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Gottesbilder - Vielfalt, Entstehung und Funktion


Shubashi

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vor 19 Stunden schrieb Shubashi:


Ich fände es schade, wenn Du diesem Leib verloren gingest. 
Ich bin halt dagegen, diesen Leib nur von der ach so makellosen Obrigkeit und Autorität her zu sehen, für mich besteht er auch aus der Unvollkommenheit, der Sehnsucht, der Liebe und Hoffnung eines jeden und jeder, die sich zu Jesus und zum Evangelium hingezogen fühlen.

Dieses "zu Jesus hingezogen fühlen" ist für mich ein befremdlich wirkender Ansatz. Ich lebe wenn man so will in der permanenten Gegenwart Gottes (so langsam zumindest wieder), aber da zieht nichts, da sehnt sich nichts, das ist ist einfach da.

 

Vielleicht liegt das auch daran, daß der Begriff "Evangelium" für mich keinen wirklichen Inhalt hatte und immer weniger hat. Als Kind habe ich unter "das Evangelium verkünden" wörtlich verstanden, daß man die biblischen Texte vorlesen soll, was für mich allerdings wenig Sinn ergab, weil auch darin ja häufig die Formulierung "glaubt an das Evangelium", "verkündet das Evangelium" vorkommt, was aber nicht erklärt, was der eigentliche Inhalt ist.

 

Aus heutiger Perpektive erscheint mir die Formulierung "Evangelium unseres Herrn Jesus Christus" fehlgefüllt. Menschwerdung Gottes, Opfer am Kreuz, Erlösung vom Tod, Befreiung von der Erbsünde - da sind so viele Konzepte hinter, die ich nicht teile und die ich mir über alle Jahre einfach entgegen jeder Definition zurechtgebogen habe. Das hat bis zu einem gewissen Grad funktioniert, hat aber eine gewisse Unehrlichkeit in sich.

Das Evangelium wie Paulus es verstanden hat (der Messias ist erschienen wir sind der Halacha entkommen, die Sünde hat uns verloren, weil ohne die Halacha auch keine Sünde möglich ist), ist bedenkenswert, aber für mich als Nichtjuden im Grunde nicht von Belang. Ich kann mich für Israel freuen, aber das hat mit mir und meinem Weg mit Gott kaum was zu tun.

Das Evangelium Jesu selbst erscheint mir etwas zwiegespalten. Er hebt die Halacha nicht auf sondern will sie erfüllt wissen. Wobei "erfüllt" eine sperrige Vokabel ist, die ich lange Jahre völlig überschätzt habe. Mittlerweile gehe ich davon aus, das er lediglich meinte, nicht den Wortlaut der Halacha umzusetzen sondern ihren inneren Sinngehalt als Forderung nach Fürsorge um den Nächsten und das Leben der biblischen Gerechtigkeit nach der jeder erhält, dessen er Bedarf  und was ihm zusteht. Rein weltlich betrachtet. Es ist oberflächlich betrachtet im Grunde banal. Spannend wird es an den Rändern und in den Details, wo der Rabbinu sich allerdings auch nicht festgelegt hat und zwischen sehr strenger und sehr sanfter Auslegung der Halacha hin und her wechselte.

 

Ob man durch Apostasie bzw. Häresie nun dem Leib verloren geht, müssten die Fachleute entscheiden. Ich häng mir jetzt zwischen allen Stühlen meine Hängematte auf und entspann mich.

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Am 23.1.2024 um 22:19 schrieb Shubashi:

Erstmal vielen Dank für verschiedenen Aspekte, ich wäre GH tatsächlich auch für seinen Input dankbar! 
(Hat er nicht dazu ein Buch empfohlen, oder sogar geschrieben?)

 

Hat er. https://www.amazon.de/stores/Andreas-Mang/author/B009HA26D8

2. Aufl. gibt's wohl gerade nur als Kindle, muß ich mal mit dem Verleger reden.

 

Ich persönlich mache einen Unterschied zw. Gottesbild und Gottesvorstellung. Ersteres ist ein anthropomorphes Bild vorzugsweise aus den Mythen, letzteres ein theologisches bzw. philosophisches Konzept. Mit ersterem kann man ganz praktisch etwas anfangen, weshalb ich Verbote derselben für abträglich halte, was Mystik, Spiritualität, Ritualgestaltung etc. angeht. Letzteres ist rein theoretisch, kann aber über verschiedene Bilder und damit Pantheons und damit Religionen hinweg verbinden.

 

Im Katholizismus ist vieles von #1 geblieben, nur nicht auf Gott als Ganzes bezogen. Gott-Vater mit Bart auf Wolke ala Michelangelo, Gott-Sohn (Jesus, antorpomorpher geht nun wirlich nicht), Gott-Geist (Taube oder so, und den ich im Sinne von Poppers Welt 3 für ziemlich "real" erachte). Plus Maria und die ganzen Heiligen.

Unter Gottesvorstellungen rangiert eine ganze Menge von realen Entitäten, Naturgewalten, zivilisatorischen Aspekten bis hin zu jungianischen Archetypen. Plus so etwas wie Pan- oder Kosmotheismus, in dem ein regelbasiertes Universum gleich Gott ist bzw. die Regeln es sind (zB. Stoa o. naturwissenschaftlcihe Gesetze).

 

Zu Odin speziell: Den sehen viele als den Allvater (auch wenn das in meinem Augen eher so eine 11.Jhd.-Nummer ist, und es rein etymolisch eigentlich Tyr sein müßte), das ist nicht so weit vom Gott-Vater weg, kein Wunder, der Begriff Allvater kam während des Parallelbetriebs Christentum/Heidentum auf.

bearbeitet von GermanHeretic
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2 hours ago, GermanHeretic said:

Kindle

 

Ich habe die 🍎 Version erworben, bin aber noch nicht durch. Ein gutes und interessantes Buch, die neue Auflage ist ja auch erweitert.

Übrigens auch preisgünstig, was bei philosophischen oder theologischen Titeln ja nicht so die Regel ist.

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vor 2 Stunden schrieb Flo77:

hat aber eine gewisse Unehrlichkeit in sich.

Nicht mehr und nicht weniger unehrlich, als die persönlichen Lesarten aller anderen auch. Und: ja, es gibt nur persönliche Lesarten (wenn auch mit Konsensfindungsmechanismen). Wer auf Scholastik steht, den verweise ich dazu auf den Aquinaten, wer 20. Jhd. bevorzugt, auf Erkenntnistheorie.

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vor 17 Minuten schrieb Shubashi:

 

Ich habe die 🍎 Version erworben, bin aber noch nicht durch. Ein gutes und interessantes Buch, die neue Auflage ist ja auch erweitert.

Übrigens auch preisgünstig, was bei philosophischen oder theologischen Titeln ja nicht so die Regel ist.

 

Vielen Dank. (Hohe Preise sind beim Missionieren ja auch eher schädlich... 😉😁)

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vor 49 Minuten schrieb Shubashi:
vor 3 Stunden schrieb GermanHeretic:

Kindle

Ich habe die 🍎 Version erworben

 

Ich hatte bisher nur die Kindle-Version. Danke für den Hinweis! :)

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Am 23.1.2024 um 20:08 schrieb SteRo:

Gottesbilder, egal ob christliche oder nichtchristliche, beruhen entweder auf einer Offenbarung Gottes oder auf der Phantasie von Individuen ohne Offenbarung, welche andere Individuen ohne Offenbarung mit ihren Phantasien begeistern können. Götterbilder sind keine Gottesbilder, weil Gottesbilder monotheistisch sind.

Wie aber unterscheidet man sprachlichen Ausdruck, der auf empfangener Offenbarung beruht, von sprachlichem Ausdruck, der auf bloßer Phantasie beruht?

 

Thomas von Aquin's Ansatz ist sicherlich der Geradlinigste und Einfachste, wenn er auch heuzutage wohl der Umstrittenste sein dürfte (summa theol., II-II, q5, a3):

Zitat

Der Formalgrund im Gegenstande des Glaubens aber ist die erste Wahrheit, insoweit sie geoffenbart wird in der Schrift und der Kirchenlehre, welche ihren Ursprung hat in der ersten Wahrheit.

Danach beruht das rechte Gottesbild auf der Bibel und der Lehre seiner Kirche.

 

Die Fragen, ob und inwieweit auch der Inhalt der Bibel und die Lehre seiner Kirche dem Einfluss der bloßen Phantasie von Individuen (ohne Offenbarung) unterliegen, sind bei Thomas von Aquin und in der dogmatischen Lehre seiner Kirche nicht zugelassen.

 

 

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20 hours ago, GermanHeretic said:

Mit ersterem kann man ganz praktisch etwas anfangen, weshalb ich Verbote derselben für abträglich halte, was Mystik, Spiritualität, Ritualgestaltung etc. angeht. Letzteres ist rein theoretisch, kann aber über verschiedene Bilder und damit Pantheons und damit Religionen hinweg verbinden.


Ich gestehe, dass ich mit dieser Unterscheidung etwas im Sinne von praktischer und theoretischer Religion etwas anfangen kann, meine Frage (bzw. das Thema hier) wohl eher zeitlich-entwicklungsmäßig gemeint war.

D.h. woher stammen gewisse Motive, wie z.B. Trinitarität, sind sie historisch-geographisch zu verorten und haben sich dann verbreitet (wenn auch nur schwer rekonstruierbar), oder sind sie anthropogen (oder etwas süffisant-theologisch gesprochen: von der Gottheit im Menschen schon angelegt?)

Ich hoffe ja, dass wir im Zeitalter religiöser Toleranz von „Verboten“ nicht mehr groß sprechen müssen - aber sind wir auch schon so weit, polytheistische und monotheistische Gottesbilder ohne Hierarchie-Vorgaben zu diskutieren?

Ich bin auch auf dieses Thema gekommen, weil mir die Idee von „Odin als Riese“ auch dieser Konvention zu folgen schien - die „Religion“ schneidet sich möglicherweise von ihren eigentlichen Ursprüngen ab, wenn sie das, was das Gottesbild eines „Odins“ schafft, einfach abtut und nur noch das in Büchern überlieferte für den wahren Jakob hält.

 

Um es mal kurz als Frage zu fassen:

Ist die Kraft, die Gottesbilder hervorbringt, noch real, oder leben wir in einer Zeit, in der wir uns nur noch an den historischen Beständen theoretischer „Gottesvorstellungen“ abarbeiten.

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vor 9 Minuten schrieb Shubashi:

D.h. woher stammen gewisse Motive, wie z.B. Trinitarität, sind sie historisch-geographisch zu verorten und haben sich dann verbreitet

 

Es spricht viel dafür, dass die alten Ägypter sich das ausgedacht haben: Vater, Mutter und Sohn, Osiris, Isis und Horus. Man kann übrigens in Ägypten heute noch Darstellungen von Isis mit dem Horus-Kind sehen, die denen von Maria mit Jesus-Kind zum verwechseln ähnlich sehen.

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vor 2 Stunden schrieb Shubashi:

Ich bin auch auf dieses Thema gekommen, weil mir die Idee von „Odin als Riese“ auch dieser Konvention zu folgen schien - die „Religion“ schneidet sich möglicherweise von ihren eigentlichen Ursprüngen ab, wenn sie das, was das Gottesbild eines „Odins“ schafft, einfach abtut und nur noch das in Büchern überlieferte für den wahren Jakob hält.

 

Die Dreizahl scheint mir eine weit verbreitete und sehr alte Konvention zu sein. Odin/Hönir/Lodur; Wodan/Wili/We; Brahma/Vishnu/Shiva; Zeus/Poseidon/Hades; Juppiter/Minerva/Mars ... Meine Vermutung ist, das liegt daran, daß am menschlichen Körper einzelne Teile (Finger und Zehen einzeln gezählt, Abnormitäten ignoriert) einfach oder doppelt vorkommen, aber niemals dreimal. Die 3 ist somit die erste Zahl, die über das Menschliche hinausgeht und somit prädestiniert für das Göttliche ist.

Desweiteren stammen alle heidnischen Götter von älteren Wesen ab. Odins Eltern waren Riesen, zw. Riesen und Göttern gibt weniger genealogische Unterschiede als solche, die in der Beziehung zum Menschen stehen. Für mich sind die Götter die dem Menschen positiven Gewalten, die Riesen eher neutral oder negativ. Natürlich ist Odin im ersteren Sinne ein Riese, im letzteren nicht. (Auch wenn es gerade bei Odin hochgradig diskutabel ist, wie gut oder schlecht er für Menschen ist. So wie bei Merkur auch, bzw. er ist ja auch ein Gott des Krieges und des Todes, aber das die nordischen fast alle. Für mich hat er mehr den Gandalf-Touch, Wissenschaft, Weisheit usw, daher eindeutig positiv, somit Gott.)

Was die zeitliche Entwicklung angeht, ist Odin sehr interessant, hat sich doch dessen menschlichen Rezeption über die Jahrhunderte mehrfach gewandelt.

bearbeitet von GermanHeretic
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vor 4 Stunden schrieb Shubashi:

D.h. woher stammen gewisse Motive, wie z.B. Trinitarität, sind sie historisch-geographisch zu verorten und haben sich dann verbreitet (wenn auch nur schwer rekonstruierbar), oder sind sie anthropogen (oder etwas süffisant-theologisch gesprochen: von der Gottheit im Menschen schon angelegt?)

Das "oder" erscheint inkonsistent, denn da Gott der Autor der Natur des Menschen und aller übrigen belebten und unbelebten Kreaturen ist, ist er auch der Autor dessen, was der menschlichen Natur ggf. als "historisch-geographisch verortet" bzw. so verbreitet erscheint.

bearbeitet von SteRo
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Am 23.1.2024 um 15:26 schrieb Shubashi:

Woher kommen (nichtchristliche) Gottesbilder ... ?

 

Am 23.1.2024 um 20:08 schrieb SteRo:

Gottesbilder, egal ob christliche oder nichtchristliche, beruhen entweder auf einer Offenbarung Gottes oder auf der Phantasie von Individuen ohne Offenbarung, welche andere Individuen ohne Offenbarung mit ihren Phantasien begeistern können. Götterbilder sind keine Gottesbilder, weil Gottesbilder monotheistisch sind.

 

In diesem Kontext immens bedeutsam sind die Offenbarungen Gottes, denen Moses einen sprachlichen Ausdruck verlieh, der folgendermaßen ins Deutsche übersetzt werden kann**:

Zitat

1,26 Und Gott sprach: Laßt uns Menschen machen in unserm Bild, uns ähnlich! ... 1,27 Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er ihn

 

**ad "kann": Natürlich, es gibt auch andere Übersetzungen, aber die hier zitierte erscheint perfekt und am wenigsten irreführend.

 

Dass Gott den Menschen nach seinem Bilde schuf, nachdem er ihn gemacht hatte in seinem Bilde, läßt den Gedanken erscheinen, dass das rechte Gottesbild durch die Selbsterkenntnis des Menschen erlangt werden könne: Je besser der Mensch sich selbst erkennt, desto eher kann er aus dieser Selbsterkenntnis ein rechtes Gottesbild gewinnen. Aber ist das wirklich so?

 

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vor 23 Stunden schrieb Shubashi:

Um es mal kurz als Frage zu fassen:

Ist die Kraft, die Gottesbilder hervorbringt, noch real, oder leben wir in einer Zeit, in der wir uns nur noch an den historischen Beständen theoretischer „Gottesvorstellungen“ abarbeiten.

 

Das ist eine verdammt gute Frage. Ich würde sagen, sowohl als auch, aber ersteres ist stark zurückgegangen. Wobei das auch schon ein Jahrhunderte andauernder Prozeß ist. Dazu vielleicht inetressant: Owen Barfield, Evolution - Der Weg des Bewußtseins (grausiger deutscher Titel übrigens, Original: Saving the Appearances, aber den kapiert keiner, wenn man die Bezüge zu griechischer Philosophie und mittelalterliche Scholastik nicht kennt- obwohl das im Buch gut erklärt wird). Ich bin beiweitem nur mit wenigem einverstanden, was Barfield (übrigens einer von den Inklings) so philosophiert, vor allem wie er argumentiert (das ist für Naturwissenschaftler mehr als abenteuerlich), aber so einiges ist nachdenkenswert.

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Am 27.1.2024 um 10:49 schrieb Shubashi:

Um es mal kurz als Frage zu fassen:

Ist die Kraft, die Gottesbilder hervorbringt, noch real, oder leben wir in einer Zeit, in der wir uns nur noch an den historischen Beständen theoretischer „Gottesvorstellungen“ abarbeiten.

Gott ist ewig, zeitlos. Aber Ewigkeit, Zeitlosigkeit können vom natürlichen Verstand nicht wirklich begriffen werden. Nichtsdestotrotz ist Gott der Autor der Natur des Menschen. welche nicht historischen Moden unrterliegt, sondern welche eine natürliche (gottgewollte) Neigung beinhaltet, die allerdings vom freien Willen durchbrochen werden kann.

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vor 54 Minuten schrieb SteRo:

Gott ist ewig, zeitlos. Aber Ewigkeit, Zeitlosigkeit können vom natürlichen Verstand nicht wirklich begriffen werden. Nichtsdestotrotz ist Gott [...]

 

Ich finde es immer wieder faszinierend, wie man anderen ganz genau etwas erklären kann, was gleichzeitig über das menschliche Verstehen hinausgehen soll. Dieser intrinische Widerspruch wird dann über eine Offenbarung vermeintlich ausgehebelt. Was dabie immer fehlt, ist, wie soll man denn objektiv feststellen, welche Offenbarung denn jetzt "echt" ist und welche nicht, außer man ist im Vorfeld schon in einem System gefangen, das eine als "wahr" voraussetzt. Dann doch lieber die neopagane individuelle Erfahrung, die 100% subjektiv ist, aber nicht vorgaukelt, objektivierbar zu sein.

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Ich würde hier gerne mal ein Zitat von Heinrich Zimmer einfügen, dem 1943 verstorbenen Indologen:

Quote

.. Aber der indische Mythos leistet Wunderbareres. Im Westen zerbrach Mythos als ein Ganzes an der Philosophie, in der kritischen Zersetzung mythisch-magischer Denkformen – in Indien belebt er sich am Höchsten philosophischer Erkenntnis, lehrt es in Bild und Vorgang. …


Es ist aus dem wunderbaren Buch „Yoga und Buddhismus“, das inzwischen gemeinfrei hier zu lesen steht.

 

Der längste Aufsatz darin heißt: „Yoga und Māyā“, und hat mich schon als Jugendlicher fasziniert. Er beschreibt darin die körperliche Manifestierung göttlicher und dämonischer Kräfte und Wesenheiten, vorzüglich aufgrund yogischer Praxis, die eben die ganz praktische Wirkung religiöser Kräfte und ihre Fundierung im Menschen selbst aufzeigt.

Man könnte es auch eine tiefenpsychologische Umschreibung nennen, aber ich habe immer das Gefühl, er tat das nur als Zugeständnis an westliche Konvention, um nicht einfach als „unwissenschaftlich“ verspottet zu werden.

 

Mein Gedanke dazu: 

Unsere westliche Wahrnehmung verbirgt in ihrer künstlichen Auftrennung von Bewusstsein/Geist und Körper eine wichtige Quelle religiöser Erfahrung und hat damit möglicherweise auch ein verengtes Verständnis von Gottesbildern.

 

 

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vor 3 Minuten schrieb Marcellinus:

Was ist der Wert von Illusionen?

"Menschen brauchen solche Dinge, um Menschen zu sein. [...] Meinst Du? Dann nimm das Universum und mahl es, bis es zu einem ganz feinen Pulver wird, und dann filtere es durch das feinste Sieb, und dann zeig mir auch nur ein Atom Gerechtigkeit, ein Molekül Gnade. [...] Und doch verhalten sich die Menschen so, als gäbe es eine ideale Ordnung in der Welt, eine ... Richtigkeit im Universum, die als Maßstab der Dinge gelten könnte. - Ja, aber die Leute müssen an etwas glauben, sonst hat doch alles keinen Sinn."

(Terry Prattchet, Schweinsgalopp)

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Ich hab schon im Whisky-Thread einen Scheiterhaufen errichten müssen... hier jetzt auch noch? *seuftz*

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Am 28.1.2024 um 12:10 schrieb GermanHeretic:

Ich finde es immer wieder faszinierend, wie man anderen ganz genau etwas erklären kann, was gleichzeitig über das menschliche Verstehen hinausgehen soll. Dieser intrinische Widerspruch wird dann über eine Offenbarung vermeintlich ausgehebelt.

 

Oder durch "negative Theologie": Es wird (vielleicht vereinfacht gesprochen) nur gesagt, was Gott nicht ist, weil es ihm Grenzen setzen würde.

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Am 28.1.2024 um 12:10 schrieb GermanHeretic:
Am 28.1.2024 um 11:11 schrieb SteRo:

Gott ist ewig, zeitlos. Aber Ewigkeit, Zeitlosigkeit können vom natürlichen Verstand nicht wirklich begriffen werden. Nichtsdestotrotz ist Gott [...]

 

Ich finde es immer wieder faszinierend, wie man anderen ganz genau etwas erklären kann, was gleichzeitig über das menschliche Verstehen hinausgehen soll. Dieser intrinische Widerspruch wird dann über eine Offenbarung vermeintlich ausgehebelt. Was dabie immer fehlt, ist, wie soll man denn objektiv feststellen, welche Offenbarung denn jetzt "echt" ist und welche nicht, außer man ist im Vorfeld schon in einem System gefangen, das eine als "wahr" voraussetzt. 

 

Oder einfacher formuliert: Es gibt keine Offenbarung aus zweiter Hand. Wenn jemand behauptet, eine Offenbarung gehabt zu haben (oder stehe in einem Buch oder was auch immer), mußt du ihm glauben oder nicht. Die Offenbarung ist für Dritte nicht greifbar. 

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vor 4 Stunden schrieb iskander:

 

Oder durch "negative Theologie": Es wird (vielleicht vereinfacht gesprochen) nur gesagt, was Gott nicht ist, weil es ihm Grenzen setzen würde.

 

In der Theologie gibt es ein Konzept der Negativen Theologie, die positive Aussagen über „Gott“ ablehnt, einfach aus der sicher richtigen Erkenntnis, daß sie nicht zu beweisen sind.

 

„Die angeblich religiöse Scheu, Gott durch bestimmte Prädikate zu verendlichen, ist nur der irreligiöse Wunsch, von Gott nichts mehr wissen zu wollen, Gott sich aus dem Sinne zu schlagen; dies ist nichts anderes als ein subtiler, verschlagener Atheismus.“

(Ludwig Feuerbach, Das Wesen des Christentums, 1841)

 

Aber die innertheologische Diskussion soll uns hier nicht interessieren.

 

Eher interessiert mich hier das Konzept des Negativen, das nichts Positives letztendlich begründen können, weil es meiner Ansicht nach gut auf die Philosophie paßt. Ausgangspunkt ist die Definition von Philosophie als Suche nach der Wahrheit auf dem Weg reinen Denkens.

 

Ich folge hier Popper, der gezeigt hat, daß ein solcher Wahrheitsanspruch nicht einlösbar ist. Alle philosophischen Sätze sind immer nur vorläufig, und ihre Letztbegründung beruht letztlich auf einem Akt des Glaubens.

 

Damit könnte man das Thema Philosophie abhaken, wie das der Theologie übrigens auch. Wenn, ja wenn nicht wenigstens die eine Leistung der Philosophie darin bestünde, Wahrheitsansprüche dekonstruiert zu haben. Das verstehe ich unter negativer Philosophie, die Erkenntnis, daß alle Wahrheitsansprüche der Philosophie gescheitert sind.

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Am 28.1.2024 um 12:10 schrieb GermanHeretic:

 

Ich finde es immer wieder faszinierend, wie man anderen ganz genau etwas erklären kann, was gleichzeitig über das menschliche Verstehen hinausgehen soll. Dieser intrinische Widerspruch wird dann über eine Offenbarung vermeintlich ausgehebelt. Was dabie immer fehlt, ist, wie soll man denn objektiv feststellen, welche Offenbarung denn jetzt "echt" ist und welche nicht, außer man ist im Vorfeld schon in einem System gefangen, das eine als "wahr" voraussetzt. Dann doch lieber die neopagane individuelle Erfahrung, die 100% subjektiv ist, aber nicht vorgaukelt, objektivierbar zu sein.

 

Da missverstehst du die Intentionalität meines sprachlichen Ausdrucks. Weder erkläre ich jemandem etwas, noch behaupte ich etwas, wenn ich so schreibe. Ich drücke lediglich die Gedanken aus, die mir erscheinen und die von den Worten anderer inspiriert sind.

 

Und das mit der Offenbarung habe ich oben bereits selbst problematisiert:

 

Am 27.1.2024 um 09:24 schrieb SteRo:

Wie aber unterscheidet man sprachlichen Ausdruck, der auf empfangener Offenbarung beruht, von sprachlichem Ausdruck, der auf bloßer Phantasie beruht?

 

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