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Wie betet ihr?


Wasu

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Lieber Mecky,

 

da fehlt mir tatsächlich etwas - ich kann Wut und Zorn nicht (mehr) empfinden. Es ist einfach nicht (mehr) da. Gott nicht anzuschreien ist nichts, was ich unterdrückt hätte, sondern etwas, das mir einfach nicht einfallen würde. Nicht aus Angst vor Restriktionen, oder vor Strafe, oder daß Gott mich dann vielleicht nicht mehr mag. Nein, es ist einfach nicht da.

 

Aber ich verstehe jetzt, was z.B. Wasu meint damit.

 

Ich könnte mir vorstellen, daß der Verdacht nahe liegt, ich würde nur mit dem Kopf arbeiten - und meine Gefühle nicht einbringen; und damit nur halbherzig sein.

 

Eine Frage, die ich mir selber manchmal stelle.

 

Bei der Auschwitzfrage regt sich bei mir kein Zorn, sondern ich bin einfach fassungslos. Die einzige Frage, die ich mir stelle ist: hätte ich den Bedrängten geholfen oder hätte ich weggeschaut aus Angst vor Konsequenzen?

 

Herzliche Grüße

Martin

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Lieber Martin!

 

Verschiedene Menschen beten verschieden. Vielleicht ist es gut, dass Du solche Empfindungen nicht hast, vielleicht ist es schlecht. Auf jeden Fall bist es offensichtlich Du. Und im Gebet bringt jeder Gläubige sich vor Gott. Wir sind in diesem Punkt offensichtlich menschlich verschieden - wie sollte da unsere Gebetserfahrung und -praxis gleich sein?

Gerade auf dem spirituellen Bereich kann man nicht standartisieren, ohne dass es unehrlich wird.

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Hallo Mecky und Martin,

 

nur zur Info, mir gehts da wie Martin. Ich kenne auch keinen Groll gegen Gott oder Wut im Gebet gegen Gott. Kenne ich nicht und spüre ich nicht, aber ich kann die Gedankengänge von Mecky verstehen, und bin mir auch sicher, dass es gut für Mecky ist seine Gefühle so auszuleben um die Wut (das Böse) auszugrenzen und sie somit nicht mehr herumzutragen.

Aber bei mir ist es nicht die Wut (wie schon gesagt) sondern freudige Ereignisse (bestandene Prüfungen, anderen Hilfestellung bei Problemen geben, usw..), die mich im Gebet beflügeln und noch glücklicher machen.

 

Gruß, Hubert

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Gott anzuschreien, hat mir neulich ein Beichtvater als Buße [sic!] aufgegeben. Irgendwo hinfahren, wo einen keiner hört. Dann richtig abrechnen mit Gott: 15min lang. Anschließend 15min schweigen.

 

Das funktioniert. Die großen Beter im AT waren ja auch nicht gerade zimperlich mit Gott. Und wir bleiben auch vor Gott Menschen und werden nicht göttlicher, wenn wir allen Frust nur in uns hineinfressen. Die Luft rauslassen ist ein menschlicher Zug - und wenn's dick kommt und man Gott nicht mehr versteht: dann raus damit.

 

Einen schönen Sonntag

 

Axel

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Hallo,

 

mir geht es wie Martin und Hubert, Gott anzuschreien kommt für mich nicht in Frage. Der Grund ist bei mir Ehrfurcht, ich habe ja die Überzeugung, daß Er immer gut ist, das Richtige im Sinn hat und Sein Name heilig ist.

 

Das heißt allerdings nicht, daß ich mich nicht in intensive Diskussionen verstricke, wenn ich mal wieder nicht verstehe, wenn ich von etwas schockiert bin, wenn ich keinen Weg mehr sehe, enn mich die Verzweiflung packt. Und da hilft mir dann auch am besten, was Axel beschreibt: Alle Karten auf den Tisch legen und dann eine Weile ruhig bleiben, Ihn in meinem Inneren zu Wort kommen zu lassen. Absolut faszinierend.

 

Viele Grüße,

Wolfgang

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Anschreien ist das eine. Alleine kann es nicht existieren, es würde zu einer Verrohung des Gottesverhältnisses führen - und auch nicht meine ganze Person spiegeln. Ich bin ja auch nicht immer wütend auf Gott.

 

Deswegen erzähl ich noch mal ein paar andere Gebetsformen, die mir eigen geworden sind.

 

Das erste sind Litaneien. Nein, ich meine nicht die lauretanische, nicht die Heiliggeistlitanei - überhaupt keine schriftlich fixierte - obwohl ich nix dagegen hab und sie auch mal zwischendrin gern bete. Aber ich will hier mein ureigenes Beten beschreiben.

Bei mir persönlich entstehen Litaneien oft, wenn ich bei einem Satz z.B. aus dem Vater Unser anhalte (ist bei mir auch so wie bei Wasu).

Zum Beispiel, wenn ich hängen bleibe bei "Und führe uns nicht in Versuchung". Dann ziehen massenhaft meine Alltagsversuchungen an meinem inneren Auge vorbei. Und sobald sich wieder eine meldet und bewusst wird, denke ich "führe mich hier nicht in Versuchung, sondern erlöse mich davon". Das kann halbstundenweise geschehen.

 

Eine andere Form, die mir seit Jahren geläufig ist, ist auch litaneiähnlich, aber viel bewusster gelenkt.

"Du bist mein Richter". (Nicht andere Menschen, nicht mal ich).

"Du führst mein Leben zum Heil".

Sätze, die ich immer wieder wiederhole.

 

Noch eine andere Form des Gebets, die bei mir häufig spontan entspringt: Ich meditiere das ewige Leben. In meinen Gedanken entstehen Bilder, wie ich im Himmel ankomme, wie ich dort meinen Opa und meine Oma wiederfinde. Manchmal sind es auch Gedanken an das Fegefeuer. Ich stell mir dann vor, wie mich Gott mit Menschen, denen gegenüber ich schuldig geworden bin, in einen Raum setzt und uns nicht rauslässt, bis wir uns geeinigt und versöhnt haben.

 

Und eine weitere Form, die ganz urwüchsig und ohne jegliches Zutun meinerseits entspringt. Manchmal wache ich nachts auf und habe das Gefühl, dass es Gott war, der mich weckt und mit mir ein Wörtchen zu reden hat. Das sind dann oft bedrängende Dinge ganz unterschiedlicher Natur, die mir durch den Kopf gehen. Früher dachte ich, es sei nur ein "Verarbeiten", ein "Nicht-zur-Ruhe-Kommen". Aber vom Gefühl her ist es so, dass ich spüre: ER redet mit mir. ER sagt mir das. Auch dies kann ziemlich lange gehen - oft bis in die frühen Morgenstunden. Es ist primär ein Hören. Hören, was er von mir will. Und erst, wenn ich bereit bin, dem Gehörten zu folgen, finde ich Ruhe und die Gewissheit: So ist es richtig.

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Lieber Mecky,

 

das wach-sein zu einer Zeit, wenn man eigentlich nicht wach wäre. Nachts. Nicht das wach-werden, umdrehen und wieder einschlafen, sondern das wach-sein. Ganz offen und ganz weit. Grenzen und Mauern fallen um. Zeit gibt es nicht.

 

Und dann die Empfindung: Der "ich-bin-da" ist bei mir. Vollkommen ausfüllend. Kein Gedanke ist da, nur da-sein.

 

Keine Intention meinerseits. Kein Versuch, das "zu machen" oder zu wiederholen.

 

Einmal ist das mir geschehen.

Unvergesslich.

Wunderbar.

 

Herzliche Grüße

Martin

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Kenn ich auch, kenn ich auch!

 

Wollte zu Bett gehen, machte das Fenster auf, legte mich hin.

Und da war Gott. Ich spürte Gott. Er war so real als würde er den ganzen Raum füllen. Es war totenstille. Ich hörte mich atmen. Die Luft war glasklar und kalt. Es war als würde ich IHN atmen. Ich bewegte mich nicht von der Stelle um diese unglaubliche Präsenz, diesen Moment nicht zu verändern.

Es war aber so intensiv, das ich es wohl nie vergessen werde. In diesem Moment (1 Minute oder 10 Minuten, könnte es nicht sagen) war ALLES gesagt, getan, im Reinen, in Ordnung, Bestens. Meine Seele bebte vor Glück. Aber im Grunde kann man es nicht beschreiben.

 

PS: Schön das es Menschen gibt, denen sowas bekannt ist und mit denen man über sowas sprechen kann, ohne für dumm angeschaut zu werden.

 

Hubert

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Hallo,

 

eure Erzählungen über nächtliche Erlebnisse würde ich weniger als Gebete denn als mystische Erfahrung bezeichnen. Ich sehe da auch nicht mehr den unbedingten Bezug zum christlichen Gott.

 

Wie seht ihr den Zusammenhang zwischen Gebet und Mystik?

 

Grüße

Heidi

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Hallo Hubert,

 

stimmt, das mit der Bewegungslosigkeit hatte ich ganz vergessen. Nicht den kleinen Finger und nicht einen Millimeter.

 

Aber Heidi hat schon recht, das hat nichts mit dem Alltag des Betens zu tun. Häufig ist das Beten sperrig, hölzern. Worte, die scheinbar leer gesprochen sind. Für mich habe ich die Erfahrung gemacht, daß zunächst eine bewußte Abkopplung vom Alltag hilft. Abstand schaffen und ruhig werden. Hilfreich ist für mich auch eine gewohnte Zeit und ein gewohnter Ort. Am besten kann ich in der Kirche beten, z.B. während der Wandlung. Ich wünschte mir, dort mehr Zeiten der Stille in einem Gottesdienst zu haben.

 

Herzliche Grüße

Martin

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Liebe Heidi!

 

Du schreibst: "eure Erzählungen über nächtliche Erlebnisse würde ich weniger als Gebete denn als mystische Erfahrung bezeichnen. Ich sehe da auch nicht mehr den unbedingten Bezug zum christlichen Gott."

 

Was ist Gebet - und welchen Bezug hat es zum christlichen Gott.

Als eine wesentliche Voraussetzung zum Gebet empfinde ich die Offenheit vor Gott und für Gott. Das heißt: ich muss bereit sein, dass Gott anders ist. Es ist wie in jedem anderen Gespräch auch. Wenn ich mit jemandem spreche, aber ihn zuvor in eine Schublade gesteckt habe und nur von ihm hören will, was im Rahmen meiner Erwartungen liegt, dann kann ich das Gespräch wohl vergessen. Es wird im Extremfall zu einer Farce, zu einer Karikatur eines Gespräches.

Vieles, was das Christentum über Gott lehrt, ist hilfreich. Aber wenn es zum Klischee wird, tötet es die Beziehung zu Gott.

 

Nochmal der Vergleich zu einem Gespräch. Es tut gut, eine Vorstellung von dem anderen zu tun. Ein Gespräch unter Vertrauten ist etwas anderes, als ein Gespräch unter Anonymen. Aber es bedarf der Offenheit.

 

Ein wirkliches Gebet ist wichtiger als alle Klugscheißerei über Gott. Wichtiger empfinde ich, dass ich nach solchen mystischen Gebeten auf dem Teppich bleib, und mich nicht wilden Schwärmereien hingeb. (Illusionen: Ich habe Gott "direkt" erfahren. oder: Jetzt WEIß ich, wie Gott ist. oder: jetzt hab ich eine endgültige Offenbarung erhalten.) Aber glücklicherweise bin ich dafür sowieso nicht der Typ.

 

Mir wird der Rahmen des Wortes "Gespräch" oftmals zu eng. Gebet ist für mich keineswegs nur ein Sprechen mit Gott erst recht nicht ein Sprechen zu Gott. Mystische Erfahrung gehört immer wieder dazu. Bei Menschen geht es mir ja auch nicht (nur) um die Worte (und schon gar nicht um einen Monolog), sondern um Nähe. Wenn in einem Gespräch sich nur Worte aneinanderreihen, aber sich keinerlei Nähe spüren lässt, dann es es maximal noch zu "geschäftlichen" Zwecken (Informationsaustausch, Regelungen...), aber es ist nicht die eigentliche Form eines menschlichen Gespräch. Wenn ich mit Freunden spreche, dann will ich sie als Person spüren.

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Lieber Mecky,

 

ein Gebet kann also nicht das Ablesen eines Textes sein. Mögen die Worte auch noch so "gelungen" klingen, sie sind kein Gebet.

 

Erst wenn diese Worte zu einer "Tür" hin, zu einem Verlassen der selbstgesetzten Mauern über das eigene Ich hinaus führen, beginnt das Gebet.

 

?

 

Herzliche Grüße

Martin

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Lieber Martin,

 

ich war wohl in meinem vorigen Posting wieder mal zu streng. Ganz so stur sehe ich es nicht. Auch ein kurzes "hallo Martin :)" ist ja ein menschliches Gespräch - auch dann, wenn es nur flüchtig ist. Ebenso gibt es Tage, an denen ich auch zu tiefergehenden Gesprächen nicht aufgelegt bin und mir die Gespräche "hölzern" sind. Sie haben trotzdem einen Wert.

 

Nur auf die Dauer wollte und könnte ich nicht davon leben. Und genau so ist es mit Gebeten. Manchmal sind sie einfach hölzern, mechanisch, vieleicht sogar abgelesen. Ist für mich ok. Aber wenn das immer so wäre (und wenn nicht in jedem hölzernen Gebet die Sehnsucht nach mehr läge), dann hätte ich es längst aufgegeben.

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Hallo Martin,

 

"ein Gebet kann also nicht das Ablesen eines Textes sein. Mögen die Worte auch noch so "gelungen" klingen, sie sind kein Gebet."

 

das ersteMal schon.

ein neuer text, eine neue aufgabe;-)

Später erkennt man vielleicht die hilfe von Gott.

 

"Erst wenn diese Worte zu einer "Tür" hin, zu einem Verlassen der selbstgesetzten Mauern über das eigene Ich hinaus führen, beginnt das Gebet."

 

Wie lernt ein Mensch Sprache? Zuerst mit den Eltern .

 

Wie lernt ein Mensch ein Gebet?

Indem er anfängt. Gott findet ihn und lehrt Ihm beten.

 

gruss

peter

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Heidi: "ich frage mich schon, wo der Input herkommt, gerade, wenn überraschende Gedanken entstehen. Aber wirklich von Außen? ... nein gefühlsmäßig würde ich genau in die andere Richtung tippen."

 

Liebe Heidi!

 

Ich glaube, dass die Frage, woher der Input kommt, nicht entscheidend ist. Außerdem ist sie nicht lösbar, Außen und Innen sind zu eng miteinander verkwoben, womöglich sogar vermischt.

 

Du stellst Dir andere Personen vor, aber es ist genaugenommen DEIN Bild von den Personen. Ich fühle mich im Gebet im Gespräch mit Gott - aber letztlich sind es immer äußere Begegnungen, die mein Gottesbild prägen, und zugleich sind es innere Prämissen (Archetypen, Gehirnwindungen...), die diese Begegnungen erst zu dem machen, was sie für mich sind.

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Irgendwie habt Ihr ja alle Recht, Hauptsache man fühlt sich doch danach besser, oder?

 

Aber mich würde interessieren zu wem Ihr betet? Zu Gott, zu Jesus Christus, zum hl. Geist, zur Dreifaltigkeit, zur Mutter Gottes, zu Heiligen,......?

Betet Ihr zu allen oder bevorzugt Ihr jemanden, und wenn ja warum?

 

Ich bete am liebsten zu Jesus Christus, warum weiß ich nicht genau. Wahrscheinlich weil ich mich am besten durchs NT mit Ihm identifizieren kann, und er als Mensch dargestellt ist und so ein Gegenüber bildet. Gottvater oder den hl. Geist kann ich mir bildlich nicht so vorstellen.

 

Grüße, Hubert

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Wie ich bete? Das ist ganz verschieden. In der Messe - ganz bewußtes mitfeieren, Wort für Wort - aber das gelingt selten. Oft bleibt ein Satzfetzen hängen, der mich einfängt. Manchmal nichts - oder ein Ton, ein Licht, oder mein quengeldner kleiner Sohn, der unbedingt der Banknachbarin auf den Mantel trampeln will oder auf der Kniebank turnen. Die Geduld bewahren - auch das kann ein großes Gebet sein.

 

Ein festes vorformuliertes Tischgebet vor dem Mittagessen. Nach dem Zubettbringen mit den Kindern ein Vaterunser und "Heiliger Schutzengel mein" - meist auch noch ein freies Gebet: Danke, guter Gott, für ... . Steh dem kranken ... bei. Wenn die Kinder das Haus verlassen / sich in den Kindergarten verabschieden: ein Kreuzchen auf die Stirne zeichen "Gott schütze dich." Beim nächtlichen Autofahren einen Rosenkranz - das hindert am Einschlafen. Oder wenn ich mal wieder "dran" bin als Lektor oder Kantor  - da kann ich mich beim Üben manchmal in den Text verlieren ... (Joel, vom Aschermittwoch z. B. oder GL 162, 165). Ein Wort hier im Forum. Auch das kann mir zum Gebet werden.

 

Lucia

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Lieber Hubert,

 

zu wem bete ich. Es ist verwirrend, denn da springe ich hin und her. Meine zentrales Du im Gebet ist Gott. Verwirrend deshalb, weil ich tatsächlich manches Mal differenziere und nicht durchgängig den drei-einen Gott "sehe".

 

Herzliche Grüße

Martin

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