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Das Gewissen, der freie Wille und die Naturgesetze


Sam_Naseweiss

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Unser Wille ist dann frei, wenn wir uns frei für etwas entscheiden können.

Würdest du dem zustimmen?

Na, dem zuzustimmen ist leicht, weil diese Definition offensichtlich selbstbezüglich ist. Sie ist wahr, aber der Erkenntnisgewinn hält sich in sehr engen Grenzen. :angry2:

 

Aber lass' uns nicht zu sehr in dieses Problem einsteigen, denn "freien Willen" konsensfähig zu definieren ist überraschend schwer und einen separaten Thread wert. Das ist für unseren Zweck aber gar nicht nötig, denn wir brauchen zur Lösung der Theodizeeproblematik nur eine logische Folgerung des freien Willens: Niemand -- auch nicht Gott -- weiß, welchen Weg ich bei einer freien Entscheidung einschlagen werde, bevor ich meine Entscheidung tatsächlich treffe. Das ist für einen zeit-losen Gott aber nicht möglich, weil es für ihn nun einmal kein "bevor" gibt. Er weiß es. Nicht davor und nicht danach, er weiß einfach.

Ja, aber das niemand vor meiner Entscheidung wissen darf, wie ich mich entscheiden werde, wenn ich frei sein soll, trifft nur für eine zeitliche Welt zu.

 

Und da auch nur dann, wenn das Vorauswissen um meine Entscheidung darauf beruht, daß es determiniert und berechenbar ist.

 

Daher: Die Vorstellung, daß ein Gott durch sein Wissen meine Handlungen bestimmt, beruht auf der falschen Vorstellung, daß er meine Handlungen deswegen schon kennt, weil er sie vorausberechnen kann.

Denn dies kennen wir aus dieser Welt - wenn jemand weiss, was morgen passiert, dann wohl deswegen, weil das morgige Ereignis vorausberechenbar ist.

Weil dies so ist, schließen wir aus einem Wissen Gottes über uns, daß dieser dieses auch vorausberechnet haben muss und wenn etwas berechenbar ist, dann folgt es Gesetzen und damit würde unser Wille Gesetzen folgen, die wir selbst nicht beeinflußen können und somit wären wir nicht frei.

Dies ist aber ein Irrtum, weil Gott die Zukunft zwar kennt aber eben nicht deswegen, weil er sich berechnen könnte - wie sich dies uns sogleich aufdrängt (weil diese Annahme sich auf der Erde bewährt hat), sondern eben deswegen, weil er das Ergebnis unserer Entscheidung kennt, weil er nicht darauf warten muss.

 

 

Um die Sache mit dem Voraußwissen logisch aufzudröseln:

Etwas wird durch etwas bestimmt, wenn es eine kausale Verbindung gibt.

Zwischen dem Wissen einer Gottheit oder was auch immer und meinem Wollen gibt es keine kausale Verbindung, so lange ich nicht weiss, was dieser Gott etc. weiss.

Das Wissen eines anderen um etwas, hat keinen Einfluß auf das, was ich tue, es sei denn, ich weiss, was er weiss.

 

Bezüglich Freiheit des Willens sehe ich es so (am Rande erwähnt):

Frei ist mein Wille, wenn zwei Dinge zutreffen

1) Ich will so, wie es meinem Charakter, meinem Selbst entspricht - mein Wille geht kausal auf meinen Charakter zurück (ein manipulierter Wille entspricht nicht meiner Persönlichkeit und ist damit unfrei).

2) Ich kann meinen Charakter verändern und somit langfristig festlegen, wie ich sein werde (ich bin nicht nur Produkt meiner Veranlagungen, sondern kann mich verändern).

 

Eine letzte Gedankenhilfe zum Schluß:

Nehmen wir an, jemand könnte hellsehen und wüßte, was das letzte wäre, was wir erleben, bevor wir sterben.

Dieser Hellseher spricht uns nicht an und geht an uns vorbei und sieht uns nie wieder.

Würde dieses Wissen nun unsere Freiheit nehmen?

 

Wenn ja, würde er mit einem Wissen unsere Handlungen bestimmen - es gäbe dann eine kausale Beziehung zwischen seinem Wissen und unsere Handlungen.

Das scheint mir absurd.

 

Wenn nein, dann würde sich auch nichts an diesem Umstand ändern, wenn er jeden Augenblick X und jeden weiteren Augenblick x+1 kennen würde.

bearbeitet von Sam_Naseweiss
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Die Vorstellung, daß ein Gott durch sein Wissen meine Handlungen bestimmt, beruht auf der falschen Vorstellung, daß er meine Handlungen deswegen schon kennt, weil er sie vorausberechnen kann.

(Hervorhebungen von mir) Weder das eine noch das andere habe ich behauptet. Im Gegenteil, ich habe peinlichst darauf geachtet, solche Formulierungen zu vermeiden.

 

Ein zeit-loses Wesen kann / braucht nichts bestimmen oder berechnen, weil sowohl Lenkung als auch Berechnung jeweils eine Zustandsänderung vorher > nachher voraussetzt und damit eine Zeitachse. Diese Begriffe auf Gott anzuwenden ist unter Deinen Prämissen sinnlos, da sind wir uns völlig einig.

 

Lass uns also nicht darüber diskutieren, ob Gott uns lenkt. Und auch nicht darüber, ob wir berechenbar sind. Beides hast Du durch das Axiom des freien Willens ausgeschlossen und ich argumentiere allein auf Basis dieser Axiome.

bearbeitet von snorri
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So, und jetzt möchte ich gerne versuchen, ob wir uns schrittweise auf Formulierungen einigen können, die zur Klärung beitragen können. Als logische Folge (nicht als Definition!) des freien Willens hatte ich vorgeschlagen:

 

"Niemand -- auch nicht Gott -- weiß, welchen Weg ich bei einer freien Entscheidung einschlagen werde, bevor ich meine Entscheidung tatsächlich treffe."

(Dieser Satz ist aus der menschlichen Perspektive formuliert und damit notwendigerweise noch nicht unabhängig von der Zeitachse. Das müsste dann der nächste Schritt sein, damit wir ihn auf einen zeit-losen Gott anwenden können.)

 

Also, soweit einverstanden?

bearbeitet von snorri
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So, und jetzt möchte ich gerne versuchen, ob wir uns schrittweise auf Formulierungen einigen können, die zur Klärung beitragen können. Als logische Folge (nicht als Definition!) des freien Willens hatte ich vorgeschlagen:

 

"Niemand -- auch nicht Gott -- weiß, welchen Weg ich bei einer freien Entscheidung einschlagen werde, bevor ich meine Entscheidung tatsächlich treffe."

(Dieser Satz ist aus der menschlichen Perspektive formuliert und damit notwendigerweise noch nicht unabhängig von der Zeitachse. Das müsste dann der nächste Schritt sein, damit wir ihn auf einen zeit-losen Gott anwenden können.)

 

Also, soweit einverstanden?

Damit leitest du aber einen Kategorienfehler ein.

Du willst etwas, was für die zeitliche Perspektive richtig ist auf eine außerzeitliche Perspektive anwenden.

 

Wenn Gott zeitlich wäre, dann wüßte er auch nicht, was ich als nächstes tue, weil mein Wille frei ist.

Obwohl mein Wille frei ist, weiss Gott schon was ich tun werde, weil meine Entscheidung für ihn nicht erst fallen wird, sondern gegenwätigt ist.

bearbeitet von Sam_Naseweiss
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Korrekt, deshalb die Einschränkung. So, wie er dasteht, gilt der Satz nur für Wesen innerhalb der Schöpfung sowie für einen zeitgebundenen Gott.

 

Damit wir ihn nachher erweitern können, schlage ich folgende Konvention vor:

 

"Ein Mensch befindet sich zu jedem Zeitpunkt t seines Lebens in einem bestimmten Zustand, den wir mit z(t) bezeichnen können. Das Leben des Menschen besteht also aus einer Sammlung dieser Zustände z."

 

Dann können wir für einen zeit-losen Gott folgern:

 

"Gott kennt den Zustand z(t) für jeden Zeitpunkt t, ohne t "abwarten" zu müssen. Er kennt also jeden Zustand z."

 

Soweit einig?

bearbeitet von snorri
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Korrekt, deshalb die Einschränkung. So, wie er dasteht, gilt der Satz nur für Wesen innerhalb der Schöpfung sowie für einen zeitgebundenen Gott.

 

Damit wir ihn nachher erweitern können, schlage ich folgende Konvention vor:

 

"Ein Mensch befindet sich zu jedem Zeitpunkt t seines Lebens in einem bestimmten Zustand, den wir mit z(t) bezeichnen können. Das Leben des Menschen besteht also aus einer Sammlung dieser Zustände z."

 

Dann können wir für einen zeit-losen Gott folgern:

 

"Gott kennt den Zustand z(t) für jeden Zeitpunkt t, ohne t "abwarten" zu müssen. Er kennt also jeden Zustand z."

 

Soweit einig?

Ich bin mir zwar nicht sicher, ob dies hier gilt:

"Gott kennt den Zustand z(t) für jeden Zeitpunkt t, ohne t "abwarten" zu müssen. Er kennt also jeden Zustand z."

 

Da es sich dabei um indexikalisches Wissen handelt über welches Gott nicht verfügt.

Gott sieht quasi das fertige Gemälde und nicht die einzelnen und nacheinander erfolgenden Pinselstriche.

Da es aber nicht um Wissen etc. geht, können wir mit den von dir genannten Thesen einfach einmal fortfahren.

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Da es sich dabei um indexikalisches Wissen handelt über welches Gott nicht verfügt.

Den Einwand verstehe ich nicht ganz. Ein allwissender, zeitgebundener Gott kennt alle Zustände bis zu diesem Augenblick, also z(1) bis z(jetzt). Wenn ich die Zeitgebundenheit wegnehme, gibt es kein "jetzt" und er muss auch z(jetzt+x) für beliebige x kennen, oder?

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Da es sich dabei um indexikalisches Wissen handelt über welches Gott nicht verfügt.

Den Einwand verstehe ich nicht ganz. Ein allwissender, zeitgebundener Gott kennt alle Zustände bis zu diesem Augenblick, also z(1) bis z(jetzt). Wenn ich die Zeitgebundenheit wegnehme, gibt es kein "jetzt" und er muss auch z(jetzt+x) für beliebige x kennen, oder?

Wenn es kein jetzt gibt, dann gibt es auch kein jetzt+1.

Für Gott gibt es kein: "Es ist gerade 17:21" und ein paar Minuten später dann "Es ist jetzt gerade 17:33" etc..

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Ach so, verstehe. Aber Gott weiß, in welcher Reihenfolge wir die Zustände z durchlaufen, also kennt er auch die Indizes t. Sie haben für ihn nur nicht die zeitliche Bedeutung, die sie für uns haben. Das reicht mir, also mache ich mal weiter und fasse das, worauf wir uns bisher verständigt haben, etwas formalisiert zusammen, damit die Bezüge leichter fallen:

 

 

Deine Axiome:

 

A1: Menschen haben einen freien Willen

A2: Gott ist allmächtig und allwissend

A3: Gott ist kein zeitgebundenes Wesen

 

 

Konvention:

 

K1: Ein Mensch befindet sich zu jedem Zeitpunkt t seines Lebens in einem bestimmten Zustand, den wir mit z(t) bezeichnen können. Das Leben des Menschen besteht also aus einer Sammlung dieser Zustände z.

 

 

Folgerungen:

 

S1: Aus A2, A3 und K1 folgt: Gott kennt den Zustand z(t) für jeden Zeitpunkt t, ohne t "abwarten" zu müssen. Er kennt also jeden Zustand z.

 

S2: Aus A1 (noch ohne A3) folgt: Niemand -- auch nicht Gott -- weiß, welchen Weg ich bei einer freien Entscheidung einschlagen werde, bevor ich meine Entscheidung tatsächlich treffe.

 

 

Sind wir soweit noch beisammen? (Bei S2, wie gesagt, mit der erwähnten Einschränkung)

bearbeitet von snorri
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(...)

 

S2: Aus A1 (noch ohne A3) folgt: Niemand -- auch nicht Gott -- weiß, welchen Weg ich bei einer freien Entscheidung einschlagen werde, bevor ich meine Entscheidung tatsächlich treffe.

Warum sollte dies folgen?

Kannst du begründen, warum Gott nicht wissen darf, was ich tun werde, wenn ich frei sein soll?

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Ein paar Beiträge weiter oben hatten wir uns, meine ich, darauf geeinigt, dass dies eine notwendige Folgerung des freien Willens ist. Wohlgemerkt vorerst noch unter Annahme eines Zeit-gebundenen Gottes.

 

Diese Eigenschaft muss der in Deinem Axiom postulierte freie Wille haben, weil Du ihn anschließend für die freier-Wille-Theodizee heranziehst. Diese verwendet genau diese Eigenschaft des freien Willens, um zu begründen, warum Gott die Menschen nicht "fertig" erschaffen und dabei die bösen Menschen auslassen kann.

 

Du schreibst im Ausgangsbeitrag:

Folglich kann eine freie, daher selbstbestimmte, moralische Entscheidung nur dann von einem Geschöpf getroffen werden, wenn dieses Erfahrungen sammeln und Konsequenzen begreifen kann, daher einen freien Willen besitzt und wankelmütig ist [...]. Es muß also ein Leben leben.

(Hervorhebung von mir) Diese Aussage gilt nur, wenn die S2 wahr ist. Sonst würde nichts Gott daran hindern, den Endzustand z(max) jedes Menschen direkt zu erschaffen (oder eben auch nicht) und das Leben davor wegzulassen.

 

Dein in A1 postulierter freie Wille muss also -- vorerst unter Annahme eines Zeit-gebundenen Gottes -- die Eigenschaft S2 besitzen.

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Warum muss es so sein, daß niemand meine Handlung im voraus wissen darf, wenn ich frei sein soll?

Das ist hier nämlich der entscheidende Punkt.

 

Dies gilt nämlich nur für uns hier auf der Erde, weil für uns ein Wissen um die Zukunft nur dann möglich ist, wenn wir die Zukunft berechnen können.

Ein Gott, der in der Zeit wäre, könnte die Zukunft nur deshalb wissen, weil er sie berechnen kann.

Das Wissen um meine Zukunft, welches jemand anders besitzt, ist völlig neutral zu meinem freien Willen.

Nur impliziert dieses Wissen hier auf Erde, daß dieses Wissen auf Berechenbarkeit basiert und diese Berechenbarkeit wäre dann das Problem.

 

Es gilt also Folgendes:

1. Gott kennt das Ergebnis meiner Entscheidung.

2. Meine Entscheidung habe ich frei getroffen.

 

Es gibt keinen logischen Widerspruch zwischen 1 und 2.

 

Du müßtest also darlegen, daß entweder 1 oder 2 noch weitere Aussagen impliziert.

 

Dies versuchst du dann auch und behauptest:

3. Meine Entscheidung kann nur dann frei sein, wenn sie niemand vorhersagen kann.

 

Dies folgt aber weder aus 1. noch aus 2.

 

Die Aussage 3 ergibt sich nur dann, wenn Vorhersagbarkeit eine Berechenbarkeit impliziert, denn nur dann kann eine Vorhersage meiner zukünftigen Entscheidungen einen Widerspruch zu einem bestimmten Begriff der Willensfreiheit darstellen.

 

 

Die Frage ist daher:

Gibt es eine kausale Beziehung zwischen meinem Willen und dem Wissen um meine zukünftige Handlung, welches irgendwer besitzt?

Ich sehe da keine kausale Beziehung - was irgendwer weiß, beeinflußt mein Handeln nicht.

Wenn du daher der Ansicht bist, daß das Wissen Gottes um deine Zukunft, deinen freien Willen einschränkt, dann müßte es einen kausale Beziehung zwischen dem Wissen der Gottheit und deinem Willen geben.

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Ein paar Beiträge weiter oben hatten wir uns, meine ich, darauf geeinigt, dass dies eine notwendige Folgerung des freien Willens ist. Wohlgemerkt vorerst noch unter Annahme eines Zeit-gebundenen Gottes.

 

Diese Eigenschaft muss der in Deinem Axiom postulierte freie Wille haben, weil Du ihn anschließend für die freier-Wille-Theodizee heranziehst. Diese verwendet genau diese Eigenschaft des freien Willens, um zu begründen, warum Gott die Menschen nicht "fertig" erschaffen und dabei die bösen Menschen auslassen kann.

 

Du schreibst im Ausgangsbeitrag:

Folglich kann eine freie, daher selbstbestimmte, moralische Entscheidung nur dann von einem Geschöpf getroffen werden, wenn dieses Erfahrungen sammeln und Konsequenzen begreifen kann, daher einen freien Willen besitzt und wankelmütig ist [...]. Es muß also ein Leben leben.

(Hervorhebung von mir) Diese Aussage gilt nur, wenn die S2 wahr ist. Sonst würde nichts Gott daran hindern, den Endzustand z(max) jedes Menschen direkt zu erschaffen (oder eben auch nicht) und das Leben davor wegzulassen.

 

Dein in A1 postulierter freie Wille muss also -- vorerst unter Annahme eines Zeit-gebundenen Gottes -- die Eigenschaft S2 besitzen.

Gott weiss natürlich, wohin ich mich entwickle - er kann dies aber nur wissen, weil ich eine Entwicklung gemacht habe - unabhängig davon, ob Gott also meine Zukunft kennt oder nicht, muß er mich leben lassen.

In dieser Hinsicht ist das Wissen Gottes irrelevant.

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Warum muss es so sein, daß niemand meine Handlung im voraus wissen darf, wenn ich frei sein soll?

Nochmal: Bisher habe ich diesen Satz formuliert für zeitgebundene Wesen. Die Erweiterung wäre der nächste Schritt, aber vorher möchte ich diesen Schritt festklopfen, sonst kommen wir nicht weiter.

 

Also: Können wir uns darauf einigen, dass für alle Wesen mit Ausnahme eines zeit-losen Gottes S2 gilt?

bearbeitet von snorri
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Warum muss es so sein, daß niemand meine Handlung im voraus wissen darf, wenn ich frei sein soll?

Nochmal: Bisher habe ich diesen Satz formuliert für zeitgebundene Wesen. Die Erweiterung wäre der nächste Schritt, aber vorher möchte ich diesen Schritt festklopfen, sonst kommen wir nicht weiter.

 

Also: Können wir uns darauf einigen, dass für alle Wesen mit Ausnahme eines zeit-losen Gottes S2 gilt?

Wir können uns darauf einigen, daß dieser Satz gilt, wenn dieses Vorauswissen auf Berechenbarkeit basiert.

Sonst gilt er nicht, weil zwischen meinem Willen und einem Wissen eines anderen keine kausale Beziehung existiert.

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Wir können uns darauf einigen, daß dieser Satz gilt, wenn dieses Vorauswissen auf Berechenbarkeit basiert.

Ja worauf sollte es sonst basieren? :angry2:

 

Alles andere wäre doch offensichtlich krass unlogisch: Wir bräuchten dann einen Gott, der zwar zeitgebunden ist, aber künftige Zustände ohne Berechnungsgrundlage kennt -- was ihn automatisch zeit-los machen würde.

 

(Hinweis, der Vollständigkeit halber: Diese Unterscheidung spielt für meine Argumentation keine Rolle. Ich verfolge sie aber trotzdem weiter, um sicherzustellen, dass wir unter den verwendeten Begriffen das gleiche verstehen.)

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Wir können uns darauf einigen, daß dieser Satz gilt, wenn dieses Vorauswissen auf Berechenbarkeit basiert.

Ja worauf sollte es sonst basieren? :angry2:

 

Alles andere wäre doch offensichtlich krass unlogisch: Wir bräuchten dann einen Gott, der zwar zeitgebunden ist, aber künftige Zustände ohne Berechnungsgrundlage kennt -- was ihn automatisch zeit-los machen würde.

 

(Hinweis, der Vollständigkeit halber: Diese Unterscheidung spielt für meine Argumentation keine Rolle. Ich verfolge sie aber trotzdem weiter, um sicherzustellen, dass wir unter den verwendeten Begriffen das gleiche verstehen.)

Dann mach mal weiter.

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Deine Axiome:

 

A1: Menschen haben einen freien Willen

A2: Gott ist allmächtig und allwissend

A3: Gott ist kein zeitgebundenes Wesen

 

 

Konvention:

 

K1: Ein Mensch befindet sich zu jedem Zeitpunkt t seines Lebens in einem bestimmten Zustand, den wir mit z(t) bezeichnen können. Das Leben des Menschen besteht also aus einer Sammlung dieser Zustände z.

 

 

Folgerungen:

 

S1: Aus A2, A3 und K1 folgt: Gott kennt den Zustand z(t) für jeden Zeitpunkt t, ohne t "abwarten" zu müssen. Er kennt also jeden Zustand z.

 

S2: Aus A1 (noch ohne A3) folgt: Niemand -- auch nicht Gott -- weiß, welchen Weg ich bei einer freien Entscheidung einschlagen werde, bevor ich meine Entscheidung tatsächlich treffe.

 

S3: Aus S2 und K1 folgt: Niemand -- auch nicht Gott -- weiß, wie der Zustand z(t+1) aussieht, wenn zum Zeitpunkt t eine freie Entscheidung stattfindet.

 

Das ist nur eine Umformulierung von S2 mithilfe des Formalismus aus K1. Die sorgt aber dafür, dass wir nicht mehr zwischen einem zeitgebundenen und zeit-losen Gott unterscheiden müssen, weil S3 nicht mehr mit einer zeitlichen Reihenfolge arbeitet. S3 ist also mit A3 kompatibel.

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(PS: Ich muss jetzt Schluss machen für heute. Ich wünsche Dir eine gute Nacht -- morgen machen wir weiter :angry2:)

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Deine Axiome:

 

A1: Menschen haben einen freien Willen

A2: Gott ist allmächtig und allwissend

A3: Gott ist kein zeitgebundenes Wesen

 

 

Konvention:

 

K1: Ein Mensch befindet sich zu jedem Zeitpunkt t seines Lebens in einem bestimmten Zustand, den wir mit z(t) bezeichnen können. Das Leben des Menschen besteht also aus einer Sammlung dieser Zustände z.

 

 

Folgerungen:

 

S1: Aus A2, A3 und K1 folgt: Gott kennt den Zustand z(t) für jeden Zeitpunkt t, ohne t "abwarten" zu müssen. Er kennt also jeden Zustand z.

 

S2: Aus A1 (noch ohne A3) folgt: Niemand -- auch nicht Gott -- weiß, welchen Weg ich bei einer freien Entscheidung einschlagen werde, bevor ich meine Entscheidung tatsächlich treffe.

 

S3: Aus S2 und K1 folgt: Niemand -- auch nicht Gott -- weiß, wie der Zustand z(t+1) aussieht, wenn zum Zeitpunkt t eine freie Entscheidung stattfindet.

 

Das ist nur eine Umformulierung von S2 mithilfe des Formalismus aus K1. Die sorgt aber dafür, dass wir nicht mehr zwischen einem zeitgebundenen und zeit-losen Gott unterscheiden müssen, weil S3 nicht mehr mit einer zeitlichen Reihenfolge arbeitet. S3 ist also mit A3 kompatibel.

Das funktioniert so nicht, weil dieser Gott ja die Zukunft aufgrund Berechnung weiss.

Dies bedeutet, daß der Mensch berechenbar ist und A1 falsch sein muss.

Du setzt den Widerspruch quasi schon voraus!

 

Du versuchst einen zeitlosen Gott mit einem Gott in der Zeit zu vermengen.

Das ist ein Kategorienfehler.

 

 

Richtig ist aber:

A1: Menschen haben einen freien Willen

A2: Gott ist allmächtig und allwissend

A3: Gott ist kein zeitgebundenes Wesen

 

Nur sind deine Folgerungen daraus falsch.

S1 ist falsch, weil er indexikalisches Wissen Gottes voraussetzt, welches ein ewiger Gott aber gar nicht besitzen kann.

Dies dürfte sich aber wohl nicht auf deine Argumentation auswirken.

Richtiger wäre aber: Gott kennt den Zustand z, daher t1+t2+t3+t4+t5+t6+t7+...... (daher noch am ehesten das, was du unter K1 als Sammlung dieser Zustände (z) bezeichnet hast)

 

S2 ist falsch, denn aus einem freien Willen folgt nicht, daß niemand meine Entscheidung vorhersagen kann, es folgt nur, daß niemand meine Entscheidung durch Berechnung vorhersagen kann.

 

Richtig ist auch:

K1: Ein Mensch befindet sich zu jedem Zeitpunkt t seines Lebens in einem bestimmten Zustand, den wir mit z(t) bezeichnen können. Das Leben des Menschen besteht also aus einer Sammlung dieser Zustände z.

 

 

 

Grüße

Sam

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Vielleicht macht dies die Sache ja verständlicher:

Nach Thomas kann man nicht sagen, Gott wisse etwas, bevor es geschieht, da seine Ewigkeit simultan (in einem noch genauer zu bestimmenden Sinn) mit allen Momenten der Zeitreihe ist. Gott weiß also ewig als präsent, was für uns zukünftig ist. Es zeigt sich, daß für Thomas Zeitlichkeit und Ewigkeit nicht nur den Gegenständen, Gott bzw. den geschaffenen Dingen, sondern auch den Erkenntnisweisen Gottes bzw. der Menschen zukommen. Aufgrund dessen erkennt Gott die Dinge ganz anders als wir:

 

und

 

"Obgleich die Dinge und Ereignisse nicht seit aller Ewigkeit existieren, stellt Gott sie sich schon immer so vollkommen vor, als ob sie gegenwärtig Existierende wären."

 

und

 

Unmittelbar anschließend folgt wieder der Vergleich mit den verschiedenen Wandernden, von denen relativ zueinander ein Vorher und Nachher ausgesagt werden könne, die aber eine von einer Erhöhung herunterblickende Person doch aufeinmal wahrnehme. Die Einteilung, des "Sehens" der Ereignisse erfolgt also "quoad" den jeweiligen Beobachtern oder Beobachterinnen. "Quoad nos" sind die Ereignisse zukünftig, vergangen oder gegenwärtig, "quoad Deum" sind sie präsent. Nun gilt außerdem:

http://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/texte/171.html#ch1

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Das funktioniert so nicht, weil dieser Gott ja die Zukunft aufgrund Berechnung weiss.

Dies bedeutet, daß der Mensch berechenbar ist und A1 falsch sein muss.

Lies bitte nochmal nach, wass direkt über dieser Deiner Antwort steht. Dort stehen Aussagen darüber, dass Gott ewas nicht weiss. Und in meiner Argumentationskette kommt nirgends eine Berechenbarkeit vor, weder explizit noch implizit!

 

Deine Antwort passt überhaupt nicht auf meine Aussage, oder bin ich gerade begriffsstutzig ... ?

 

S1 ist falsch, weil er indexikalisches Wissen Gottes voraussetzt, welches ein ewiger Gott aber gar nicht besitzen kann.

Den Punkt hatten wir oben schon und Du hast mir bisher nicht darlegen können, warum Gott dieses Wissen nicht haben kann. Denn für meine Argumentation benötige ich nur diese Aussage:

 

Aber Gott weiß, in welcher Reihenfolge wir die Zustände z durchlaufen, also kennt er auch die Indizes t. Sie haben für ihn nur nicht die zeitliche Bedeutung, die sie für uns haben.

Was spricht logisch dagegen, dass Gott dieses Wissen hat?

 

S2 ist falsch, denn aus einem freien Willen folgt nicht, daß niemand meine Entscheidung vorhersagen kann, es folgt nur, daß niemand meine Entscheidung durch Berechnung vorhersagen kann.

Auch dazu siehe oben, aber klären wir erst einmal S1.

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Vielleicht macht dies die Sache ja verständlicher:

Eigentlich nicht. Das sind in meinen Augen alles alternative Formulierungen für A3, aber darüber brauchen wir nicht zu diskutieren, das ist ja ein Axiom.

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Das funktioniert so nicht, weil dieser Gott ja die Zukunft aufgrund Berechnung weiss.

Dies bedeutet, daß der Mensch berechenbar ist und A1 falsch sein muss.

Lies bitte nochmal nach, wass direkt über dieser Deiner Antwort steht. Dort stehen Aussagen darüber, dass Gott ewas nicht weiss. Und in meiner Argumentationskette kommt nirgends eine Berechenbarkeit vor, weder explizit noch implizit!

Du schreibst: "Wenn ich frei sein soll, dann darf niemand vorher wissen, wofür ich mich entscheide!"

Warum sollte dies so sein?

 

Deine Antwort passt überhaupt nicht auf meine Aussage, oder bin ich gerade begriffsstutzig ... ?

Das Wissen eines anderen, hat keine kausale Beziehung zur Handlung eines anderen.

Das Wissen eines anderen kann daher nur eine Beziehung zu einem Willen eines anderen haben, wenn das Wissen auf Berechnung basiert.

Richtig oder nicht?

 

S1 ist falsch, weil er indexikalisches Wissen Gottes voraussetzt, welches ein ewiger Gott aber gar nicht besitzen kann.

Den Punkt hatten wir oben schon und Du hast mir bisher nicht darlegen können, warum Gott dieses Wissen nicht haben kann. Denn für meine Argumentation benötige ich nur diese Aussage:

 

Aber Gott weiß, in welcher Reihenfolge wir die Zustände z durchlaufen, also kennt er auch die Indizes t. Sie haben für ihn nur nicht die zeitliche Bedeutung, die sie für uns haben.

Was spricht logisch dagegen, dass Gott dieses Wissen hat?

 

S2 ist falsch, denn aus einem freien Willen folgt nicht, daß niemand meine Entscheidung vorhersagen kann, es folgt nur, daß niemand meine Entscheidung durch Berechnung vorhersagen kann.

Auch dazu siehe oben, aber klären wir erst einmal S1.

Wenn Gott ewig ist, dann gibt es für ihn kein "jetzt ist es 10 Uhr", kein "jetzt ist es 11 Uhr" und somit fehlt ihm dieser Zeitbezug.

weiter oben hatte ich schon geschrieben:

Da es sich dabei um indexikalisches Wissen handelt über welches Gott nicht verfügt.

Gott sieht quasi das fertige Gemälde und nicht die einzelnen und nacheinander erfolgenden Pinselstriche.

 

Aber selbst, wenn ich davon ausgehen würde, daß Gott nicht das fertige Gemälde, sondern einzelne Pinselstriche sehen würde, diese aber für Gott nicht in einer Reihenfolge erfolgen, sondern quasi gleichzeitig, sehe ich kein Problem.

Wenn du dies so für deine Argumentation verwenden willst, dann kannst du dies tun.

bearbeitet von Sam_Naseweiss
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Der Satz:

S2: Aus A1 (noch ohne A3) folgt: Niemand -- auch nicht Gott -- weiß, welchen Weg ich bei einer freien Entscheidung einschlagen werde, bevor ich meine Entscheidung tatsächlich treffe.

 

ist nur dann wahr, wenn das Wissen um die Zukunft auf Berechnung basiert.

Sonst gibt es keinen Bezug zwischen dem Willen eines Menschen X und dem Wissen eines Objektes Y.

 

Und am Rande noch: Gott weiss im Grunde gar nicht "vorher" was ich tun werde, weil es für ihn kein vorher und kein nachher gibt.

Da sind wir dann wieder beim Gemälde oder bei deinem Perlenhaufen, statt der Perlenkette.

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