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Welcher Christ glaubt wirklich noch im engeren Wortsinne?


Sokrates

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Inspiriert durch den Thread über "Glaubensschwund und Kirchenverdunstung" möchte ich eine Frage aufs Tapet bringen, die in einer GG-Diskussion sicher zu weit führen würde, die sich aber für mich nach Lesen jenes Threads (und meinen eigenen Erfahrungen in letzter Zeit) geradezu aufdrängt: Wer glaubt wirklich noch die Kernsätze des katholischen Glaubens, als da wären: Auferstehung von Jesus Christus von den Toten, dadurch vollzogene "Erlösung" des Menschen und die tatsächliche Existenz von Jesus Christus in der gewandelten Hostie.

 

Wer es wirklich und uneingeschränkt noch tut - und dieses Argument bekam ich selber von denen oft genug zu hören - sind diejenigen, die auch glauben, ein Reserl von Konnerreuth könne jahrelang ohne Nahrung leben, ein Pater Pio könne an zwei Orten gleichzeitig sein, oder in Medjugorje würde jede Woche Maria höchstpersönlich Anleitungen für ein besseres Leben verkünden. Das sind diejenigen Gläubigen, die, unberührt von der Neuzeit, bei einem magischen Weltbild aus voraufklärerischer Zeit stehen geblieben sind (was ihre Feindschaft gegen Aufklärung und überhaupt die Moderne hinreichend erklärt).

 

Bei allen anderen Katholiken gibt es naturgemäß eine mehr oder weniger ausgeprägte Entmythologisierung. Meine Frage (bzw. meine Diskussionanregung) nun: Ist eine solche Entmythologisierung überhaupt widerspruchsfrei möglich, oder landet man, wie ich selber, zwangsläufig irgendwann einmal bei der Erkenntnis, dass man sich eigentlich nur jahrelang was in die Tasche gelogen hat? Indem man ihrem Wesen nach eigentlich magische Dinge so dialektisiert hat, dass sie zwar mit der Vernunft nicht mehr im Widerspruch standen, dafür aber auch nicht mehr wirklich etwas bedeuteten. (Was dann auch eine perfekte Erklärung für die in den GG diskutierten Schwunderscheinungen wäre).

 

Oder für Gläubige konstruktiver gefragt: Wo könnte eine solche Entmythologisierung enden, ohne zu den Konsequenzen zu führen, die mir unausweichlich vorkommen?

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Die Apostel und Glaubenszeugen konnten den Glauben wohl auch nur deswegen weiter geben, weil sie tief überzeugt waren, einen kindlichen Glauben hatten und der "kritische Rationalismus" mit der Gefahr der Vergötzung des menschlichen Verstandes, der Wissenschaft sich noch nicht aus ausgebreitet hatte. Der Rationalismus dieser Coleur (den ich für eine verkappte Form des Aberglaubens halte) legt nämlich an Gott den Prokrustesmaßstab an: "Was ich nicht kapiere und akzeptiere, das darf und kann es auch nicht geben". Daher Wunder gibt es nicht - und letztlich ist auch "Auferstehung" nur symbolisch und bildhaft zu sehen- hat sich nach Meinung der Beschränkungsrationalisten. auch nicht wirklich ereignet.

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Den Glauben eines Mariamante haben wir, was die Fragestellung dieses Threads betrifft, bereits vollständig verstanden. Wie ich bereits einräumte, kann ein solcher nicht erschüttert werden, und ist in sich konsistent (und lediglich mit dem aufgeklärten Weltbild inkompatibel). Seine hier angeführten Gesichtspunkte tragen allerdings nichts zum Thema bei, weshalb ich anderen Postern dankbar wäre, wenn sie sich nicht auf diese Nebengleise locken ließen.

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Inspiriert durch den Thread über "Glaubensschwund und Kirchenverdunstung" möchte ich eine Frage aufs Tapet bringen, die in einer GG-Diskussion sicher zu weit führen würde, die sich aber für mich nach Lesen jenes Threads (und meinen eigenen Erfahrungen in letzter Zeit) geradezu aufdrängt: Wer glaubt wirklich noch die Kernsätze des katholischen Glaubens, als da wären: Auferstehung von Jesus Christus von den Toten, dadurch vollzogene "Erlösung" des Menschen und die tatsächliche Existenz von Jesus Christus in der gewandelten Hostie.

 

Wer es wirklich und uneingeschränkt noch tut - und dieses Argument bekam ich selber von denen oft genug zu hören - sind diejenigen, die auch glauben, ein Reserl von Konnerreuth könne jahrelang ohne Nahrung leben, ein Pater Pio könne an zwei Orten gleichzeitig sein, oder in Medjugorje würde jede Woche Maria höchstpersönlich Anleitungen für ein besseres Leben verkünden. Das sind diejenigen Gläubigen, die, unberührt von der Neuzeit, bei einem magischen Weltbild aus voraufklärerischer Zeit stehen geblieben sind (was ihre Feindschaft gegen Aufklärung und überhaupt die Moderne hinreichend erklärt).

 

Bei allen anderen Katholiken gibt es naturgemäß eine mehr oder weniger ausgeprägte Entmythologisierung. Meine Frage (bzw. meine Diskussionanregung) nun: Ist eine solche Entmythologisierung überhaupt widerspruchsfrei möglich, oder landet man, wie ich selber, zwangsläufig irgendwann einmal bei der Erkenntnis, dass man sich eigentlich nur jahrelang was in die Tasche gelogen hat? Indem man ihrem Wesen nach eigentlich magische Dinge so dialektisiert hat, dass sie zwar mit der Vernunft nicht mehr im Widerspruch standen, dafür aber auch nicht mehr wirklich etwas bedeuteten. (Was dann auch eine perfekte Erklärung für die in den GG diskutierten Schwunderscheinungen wäre).

 

Oder für Gläubige konstruktiver gefragt: Wo könnte eine solche Entmythologisierung enden, ohne zu den Konsequenzen zu führen, die mir unausweichlich vorkommen?

 

 

Erste Frage: Hier, wo die Hand winkt. (stells dir vor, ist virtuell schwierig). Ich glaube daran. Ich halte auch vieles für möglich, und ich maße mir nicht an, abschätzig über Therese aus wo-auch-immer zu sprechen. Natürlich gibt es Entmythologisierungen, aber nicht im Kern des Glaubens, denn der ist kein Mythos.

bearbeitet von mn1217
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Wo eine Entmythologisierung enden könnte kann ich dir leider nicht sagen. Mir scheint es viel wichtiger, dass eine Entmythologisierung überhaupt erst mal anfängt. Was wäre die RKK eigentlich wenn sie sich von ihren Dogmen und ihrem Wunderglauben trennen würde, wenn die Eucharistie das magische Element der gewandelten Hostie verlieren würde? Wenn Glaubensgrundsätze wie die unbefleckte Empfängnis, die physische Auferstehung und die Himmelfahrt neu definiert würden? Wenn sich herausstellen würde, dass die ganze Heilsgeschichte in Wirklichkeit ganz anders ablief? Würde die RKK dann automatisch aufhören zu existieren, würden dann Millionen von Menschen ihren seelischen Halt verlieren und würden sie aus der Kirche austreten? Es bliebe doch eigentlich immer noch die Botschaft Jesu Christi und die hätte doch weiterhin Gültigkeit. Oder ist die Gültigkeit der Botschaft fest mit dem blinden Glauben an Mythen, Märchen, Lügen und Legenden verbunden?

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Ich denke, es gibt einen Unterschied zwischen dem, was ich an mythisch in der Bibel und/oder den Überlieferungen, die es sonst noch gibt, halte, und was eben jenseits von Mythos , eine Realität, eine Wahrheit ist. Wenn ich etwas mit meinem Geist erfasse, heißt das nicht, dass ich es auch erklären kann. Selbst wenn, heißt es nicht, dass andere die Erklärung auch verstehen. Nicht aus Dummheit, sondern wil sie die Welt anders wahrnehmen als ich. Ich behaupte nicht, dass ich Auferstehung im mathematischen Sinn beweisen kann oder Transsubstantiation erklären kann (ich hoffe, es wenigstens richtig geschrieben zu haben). Aber ich glaube daran, was heißt,dass ich da Erklärungen/Zugänge gefunden habe. Das ist ein Geschenk Gottes an mich, für das ich dankbar bin.

 

In Sokrates Artikel lese ich die These heraus, ein vernünftiger, (universitär, naturwissenschaftlich) gebildeter Mensch könne nicht wirklich glauben.

Ich wage für mich zu widersprechen.

Und ich bin sicherlich nicht in voraufklärerischer Zeit stehen geblieben. Geht gar nicht, ich bin in die Postmoderne der 70 er hineingeboren worden und heute eine Mittdreißigerin im 21. Jahrhundert. Die Auflärung hat sehr deutlich vor meiner Zeit stattgefunden und ist fester Bestandteil meiner Erziehung und Bildung.

Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass schon Shakespeare geschrieben hat, dass es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, als unsere Schulweisheit sich träumen lässt. Etwas, dass auch die Aufklärung nicht ändert.

 

Und noch eine Frage: Was habt ihr bzw. was hast du, Sokrates gegen Widersprüche? Ein widerspruchfreies Leben gibt es nicht, wir leben mit und in Widersprüchen. Abe Widersprüche sind nicht notgedrungen Lügen.

bearbeitet von mn1217
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Und noch eine Frage: Was habt ihr bzw. was hast du, Sokrates gegen Widersprüche? Ein widerspruchfreies Leben gibt es nicht, wir leben mit und in Widersprüchen. Abe Widersprüche sind nicht notgedrungen Lügen.

 

Stimmt, Widersprüche sind nicht notwendigerweise Lügen. Das gilt aber auch für die Widersprüche die nicht von der Kirche aufgestellt werden. Mann/frau denke nur an die ganzen Hypothesen die im Zusammenhang mit einer Trivialliteratur wie "Sakrileg" aufgestellt wurden, Jesus und Maria Magdalena und die dynastische Verbindungen zu den Merowingern und dem hl. Gral. Diese Hypothesen werden lautstark als Lügen und Verschwörungstheorien abgetan, an die "Wünderkes" und Marienerscheinungen soll aber Jeder glauben.

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Wer glaubt wirklich noch die Kernsätze des katholischen Glaubens, als da wären: Auferstehung von Jesus Christus von den Toten, dadurch vollzogene "Erlösung" des Menschen und die tatsächliche Existenz von Jesus Christus in der gewandelten Hostie.

 

Nun, auf der anderen Seite müssen inzwischen viele Wissenschaftler und Naturforscher zugeben, daß es eben viele Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die wir noch nicht erklären können. Ich möchte nur das Thema "Quantenphysik" anmerken.

 

Ich selber glaube an oben zitierte Kernsätze und muß mit einem Lächeln feststellen, daß gerade die Anwesenheit Jesu Christi in der Hostie quantenphysikalisch absolut vorstellbar ist.

 

Ansonsten ist alles an Jesus Christus einzumessen: Was hat er gesagt, wie hat er gelebt... Die Heilige Schrift ist doch Wegweiser genug!

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FeuchtesBrötchen
Nun, auf der anderen Seite müssen inzwischen viele Wissenschaftler und Naturforscher zugeben, daß es eben viele Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die wir noch nicht erklären können.

 

Das ist der Standardsatz, den Dir jeder Esoteriker vorbetet, wenn er in Erklärungsnot ist (und sei es vor sich selber).

Bloß weil man nicht alles erklären kann, muss nicht jedes weitererzählte Wunder wahr sein.

 

Ich selber glaube an oben zitierte Kernsätze und muß mit einem Lächeln feststellen, daß gerade die Anwesenheit Jesu Christi in der Hostie quantenphysikalisch absolut vorstellbar ist.

 

Das erkläre mir doch mal mit einem Lächeln?

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Ich glaube, dass Jesus Christus von den Toten auferstanden ist und dadurch die Welt erlöst wurde, und dass er unter der Gestalt der gewandelten Hostie wirklich gegenwärtig ist.

 

Was das mit einem "magischen Weltbild aus voraufklärerischer Zeit" zu tun haben sollten, erschließt sich mir derzeit nicht.

Dieser Zusammenhang kann wohl nur im Bereich der Entenhausen-Theologie hergestellt werden.

 

 

Das fällt bei mir allerdings nicht unter erforderliche Entmythologisierung, sondern unter die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens.

Die meisten Menschen halten sich schließlich nach einem Semester Englisch an der Volkshochschule nicht ausreichend für einen Job als Dometscher bei der UNO qualifiziert.

Hingegen fühlt sich jeder, der sich an den Erstkommunionunterricht noch erinnern kann, zum Präfekten der Glaubenskongregation berufen. (Abgesehen davon, dass er das natürlich viel einfacher ausdrücken würde, als die dämlichen Theologen: "Und jetzt sagt der Onkel einen Zauberspruch, und dann wird die Oblate zu einem Jesus-Schnitzel.")

 

P.S: Was ich von Padre Pio, Therese Neumann, Medjugorje usw. halte, fragst Du am besten MM.

Ich möchte ihn nicht schon wieder aufregen. :angry2:

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Nun, auf der anderen Seite müssen inzwischen viele Wissenschaftler und Naturforscher zugeben, daß es eben viele Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die wir noch nicht erklären können.

 

Das ist der Standardsatz, den Dir jeder Esoteriker vorbetet, wenn er in Erklärungsnot ist (und sei es vor sich selber).

Bloß weil man nicht alles erklären kann, muss nicht jedes weitererzählte Wunder wahr sein.

 

Ich selber glaube an oben zitierte Kernsätze und muß mit einem Lächeln feststellen, daß gerade die Anwesenheit Jesu Christi in der Hostie quantenphysikalisch absolut vorstellbar ist.

 

Das erkläre mir doch mal mit einem Lächeln?

 

Ganz einfach: Erst wollen die Wissenschaftler die biblischen Wahrheiten widerlegen und müssen dann leise weinend zugeben, daß doch was dran sein könnte...

 

Natürlich gibt es genug schwarze Schafe, die mit vermeintlichen Wundern auf sich aufmerksam machen wollen. Da heißt es abwarten und beobachten. Jesus sagt: "An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen...".

 

P.S. Bitte wirf mich nicht in den Topf der Esoteriker. Ich bin keiner und werde keiner werden! Esoterik ist mir zuwider!

 

Ciao, bis morgen! :angry2:

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Ich zitiere jetzt mal Paulus:

 

Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos.

1 Kor 15, 14

 

Ich glaube daran, dass Christus auferstanden ist. Und er hat seinen Tod ganz bewusst nicht verhindert, weil er durch sein Leben und seinen gewaltsamen Tod seine Predigt vom Reich Gottes auch gelebt hat. Ja und ich glaube auch, dass wir durch sein Handeln erlöst sind.

Und wenn die Christen gemeinsam das Mahl feiern und sich an Jesus erinnern, dann ist er gegenwärtig, wie er versprochen hat.

 

Beweisen kann ich nichts davon. Aber ich habe für mich eine innere Gewissheit, dass ich auf das richtige Pferd setze. Und das genügt mir, um ein frohes Leben zu leben mit diesem Glauben.

 

In der Schule habe ich meinen Physiklehrer immer in Verzweiflung gebracht, weil ich nie glauben konnte, was er erzählt. Eine Tischplatte ist doch fest - das kann doch nicht sein, dass eigentlich alles in Bewegung ist. Wir haben dann einmal heftig debattiert und ich habe ihm erklärt, dass die Vorstellung von der Auferstehung der Toten für mich ein Kinderspiel im Vergleich zum Atommodell ist und er versicherte mir, dass das Atommodell super easy zu verstehen sei. Also: Patt. Ich glaube an die Grundsätze des Glaubensbekenntnisses und andere Menschen nicht.

 

Woran ich nicht glaube, sind Erscheinungen und seltsame Wunder - die hat Gott meiner Meinung nach nicht nötig. Aber ich will auch nicht verurteilen, wenn manche Menschen solche Phänomene brauchen, um zu glauben.

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Woran ich nicht glaube, sind Erscheinungen und seltsame Wunder - die hat Gott meiner Meinung nach nicht nötig. Aber ich will auch nicht verurteilen, wenn manche Menschen solche Phänomene brauchen, um zu glauben.

 

Warum glaubst du dann an die Worte des Herrn Paulus? Paulus hatte auf dem Weg nach Damaskus auch nur eine Erscheinung (wenn er nicht gelogen hat), denn Jesus hat er nie persönlich kennengelernt.

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Wer es wirklich und uneingeschränkt noch tut - und dieses Argument bekam ich selber von denen oft genug zu hören - sind diejenigen, die auch glauben, ein Reserl von Konnerreuth könne jahrelang ohne Nahrung leben, ein Pater Pio könne an zwei Orten gleichzeitig sein, oder in Medjugorje würde jede Woche Maria höchstpersönlich Anleitungen für ein besseres Leben verkünden. Das sind diejenigen Gläubigen, die, unberührt von der Neuzeit, bei einem magischen Weltbild aus voraufklärerischer Zeit stehen geblieben sind (was ihre Feindschaft gegen Aufklärung und überhaupt die Moderne hinreichend erklärt).

 

Bei allen anderen Katholiken gibt es naturgemäß eine mehr oder weniger ausgeprägte Entmythologisierung. Meine Frage (bzw. meine Diskussionanregung) nun: Ist eine solche Entmythologisierung überhaupt widerspruchsfrei möglich, oder landet man, wie ich selber, zwangsläufig irgendwann einmal bei der Erkenntnis, dass man sich eigentlich nur jahrelang was in die Tasche gelogen hat? Indem man ihrem Wesen nach eigentlich magische Dinge so dialektisiert hat, dass sie zwar mit der Vernunft nicht mehr im Widerspruch standen, dafür aber auch nicht mehr wirklich etwas bedeuteten. (Was dann auch eine perfekte Erklärung für die in den GG diskutierten Schwunderscheinungen wäre).

 

Oder für Gläubige konstruktiver gefragt: Wo könnte eine solche Entmythologisierung enden, ohne zu den Konsequenzen zu führen, die mir unausweichlich vorkommen?

Ein hoch interessantes Thema!

Eine solche Verknüpfung zwischen mehr oder weniger obskuren Privatoffenbarungen herzustellen halte ich für nicht ganz richtig.

Sicher waren diese Dinge eine Art Schutz für fromme Seelen nach dem scheinbar plötzlich alles anders sein sollte,

aber zu Generalisieren währe nicht richtig

Die Aufklärung ist mit keiner Religion vereinbar die ein Offebarungsglauben ist

das kann niemals gut gehen

es mag vor 30 Jahren so ausgesehen haben wie ein Aufbruch

wie wir jetzt wissen war es kein Aufbruch sondern der Beginn einer Verfalls

 

Eine Entmythologiesierunng hat beim ersten Dogma seine "natürliche Grenze" möchte ich sagen

Sehr schön sieht man das an an der Auseinandersetzung zwischen Hw. Hans Küng und Hw. P. Karl Rahner wegen Küngs Buch

"Unfehlbar?"

http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_K%C3%BCng

Ich denke daß man sich vielfach was vorgelogen hat

und mittlerweile die Rechnung folgt

der jetzige Hl. Vater hat das sehr früh erkannt was ihm den Ruf eines Wendehals eingetragen hat

Es ist keine Frage daß in den 60er Jahren Reform bedarf da war,

aber man hätte den Weg von Pius XII weitergehen sollen

einer langsamen behutsamen Reform unter Beachtung einer klareren Kontinuität

bearbeitet von Siri
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Inspiriert durch den Thread über "Glaubensschwund und Kirchenverdunstung" möchte ich eine Frage aufs Tapet bringen, die in einer GG-Diskussion sicher zu weit führen würde, die sich aber für mich nach Lesen jenes Threads (und meinen eigenen Erfahrungen in letzter Zeit) geradezu aufdrängt: Wer glaubt wirklich noch die Kernsätze des katholischen Glaubens, als da wären: Auferstehung von Jesus Christus von den Toten, dadurch vollzogene "Erlösung" des Menschen und die tatsächliche Existenz von Jesus Christus in der gewandelten Hostie.

 

Wer es wirklich und uneingeschränkt noch tut - und dieses Argument bekam ich selber von denen oft genug zu hören - sind diejenigen, die auch glauben, ein Reserl von Konnerreuth könne jahrelang ohne Nahrung leben, ein Pater Pio könne an zwei Orten gleichzeitig sein, oder in Medjugorje würde jede Woche Maria höchstpersönlich Anleitungen für ein besseres Leben verkünden. Das sind diejenigen Gläubigen, die, unberührt von der Neuzeit, bei einem magischen Weltbild aus voraufklärerischer Zeit stehen geblieben sind (was ihre Feindschaft gegen Aufklärung und überhaupt die Moderne hinreichend erklärt).

 

Bei allen anderen Katholiken gibt es naturgemäß eine mehr oder weniger ausgeprägte Entmythologisierung. Meine Frage (bzw. meine Diskussionanregung) nun: Ist eine solche Entmythologisierung überhaupt widerspruchsfrei möglich, oder landet man, wie ich selber, zwangsläufig irgendwann einmal bei der Erkenntnis, dass man sich eigentlich nur jahrelang was in die Tasche gelogen hat? Indem man ihrem Wesen nach eigentlich magische Dinge so dialektisiert hat, dass sie zwar mit der Vernunft nicht mehr im Widerspruch standen, dafür aber auch nicht mehr wirklich etwas bedeuteten. (Was dann auch eine perfekte Erklärung für die in den GG diskutierten Schwunderscheinungen wäre).

 

Oder für Gläubige konstruktiver gefragt: Wo könnte eine solche Entmythologisierung enden, ohne zu den Konsequenzen zu führen, die mir unausweichlich vorkommen?

 

Glauben im Wortsinn? Wir verwenden ein Glaubensbekenntnis, dass aus der Zeit um 1000 und davor stammt. Von daher muss ich leider gestehen, dass ich mit dem Wortsinn so meine Probleme habe.

 

Das Christentum ist eine Religion mit einer recht rationalen Basis: Wir glauben nicht an göttliche Entitäten in der Natur. Schon das Judentum hat Gott in die Transzendenz verlagert und sich auf eine einzige Wesenheit in der Transzendenz festgelegt.

 

Zusammenhänge zwischen Tun und Ergehen wurden im Buch Hiob als irrational abgelehnt. Nicht der Mensch, nur jener eine transzendente Gott hat Einsicht in die Rationalität unseres Lebensweges.

 

Was ist mit Wundern?

 

Rückfrage: Wenn man alle gerschilderten Wunder des AT oder NT rational erklärt, wäre dann die Grundlage des biblischen Glaubens vernichtet? Wenn Jesus einfach nur ein guter Psychologe war und die Evangelisten übertrieben hätten?

 

Schon Johannes spricht bei den Wundern von "Zeichen": Schon er ermöglicht ein rationales Verständnis der biblischen Erzählungen. Jesus hat Menschen geheilt, nicht verwundet, getröstet, nicht verletzt. Das darf als Zeichen genügen.

 

Die Rationalität des Christentums macht auch am Tod nicht halt: Was tot ist, das ist tot. Auch Jesus ist mausetot und die Evangelisten legen höchsten Wert auf diese Tatsache.

 

Und so glauben Christen eigentlich nur an drei Dinge:

 

Dass es einen Gott gibt, der nicht Teil dieser Welt ist, aber dass Jesus Mensch wurde und so in ihm Gott. Das wäre ein Wunder.

 

Dass Jesus von den Toten erstand und auch wir von den Toten erstehen, was ein Wunder ist, denn was tot ist, ist tot.

 

Dass der heilige Geist uns frei macht und Gott diese Welt zum Guten führen wird, was auch ein Wunder wäre.

 

Wenn man 2000 Jahre Zeit hat, dann kommt da schon ein dickes Buch heraus, welches mit vielen Details ablenken will von dem, was wesentlich ist.

 

Ich meine den globalen Katechismus, den zu lesen ich weder Zeit noch Lust verspüre.

 

Ich denke, dass es eine Menge von Dogmen gibt, welche die von mir genannten zentralen Punkten zu unterstützen wünschen.

 

Dazu gehört das Dogma von der Jungfräulichkeit Mariens, welches die Rede vom Kommen Gottes in die Welt in Jesus Christus unterstützen soll.

 

Probleme habe ich mit der Rede von der "immerwährenden Jungfräulichkeit" in dem Sinne, dass Maria auch nach der Geburt Jesu Jungfrau im biologischen Sinn gewesen sei: Ich habe fünf Kinder zu Hause entbunden und weiß, was Menschwerdung bedeutet. Man nimmt dem Glauben etwas weg, wenn man die Geburt Jesu als eine biologische Sensation darstellt (und der Gottesmutter ihre Würde als Frau. Aus Respekt vor ihr bin ich dem Dogma "virgo post partem" sehr skeptisch gegenüber eingestelltt).

 

Bin ich dir zu minimalistisch?

 

Nun, ich unterrichte an Grundschulen und bin es gewöhnt, Dinge auf den Punkt zu bringen. Sachen wie das Reserl von Konnersreuth oder Padre Pio kommen im Lehrplan nicht vor.

 

Wenn wir uns in Glaubendetails verlieren, dann oft nur deshalb, um der Anforderung des Glaubens in unser persönliches Leben aus dem Weg zu gehen.

 

Sollte Christus vor 2000 Jahren Kranke geheilt haben, dann darf mir das persönlich egal sein: Die sind auch schon längst gestorben. Die Israeliten, welche durchs rote Meer zogen - inzwischen alle tot.

 

Sollte Christus von den Toten erstanden sein - was hat das mit mir zu tun?

 

Was aber hoffe ich und glaube ich? Wer ist für mich derjenige, der am Drücker sitzt? Niemand? Ich selbst? Der Teufel? Das Schicksal? Der Zufall? Odin? oder der Gott des Volkes Israel, der Vater Jesu Christi?

 

Und wenn er es ist, siehe oben.

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Eine Entmythologiesierunng hat beim ersten Dogma seine "natürliche Grenze" möchte ich sagen

 

Ich würde sagen, mit der Dogmatisierungswut (hauptsächlich der der lateinischen Kirche) hat die Entmythologisierung überhaupt erst angefangen.

Wenn man anfängt, jeden überflüssigen Quatsch zum Dogma zu erklären, ist es quasi vorprogrammiert, das früher oder später der Zeitpunkt kommt, an dem jemand sagt: "also Auferstehung und so weiter, das glaub ich ja alles noch, aber das mit der xxx, das kann doch gar nicht stimmen" (für xxx kann man nun einsetzen was man will, sei es Transsubstantiation, leibliche Aufnahme, Unfehlbarkeit oder unbefleckte Empfängnis oder was auch immer).

Und ist man erst einmal an diesem Punkt angelangt, dann ist das ganze Glaubensgebäude einsturzgefährdet, denn natürlich kommt der Gedanke auf "wenn man mir in diesem Punkt Unsinn weisgemacht hat, warum sollte ich dann den Rest glauben"

 

Ich halte hier wirklich den Weg der Orthodoxie für den besseren, die sich standhaft weigert, irgendwelche pseudowissenschaftlichen "Erklärungen" als verbindlich zu glauben zu verkünden und statt dessen den Mythos Mythos sein lassen.

 

Werner

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sven gabelbart

Glauben muß man im Herzen.

Und so sehr mir jeden Tag aufs neue Zweifel kommen, habe ich doch tief in mir das Gefühl, daß irgendwo Gott wartet.

 

Weiters denke ich, man darf zwischen Glauben und "der Naturwissenschaft" gar keinen so großen Antagonismus konstruieren.

Im Endeffekt wird sich kaum ein Naturwissenschaftler auf quasireligiöse Themen einlassen, denn die meisten sind froh, wenn sie in ihrem eigenen hochspezialisiertem fachgebiet halbwegs zu ergebnissen kommen und international konkurrenzfähig bleiben und in der angespannten förderungssituation ihre papers publizieren können. die meisten anderen sind wohl ideologisch motiviert, werden von fachgenossen aber eher als skurilität betrachtet, wie dieser ach so tolle biologe richard dawkins.

Auch ist die naturwissenschaftliche methodik wohl kaum ein probates mittel um gottes existenz zu beweisen/widerlegen, denn wenn er das universum und somit auch die, diesem zugrunde liegenden, gesetzmäßigkeiten geschaffen hat, wird er sich diesen nicht selbst unterwerfen.

 

was dogmatik, thelogie etc. betrifft... naja, ich weiß nicht, im endeffekt nichts als eine aufgeblasene literaturinterpretation, die kaum einen wert hat, man wird wohl 100e stellen finden um eine these zu beweisen und genauso viele um sie zu widerlegen. sehr praktisch von der kurie, dass sie sich die auslegungshoheit reserviert hat.

zum glück sind "wir naturwissenschaftler" schon vor 400 jahren von der absurden vorstellung abgekommen, man könne durch blosses nachdenken irgendeine wahrheit erkennen. (thx@galilei)

bearbeitet von sven gabelbart
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dürfen nicht- resp. ex-gläubige hier auch schreiben? :angry2:

 

sich dieser Frage anschließend.....................tribald

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Ich habe hier schon lange nicht mehr geschrieben, aber zu meinen Zeiten düfte in diesem Unterforum ausnahmeslos jeder schreiben. Der Hasenstall ist gleich drunter.

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Ich halte hier wirklich den Weg der Orthodoxie für den besseren, die sich standhaft weigert, irgendwelche pseudowissenschaftlichen "Erklärungen" als verbindlich zu glauben zu verkünden und statt dessen den Mythos Mythos sein lassen.

 

Der erste Mythos[1] der Orthodoxie ist, dass sie existiert. Jesus auftreten war Häresie[2] gegenüber dem Judentum. Und daraus (und anderen Quellen, jüdische wie auch nichtjüdische) hat sich eine bunte Vielfalt an religiösen Ansichten gebildet. Arianus war z. B. auch Herätiker, und viele andere. Und so fängt das Christentum gleich mit einem Streit über Rechtgläubigkeit an (der hat dann aber bislang nur aufgehört, wenn jemand ein Machtwort gesprochen hat, zunächst Konstantin, dann später die Kirche). Erst recht spät hat sich mit der Kirche eine Richtung durchgesetzt, und wurde dann zur Orthodoxie erklärt. Dem liegt die Theorie zugrunde, dass alles mit einer Quelle (Jesus Christus) anfing, und dass es nur eine richtige Interpretation der damaligen Ereignisse gab. Das ist natürlich nicht wahr, und dazu muss man sich nur die anderen Evangelien ansehen - die Kirche hat natürlich nur die kanonisiert, die - nach recht willkürlichen Erklärungen - ihrer Ansicht entsprachen. Z. B. wählte man vier griechische Evangelien aus und erklärte alle aramäischen Evangelien (die als in der Sprache geschrieben wurde, in der Jesus selbst gesprochen hatte), aus. Warum? Irgendwann hat sich die Kirche dann - als eine von vielen Strömungen - durchgesetzt und die anderen Richtungen verketzert und ihre Sicht für orthodox erklärt. Wenn sich die markionitische Kirche durchgesetzt hätte (die mal größer war als die katholische), dann wäre heute die gnostische Sichtweise orthodox. Sie hat sich aber aus politischen Gründen nicht durchsetzen können.

 

Dann ist es so, dass die "Orthodoxen" eben den Mythos nicht Mythos lassen sein können, sondern diesen fein säuberlich in Dogmen erklären und fest gießen müssen. Man hat keine Erklärung für den Mythos der Anwesenheit Jesus in der Hostie? Von wegen, das ist alles haarklein erklärt. Und irgendwann tauchen dann neue Herätiker auf, und es kommt zur Kirchenspaltung - die russisch-orthodoxe Kirche hält ihre Sichtweise für orthodox (wie der Name schon sagt), und die Protestanten behaupten auch, dass ihre Sichtweise viel näher und ursprünglicher an der einzigen Quelle dran sind, als die Katholiken. Was man nun davon für orthodox hält, ist reine Ansichtssache und hängt eher vom biographischen Zufall ab, oder wer welchem Theologen das Gehalt zahlt. Orthodox ist man im Zweifelsfall immer selbst, und die anderen die Herätiker, worunter man dann einfach die versteht, die von der eigenen Orthodoxie abweichen - Abweichler also. Dabei sind das auch nur Leute, die sich eine Richtung ausgewählt haben, so wie jeder der verschiedenen Orthodoxen sich ja auch eine Richtung ausgewählt hat.

 

Der Mythos "Transsubstantiation" wäre ja auch dann nur ein Mythos, wenn man sagt, dass man es eben nicht erklären kann. Aber was wir stattdessen haben sind Bücher voller Erklärungen. Wo ist da der Mythos? Aber wenn man so viele Erklärungen hat, die sich alle untereinander widersprechen, und es für keine Richtung ein Übergewicht von Argumenten gibt - man muss es deswegen halt glauben - dann ist eine Richtung so herätisch wie die andere: Man muss eine Wahl treffen. Man muss Herätiker werden, anders geht es nicht, oder keine Wahl treffen als die, die irgendeine Autorität vorgibt, nur muss man diese Autorität selbst wählen - oder dem biographischen Zufall für einen wählen lassen, was aber nur bedeutet, dass die Eltern für einen die Wahl getroffen haben, und deren Eltern usw. Man kann der Wahl nicht ausweichen, man kann sie nur verschieben - das scheint bequemer, als selbst zu wählen, nur übersieht man, dass man nicht umhin kann, das zu wählen.

 

Was hat das mit der Ausgangsfrage zu tun? Nun, heute hat man es eher als Möglichkeit, sich aus dem reichhaltigem Angebot eines auszusuchen. Da kann man sogar an Quantenerscheinungen in der Hostie glauben, was bedeutet, dass man zwar nichts von Quantentheorie versteht, aber man hat eine Wahl getroffen. Man kann also wählen, ob man eine Variante nimmt, die irgendwie mit dem momentanen wissenschaftlichen Weltbild übereinstimmt, oder eine, die das explizit ausschließt, oder irgendeinen Kompromiss treffen. Man kann auch wählen, welche Dogmen aus der langen Liste man für wahr hält und welche nicht, der Unterschied zwischen liberalen Katholiken und konservativen Katholiken ist nur, welche Menge an Dogmen auf seiner Liste als "unverzichtbar" sich ausgewählt hat (oder hat auswählen lassen, wenn man den bequemen Weg geht). Aber irgendwann muss man dann doch eine Entscheidung treffen, man kann alles tun, man kann nur dem Schicksal, eine Entscheidung zu treffen, nicht ausweichen. Man muss wählen, ob die "ewige Jungfräulichkeit Marias" mit auf der Liste steht oder nicht. Man muss wählen, ob man wortwörtlich an die Auferstehung glaubt oder nicht. Und da die Liste so lang ist, und viele Menschen über kurz oder lang eine Entscheidung treffen, was auf der Liste dessen steht, was sie glauben und was nicht, entsteht ein großer Variantenreichtum an diversen "Christentümern" [3]. Liberales Christentum besteht dann auch darin, dass man den anderen nicht verdammt und zum Herätiker erklärt, nur weil seine Liste anders sortiert ist und mehr oder weniger Elemente enthält, an die er glaubt.

 

Die Orthodoxie hält natürlich daran fest, dass alles auf (ihrer speziellen) Liste sakrosankt ist - mit der Folge, dass dann auch Merkwürdigkeiten wie Padre Pio oder Reserl von Konnerreuth auf der Liste auftauchen. Auch das beruht, auch wenn die orthodoxen oder konservativen Christen das unbequem finden mögen, auf einer Wahl, die sie ja eigentlich nicht haben treffen wollen, dann aber doch getroffen haben. Wie sollte man ohne Argumente auch entscheiden, was auf die Liste gehört und was nicht? Nur aufgrund einer Autorität? Autoritäten gibt es im Christentum viele, Du kannst Dir eine aussuchen. Wer die Wahl hat, hat die Qual. Aber wer keine Wahl hat (oder genauer: zu haben glaubt, obwohl er ja eine Wahl getroffen hat), hat auch die Qual.

 

Und mit jedem Punkt, den jemand von der Liste streicht, taucht das alte Dammbruch-Argument wieder auf, zwar falsch, aber beliebt: Wer bereit ist, X zu streichen, der ist auch bereit, Y zu streichen, und am Ende wird dann auch der oberste Punkt auf der Liste gestrichen, nämlich die Existenz Gottes, und plötzlich ist man Atheist. Wer also lügt, der stiehlt auch, und wer das Eigentum eines anderen nicht achtet, achtet auch nicht sein Leben, oder kurz: Wer lügt, ist auch ein (potenzieller) Mörder. Damit wird versucht, den Leuten das Streichen von Punkten madig zu machen - wer selbst nicht wählen will, will oft auch nicht, dass andere eine Wahl haben. Um das zu verstärken hat man sich natürlich ein Gottesbild konstruiert von einem Gott, der nicht will, dass man die Punkte X oder Y streicht, oder ein Gottesbild, dass einem das bis zu einem bestimmten Punkt dann doch erlaubt. Schwein gehabt, wenn man einen Gott hat, der das genauso sieht wie man selbst... aber hat den nicht jeder, nur mit jeweils einer anderen Liste? Ein Gottesbild von einem Gott, dem es egal ist, was auf dieser Liste steht, Hauptsache, man lebt sein Leben als anständiger Mensch, den möchte man ja auch nicht haben. Einerseits weil glauben leichter ist als sich in allen Lebenslagen anständig zu verhalten, andererseits fehlt einem dann auch die Gruppe, mit der man sich identifizieren kann, weil alle mehr oder weniger an dieselbe Liste glauben (oder dies zumindest behaupten).

 

Es mag verlockend zu sein, zu sagen: Entweder man glaubt gleich alles, was irgendwo auf einer orthodoxen Liste steht, oder man ist gleich Atheist, aber das ist nur eine "Erpressung mit der einzig möglichen Alternative", vor allem, weil der Atheismus ja so unattraktiv beschrieben wurde (da muss man tatsächlich für alle moralischen Fragen entweder aus Instinkt handeln oder sich eine Alternative wählen, aber man ist sich bewusst, dass man wählt - das ist so scheußlich, das ist keinem zu empfehlen).

 

Aber ist das wirklich eine Frage von Belang, was man noch glaubt oder nicht mehr glaubt? Oder ist das so, dass man seine Wahl getroffen hat (die einen im Bewusstsein ihrer Verantwortung, die anderen mit einer bequemen Ausrede, warum sie diese Verantwortung nicht tragen können oder wollen), weil man zu einer bestimmten Gruppe dazugehören möchte oder nicht? Das Argument, dass die Wissenschaft nicht alles weiß und Fragen offen lassen muss, wird, wenn es um den Glauben geht, als Bedrohung empfunden: Natürlich weiß man auch nicht alles, aber man hat ja noch den Glauben, man muss also keine Frage offen lassen (in der Orthodoxie gibt es kaum offene Fragen, das macht es so verlockend). Aber die quälende Ungewissheit, ob man überall auch die richtige Entscheidung getroffen hat, die bleibt. Und die wird durch den Glauben auch mehr überdeckt als behoben. Man kann keine Wahl treffen, jedenfalls nicht ohne Willkür, aber man muss eine Wahl treffen, und wenn sie falsch ist (zu wenig auf der Liste steht), dann fürchtet man, dass man eine Strafe als Konsequenz aufgebrummt bekommt. Da ist es verlockend, seine Liste mit so vielen Dingen wie nur möglich zu füllen, selbst auf Kosten der intellektuellen Redlichkeit. Dass es einen Gott geben könnte, der weiß, dass man nicht genügend Gründe für eine Wahl hatte, und daher auch weiß, dass man so oder so gar keine richtige Entscheidung hat treffen können, das möge Gott verhüten, denn dann hätte man ja vieles umsonst geglaubt und seine intellektuelle Redlichkeit vergebens geopfert! Das kann und darf nicht wahr sein!

 

Ich werde oft gefragt, was ich denn sagen würde, wenn es Gott doch gibt und ich zur Rechenschaft gezogen würde. Nun, ich sehe dem völlig gelassen entgegen: Ich bin als Mensch nicht mit der Fähigkeit, ausgestattet worden, eine irrtumsfreie Entscheidung zu treffen, eine wirkliche Wahl war objektiv unmöglich, und wenn Gott mir eine Wahl gegeben hat und eine intellektuelle Redlichkeit, warum beschwert er sich dann, wenn ich eine Wahl entsprechend meiner intellektuellen Redlichkeit und meiner (gottgegebenen) Vernunft nach getroffen habe? Wenn das falsch war, dann ist das nicht meine Schuld, dann hätte sich Gott mir gegenüber eben etwas besser ausdrücken sollen, und nicht so vage, wie er es bei allen tut, die mit ihm kommunizieren! Er hätte schließlich wissen müssen, was dabei herauskommt. Und so treffe ich eine Wahl und bin bereit, dafür die Konsequenzen zu tragen: Eine Wahl ohne hinreichende Gründe mag falsch ausgehen, aber das ist halt so, davor kann sich niemand drücken. Aber ich habe mich redlich bemüht, ein anständiges Leben zu leben. Wer sich mehr bemüht hat, das Richtige zu glauben, und weniger, ein anständiges Leben zu leben, der hat dann eben Pech gehabt. Wer sich um beides bemüht, hätte sich das mit dem Glauben auch schenken können. Aber was man damit gewinnen will, seine intellektuelle Redlichkeit zu opfern, das ist ein Mysterium des Glaubens: Ich gebe offen zu, dass ich das nicht verstehe. Und ich habe momentan wenig Hoffnung, dass sich das ändern wird.

 

Ein jeder treffe seine Wahl, wie es seine intellektuelle Kapazität zulässt, und seine Hoffnung. Nur tue er das, im Bewusstsein, dass das Konsequenzen für sein Leben hat, und die können nun mal nicht immer nur positiv ausfallen - gleich, welchen Plan man sich dazu ausgedacht hat. Man kann so viele Pläne schmieden, wie man will, einige gehen unweigerlich daneben - lehrt die Erfahrung. Warum der Glauben davon ausgenommen sein soll, ist mir unerfindlich. Warum es einen Gott geben soll, der auf die Wahl des "richtigen" Glaubens so viel wert legt, ist mir auch unerfindlich, wenn er nicht gleichzeitig dafür sorgt, dass man auch die Möglichkeit hat, eine qualifizierte Wahl zu treffen. Wer an einen Gott glauben mag, der solche Scharaden betreibt, nur zu. Die Kosten dieser Konsequenzen sind mir zu hoch, aber jeder nach seiner Facon. Ich kann und will niemandem die Entscheidung abnehmen, und jeder ist, wenn er sie trifft, letztlich allein: Denn die Entscheidung, mit der größten Gruppe zu gehen, kann man nicht just auf diese Gruppe abwälzen. Man kann die Zweifel betäuben - dazu haben wir Menschen wirklich ein großartiges Talent! - aber so, wie das Verdrängte irgendwann zurückkehrt, kehren auch die Zweifel irgendwann zurück. Wer das kennt - und welcher Christ kennt das nicht - der weiß, dass er sich diesen Zweifeln alleine stellen muss.

 

Soll man also an dieses oder jenes glauben, und wenn nicht an dieses, dann an jenes? Diese Frage kann man nicht beantworten, jedenfalls nicht, in dem man glaubt, weil man dann das voraussetzt, zu dem man erst gelangen möchte.

 

 

[1] Mythos in diesem Sinne definiert als: Etwas, was zwar weithin geglaubt wird, aber falsch ist.

 

[2] Häresie heißt nichts weiter als Wahl oder Auswahl.

 

[3] Laut Duden gibt es keinen Plural von "Christentum", aber das halte ich für einen Sprachfehler (im Sinne von: ein Fehler in unserer Sprache).

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Inspiriert durch den Thread über "Glaubensschwund und Kirchenverdunstung" möchte ich eine Frage aufs Tapet bringen, die in einer GG-Diskussion sicher zu weit führen würde, die sich aber für mich nach Lesen jenes Threads (und meinen eigenen Erfahrungen in letzter Zeit) geradezu aufdrängt: Wer glaubt wirklich noch die Kernsätze des katholischen Glaubens, als da wären: Auferstehung von Jesus Christus von den Toten, dadurch vollzogene "Erlösung" des Menschen und die tatsächliche Existenz von Jesus Christus in der gewandelten Hostie.

 

Wer es wirklich und uneingeschränkt noch tut - und dieses Argument bekam ich selber von denen oft genug zu hören - sind diejenigen, die auch glauben, ein Reserl von Konnerreuth könne jahrelang ohne Nahrung leben, ein Pater Pio könne an zwei Orten gleichzeitig sein, oder in Medjugorje würde jede Woche Maria höchstpersönlich Anleitungen für ein besseres Leben verkünden. Das sind diejenigen Gläubigen, die, unberührt von der Neuzeit, bei einem magischen Weltbild aus voraufklärerischer Zeit stehen geblieben sind (was ihre Feindschaft gegen Aufklärung und überhaupt die Moderne hinreichend erklärt).

 

Bei allen anderen Katholiken gibt es naturgemäß eine mehr oder weniger ausgeprägte Entmythologisierung. Meine Frage (bzw. meine Diskussionanregung) nun: Ist eine solche Entmythologisierung überhaupt widerspruchsfrei möglich, oder landet man, wie ich selber, zwangsläufig irgendwann einmal bei der Erkenntnis, dass man sich eigentlich nur jahrelang was in die Tasche gelogen hat? Indem man ihrem Wesen nach eigentlich magische Dinge so dialektisiert hat, dass sie zwar mit der Vernunft nicht mehr im Widerspruch standen, dafür aber auch nicht mehr wirklich etwas bedeuteten. (Was dann auch eine perfekte Erklärung für die in den GG diskutierten Schwunderscheinungen wäre).

 

Oder für Gläubige konstruktiver gefragt: Wo könnte eine solche Entmythologisierung enden, ohne zu den Konsequenzen zu führen, die mir unausweichlich vorkommen?

Hallo Soki,

ich glaube das auch, dass dein Versuch, scheinbar Unvereinbares irgendwie "zu dialektisieren", damit es irgendwie mit deiner Vernunft in Einklang bleiben kann, unweigerlich dazu führen muss, dass es völlig bedeutungslos wird und es letztlich einfach eine Frage der Redlichkeit ist, das auch zu sagen, dass es sich so nicht halten lässt.

 

Es ist nicht so, dass ich auf alle Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, fertige Antworten hätte.

Aber es ist ganz bestimmt so, dass eine Entmythologisierung möglich ist, die alle Fragen und alles kritische Hinschauen zulässt, bei der man sich nicht in die Tasche lügen muss und die trotzdem nicht dazu führt, dass man alles hinwirft. Sondern - wie bei mir - die einen näher hinführt zu den "Kernsätzen des christlichen Glaubens" und sie neu verstehen lässt (wobei ich über deine Formulierungen stolpere, so würde ich das nicht sagen)

 

Ich habe gerade nachgeschaut: Wiki sagt zur Entmythologisierung:

Als Entmythologisierung - sachlich gesehen eigentlich eine Entmythisierung - ist das hermeneutische Bemühen bekannt geworden, die in mythischer Sprache tradierte Verkündigung in der Bibel und dort insbesondere im Neuen Testament auf ihren Wirklichkeitsgehalt hin zu untersuchen.

......

Entmythologisierung im Sinne Bultmanns ist also die Interpretation der mythischen Redeweise der neutestamentlichen Verkündigung auf ihren Bezug zur Existenz des Menschen hin.

 

Ich glaube, darum geht es: zu verstehen, dass diese Texte mythische Texte sind, die von existenziellen Erfahrungen reden.

Das sind ihrem Wesen nach alles andere als magische Dinge, um die es da geht (im Gegenteil, große Teile des AT - z.B. dort, wo es um den Aschera-Kult geht - setzen sich genau mit dieser Versuchung zur Magie, zum Wunder- und Aberglauben auseinander und sehen sie als etwas, zu dem man strikt nein sagen muss. Auch in der Apostelgeschichte (Apg 8) findet sich das Thema - Simon, der Magier, wird heftig zurechtgewiesen. Bei ihm wird deutlich sichtbar, wie ungut dieses abergläubische Hoffen auf irgendwelche Kräfte, derer man sich bemächtigen will, verknüpft ist mit Unaufrichtigkeit, mit "bitterer Galle und Bosheit", mit schlechtem Gewissen und geduckter Strafangst)

 

Statt dessen geht es um das "Lebendigsein der Seele". Jesus und sein Sein, sein Leben, ist Symbol für Prozesse, die lebendig machen.

Kreuz, Auferstehung, Erlösung, Wandlung, Gegenwart Christi im Heiligen Brot ... alles das sind Symbole und müssen als solche verstanden und befragt werden. Und man muss bereit sein, sich ihnen so auszusetzen, dass sie an einem wirksam werden dürfen. Dann muss man gar nichts verwerfen, im Gegenteil, es tut sich so viel auf an Verstehen und Lernen und Entwicklung.

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Man kann auch wählen, welche Dogmen aus der langen Liste man für wahr hält und welche nicht, der Unterschied zwischen liberalen Katholiken und konservativen Katholiken ist nur, welche Menge an Dogmen auf seiner Liste als "unverzichtbar" sich ausgewählt hat (oder hat auswählen lassen, wenn man den bequemen Weg geht). Aber irgendwann muss man dann doch eine Entscheidung treffen, man kann alles tun, man kann nur dem Schicksal, eine Entscheidung zu treffen, nicht ausweichen. Man muss wählen, ob die "ewige Jungfräulichkeit Marias" mit auf der Liste steht oder nicht. Man muss wählen, ob man wortwörtlich an die Auferstehung glaubt oder nicht.
Nein, das muss man nicht.

Man kann sich Fragen offen lassen, sie als Fragen mit sich nehmen - und muss dennoch nicht darauf verzichten, sich einzulassen auf dieses Symbolbild "Auferstehung" und es als wahr zu glauben und zu erleben, dass im Loslassen neuer Beginn, im Tod das Leben liegt und sein Leben aus diesem Vertrauen heraus zu gestalten (du tust das ja doch auch, wenn du bereit bist, Dinge neu zu verstehen und dazu zu lernen - offensichtlich erscheint es dir sinnvoll und richtig, immer wieder Altes zurückzulassen und neu aufzubrechen. Du bringst das nur nicht mit dem biblischen Bild von Auferstehung zusammen).

Man muss auch nicht wählen aus Dogmen, man muss nur auch dort verstehen, dass es Bilder sind. Dann kann man sie stehen lassen und mitnehmen als Frage, die einen mehr oder weniger (oder gar nicht) beschäftigt, als etwas, wogegen man Widerstand hat oder womit man nichts anfangen kann.

Aber es gibt absolut keinen Grund, warum man eine Liste machen müsste mit: wahr/nicht wahr.

Ich glaube, das ist ein Fehler, wenn man meint, ständig alles schon klar beurteilen zu müssen und zu allem irgendwelche Behauptungen und als Tatsachen hingestellte Theorien haben zu müssen. Da sind die Missverständisse und Irrtümer vorprogrammiert.

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Der erste Mythos[1] der Orthodoxie ist, dass sie existiert. Jesus auftreten war Häresie[2]

Never say never again...... :angry2:

Der verlorenen Sohn ist wieder da ...........laßt uns ein Mastkalb schlachten.

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Der erste Mythos[1] der Orthodoxie ist, dass sie existiert. Jesus auftreten war Häresie[2]

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Der verlorenen Sohn ist wieder da ...........laßt uns ein Mastkalb schlachten.

 

Wann und wo hat Volker denn "never" gesagt?

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