-Tagen an mit Texten und Ritualen konfrontieren? Vor allem, warum tun sie es? Und wie viele würden nie den Anschluß an den jeweiligen Religionsverein finden, täte man es nicht? Was ich damit sagen will: Gehirnwäsche nennen wir es nur bei den anderen. 

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vor 5 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Was hattest du denn gedacht, was Sekten tun?

Die Begriffe "Sekte" und "Gehirnwäsche" sind (fast) immer eine Frage der Perspektive. Dawkins argumentiert beispielsweise, dass er seine Kinder vor dem Einfluss von gläubigen Menschen schützen möchte. Also wenn das Mal keine Gehirnwäsche und Sektiererei ist .....

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vor 2 Minuten schrieb duesi:

Die Begriffe "Sekte" und "Gehirnwäsche" sind (fast) immer eine Frage der Perspektive. Dawkins argumentiert beispielsweise, dass er seine Kinder vor dem Einfluss von gläubigen Menschen schützen möchte. Also wenn das Mal keine Gehirnwäsche und Sektiererei ist .....

 

Das ist eine interessante Frage. Wir haben vier Kinder großgezogen, und ja, wir haben sie bewußt vor religiöser Indoktrination geschützt, einfach, weil und solange wie sie sich gegen die noch nicht wehren konnten. Vor dem Kontakt mit religiösen Menschen kann man sie nicht schützen, und sollte es auch nicht. Schließlich sollen sie lernen, ihre eigene Meinung zu verteidigen. Meistens sind es dann eher die Gläubigen, die geschützt werden wollen. 

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vor 3 Stunden schrieb Ennasus:


Hinter so einem Lied steckt meines Erachtens nicht das Bemühen, den Einzelnen in seinem individuellen Sein zu bestärken, auch wenn es so tut als, würde es das.

Es vermittelt ja, dass das Gegen-den-Strom-Schwimmen ein Wert an sich sei - was ja überhaupt nicht stimmt. Gemeinschaft mit anderen zu erleben ist doch ein menschliches Grundbedürfnis und ein wirklicher Wert. Mit anderen gemeinsam unterwegs zu sein, gemeinsame Erlebnisse zu teilen oder zu spüren, dass da noch jemand ganz ähnliche Werte, Sehnsüchte, Ideen,.. hat, kann ungemein beglückend sein.

Eigentlich kommt es mir so vor, als wolle das Lied auch genau das erreichen. Seine implizite Botschaft ist: Entferne dich nur ja nicht von unserer Gemeinschaft! Orientiere dich an dem, was wir dir sagen und lass dich ja nicht davon irritieren, wenn andere anders tun! Bleib bei uns, hinterfrag nicht, was hier als richtig gilt. Es erzeugt und stabilisiert eine spezifische Gruppenidentität über die Abgrenzung von anderen: Wir sind anders als die, und eigentlich auch besser. Es ist gut, wenn du dich abgrenzt gegen alle andern!

Das finde ich extrem ungut. Indem es nicht offen sagt: Wir möchten, dass du bei uns bleibst und dich abgrenzt gegen alle anderen, sondern so tut, als diene es der Stärkung des Muts, man selbst zu sein, verwirrt es völlig. Kraftvoll und stark und lebendig ist in dieser Ideologie ja nicht, wer gut auf sich hinspürt und tut, was für ihn stimmt, sondern wer die Ideologie der Gemeinschaft lebt. Und wer dann auf einmal merkt, dass das, was die anderen leben, den eigenen Bedürfnissen eigentlich mindestens so sehr entspricht und man gern bei den anderen mitmachen möchte, der wird plötzlich zum "toten Fisch". Ich kann das nicht gut erklären, aber dein ständiges Suchen danach, wie du dich wann wo bei wem verhalten sollst, zeigt das doch: Du hast das nicht lernen dürfen, einfach du selbst zu sein und das zu tun, was für dich richtig ist. Ein Kind, das wirklich dabei unterstützt wird, hinzuspüren, was Seines ist und das dann auch zu tun, käme, glaube ich, nie auf die Idee, zu sagen: "Andere Menschen schauen viel positiver auf mich, wenn meine Kleidung ein bisschen was hergibt und ich ab und an von einer tollen Reise oder einem neuen Konsumprodukt erzählen kann." Es fragt doch gar nicht danach, wie die anderen Menschen auf es schauen. Sondern es ist einfach, wie es ist.

Ich bin durchaus der Meinung, dass es in jedem Leben zu Situationen kommen kann, wo man sich "gegen den Strom" stellen muss, wenn man sich selbst treu bleiben will. Aber das spürt man dann schon, da muss man das nicht vorher als Ideal hochstilisieren.

 

 

Hach Ennasus.....fast könnte ich neidisch werden, wie wunderbar du das ausdürcken kannst, was mir im Kopf rumging, aber von mir nicht in passender Form niedergeschrieben werden  konnte. Danke!

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vor 2 Stunden schrieb duesi:

Hallo Susanne, schön, mal wieder etwas von dir zu lesen. Ich finde deine wie immer nachdenkenswerten und einfühlsamen Gedanken immer sehr lesenswert. An einigen Stellen stimmen deine Betrachtungen. An anderen triffst du nicht genau das, was dieses Lied für mich und meine Altersgenossen damals bedeutet hat und was sich in meinem und unseren Denken damals abgespielt hat. Aber das ist kein Kritikpunkt. Du beschreibst, wie sich meine Überlegungen aus der Perspektive deiner Sozialisation und deiner Gefühlswelt anfühlen. Damit kein falscher Eindruck aufkommt, möchte ich deshalb kurz auf ein paar Punkte eingehen.

 

1. Dieses Lied hat für uns damals kein "hör auf die Gemeinschaft und hinterfrag es nicht" ausgedrückt. Ganz im Gegenteil, das weiß ich nicht nur aus eigenem Empfinden, sondern auch aus den Gesprächen mit anderen, hat es uns ermutigt, selbst nachzudenken. Natürlich hatten wir den gemeinsamen Glauben, dass die Bibel Gottes Wort ist und absolute Autorität hat. Aber was das im Einzelnen bedeutet, da hat sich jeder ermutigt gefühlt, das durch eigenes Beten und lesen und diskutieren selbst herauszufinden. Und es war nicht nur die Ermutigung da, gegen den Strom der Gesellschaft zu schwimmen. Sondern auch die Ermutigung, Dinge innerhalb der Gemeinde zu hinterfragen, seinen eigenen Weg zu finden, mit anderen über solche Dinge offen zu sprechen. Wir haben da schon mit der Zeit sehr differenzierte Meinungen gebildet und waren durchaus nicht immer in allem einig. 

 

2. Du hattest den Eindruck, ich hätte nie gelernt, in mich hineinzuspüren, was für mich richtig ist. Das stimmt so auch nicht ganz. Durch den Glauben, dass die Bibel Gottes Brief an uns Menschen ist, hat es sich für mich ganz natürlich angefühlt, sich immer wieder mit der Bibel zu beschäftigen. Was richtig ist, ist, dass ich mein eigenes natürliches Empfinden und Verhalten immer wieder anhand der Bibel kritisch unter die Lupe genommen habe. Vielleicht hat mir das eine gewisse kindliche Unbeschwertheit genommen. Das könnte sein. Aber es war nicht so, dass ich kein natürliches Empfinden habe. Die immer wieder aufkommende Frage, wie ich dies und das sehen sollte und wie ich hier und da reagieren sollte, die bei dir den Eindruck erweckt, ich könne nicht in mich hineinspüren, fühlt sich für mich ganz natürlich an. Dadurch dass für uns üblich war, sich solche Selbsthinterfragungen immer wieder zu stellen und darüber schon als Kinder zu diskutieren, nicht weil wir es mussten, sondern weil mir mit dem, was wir in der Bibel gelesen haben, übereinstimmen wollten, das hat natürlich mein Fühlen und Denken geprägt.

 

3. Die Frage, was andere über mich denken, hat mich als Kind ziemlich wenig beschäftigt. Solange ich viele Sozialkontakte hatte und regelmäßig unter Menschen war, hatte ich auch wenig Grund, über solche Fragen nachzudenken. Das Zitat, das du als negativ empfunden hast "Andere Menschen schauen viel positiver auf mich, wenn meine Kleidung ein bisschen was hergibt und ich ab und an von einer tollen Reise oder einem neuen Konsumprodukt erzählen kann", dieses Zitat stammt aus einer Zeit weit später im Erwachsenenalter. Das Gemeindeumfeld ist weg. Die Frau ist weg. Ich sitze mit Leuten am Tisch. Aber die Themen, die mich interessieren, auf die antwortet keiner. In Forendiskussionen bekomme ich auf Beiträge, die ich persönlich für intelligent halte, kein Feedback. Da ist es doch ganz natürlich, darüber nachzudenken, woher es kommt, dass Menschen mich für unsympathisch halten. Woher es kommt, dass Menschen mich ignorieren. Natürlich kann ich nicht everybody's darling sein. Aber das Streben danach, akzeptiert zu werden, ist nichts unnatürliches. Also vermeide ich Grundsatzdiskussionen, wenn meine Gesprächspartner daran kein Interesse haben. Schaue stärker darauf, welche Themen auch andere interessieren. Achte auf einen Kleidungsstil, der nicht nur meinen Präferenzen entspricht, sondern mit dem ich mich auch sehen lassen kann. "in mich hineinspüren" und "natürlich sein" und "ich selbst sein" ist leider kein Weg aus der sozialen Isolation. Dazu gehört eben auch ein Stück Anpassungsbereitschaft und "nicht nur in mich hineinspüren", sondern eben auch ein wenig "in die anderen hineinspüren".

 

Auch dir ein ausdrückliches Dankeschön. Das sind die Beiträge, die das Forum lesens- und besuchenswert machen. 🙂

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vor 4 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Das ist eine interessante Frage. Wir haben vier Kinder großgezogen, und ja, wir haben sie bewußt vor religiöser Indoktrination geschützt, einfach, weil und solange wie sie sich gegen die noch nicht wehren konnten. Vor dem Kontakt mit religiösen Menschen kann man sie nicht schützen, und sollte es auch nicht. Schließlich sollen sie lernen, ihre eigene Meinung zu verteidigen. Meistens sind es dann eher die Gläubigen, die geschützt werden wollen. 

Ich meine, der Begriff "Sekte" wird ja sehr unterschiedlich verwendet. Die Juden nannten die Christen ursprünglich die "Sekte der Nazaräner". Im kirchlichen Umfeld wird der Sektenbegriff meistens auf Gruppen bezogen, die sich christlich nennen, aber die Lehre von der Trinität ablehnen. In dem Sinne sind Mennoniten keine Sekte. Aber manchmal ist es auch einfach ein abwertender Kampfbegriff.

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vor 1 Stunde schrieb Marcellinus:
vor 2 Stunden schrieb duesi:

Mal ganz davon abgesehen, dass dies nicht das reale Leben ist, sondern höchstens ein kleiner Teil davon.

 

Überhaupt kein Teil davon. heit

 

Also für mich ist das hier schon auch ein Teil meines realen Lebens. Denn ich bin hier mit derselben Identität. Ich gebe mich hier nicht anders als sonst. Ich schreibe  dann hier, wenn ich glaube, selbst Input zur brauchen und anderen etwas geben zu können. Der einzige Unterschied zu meinem sonstigen Leben ist, dass ich hier meine Impulsivität und Direktheit in der Regel besser kontrollieren kann, weil ich mich auch erstmal zurückziehen kann, wenn mich etwas "anfrisst".

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vor 1 Stunde schrieb Marcellinus:

@Die Angelika

Massenmenschenhaltung hat zwangsläufig Massentierhaltung, allgemein Massenproduktion zur Folge. Und die ist meist nicht schön. Aber das ist Massenmenschenhaltung auch nicht. 

 

Das sehe ich definitiv überhaupt nicht so wie du

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