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Gottesbilder - Vielfalt, Entstehung und Funktion


Shubashi

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vor 16 Stunden schrieb iskander:

 

Oder durch "negative Theologie": Es wird (vielleicht vereinfacht gesprochen) nur gesagt, was Gott nicht ist, weil es ihm Grenzen setzen würde.

 

Davon halte ich nichts, und zwar generell. Etwas oder gar sich über Abgrenzung oder negativ zu definieren, was Assmann im Religiösen die "Mosaische Unterscheidung" nennt, halte ich für grundverkehrt. Besser über Positives und Erkennbares definieren.

 

Mein Lieblingsbeispiel ist da das 1. Gebot: "Du sollst keine anderen Göttern haben." Grauenhaft. Warum kann das nicht lauten: "Ich bin ein toller Gott, verehrt lieber mich." Von mir aus auch mit dem henotheistischen Zusatz "und zwar so toll, dann wollt ihr gar keine anderen mehr".

 

Aber dazu müßte man von Dichotomien Abstand nehmen, was wenigen gelingt, insb. Ideologen nicht und aktuellen Politikhanseln erst recht nicht.

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vor 1 Stunde schrieb GermanHeretic:

Mein Lieblingsbeispiel ist da das 1. Gebot: "Du sollst keine anderen Göttern haben." Grauenhaft. Warum kann das nicht lauten: "Ich bin ein toller Gott, verehrt lieber mich." Von mir aus auch mit dem henotheistischen Zusatz "und zwar so toll, dann wollt ihr gar keine anderen mehr".

Fairerweise muss man sagen, daß das Primum direkt abhängig ist vom Vorwort und da heißt es: Ich bin der Herr, dein Gott, der Dich aus Ägypten geführt hat, dem Sklavenhaus.

 

D.h. die folgenden Gebote sind die Gegenleistung dafür, daß Gott Israel befreit hat. Kein hoher Preis für so eine Tat.

 

(Daß es darum kaum Sinn ergibt diese Gebote Nichtjuden aufzuerlegen, steht auf einem anderen Blatt oder erfordert mal wieder eine intellektuelle Abstraktion von "Sklaverei" bzw. "Ägypten"...)

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vor 14 Minuten schrieb Flo77:

Fairerweise muss man sagen, daß das Primum direkt abhängig ist vom Vorwort und da heißt es: Ich bin der Herr, dein Gott, der Dich aus Ägypten geführt hat, dem Sklavenhaus.

 

D.h. die folgenden Gebote sind die Gegenleistung dafür, daß Gott Israel befreit hat. Kein hoher Preis für so eine Tat.

 

(Daß es darum kaum Sinn ergibt diese Gebote Nichtjuden aufzuerlegen, steht auf einem anderen Blatt oder erfordert mal wieder eine intellektuelle Abstraktion von "Sklaverei" bzw. "Ägypten"...)

Erst im Nachhinein die Vertragsbedingungen festlegen, das hat aber schon ein Geschmäckle...

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Zitat

Prima Pars

Quaestio 3

Drittes Kapitel. Die Einfachheit Gottes. Überleitung.

 

Hat man von etwas erfahren, daß es wohl da ist, so bleibt zu untersuchen, welcher Weise es ist, damit man lernt, was es ist. Aber weil wir von Gott nicht wissen können, was er ist, sondern was er nicht ist, so können wir auch von Gott nicht erwägen, welcher Weise er ist, sondern eher, wie er nicht ist.

Am ersten ist also zu überlegen, wie er nicht ist,

an zweiter Stelle, wie er von uns erkannt,

an dritter, wie er von uns genannt wird.

 

Es läßt sich zeigen, wie Gott nicht ist, indem man von ihm wegnimmt, was ihm nicht zukommt, wie etwa Zusammengesetztheit, Bewegtheit und anderes derart.

Man muß also zunächst die Untersuchung auf seine Einfachheit richten; diese entfernt von ihm eine Zusammensetzung.

Weil aber bei den Körperdingen die einfachen unvollkommen und Stücke sind, so muß man zweitens nach seiner Vollkommenheit fragen,

drittens nach seiner Unendlichkeit,

viertens nach der Unveränderlichkeit,

fünftens nach der Einheit.

Das erste anlangend, erheben sich acht Fragen:

1. Ist Gott ein Körper

2. Gibt es in Gott eine Zusammensetzung von Form und Stoff?

3. Ist dieser Gott ein und dasselbe mit seiner Wesenheit oder Natur?

4 Ist in Gott Wesenheit und Dasein ein und dasselbe?

5. Ist Gott in irgend einer Gattung?

6. Gibt es in Gott irgend welche Beischaften?

7. Ist Gott von zusammengesetzter Art oder durchaus einfach?

8. Kommt Gott in eine Zusammensetzung mit anderem hinein?

 

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vor 22 Minuten schrieb Flo77:

Fairerweise muss man sagen, daß das Primum direkt abhängig ist vom Vorwort und da heißt es: Ich bin der Herr, dein Gott, der Dich aus Ägypten geführt hat, dem Sklavenhaus.

 

D.h. die folgenden Gebote sind die Gegenleistung dafür, daß Gott Israel befreit hat. Kein hoher Preis für so eine Tat.

 

(Daß es darum kaum Sinn ergibt diese Gebote Nichtjuden aufzuerlegen, steht auf einem anderen Blatt oder erfordert mal wieder eine intellektuelle Abstraktion von "Sklaverei" bzw. "Ägypten"...)

 

Ja, aber die Gebote werden nunmal konzentriert - sagen wir - benutzt, und da ist eine passende Wortwahl schon wichtig. Also nicht, daß sie nicht im jüdisch-christlichen Kontext passend wäre, für mich wäre eine andere nur - sagen wir - überzeugender.

(Da die ägyptische Sklaverei historisch so nie passiert, ist die intellektuelle Abstraktion davon 1. immens wichtig, gar unabdingbar und 2. für viele unmöglich. s. Finkelstein & Silberman, hier die populärwiss. Version)

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vor 5 Minuten schrieb SteRo:

acht Fragen:

1. Ist Gott ein Körper

2. Gibt es in Gott eine Zusammensetzung von Form und Stoff?

3. Ist dieser Gott ein und dasselbe mit seiner Wesenheit oder Natur?

4 Ist in Gott Wesenheit und Dasein ein und dasselbe?

5. Ist Gott in irgend einer Gattung?

6. Gibt es in Gott irgend welche Beischaften?

7. Ist Gott von zusammengesetzter Art oder durchaus einfach?

8. Kommt Gott in eine Zusammensetzung mit anderem hinein?

 

Ich beantworte #3 mit "ja, Natur", dann erübrigt sich der Rest.

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vor 31 Minuten schrieb rince:

Erst im Nachhinein die Vertragsbedingungen festlegen, das hat aber schon ein Geschmäckle...

Die Entstehung der Halacha ist ja noch eine ganz andere Geschichte.

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vor 18 Minuten schrieb GermanHeretic:

 

Ich beantworte #3 mit "ja, Natur", dann erübrigt sich der Rest.

Das ist keine Antwort, das "Natur" hier ein philosophisches Konzept beschreibt und nicht die uns umgebende reale Natur.

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vor 1 Minute schrieb Flo77:

Das ist keine Antwort, das "Natur" hier ein philosophisches Konzept beschreibt und nicht die uns umgebende reale Natur.

 

Och, ich glaube, das funktioniert auch damit.

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Am 27.1.2024 um 20:12 schrieb SteRo:

Dass Gott den Menschen nach seinem Bilde schuf, nachdem er ihn gemacht hatte in seinem Bilde, läßt den Gedanken erscheinen, dass das rechte Gottesbild durch die Selbsterkenntnis des Menschen erlangt werden könne: Je besser der Mensch sich selbst erkennt, desto eher kann er aus dieser Selbsterkenntnis ein rechtes Gottesbild gewinnen. Aber ist das wirklich so?

 

 

Ein riskanter Ansatz vielleicht, denn wer wollte ausschließen, dass der Mensch seine Schlechtigkeit als Gutheit missversteht und diese auf Gott projiziert? Besonders im Zustand der gefallenen Natur erscheint es sehr wahrscheinlich, dass dies passieren wird. Nur wenn es gelänge, eine reine (Hin-)Neigung, eine reines Begehren nach dem Allerhöchsten Guten im Innern der Seele zu erkennen, dann könnte dies Rückschlüsse auf das Bild zulassen, nach dessen Vorlage der Mensch geschaffen wurde. Da aber im Zustand der gefallenen Natur der Wille des Menschen wider seine übernatürlichen Zweckbestimmung gerichtet ist, ist eine Selbsterkenntnis wohl von vornherein verdorben von ungeregelter Selbstliebe und/oder Konkupiszenz und/oder Ignoranz und/oder Bosheit und/oder Schwäche.

 

 

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Am 30.1.2024 um 13:38 schrieb GermanHeretic:

 

Ich beantworte #3 mit "ja, Natur", dann erübrigt sich der Rest.

 

Nein, denn selbst wenn Gott "ein und dasselbe mit seiner Wesenheit oder Natur" ist, dann sind die anderen Fragen immer noch offen, weil ja nicht klar ist, was diese Wesenheit oder Natur ausmacht, und diese gelisteten Fragen 1-8 beziehen sich dabei lediglich auf die behauptete "Einfachheit". Womit man sich dann immer noch nicht befasst hat, ist was Gott nicht ist, welches seine Vollkommenheiten sind und was seine Unendlichkeit, seine Unveränderlichkeit und sein Einheit ausmacht. Natürlich hat sich der Autor diese Eigenschaftskategorien nur ausgedacht, aber immerhin ... er bemüht sich.

Wenn man der Systematik des Autors nicht folgen will, kann man auch sagen, dass Gott "alles und nichts" sei, dass er aber auf jeden Fall ist. Das wäre sicher nicht die schlechteste Lösung, denn da er die Ursache von allem ist, ist er in diesem Sinne alles, da er aber von der menschlichen Vernunft nicht begriffen werden kann (weil es keinen Begriff gibt, der sein Wesen begreifen könnte wie es bei Sinnesobjekten der Fall ist), ist er in diesem Sinne nichts, d.h. eine Leerheit.

 

 

 

 

bearbeitet von SteRo
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vor 3 Stunden schrieb SteRo:

 Womit man sich dann immer noch nicht befasst hat, ist was Gott nicht ist, welches seine Vollkommenheiten sind und was seine Unendlichkeit, seine Unveränderlichkeit und sein Einheit ausmacht.

 

Das ist das Problem der postulierten Transzendenz. Man kann nichts Greifbares über etwas sagen, was per definitionem nicht greifbar sein kann. Immanente Götter haben dieses Problem nicht. Aus der Nummer kommt man nur mit einer Offenbarung (vom Transzendenten ins Immanente) heraus, aber das ist halt nicht objektivierbar.

 

Man sollte diesen ganzen philosophischen bzw. theologischen Zinnober bzgl. Transzendenz lassen. Geht Beten, Feiern, Meditieren oder auch nicht und gut is'. Die einzige Philosophie, die das meines bescheidenen Wissens nach halbwegs richtig macht, ist der Taoismus. Übers Tao kann man nicht reden, also Klappe halten.

bearbeitet von GermanHeretic
typos
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vor 3 Stunden schrieb GermanHeretic:

 

Das ist das Problem der postulierten Transzendenz. Man kann nichts Greifbares über etwas sagen, was per definitionem nicht greifbar sein kann. Immanente Götter haben dieses Problem nicht. Aus der Nummer kommt man nur mit einer Offenbarung (vom Transzendenten ins Immanente) heraus, aber das ist halt nicht objektivierbar.

 

Man sollte diesen ganzen philosophischen bzw. theologischen Zinnober bzgl. Transzendenz lassen. Geht Beten, Feiern, Meditieren oder auch nicht und gut is'. Die einzige Philosophie, die das meines bescheidenen Wissens nach halbwegs richtig macht, ist der Taoismus. Übers Tao kann man nicht reden, also Klappe halten.

 

1,26 Und Gott sprach: Laßt uns Menschen machen in unserm Bild, uns ähnlich! ... 1,27 Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er ihn

 

Wie zeigt sich Gottes Bild, die Vorlage nach der er geschaffen wurde, dem Menschen?

 

[Thomas (in summa theol., I, q93, a4)]: Ich antworte, daß der Mensch kraft seiner vernünftigen Natur Gottes Bild in sich trägt, weil diese am meisten Gott nachahmen kann.

 

"nachahmen" ist eine lustige Übersetzung finde ich, denn das Nachahmen ist ja nicht die Aktivität der Vernunft (der unveränderliche Gott denkt ja nicht nach), sondern das, was die Verarbeitung von Erfahrung mit sem Seelenvermögen "Vernunft" offenbaren kann (nicht muss) ohne begrifflich greifbar ("begreifbar") zu sein.

 

[Thomas weiter]: Nun ahmt die vernünftige Natur darin Gott nach, daß Gott Sich selbst erkennt und liebt.

 

Damit aber stellt Thomas klar, dass nicht die Selbsterkenntnis Quelle eines rechten Gottesbildes sein kann: Das Bild Gottes ist also nicht in der Selbsterkenntnis (und Selbstliebe) des Menschen zu suchen, nicht in dem Sinne, dass aus der Selbsterkenntnis auf die Vorlage des Bildes Gottes geschlossen werden könnte (wie hier von mir insinuiert und hinterfragt wurde), und auch nicht in dem Sinne, dass der Mensch sich selbst erkennt und liebt wie auch Gott sich selbst erkennt und liebt, und dass also die analoge Selbsterkenntnis und Selbstliebe des Menschen die Ähnlichkeit mit dem Bilde Gottes, der sich auch selbst erkennt und liebt, darstellen würde, sondern erst dadurch, dass der Mensch sich selbst gar nicht mehr wahrnimmt und liebt, erst dadurch kann es ihm möglich sein Gott zu erkennen und zu lieben und zwar auf die gleiche Art und Weise wie auch Gott sich selbst erkennt und liebt, und erst dann ist die "Nachahmung" vollkommen, ist sie "göttlich", weil er dann notwendigerweise "mit Gottes Augen" erkennt, was er erkennt.

Dass nun Letzteres durch "Beten, Feiern, Meditieren" erreicht werden könne, erscheint mir zweifelhaft. Denn wie wollte Kreatürlich-natürliches an Übernatürliches heranreichen können? Auch durch philosophisch-theologische Medition kann das nicht gelingen, denn wer sich auf sich selbst (sein Denken) verlässt, verlässt sich ja wieder auf Kreatürlich-natürliches als Mittel zum Zweck und ist so sehr in sich selbst und selbst-sein involviert, dass es nicht möglich sein wird wie auch Thomas scheint erfahren zu haben ("Alles, was ich geschrieben habe, kommt mir vor wie Stroh ...").

Wer sich aber absurden asiatisch-heidnischen Denksystemen wie dem Taoismus zuwendet, der verschmäht wohl damit bereits die Gnade Gottes, welche alleine es ist, die uns ein angemessenes Gottesbild offenbaren kann., ein Gottesbild, welches nicht notwendigerweise im Widerspruch zum theologisch-begrifflichen Gottesbild steht, welches aber doch notwendigerweise "darüberhinaus" geht.

 

bearbeitet von SteRo
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vor 6 Minuten schrieb SteRo:

Wer sich aber absurden asiatisch-heidnischen Denksystemen wie dem Taoismus zuwendet,

 

Allerdings, Glaubenssysteme sind absurd, außer dem eigenen, nicht wahr? Heilige Einfalt! ;)

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vor 4 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Allerdings, Glaubenssysteme sind absurd, außer dem eigenen, nicht wahr? Heilige Einfalt! ;)

Das "eigene" kann nicht dienlich sein, um [nach Thomas] "Gott zu erkennen und lieben]" (wie er sich selbst erkennt und liebt), denn dies setzt voraus "dass der Mensch sich selbst gar nicht mehr wahrnimmt und liebt".

So kann auch das "eigene" "Glaubenssystem" nicht dienlich sein. Was sollte "Glaubenssystem" anderes darstellen als "Denksystem"? Aber "wer sich auf sich selbst (sein Denken) verlässt, verlässt sich ja wieder auf Kreatürlich-natürliches als Mittel zum Zweck und ist so sehr in sich selbst und selbst-sein involviert, dass es nicht möglich sein wird".

Und doch ist für ein "darüberhinaus", das erforderlich, worüber hinausgegangen wird, und dieses ist nicht beliebig.

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vor 2 Minuten schrieb SteRo:

verlässt sich ja wieder auf Kreatürlich-natürliches als Mittel zum Zweck

 

Jedes „darüber hinaus“ hat sich bisher als Illusion erwiesen. Etwa anderes als „Natürliches“ steht also nicht zur Verfügung, und „Metaphysik“ ist ein leeres Wort.

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vor 4 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Jedes „darüber hinaus“ hat sich bisher als Illusion erwiesen. Etwa anderes als „Natürliches“ steht also nicht zur Verfügung, und „Metaphysik“ ist ein leeres Wort.

 

Das ist das Los der Materialisten, denn ihr Maßstab ist "das Natürliche", womit sie das unverdient als Geschenk angebotene übernatürliche "Licht" ablehnen, wenn und sofern es denn angeboten wird.

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vor 54 Minuten schrieb SteRo:

womit sie das unverdient als Geschenk angebotene übernatürliche "Licht" ablehnen

 

Kommt daher der Begriff "Scheinheiligkeit"? ;)

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Am 29.1.2024 um 23:19 schrieb Marcellinus:

„Die angeblich religiöse Scheu, Gott durch bestimmte Prädikate zu verendlichen, ist nur der irreligiöse Wunsch, von Gott nichts mehr wissen zu wollen, Gott sich aus dem Sinne zu schlagen; dies ist nichts anderes als ein subtiler, verschlagener Atheismus.“

(Ludwig Feuerbach, Das Wesen des Christentums, 1841)

 

Das ist aber schon mutig von Herrn Feuerbach, wenn man bedenkt, dass die negative Theologie von Theologen herstammt und hochgehalten wurde (u.a. Thomas v. Aquin), an deren religiösem Interesse und Ernst wohl niemand zweiefeln wird.

 

Am 29.1.2024 um 23:19 schrieb Marcellinus:

Ich folge hier Popper, der gezeigt hat, daß ein solcher Wahrheitsanspruch nicht einlösbar ist. Alle philosophischen Sätze sind immer nur vorläufig, und ihre Letztbegründung beruht letztlich auf einem Akt des Glaubens.

 

Wie hat der Herr Popper das Deiner Meinung nach denn bewiesen? Empirisch oder philosophisch oder anderswie? Und beruht Poppers Beweis samt seinen Prämissen dann letztlich auch nur auf einem Glauben? ;)

 

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Am 30.1.2024 um 11:23 schrieb GermanHeretic:

Davon halte ich nichts, und zwar generell. Etwas oder gar sich über Abgrenzung oder negativ zu definieren, was Assmann im Religiösen die "Mosaische Unterscheidung" nennt, halte ich für grundverkehrt. Besser über Positives und Erkennbares definieren.

 

So ist das dann auch tatsächlich nicht gemeint. Die Verneinung ist nur ein Aspekt. Der Gedanke ist wohl etwa dieser:

 

"Apophatic theology, also known as negative theology,[1] is a form of theological thinking and religious practice which attempts to approach God, the Divine, by negation, to speak only in terms of what may not be said about the perfect goodness that is God.[web 1] It forms a pair together with cataphatic theology, which approaches God or the Divine by affirmations or positive statements about what God is.[web 2] [...]"

https://en.wikipedia.org/wiki/Apophatic_theology

 

Das Sprechen über Gott soll weder homonymisch zu verstehen sein (gleiche Wörter, aber ein ganz anderer Sinn) noch synonymisch (gleiche Wörter und genau gleicher Sinn), sondern analogisch: Es gibt Gemeinsamkeiten im Verschiedenen. Hier etwas zu den Überzeugungen von Thomas v. Aquin:
 

"Three doctrines are particularly important. First, there is the distinction between being existent, good, wise, and so on, essentially, and being existent, good, wise, and so on, by participation. God is whatever he is essentially, and as a result he is existence itself, goodness itself, wisdom itself. Creatures are existent, good, wise, only by sharing in God’s existence, goodness, and wisdom, and this sharing has three features. It involves a separation between the creature and what the creature has; it involves a deficient similarity to God; and it is based on a causal relation. What is essentially existent or good [God] is the cause of what has existence or goodness by participation [i.e. creatures]. Second, there is the general doctrine of causality according to which every agent produces something like itself. Agent causality and similarity cannot be separated. Third, there is Aquinas’s belief that we are indeed entitled to claim that God is existent, good, wise, and so on, even though we cannot know his essence.

Against this background, Aquinas asks how we are to interpret the divine names. He argues that they cannot be purely equivocal, for we could not then make intelligible claims about God. Nor can they be purely univocal, for God’s manner of existence and his relationship to his properties are sufficiently different from ours that the words must be used in somewhat different senses. Hence, the words we use of God must be analogical, used in different but related senses. [...]

To say “God is good” is not to imply that God has a separable property, goodness, and that he has it in a temporally limited way. God is eternally identical to goodness itself. But even when we have discounted the creaturely mode of signifying, we are left with the fact that God’s goodness is not like our goodness."

https://plato.stanford.edu/entries/analogy-medieval/#ThomAqui

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vor 2 Stunden schrieb iskander:
Am 29.1.2024 um 23:19 schrieb Marcellinus:

Ich folge hier Popper, der gezeigt hat, daß ein solcher Wahrheitsanspruch nicht einlösbar ist. Alle philosophischen Sätze sind immer nur vorläufig, und ihre Letztbegründung beruht letztlich auf einem Akt des Glaubens.

 

Wie hat der Herr Popper das Deiner Meinung nach denn bewiesen? Empirisch oder philosophisch oder anderswie? Und beruht Poppers Beweis samt seinen Prämissen dann letztlich auch nur auf einem Glauben?

 

Das musst du Herrn Popper fragen, nicht mich. Du und Popper, ihr seid doch beide Philosophen. Ihr müsstet euch gut verstehen! ;)

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vor 23 Minuten schrieb Marcellinus:

 

Das musst du Herrn Popper fragen, nicht mich. Du und Popper, ihr seid doch beide Philosophen. Ihr müsstet euch gut verstehen! ;)

 

Wahrscheinlich nur in manchen Fragen. ;)

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vor 4 Stunden schrieb iskander:
Am 29.1.2024 um 23:19 schrieb Marcellinus:

„Die angeblich religiöse Scheu, Gott durch bestimmte Prädikate zu verendlichen, ist nur der irreligiöse Wunsch, von Gott nichts mehr wissen zu wollen, Gott sich aus dem Sinne zu schlagen; dies ist nichts anderes als ein subtiler, verschlagener Atheismus.“

(Ludwig Feuerbach, Das Wesen des Christentums, 1841)

 

Das ist aber schon mutig von Herrn Feuerbach, wenn man bedenkt, dass die negative Theologie von Theologen herstammt und hochgehalten wurde (u.a. Thomas v. Aquin), an deren religiösem Interesse und Ernst wohl niemand zweiefeln wird.

 

Oh, Herr Feuerbach hatte sehr großes Interesse an Religion! :D

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vor 20 Stunden schrieb iskander:

So ist das dann auch tatsächlich nicht gemeint. Die Verneinung ist nur ein Aspekt. Der Gedanke ist wohl etwa dieser:

 

"Apophatic theology, also known as negative theology,[1] is a form of theological thinking and religious practice which attempts to approach God, the Divine, by negation, to speak only in terms of what may not be said about the perfect goodness that is God.[web 1] It forms a pair together with cataphatic theology, which approaches God or the Divine by affirmations or positive statements about what God is.[web 2] [...]"

https://en.wikipedia.org/wiki/Apophatic_theology

 

Schön und gut, aber das landet am Ende beim "God of Gaps", davon halte ich auch nichts. Der einzige Umstand, der zu so einem Denken führt, ist doch der, mit dem eigenen Glauben die absolute, unendliche Wahrheit mit der endlichen Schöpfkelle gefuttert haben zu wollen. Wenn man von diesem Bedürfnis mal wegkommt, lösen sich alle theologischen Probleme in Wohlgefallen auf. Und dann kann man auch einen spirituellen Kontakt zum Göttlichen aufnehmen - ohne Mittler, ohne Institutionen, die einem die Schöpfkelle verkaufen.

bearbeitet von GermanHeretic
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Am 1.2.2024 um 15:52 schrieb iskander:
Am 29.1.2024 um 23:19 schrieb Marcellinus:

Ich folge hier Popper, der gezeigt hat, daß ein solcher Wahrheitsanspruch nicht einlösbar ist. Alle philosophischen Sätze sind immer nur vorläufig, und ihre Letztbegründung beruht letztlich auf einem Akt des Glaubens.

 

Wie hat der Herr Popper das Deiner Meinung nach denn bewiesen? Empirisch oder philosophisch oder anderswie? Und beruht Poppers Beweis samt seinen Prämissen dann letztlich auch nur auf einem Glauben? ;)

 

Popper war der Ansicht, daß man Meinungen (Hypothesen , Theorien, such's dir aus) überhaupt nicht beweisen kann. Man kann sie höchstens widerlegen. Und ja, philosophische Prämissen beruhen immer auf Glauben, sonst wären sie ja keine. ;)

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