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Die katholische Kirche und der Missbrauch


Björn

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Inzwischen muss man sich fragen, ob die Kirche wirklich den Willen und/oder die Möglichkeit hat, die Strukturen, die all diese Verbrechen ermöglicht haben, ernsthaft zu ändern.

Ich gehe inzwischen davon aus, dass der Mehrheit der Bischöfe nicht zu trauen ist, der Erhalt ihrer administrativen Macht und ihres Ansehens scheint ihnen wichtiger sein als der Schutz der ihnen Anvertrauten vor abscheulichen Verbrechen. Jede Untersuchung bringt immer wieder ein enormes Ausmaß an Vertuschung ans Tageslicht, aber wirklich ernsthafte Reformen, die gleichzeitig die absolutistische Macht der Bischöfe beschränken und sie wirklich auch ihrem Kirchenvolk, nicht nur dem Papst gegenüber, verantwortlich machen, fehlen weiterhin.

 

Bemerkenswert, dass auch konservative Kirchenmitglieder diese klerikalen Machtstrukturen ernsthaft anzweifeln.

http://www.kath.net/news/64886

 

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Das ist genau der Eindruck, den ich auch habe, Shubashi. Ich habe nicht das Gefühl, dass man wirklich was ändern möchte und das finde ich besonders erschreckend. Ich habe erwartet, dass jetzt endlich angemessen reagiert wird; dass man alles dafür tut, die Missstände aufzudecken und abzuschaffen. Mich hat das Vorgehen hier bislang maßlos enttäuscht. 

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vor 31 Minuten schrieb Shubashi:

Inzwischen muss man sich fragen, ob die Kirche wirklich den Willen und/oder die Möglichkeit hat, die Strukturen, die all diese Verbrechen ermöglicht haben, ernsthaft zu ändern.

Am Willen habe ich weniger Zweifel, aber ich würde behaupten, dass das hierarchische System dies nicht ohne institutionalisierte Kontrollfunktion von außen schaffen kann.
Ob die eigenen nicht-Kleriker dazu geeignet sind, bin ich mir nicht sicher.
Und ob diese Außenkontrolle gewünscht ist, daran habe ich Zweifel; Machterhalt (vor allem in so exklusiven, eng gestrickten Networks) ist eine sehr mächtige Kraft.

 

Ergänzung: vielleicht war ich nicht klar: ich zweifele nicht an dem Willen, dass die Hierarchie alles tun will, dass es keinen Missbrauch mehr gibt. Ich zweifele aber daran, dass sie es schafft, Missbrauch nicht mehr auf der individuellen Ebene des Täters anzusiedeln, sondern die Ermöglichungsstrukturen dahinter anzugehen - das würde nämlich heißen, in unabhängige Kontrolle sakralisierter Macht einzuwilligen. Und das sehe ich bislang nicht.

 

 

bearbeitet von gouvernante
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vor 5 Minuten schrieb gouvernante:

Machterhalt (vor allem in so exklusiven, eng gestrickten Networks) ist eine sehr mächtige Kraft.

Ich fürchte, dass die auch noch der Meinung sind, zum Wohl der Kirche zu handeln.

 

Dabei gibt es nur einen Weg, die Glaubwürdigkeit zumindest teilweise zurückzugewinnen: indem man die Vorgänge selber aus Licht bringt. 

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vor 24 Minuten schrieb Christopher:

Das ist genau der Eindruck, den ich auch habe, Shubashi. Ich habe nicht das Gefühl, dass man wirklich was ändern möchte und das finde ich besonders erschreckend. Ich habe erwartet, dass jetzt endlich angemessen reagiert wird; dass man alles dafür tut, die Missstände aufzudecken und abzuschaffen. Mich hat das Vorgehen hier bislang maßlos enttäuscht. 

 

vor 23 Minuten schrieb gouvernante:

Am Willen habe ich weniger Zweifel, aber ich würde behaupten, dass das hierarchische System dies nicht ohne institutionalisierte Kontrollfunktion von außen schaffen kann.
Ob die eigenen nicht-Kleriker dazu geeignet sind, bin ich mir nicht sicher.
Und ob diese Außenkontrolle gewünscht ist, daran habe ich Zweifel; Machterhalt (vor allem in so exklusiven, eng gestrickten Networks) ist eine sehr mächtige Kraft.

 

Das ist das Problem mit Menschen in Machtpositionen, die wirklich so unangreifbar sind, dass man echte Verantwortung wirklich im eigenen Gewissen spüren müsste. Solange einen der Papst nicht abberuft, kann einem Bischof niemand etwas, und das verlagert die gesamte Verantwortung letztlich in das Gewissen eines einzigen Mannes (und vielleicht seiner engsten Berater). Dazu kommt das Bewusstsein, einer 2000 Jahre alten Institution anzugehören, in der Verbrechen immer schon vorkommen, und die letztlich alle Aufwallungen der öffentlichen Meinung und des politischen Widerstands überstanden hat.

 

Gouvernante hat da in meinen Augen ganz recht: die Kirche müsste hier auf Know-how und moralische Autorität von außen zurückgreifen, um wirklich glaubhaft zu sein; es gibt ja spezialisierte Juristen, Forensiker, Pädagogen und Psychologen, die mit modernen Methoden und Supervision arbeiten. Nur müssten die auch entsprechende Durchgriffsrechte gegenüber den Diözesen haben und wirklich jeder Bischof müsste erklären, dass er gegen deren Maßnahmen keinerlei Veto einlegen kann. Und in solchen Audit-Institutionen wären selbstverständlich auch Frauen in verantwortlicher Position tätig.

Wer sich dann beschweren will und ungerecht behandelt fühlt, soll sich bitte an Arbeitsgerichte und Staatsanwaltschaft wenden, aber kann nicht hoffen, dass sein Bischof sich einen Skandal ersparen möchte.

 

Das Problem ist allerdings, dass solche Maßnahmen für die Weltkirche kaum durchsetzbar sind, dazu müsste sich eine modernere Sicht auch auf Papsttum und Bischofsamt durchsetzen. So sehr ich das Papsttum als geniales Bild der Einheit einer globalen Kirche ansehe - der mittelalterliche Absolutismus fast ohne jede Rücksicht auf Gesetze und öffentliche Kontrolle (die ja letztlich eine Maßnahme gegen Geheimniskrämerei, Manipulation und Machtspiele wäre), ist heutzutage schlicht grotesk.

bearbeitet von Shubashi
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vor 39 Minuten schrieb gouvernante:

Schon wieder was Neues, was ich noch nicht mitbekommen habe (also Viganò ist bekannt)?


Ich bin zunächst wegen des Namens ins Trudeln geraten, da mir bis jetzt nicht klar war, dass zwei Viganos von sich reden gemacht haben. Ich musste die im Kopf erst mal auseinanderklauben.

Der eine, der sich nur widerstrebend noch von Benedikt XVI. nach Washington hatte befördern lassen, Carlo Maria mit Vornamen,

und der andere, der "besser mal vollständig zitiert" hätte.
Also, für alle, die heute früh ausser mir noch auf dem Schlauch gestanden haben könnten: der eine ist mit dem anderen nicht identisch.

bearbeitet von Julius
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Mich beschäftigt das aktuell enorm, weil ich überhaupt nicht konform damit gehe, wie der Papst/die katholische Kirche mit den Missbräuchen umgeht. Ich frage mich schon, ob ich das noch weiter mit tragen möchte oder ob jetzt ein Punkt erreicht ist, an dem ich erkennen muss, dass meine Vorstellungen einer Kirche zu weit von der RKK abweichen. 

 

Wie geht ihr damit um? Oder bin ich der einzige, den die ganze Sache so ins Zweifeln bringt? 

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vor 10 Minuten schrieb Christopher:

Wie geht ihr damit um?

Ich sehe die Kirche nicht als Verein, mit dem ich mich so lange identifiziere, wie mir der Inhalt und Leute passen, sondern glaube, dass in ihr Jesus Christus selbst gegenwärtig ist (und sich vermutlich derzeit die Haare rauft).  Ich finde das im Moment auch sehr schmerzhaft, aber die Kirche hat schon andere Dinge überstanden. Schlimmer als die Borgia-Päpste dürfte das auch nicht sein. Und auf meine Versuche, als Christ zu leben, haben diese Vorgänge keinen Einfluss.

 

Von meiner Seite aus also: weitermachen und beten. Das eigentliche Haupt der Kirche ist ja nicht der Papst.

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vor 17 Minuten schrieb ThomasB.:

Ich sehe die Kirche nicht als Verein, mit dem ich mich so lange identifiziere, wie mir der Inhalt und Leute passen, sondern glaube, dass in ihr Jesus Christus selbst gegenwärtig ist (und sich vermutlich derzeit die Haare rauft).  Ich finde das im Moment auch sehr schmerzhaft, aber die Kirche hat schon andere Dinge überstanden. Schlimmer als die Borgia-Päpste dürfte das auch nicht sein. Und auf meine Versuche, als Christ zu leben, haben diese Vorgänge keinen Einfluss.

 

Von meiner Seite aus also: weitermachen und beten. Das eigentliche Haupt der Kirche ist ja nicht der Papst.

 

 

Ich sehe die Kirche auch nicht als Verein und ich möchte auch nicht aus der Gemeinschaft (der Christen) austreten. Aber das Thema des Konfessionswechsels taucht schon ab und zu mal in mir auf. Es kann aber auch genau so gut sein, dass mich das Ganze noch näher zur katholischen Kirche bringen wird. Ich bin einfach nur neugierig, ob und wie euch das zur Zeit beschäftigt. 

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vor 25 Minuten schrieb Christopher:

Mich beschäftigt das aktuell enorm, weil ich überhaupt nicht konform damit gehe, wie der Papst/die katholische Kirche mit den Missbräuchen umgeht. Ich frage mich schon, ob ich das noch weiter mit tragen möchte oder ob jetzt ein Punkt erreicht ist, an dem ich erkennen muss, dass meine Vorstellungen einer Kirche zu weit von der RKK abweichen. 

 

Wie geht ihr damit um? Oder bin ich der einzige, den die ganze Sache so ins Zweifeln bringt? 

 

Bist Du absolut nicht. Ich bin so vor 7, 8 Jahren genau wg. dieser Frage auf dieses Forum gestoßen und es ist für mich sonderbar, dass jetzt wo diese Frage wieder so hochkocht, sich auch mit dem Forum quasi ein Kreis wieder schließt.

 

Ich habe heute jedenfalls mal wieder nachgeschlagen, wo die nächste alt-katholische Gemeinde ist. Habe ich schon damals gemacht, aber dann doch nicht realisiert.

Mal sehen, ob ich diesmal mal zum nächsten Gottesdienst dorthin gehe.

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vor 20 Minuten schrieb Christopher:

Aber das Thema des Konfessionswechsels taucht schon ab und zu mal in mir auf.


Aus diesem Grunde? Welche andere Konfession ist in Sachen Missbrauch denn clean?

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Hier die richtige Verfahrensweise zu finden ist tatsächlich diffizil. Aber nicht alleine weil die Herren Hochwürden unantastbar wären. Man will schlechthin Niemandes Leben ruinieren. Man stelle sich wirklich einmal vor, ein Priester, der vielleicht aus anderen Gründen in der Gemeinde unbeliebt ist, findet sich plötzlich als Kinderschänder verdächtigt vor, obwohl er nichts getan hat. Da gilt es einen kühlen Kopf zu bewahren. Der Vorwurf des Kindesmissbrauchs darf nicht zur Waffe werden, um unbequeme Priester zu mobben oder pfarreiinterne Konflikte auszutragen. Das hilft auch den wirklichen Opfern nichts.

 

 

 

Saluti cordiali, 

Studiosus. 

bearbeitet von Studiosus
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vor 9 Minuten schrieb Julius:


Aus diesem Grunde? Welche andere Konfession ist in Sachen Missbrauch denn clean?

 

Überall wo Menschen sind, gibt es auch Fälle von Machtmissbrauch. Keine Frage. Allerdings geht es mir nicht darum, eine "cleane" Konfession zu finden (gibt es die überhaupt? Ich denke nein). Es geht mir eher darum, wie bislang damit umgegangen wird. Ich kann die Art und Weise einfach überhaupt nicht nachvollziehen und hätte mir eine viel klarere Positionierung des Papstes und der Kirche gewünscht. Mag vielleicht naiv klingen, aber meine Gefühle diesbezüglich kann ich nicht abstellen - und diese sagen mir aktuell ganz deutlich, dass ich mich damit nur schwer arrangieren kann.  

 

Natürlich werde ich wegen dieser Zweifel nicht alles über den Haufen werfen. Deshalb teile ich meine Zweifel hier, um euren Input zu erhalten und eure Sichtweisen kennenzulernen. 

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vor 17 Minuten schrieb Julius:

Die Mutter, die diese Schlafsackstory in Umlauf gesetzt hatte, schwor Stein und Bein, dass sie sich genau so zugetragen hätte, schwor aber zugleich Stein und Bein, dass sie jeden Meineid schwören würde, um sie zu leugnen, wenn sie etwa von Polizei, von der Staatsanwaltschaft oder auch nur von einem diözesanen Missbrauchsbeauftragten (dieser Job war gerade erschaffen worden) dazu befragt werden würde.

Spätestens an dieser Stelle hätte ich alternativ auch über eine Anzeige wegen Verleumdung nachgedacht.

 

Das ist das Problem mit dem Missbrauch: Das schon alleine ein geäußerter Verdacht vernichtend wirken kann.

 

So viel Fingerspitzengefühl kann man gar nicht haben, wie man da braucht.

 

Edit: Und trotzdem sitzt man zwischen allen Stühlen. Irgendwie kann ich diese Mutter auch verstehen...

bearbeitet von Moriz
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vor 2 Stunden schrieb Shubashi:

Inzwischen muss man sich fragen, ob die Kirche wirklich den Willen und/oder die Möglichkeit hat, die Strukturen, die all diese Verbrechen ermöglicht haben, ernsthaft zu ändern.

 

Jein. Die Kirche besteht aus Menschen.

 

Die Kirche versucht schon seit 2000 Jahren, die Menschen zu besseren Menschen zu machen.

 

Nicht ohne jeden Erfolg - aber auch nicht mit durchschlagendem Erfolg.

 

 

 

(Und: Andere Strukturen, andere Probleme)

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vor 10 Minuten schrieb Studiosus:

Man stelle sich wirklich einmal vor, ein Priester, der vielleicht aus anderen Gründen in der Gemeinde unbeliebt ist, findet sich plötzlich als Kinderschänder verdächtigt vor, obwohl er nichts getan hat.

 

Das brauche ich mir nicht vorzustellen, das ist einem Priester geschehen, der quasi in meiner Nachbarschaft aufgewachsen ist und dessen Eltern ich aus anderen Zusammenhängen persönlich kenne.
Der wurde morgens in aller Herrgottsfrühe festgenommen, das Pfarrhaus wurde ebenso wie Pfarrhäuser von Gemeinden, in denen er früher tätig war, von der KriPo durchsucht, der Bischof hat ihn selbstredend auf der Stelle beurlaubt. Ein zu dem Zeitpunkt Erwachsener hatte ihn beschuldigt, an einer früheren Pfarrstelle gegen ihn, den damals noch Jugendlichen, übergriffig geworden zu sein. Der Priester saß sehr lange, ich meine deutlich länger als ein halbes Jahr in Untersuchungshaft, weil derjenige, der ihn angeschuldigt hatte, sich nur von einem ganz bestimmten, auf Monate hinaus ausgebuchten psychiatrischen Gutachter hinsichtlich seiner Glaubwürdigkeit begutachten lassen wollte.
Der Priester, durch die Strafverfolgungsbehörden entlastet, bis dahin gesund und leistungsfähig - hat sich von dieser Erfahrung nicht erholt, er ist ein halbes Jahr nach seiner Rehabilitierung aus gesundheitlichen Gründen aus der Pfarrseelsorge (nicht aus dem Priesteramt) ausgeschieden.

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vor 32 Minuten schrieb Julius:


Aus diesem Grunde? Welche andere Konfession ist in Sachen Missbrauch denn clean?

 

Das geht nicht. Aber cleanliness im Hinblick auf die systematische jahrzehntelange aktive Vertuschung von Missbrauchsfällen sollte man dann doch verlangen können.

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