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Was hat es mit der Erbsünde auf sich?


Cano

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Nehmen wir einmal an, der Mensch hätte die Erkenntnis von Gut und Böse.

 

Hätte er dann auch die Erkenntnis, ob das, was er als Gut oder Böse erkennt auch gut oder böse ist. Das heißt schließt die Erkenntnis auch die Wahrheit ein?

 

Nehmen wir an, dem wäre so. Ist es dann sinnvoll, das Böse zu verurteilen?

Hallo Christian,

 

in dem Fall der Paradisgeschichte würde ich davon ausgehen, dass es keine Grauzonen gibt sonder tatsächlich nur schwarz und weis, also gut und böse. Ich würde auch davon ausgehen, dass die Erkenntnis über gut und böse die Erkenntnis der Wahrheit mit einschließt. Schließlich muss in solch kurzen Geschichten mit Vereinfachungen gearbeitet werden.

 

Die Schlange wäre also klar als böse zu erkennen gewesen, wenn Adam und Eva diese Fähigkeiten gehabt hätten. Nur hatten sie diese Fähigkeit erst nach dem Apfelessen erworben. Vorher war es ihnen unmöglich der Schlange zu mißtrauen und sie als böse zu entlarven.

 

Das frappierende daran ist, dass der Gott der Geschichte Adam und Eva eine Falle gebaut hat, in die sie hineintappen mußten. Wir haben es hier also mit einem feixenden "Fallenstellergott" zu tun.

 

Die Falle, die du mir stellen wolltest, muss ich ehrlich gestehen, habe ich bisher noch nicht erkannt. Bin ich jetzt hereingetappt oder nicht?

 

Grüße

Heidi

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Sicher, die Welt wird in dem Mythoas bereits als erkennbar gut angesehen und der Wille des Menschen als absolut frei. Aber beide Voraussetzungen sind falsch und somit sollten wir den Mythoas Mythos sein lassen und nicht als brauchbare Erklärung für die natur des Menschen verwenden, sondern wenn, dann als völker- und kulturhistorisches Phänomen: SO haben Menschen sich vor tausenden von Jahren die Welt erklärt.

Liebe Lissie!

 

Genaugenommen wird die Welt im Mythos nicht erklärt, sondern beschrieben und gedeutet. Eine Erklärung im heutigen wissenschaftlichen Sinn war nicht das Anliegen der damaligen Zeit.

 

Die Voraussetzung eines undeterminiert freien Willens ist natürlich eine Einschränkung. Die finde ich aber nicht weiter schlimm, weil sie die Aussagekraft des Mythos nicht wegnimmt. Die Entscheidung gegen Gott wird im Mythos beschrieben, und dass nicht jede Entscheidung undeterminiert, also auch moralisch fassbar ist, trifft nicht die Grundaussage, dass der Mensch eben immer (subjektiv oder objektiv ist nicht sicher unterscheidbar) in einer Entscheidungssituation steht, die von Vertrauen oder Misstrauen geprägt wird.

 

Dass die Welt erkennbar gut ist, ist im Mythos von zweierlei Bedeutung.

 

Zum einen ist es erst einmal ein literarischer Kunstgriff, um eine Analyse in Reinform zu betreiben. "Selbst unter der Bedingung einer erkennbar guten Welt bleibt im Menschen eine Neigung zum Misstrauen gegen ihren Schöpfer". Hier wird also aufgrund einer Prämisse klargestellt, was sonst immer nur mit anderem vermischt sichtbar ist.

 

Zum zweiten liegt der erkennbaren Güte aber auch schon eine Glaubensentscheidung zugrunde - besonders wenn man den Schöpfungsmythos mit anderen zeitgenössischen Mythen vergleicht. Es spiegelt sich hier die Grundüberzeugung: Die Welt ist von ihrem Urgrund her gut. (Auch wenn sie durch den Vertrauensbruch zu Gott schlecht werden kann - aber das berührt nicht den Ursprung, sondern den Umgang mit ihr).

 

Auch hier wird wieder eines herausgegriffen und in Reinform beschrieben: Wenn Menschen dem Guten misstrauen, den Hals nicht voll kriegen und noch mehr als das Gute wünschen, dann führt das zum Verlust des Paradieses. Es ist die Wurzel für weitere sündige Taten (Kain und Abel).

 

Dass es neben diesem Misstrauen noch weitere Gründe für den Verlust des Paradieses gibt, ist nicht im Blickfeld des Schöpfungsmythos. Das ist zwar eine seiner Schwächen - er ist nicht umfassend. Aber das muss man auch nicht erwarten - weder vom Schöpfungsmythos als alttestamentlichem Schriftstück, und schon gar nicht auf der Reflexionsstufe von 1000 v.Chr. (Der Mythos selbst ist übrigens sicherlich noch wesentlich älter als die schriftliche Fassung 1000 v.Chr). Kritik an dieser Unvollständigkeit ist, wie wenn man Kopernikus vorwürfe, er habe sein System ohne Berücksichtigung der Quantengravitation entworfen.

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