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Wertschätzung historischer Quellen in der Exegese


rorro

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Ich denke, dass die Diskrepanz zwischen Paulus und den Evangelien noch immer nicht genügend geklärt ist. Paulus spricht niemals über den "historischen" Jesus, außer über den Tod am Kreuz. Er verwendet nicht einmal den Begriff "Jünger". Es wäre interessant, welche Begriffe bei Paulus eine Rolle spielen, die in den Evangelien nicht vorkommen, und anders herum (beim Begriff "Jünger" weiß ich es).

 

Die Evangelien sind zwar nach Paulus entstanden, aber sie zeichnen ein vollkommen anderes Bild Jesu, dass defintiv vor-paulinisch ist: Man muss einfach nur Jesu Naherwartung des Reich Gottes lesen und die dazugehörigen Gleichnisse, oder die schlichte Tatsache, die schon im zweiten Kapitel des Mk-evangelium thematisiert wird, nämlich dass Jesus mit Zöllnern und Sündern Umgang pflegte: Da fehlt einfach die Moral des Urchristentums, das Gutmenschentum, das sich damals bei den frühen Christen verbreitete. Ich weiß, dass diese Meinung bei Exegeten nicht sehr angesehen ist, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass die Quellen der Evangelien besser sind, als ihr Ruf bei den Wissenschaftlern.

 

Andererseits hat Mk aus den ihm vorliegenden Perikopen ein theologisches Werk geschaffen, das eindeutig konstruiert ist. Allein der Passionsbericht ist von einer solch theologischen Dichte, die vermutlich nicht in der realen Passion Jesu zu spüren war. Er spitzt die Anklage Jesu auf die zwei Bekenntnisse Jesu zu: Ja, ich bin der Sohn Gottes, ja, ich bin der König der Juden - dies sind die beiden letzten Sätze Jesu, bevor er am Kreuz noch das "eloi, eloi, lema sabachtani" betet.

 

Mk gefällt sich darin, kleine Hinweise in sein Evangelium einzustreuen: Die salbende Frau aus Bethanien, der nackt Fliehende bei der Gefangennahme, Alexander und Rufus als Söhne des Simon von Zyrene - ist das Show? Ist das echt? Wie "modern" war Mk mit seinem offenen Schluss? War er ein ausgekochtes Schlitzohr, ein guter Erzähler oder ein redlich Berichtender?

 

Die späteren apokryphen Evangelien können mit den kanonischen Evangelien nicht mithalten: Man findet in ihnen nur einzelne glaubwürdige Verse und vielleicht verdient auch die Überlieferung, Maria Magdalena hätte in der Jüngerschaft eine größere Rolle gespielt als die orthodoxen Evangelien ihr einräumen, eine gewisse Beachtung.

 

Da ich mir kein wissenschaftliches Urteil erlauben kann - exegese ist nicht mein Schwerpunkt - schließe ich mich der Mehrheitsmeinung an, was die Datierung betrifft. Aber wir sollten den frühen Christen zugestehen, dass sie ein lebhaftes Interesse an historischer Wahrhaftigkeit hatten genau wie wir, gerade die knochentrockene Orthodoxie.

 

Ansonsten: Als Religionslehrerin wird von mir gefordert, dass ich biblische Geschichten kindgerecht erzähle. So werde ich zu dem, was meine großen Vorbilder Mk, Mt, Lk und Joh auch getan haben: Meinen Glauben an Jesus in meiner Sprache in meiner Zeit meinen Leuten zu verkünden. Manchmal fragen mich die Kinder, ob das wirklich alles so war. Dann sage icjh ihnen, dass ich ihnen die Geschichten so erzähle, wie ich sie in der Bibel vorfinde und ich sie mir vorstelle. Hauptsache, Keiner schläft dabei ein.

 

Vielleicht haben die Evangelisten so ähnlich in ihrer Zeit gedacht: Es gab eine Quelle und sie haben nach ihren Vorstellungen erzählt. Und sie waren große Theologen, alle vier. Nicht umsonst verehrt die RKK sie als Heilige.

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Die Frage, ob es eine Trennung zwischen Tradition und Historie gibt, können wir weder positiv noch negativ beantworten.

 

Wenn man das aufgrund der Quellen über Jesus nicht kann, dem bestbezeugten Leben der Antike, kann man das über keinen Menschen dieser Zeit.

 

Das heißt: die heutigen Bücher über Alexander den Großen, die lateinischen Rhetoriker, Julius Caesar und wie sie alle heißen entbehren jeglicher historischer Gewißheit, wenn wir schon über so genaue historische Quellen wie zu Jesus nicht urteilen können.

 

Mit so einer Aussage würdest Du bei Historikern ein müdes Lächeln ernten.

 

Die a priori(!) Fundamentalskepzis gegenüber historischen Quellen ist anscheinend nur in der Theologie status quo.

bearbeitet von rorro
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Die Frage, ob es eine Trennung zwischen Tradition und Historie gibt, können wir weder positiv noch negativ beantworten.

 

Wenn man das aufgrund der Quellen über Jesus nicht kann, dem bestbezeugten Leben der Antike, kann man das über keinen Menschen dieser Zeit.

 

Das heißt: die heutigen Bücher über Alexander den Großen, die lateinischen Rhetoriker, Julius Caesar und wie sie alle heißen entbehren jeglicher historischer Gewißheit, wenn wir schon über so genaue historische Quellen wie zu Jesus nicht urteilen können.

 

Mit so einer Aussage würdest Du bei Historikern ein müdes Lächeln ernten.

 

Die a priori(!) Fundamentalskepzis gegenüber historischen Quellen ist anscheinend nur in der Theologie status quo.

Erinnere ich mich richtig, dass zwischen der Abfassung von Caesars Gallischem Krieg und der ältesten Handschrift, die diesen Text enthält, etwa 1000 Jahre liegen? Aber für wen ist schon der Gallische Krieg von existenzieller Bedeutung?

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„Alle Wünsche kann man nicht erfüllen

und nicht alle Träume werden wahr...“ (Michael Holm)

 

Ein konstruierter Gegensatz

 

Der Threaderöffner wünscht sich eine „andere Hermeneutik“ - er fragt nach einem stichhaltigen Beleg dafür, dass die Kirchenväter im 2. bis 4. Jahrhundert irrten, als sie die Evangelien vier konkreten Personen zuschrieben, den Aposteln Matthäus und Johannes und den Apostelschülern Markus und Lukas. Er will jedoch einen Nachweis „nicht anhand der Evangelien“. Sondern irgendwie anders. Eigentlich wünscht er sich, wenn ich sein erstes Posting richtig interpretiere, dass die Kirchenväter Recht hatten und die moderne Forschung im Unrecht ist. Sorry: Alle Wünsche kann man nicht erfüllen, wie schon Michael Holm sang.

 

Als Erstes muss ich eine Hürde beiseite räumen, die Threaderöffner rorro aufgestellt hat. Ich meine seine Behauptung: „Wenn das nicht geht (nämlich ein konkreter Nachweis, dass die Kirchenväter falsch liegen, aber unter Verzicht auf alle Argumente, die sich auf die Evangelien stützen) so gilt in der Geschichtswissenschaft eigentlich immer: solange nichts Besseres da ist und die Falschheit nicht eindeutig ist, müssen wir den Quellen vertrauen. Gilt das in der Exegese nicht?“

 

Hier wird ein Gegensatz zwischen Geschichtswissenschaft und theologischer Forschung konstruiert, den es nicht gibt. Beide arbeiten mit den gleichen Methoden. Selbstverständlich nehmen Historiker eine Quelle nie für sakrosankt (schon gar nicht eine solche dubiose Quelle wie Papias von Hieropolis, mit dem wir uns hier im Wesentlichen beschäftigen werden), sondern unterwerfen ihre Quellen einer umfangreichen Quellenkritik, Quellenanalyse und Quelleninterpretation. Sie rechnen stets mit Fälschungen, Irrtümern, Lücken, Missverständnissen im Text. Die Glaubwürdigkeit der Quelle steht grundsätzlich zur Disposition. Historische Forschung lebt nicht vom blinden Vertrauen in eine Quelle, sondern vom Misstrauen, das zu neuen Erkenntnissen führt. Genau so geht die theologische Forschung vor, wenn sie den Aussagen des Papias misstraut und anhand der Evangelien selber nachweist, dass er da einem falschen Gerücht aufgesessen ist.

 

Papias von Hieropolis

 

Als wichtigster Zeuge, dass die Evangelien von Augenzeugen Jesu oder direkten Schülern dieser Augenzeugen verfasst wurden, wird Papias von Hieropolis genannt, der um 120 n. Chr. ein fünfbändiges Werk „Auslegung der Worte des Herrn“ schrieb, von dem keine Zeile erhalten ist. Alles, was wir über Papias und sein Werk wissen, wissen wir aus ein paar mageren Zitaten bei späteren Autoren: Irenäus im 2. Jahrhundert, Eusebius im 4. Jahrhundert. Das, was Papias über Markus und Matthäus als Verfasser von Evangelien sagt, berichtet Eusebius in seiner Kirchengeschichte: Papias habe von einem „Presbyter Johannes“ gehört, dass Markus, der Dolmetscher des Petrus, alles genau aufgeschrieben habe. Und über Matthäus soll Papias, ohne Angabe der Quelle, geschrieben haben: „Matthäus hat die Logien also in hebräischer Sprache zusammengestellt, es übersetzte sie ein jeder aber, so gut er es vermochte.“

 

Die „Quelle Papias“ ist also eine Hörensagen-Quelle. Der Übermittlungsweg ist Eusebius – Papias – Johannes der Presbyter/anonym - Markus/Matthäus. Eusebius hat keinen Hehl daraus gemacht, was er von Papias hielt: „Er war nämlich, wie es scheint, geistig sehr beschränkt“. Ein Satz, den ich gut nachvollziehen kann, wenn ich lese, was sonst noch aus seinen fünf Werken überliefert ist. Etwa ein Bericht über den Tod des Verräters Judas: „Sein Körper schwoll so sehr an, dass nicht einmal dort, wo ein Wagen leicht durchgeht, er hindurch gehen konnte. Sein Schamglied erschien widerwärtiger und größer als jegliches Schamglied; er trug aber Eiterströme an sich, die aus dem ganzen Körper flossen...“ Der „Bautz“, also das Biographisch-bibliographische Kirchenlexikon, schreibt: „Die Seriosität seiner Überlieferungen ist umstritten und von der ernsthafteren Forschung immer wieder in Zweifel gezogen worden“ und speziell zur Evangelien-Verfasserschaft: „Hinsichtlich des Forschungskomplexes »frühe Kanonbildung der neutestamentlichen Schriften« ist Papias ein immer wieder zitierter, aber mit geringer Beweiskraft ausgestatteter Gewährsmann.“ So sehe ich das auch.

 

Rorros Vorstellung, man müsse einer solchen Quelle vertrauen, so lange man nichts Besseres habe, kann ich nicht nachvollziehen. Zumal die theologische Forschung natürlich Besseres hat – nämlich die Evangelien selber, die seit mehr als hundert Jahren intensiv erforscht werden. Allein die Feststellung, dass die Verfasser von Matthäus und Lukas im Wesentlichen aus einer Zweitfassung des Markus-Evangeliums und der Logienquelle Q geschöpft haben, entzieht der Papias-Behauptung über das Matthäus-Evangelium die Basis. Denn: „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Augenzeuge des Wirkens Jesu als Grundlage für seine Darstellung das Werk des Nicht-Augenzeugen Markus benutzte.“ (Udo Schnelle: Einleitung in das Neue Testament S. 262).

 

Alfons

 

PS: Üblicherweise schreibe ich nicht in diesem Teil des Forums, ich bin jedoch von Moderatoren in diesen Thread eingeladen worden.

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Hallo allerseits.

 

Ich habe mal eine Frage an diejenigen hier, die sich mit neutestamentlicher Exegese auskennen.

 

Es geht um die Autorenschaft der Evangelien.

 

Die frühesten bis heute erhaltenen Hinweise auf die Autoren, allesamt aus dem 2. und 3. Jahrhundert (Justinus, Eusebius, Origenes, Papias, Irenäus) bezeugen die bis heute überlieferten Namen und sagen, daß Matthäus und Johannes als Apostel selbst die Evangelien verfaßten, Lukas als Hörer von Paulus und Markus als Hörer von Petrus dies taten.

 

Mit welchen geschichtswissenschaftlichen Methoden kann man stichhaltig nachweisen, daß Justinus et al. sich irrten?

 

Mich interessiert also eine andere Hermeneutik: nicht anhand der Evangelien eigene Hypothesen aufstellen (mehr als "unterhalb von Thesen" - eben "Hypo"thesen sind es ja nicht, geht ja auch nicht anders), sondern nachweisen (natürlich auch nur per Hypothese), daß eine konkrete Quelle falsch ist.

 

Wenn das nicht geht, so gilt in der Geschichtswissenschaft eigentlich immer: solange nichts besseres da ist und die Falschheit nicht eindeutig ist, müssen wir den Quellen vertrauen.

 

Gilt das in der Exegese nicht?

 

 

Dazu ein paar Anmerkungen:

 

1. Grundsätzliches:

 

1.1. Ich greife zu Beginn 2 Forderungen des Fragestellers auf, zu denen man Stellung nehmen muss, bevor man sich den eigentlichen Fragen zuwendet:

1.1.1.

Mich interessiert also eine andere Hermeneutik: nicht anhand der Evangelien eigene Hypothesen aufstellen (mehr als "unterhalb von Thesen" - eben "Hypo"thesen sind es ja nicht, geht ja auch nicht anders), sondern nachweisen (natürlich auch nur per Hypothese), daß eine konkrete Quelle falsch ist.

 

Diese Forderung ist unverständlich. Wenn eine Frage an Exegeten gestellt wird, die diese ohne Rückgriff auf den Text beantworten sollen, dann kann man wohl nicht von Exegese sprechen.

1.1.2.

Wenn das nicht geht, so gilt in der Geschichtswissenschaft eigentlich immer: solange nichts besseres da ist und die Falschheit nicht eindeutig ist, müssen wir den Quellen vertrauen.

Diese Forderung ist ebenfalls unverständlich. Sie anzuerkennen würde bedeuten dass man jede Quelle kritiklos anerkennen müsse, auch wenn alle Beurteilungskriterien gegen ihren Inhalt sprechen. Das kann hoffentlich nicht gemeint sein.

 

1.2. Eingangs ist festzustellen, dass die in Frage stehende Zeit die grundsätzliche Tendenz hatte, den Wert von Aussagen dadurch zu erhöhen, dass man versuchte eine möglichst "prominente" Autorenschaft darzustellen.

Dies rührt daraus, dass es galt entstehenden Häresien (Adoptianismus, Doketismus, besonders aber gnostische Strömungen) durch Berufung auf eine Urheberschaft der Apostel selbst, oder ihnen nahestehender Personen besonderes Gewicht entgegenzusetzen. Man wollte so gegenüber gnostischen „Privatoffenbarungen“ die authentische Lehre hervorheben. Deshalb galt auch die apostolische Sukzession, die man mit der ununterbrochenen Reihe von Handauflegungen in der Bestellung der Amtsinhaber begründet sah, der Bewahrung der Reinheit und Authentizität der Lehre und nicht oder nur sekundär der Gültigkeit des eucharistischen Vollzugs.

 

1.3. Prominente Beispiele für die geschilderte Vorgangsweise sind:

1.3.1. Die deuteropaulinischen Briefe: Dies sind der 2. Thessalonicherbrief, der Kolosserbrief, der Epheserbrief, und die sog. Pastoralbriefe, als deren Empfänger enge Mitarbeiter des Paulus ausgegeben werden also der 1. und 2. Brief an Timotheus und Brief an Titus.

Hier ist das Faktum, dass sie nicht von Paulus stammen heute völlig unbestritten; im Einzelnen dazu: Eduard Lohse, Die Entstehung des Neuen Testaments Stuttgart, 4.Aufl. 1983, 53-65)

1.3.2. Ein weiteres recht prominentes Beispiel sind die Schriften des Dionysius Pseudoareopagita, in denen sich ein Philosoph verbirgt, der um ca 500 sehr wirkmächtige Schriften verfasst hat. Er hat sich den Namen jenes Mannes ausgesucht, der nach Apg. 17, 34 so ziemlich der einzige war der Paulus bei seiner Rede auf dem Areopag nicht ausgelacht hat und der nach der historisch schon recht zweifelhaften Überlieferung des Eusebius von Cäsarea der erste Bischof von Athen wurde.

 

2. Zu Papias von Hierapolis

Von dem, vom Fragesteller im Ausgangsposting und in der folgenden Diskussion wiederholt ins Spiel gebrachten Papias von Hierapolis weiß man eigentlich nur, dass er Bischof von Hierapolis gewesen ist. Er hat eine "Auslegung von Herrenworten" in 5 Büchern verfasst, in denen er das Markus. und das Matthäus Evangelium und deren Verfasser erwähnt. Die Bücher sind im Wesentlichen nur von Irenäus von Lyon und von Eusebius von Cäsarea in Bruchstücken überliefert. Diese beiden Überlieferer widersprechen einander bezüglich der Person des Papias heftig: Während Irenäus dem Papias noch die Schülerschaft bei Johannes zuschreibt bestreitet dies Eusebios - er habe nur den Presbyter Johannes gekannt und ansonsten bestenfalls Apostelschüler. (Dazu: Philipp Vielhauer, Geschichte der urchristlichen Literatur, Einleitung in das Neue Testament, die Apokryphen und die Apostolischen Väter, Berlin, New York 1975, 757-765, hier 758.

 

3. Nun zu den Evangelisten:

3.1. Markus

Bei dem von Papias überlieferte Markus soll es sich um den in 1 Petr. 5, 13 erwähnten "Johannes Markus" gehandelt haben, einen Neffen des Barnabas, den man in der alten Überlieferung quasi als Sekretär und Dolmetsch des Petrus ansieht.

Dies wird heute aus folgenden Gründen für völlig unwahrscheinlich gehalten:

Markus macht für einen, der aus Jerusalem stammen soll, recht gravierende geographischen Fehler. So liegt z.B. nach Mk 5, 11 Gerasa am See Genezareth, tatsächlich aber 55km davon entfernt. Für ihn ist der See Genezareth ein Meer…….ein Jerusalemer der bis Rom gekommen ist, hätte in Rom nicht vom galiläischen Meer gesprochen.

Gegen Rom spricht auch, dass er im Münzwesen Angaben macht, die von einer Unkenntnis des römischen Münzwesens, zeigen, während anderseits die Kenntnis der nur im Osten kursierenden herodäischen Münzen gezeigt wird. (Gerd Theißen, Die Entstehung des NeuenTestaments als literaturgeschichtliches Phänomen, Heidelberg 2007 78f; ähnlich Philipp

Vielhauer, Geschichte der urchristlichen Literatur, Einleitung in das Neue Testament, die Apokryphen und die Apostolischen Väter, Berlin, New York 1975, 346f

Lohse (Lohse, 86) weist auch noch darauf hin, dass sich bei Markus kaum Spuren einer petrinischen Theologie finden.

 

3.2. Matthäus:

 

Zu Matthäus schreibt Lohse (Lohse 90f.), dass Bewertung und Auswertung der Quellen, (2 Quellentheorie nämlich Logienquelle und Mk. Ev.) die Behauptung des Papias einer hebräischen Urfassung und deren Übersetzung und die Verfasserschaft eines Mannes aus dem Kreis der Apostel ausschließen. Vielmehr sei der Verfasser unbekannt. Diese Ansicht wird von Vielhauer bestätigt und ist h.L.

 

3.3. Lukas: Dieser wird von der Tradition als Begleiter des Paulus identifiziert. Hier genügt es wohl die Aussagen des Galaterbriefs mit denen der Apostelgeschichte zu vergleichen um die Unhaltbarkeit dieser These evident zu machen. Weitere eingehende Ausführungen zum Stil des Lukas und zu dessen Selbstverständnis als Geschichtsschreiber, insbesondere auch im Hinblick auf die Apostelgeschichte, finden sich bei den genannten Autoren insbesondere bei Vielhauer 371-407.

 

3.4. Johannes

Der von den anderen Evangelien unterschiedliche Zugang des Johannes zu Person Jesu ist nicht Gegenstand der Überlegung.

Man kann dazu vielleicht erwähnen, dass Clemens von Alexandria die Meinung vertritt, dass Johannes erkannt habe, dass das Äußere der Wirksamkeit Jesu ausreichend in den anderen Evangelien beschrieben worden sei (somatische Beschreibung). Daher habe er ein "evengelion pneumatikon" geschrieben.

 

Im Evangelium wird kein Verfassername angegeben. Die Identifikation des dort genannten Lieblingsjüngers mit Johannes, auf der die Zuschreibung des Evangeliums zum Apostel beruht, ist erst ziemlich spät, nämlich erst ca 180 bei Irenäus (adversus heraeses) erfolgt. Die Quellenlage ist jedenfalls so, dass die derzeitige h.L. den Verfasser als unbekannt annimmt (Lohse aaO 113).

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Hallo.

 

Erst einml einen Dank an die letzten beiden Antworter. Dazu möchte ich ein paar grundsätzliche Anmerkungen machen:

 

1. Bitte nicht mit dem Wort "Fakt" operieren, wenn es sich "nur" (kann auch nicht anders, daher in "") um eine derzeit mehrheitlich vertretene wissenschaftliche Hypothese gibt. Zwei Beispiele:

a) Es ist kein Faktum und auch keine "Feststellung", daß Matthäus den Markus und eine Logienquelle Q benutzt hat und man diese Aussage gegen Papias verwenden könnte - man kann schlecht eine von keinem je gesehen Quelle gegen eine bekannte ausspielen. Die Logienquelle Q ist selbst keine historische Quelle, sondern eine Hypothese.

B) auch die Frage der Verfasserschaft der paulinischen Briefe ist kein "Fakt", sondern eine gängige Hypothese. Es gibt auch da natürlich Bewegung in der Wissenschaft (im dtsprachigen Raum bspw. durch Norbert Baumert SJ). Mir geht es aber nicht um die Frage, wer da jetzt Recht hat, sondern um die saubere Terminologie.

 

2. Die Frage nach der Glaubwürdigkeit des Papias halte ich für ziemlich hoch. Papias kannte nach Eusebius Männer, die er Nachfolger der Schüler des Herrn nannte. Hier mal das entsprechende Zitat (Englisch):

 

And also if any follower of the Presbyters happened to come, I would inquire for the sayings of the Presbyters, what Andrew said, or what Peter said, or what Philip or what Thomas or James or what John or Matthew or any other of the Lord's disciples, and for the things which other of the Lord's disciples, and for the things which Aristion and the Presbyter John, the disciples of the Lord, were saying.

 

Da es sich bis auf Aristion um Apostelnamen handelt, und zwar ausschließlich, liegt es sehr nahe, daß er bei der ersten Gruppe (bis auf Aristion und John) Menschen befragte, die diese Apostel kannten, und bei den letzten zwei um zwei andere Apostel, nämlich Johannes und Aristion. Aristion? Auch Matthias als Nachfolger des Judas wurde zu den Aposteln gezählt, warum soll das mit anderen Nachfolgern anders sein?

 

Auch das ist natürlich eine Hypothese, man muß diese Ansicht nicht teilen, aber Gegenargumente (wie: hießen zufällig alle so) müssten dann schon kommen (wogegen ich nichts habe). Auch die Tatsache, daß Eusebius von Papias nicht viel hielt, lag nicht an den historischen Begebenheiten, sondern an der theologischen Interpretation und der Einordnung der apostolischen Aussagen. Beurteilen können wir das aangesichts fehlender Texte des Papias nicht mehr, es spricht aber in der Tat etwas gegen ihn als Erklärer der Herrenworte. Dazu gilt aber festzuhalten, daß die bloße Aussage der Verfasserschaft der Evangelien (um die geht es mir ja hier) offensichtlich von Eusebius nicht kritisiert wird, da er sie kritiklos überliefert.

 

 

Ich habe selbst immer gehört und gelesen (als damals nicht sonderlich Interessierter, steht ja auch so in den Einleitungen der EÜ), daß u.a. Matthäus von Markus abgeschrieben habe etc. Mittlerweile wird das als "Faktum" gesehen und daher nur von wenigen hinterfragt, obgleich es selbstverständlich nur eine Hypothese bleibt. Derer gibt es noch viele andere (Datum der Verfasserschaft bspw.), da kommt auch einiges in den Fluß, soll bei Wissenschaft auch so sein. Aber mir geht es jetzt nur um die Verfasserschaft der Evangelien und mögliche Widerlegung der frühesten Tradition. Die halte ich immer noch für glaubwürdig.

 

Gut, man muß diese Ansicht nicht teilen. Aber sie ist ebenso redlich wie eine andere, egal, wie die aktuellen Mehrheitsmeinungen sind.

bearbeitet von rorro
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Ich habe selbst immer gehört und gelesen (als damals nicht sonderlich Interessierter, steht ja auch so in den Einleitungen der EÜ), daß u.a. Matthäus von Markus abgeschrieben habe etc. Mittlerweile wird das als "Faktum" gesehen und daher nur von wenigen hinterfragt, obgleich es selbstverständlich nur eine Hypothese bleibt. Derer gibt es noch viele andere (Datum der Verfasserschaft bspw.), da kommt auch einiges in den Fluß, soll bei Wissenschaft auch so sein. Aber mir geht es jetzt nur um die Verfasserschaft der Evangelien und mögliche Widerlegung der frühesten Tradition. Die halte ich immer noch für glaubwürdig.

 

Gut, man muß diese Ansicht nicht teilen. Aber sie ist ebenso redlich wie eine andere, egal, wie die aktuellen Mehrheitsmeinungen sind.

Es wird nicht als Faktum, sondern als sehr wahrscheinliche Hypothese gelehrt (wörtliche Übereinstimmung; theologische Entwicklung).

Auch wenn auch eine sehr wahrscheinliche Hypothese noch lange kein Faktum ist, kann man wohl kaum behaupten, jede Hypothese sei gleich viel wert: Dass ein brennendes Haus durch eine defekte Gasleitung in Brand geraten ist, ist, zumal wenn erkennbar ist, dass die Gasleitung schon vor dem Brand beschädigt war, eben wahrscheinlicher als dass Lord Voldemort einen Feuerzauber gesprochen und anschließend, um seine Spuren zu verwischen, noch die Gasleitung zerstört hat und die Spuren des Schadens mit einem Alterungszauber versehen hat.

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Hallo.

 

 

1. Bitte nicht mit dem Wort "Fakt" operieren, wenn es sich "nur" (kann auch nicht anders, daher in "") um eine derzeit mehrheitlich vertretene wissenschaftliche Hypothese gibt.

Es sei ja zugegeben, dass mein Gebrauch des Wortes Faktum hier umgangssprachlich und nicht wissenschaftlich ist.

 

Wenn aber dies von jemandem festgestellt und breit ausgewalzt wird, der die Behauptung aufstellt das Leben Jesu sei das bestbezeugte Leben der Antike kann ich mir die Bemerkung nicht verkneifen, dass sich hier der Bock zum Gärtner macht.

Da will oder kann jemand Quellen, die historische Aussagen enthalten, nicht von jenen Quellen unterscheiden, bei denen die kerygmatischen Aussagen im Vordergrund stehen.

Man muss nämlich zugeben, dass "das Ergebnis der Durchsicht der nichtchristlichen Quellen außerst mager bleibt. Hätten wir nur diese Texte, die Person Jesus von Nazaret könnte nicht mehr als eine Fußnote der Weltgeschichte genannt werden." (Tobias Nicklas*, Wer war Jesus von Nazaret? Jesus im Spiegel der Evangelien, in: Gerhard Hotze, Tobias Nicklas, Markus Tomberg, Jan-Heiner Tück, Jesus begegnen, Zugänge zur Christologie, Freiburg im Breisgau 2009.

Wenn man aber den somit notwendigen Weg wählt, die Schriften des NT darauf zu untersuchen, was an ihren Aussagen tragfähig historisch ist, tut man gut daran sehr zurückhaltend und behutsam vorzugehen, will man sich nicht dem Vorwurf der unseriösen Pseudohistorizität aussetzen.

 

*) Tobias Niklas ist Inhaber des Lehrstuhls für Exegese und Hermeneutik des Neuen Testaments an der Universität Regensburg.

bearbeitet von wolfgang E.
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Wenn aber dies von jemandem festgestellt und breit ausgewalzt wird, der die Behauptung aufstellt das Leben Jesu sei das bestbezeugte Leben der Antike kann ich mir die Bemerkung nicht verkneifen, dass sich hier der Bock zum Gärtner macht.

Da will oder kann jemand Quellen, die historische Aussagen enthalten, nicht von jenen Quellen unterscheiden, bei denen die kerygmatischen Aussagen im Vordergrund stehen.

Man muss nämlich zugeben, dass "das Ergebnis der Durchsicht der nichtchristlichen Quellen außerst mager bleibt. Hätten wir nur diese Texte, die Person Jesus von Nazaret könnte nicht mehr als eine Fußnote der Weltgeschichte genannt werden." (Tobias Nicklas*, Wer war Jesus von Nazaret? Jesus im Spiegel der Evangelien, in: Gerhard Hotze, Tobias Nicklas, Markus Tomberg, Jan-Heiner Tück, Jesus begegnen, Zugänge zur Christologie, Freiburg im Breisgau 2009.

Wenn man aber den somit notwendigen Weg wählt, die Schriften des NT darauf zu untersuchen, was an ihren Aussagen tragfähig historisch ist, tut man gut daran sehr zurückhaltend und behutsam vorzugehen, will man sich nicht dem Vorwurf der unseriösen Pseudohistorizität aussetzen.

 

*) Tobias Niklas ist Inhaber des Lehrstuhls für Exegese und Hermeneutik des Neuen Testaments an der Universität Regensburg.

 

Mit welcher Begründung werden die nichtchristlichen Quellen als wertvoller angesehen als die christlichen? Ich vermute mal, daß wieder ein Vor-Urteil im Raum steht: die christlichen schrieben zur Selbstvergewisserung, deswegen würde das einzelne Zeugnis nicht viel zählen - die nichtchristlichen dagegen seien tendenziell objektiver und eine mögliche absichtliche Nichterwähnung gibt es nicht bzw. würde gegen das christliche Zeugnis sprechen.

 

Man muß diese Vor-Urteile aber nicht teilen, oder?

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Wenn aber dies von jemandem festgestellt und breit ausgewalzt wird, der die Behauptung aufstellt das Leben Jesu sei das bestbezeugte Leben der Antike kann ich mir die Bemerkung nicht verkneifen, dass sich hier der Bock zum Gärtner macht.

Da will oder kann jemand Quellen, die historische Aussagen enthalten, nicht von jenen Quellen unterscheiden, bei denen die kerygmatischen Aussagen im Vordergrund stehen.

Man muss nämlich zugeben, dass "das Ergebnis der Durchsicht der nichtchristlichen Quellen außerst mager bleibt. Hätten wir nur diese Texte, die Person Jesus von Nazaret könnte nicht mehr als eine Fußnote der Weltgeschichte genannt werden." (Tobias Nicklas*, Wer war Jesus von Nazaret? Jesus im Spiegel der Evangelien, in: Gerhard Hotze, Tobias Nicklas, Markus Tomberg, Jan-Heiner Tück, Jesus begegnen, Zugänge zur Christologie, Freiburg im Breisgau 2009.

Wenn man aber den somit notwendigen Weg wählt, die Schriften des NT darauf zu untersuchen, was an ihren Aussagen tragfähig historisch ist, tut man gut daran sehr zurückhaltend und behutsam vorzugehen, will man sich nicht dem Vorwurf der unseriösen Pseudohistorizität aussetzen.

 

*) Tobias Niklas ist Inhaber des Lehrstuhls für Exegese und Hermeneutik des Neuen Testaments an der Universität Regensburg.

 

Mit welcher Begründung werden die nichtchristlichen Quellen als wertvoller angesehen als die christlichen? Ich vermute mal, daß wieder ein Vor-Urteil im Raum steht: die christlichen schrieben zur Selbstvergewisserung, deswegen würde das einzelne Zeugnis nicht viel zählen - die nichtchristlichen dagegen seien tendenziell objektiver und eine mögliche absichtliche Nichterwähnung gibt es nicht bzw. würde gegen das christliche Zeugnis sprechen.

 

Man muß diese Vor-Urteile aber nicht teilen, oder?

 

Da will oder kann jemand Quellen, die historische Aussagen enthalten, nicht von jenen Quellen unterscheiden, bei denen die kerygmatischen Aussagen im Vordergrund stehen.

Mehr dann nach Ostern.

bearbeitet von wolfgang E.
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Daß da mehr die kerygmatischen Aussage im Vordergrund stehen soll, ist natürlich auch ein Vor-Urteil. Außerdem beschränkt es die Aussage. Historische Tatsachen können auch kerygmatische (oder andere) Botschaften übermitteln und trotzdem wahr (im Sinen von "wirklich geschehen") sein, dafür muß man sich nicht zwingend etwas ausdenken.

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Die Quellen über Jesus sind nicht wirklich so gut, wie hier behauptet.

Es gibt keinerlei Primärquellen wie beispielsweise bei Cäsar. Wir können keinerlie Vergleiche anstellen.

 

Die Quellen des NT sind per se weder besser noch schlechter als vergleichbare historische Quellen. Was vielen Gläubigen aber nicht passt ist, wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass die Evangelien kein Geschichtsbuch sind. Dass es Gründe gibnt, die dagegen sprechen, dass Jesus zumindes bestimmte Wunder getan hat. Wenn ich das NT genau wie alle anderen Quellen behandle, dann kann ich beispielsweise die Widersprüche nicht ignorieren.

 

Die Frage ist letztlichendlich auch, wonach man die Quellen befragt. In diesem Zusammenhang können sich beispielsweise Angaben im gallischen Krieg als unzuverlässig erweisen. Heute ist allen klar, dass der Gallische Krieg eine Propagandaschrift ist und man nicht alles als bare Münze nehmen kann.

D.h. auch hier kommt es auf die Beurteilung der konkreten Quelle an.

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Die Quellen über Jesus sind nicht wirklich so gut, wie hier behauptet.

Es gibt keinerlei Primärquellen wie beispielsweise bei Cäsar. Wir können keinerlie Vergleiche anstellen.

 

Die Quellen des NT sind per se weder besser noch schlechter als vergleichbare historische Quellen. Was vielen Gläubigen aber nicht passt ist, wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass die Evangelien kein Geschichtsbuch sind. Dass es Gründe gibnt, die dagegen sprechen, dass Jesus zumindes bestimmte Wunder getan hat. Wenn ich das NT genau wie alle anderen Quellen behandle, dann kann ich beispielsweise die Widersprüche nicht ignorieren.

 

Die Frage ist letztlichendlich auch, wonach man die Quellen befragt. In diesem Zusammenhang können sich beispielsweise Angaben im gallischen Krieg als unzuverlässig erweisen. Heute ist allen klar, dass der Gallische Krieg eine Propagandaschrift ist und man nicht alles als bare Münze nehmen kann.

D.h. auch hier kommt es auf die Beurteilung der konkreten Quelle an.

 

Meine Ausgangsfrage betraf ja gar nicht die Evangelien, sondern die Zeugnisse über die Verfasser der Evangelien. Da fehlt mir noch ein zwingendes Argument gegen die Aussage des Papias.

 

Ich habe auch gar nichts dagegen, wenn jemand zu dem Ergebnis kommt, die Evangelien seien kein Geschichtsbuch. Ich habe etwas dagegen, wenn jemand seine persönliche Meinung, bspw. daß Wunder XY nicht passiert sei, als "wissenschaftliche Erkenntnis" verkauft mit dem Anstrich der Wahrheit. Erkenntnisse darf jeder haben, er darf sie auch mitteilen - dann aber bitte als das, was sie sind, als persönliche Erkenntnisse, auch von Professoren.

 

Man kann natürlich meinen, die Heilung von Besessenen bspw. habe es nie gegeben, da der eine von einem, der andere von zwei Besessenen schreibe. Daß die alten Quellen aber sagen, daß der eine (Lukas) das nicht als Augenzeuge schrieb, der andere (Matthäus) dagegen schon, muß man dann schon mißachten. Zudem denke ich, daß die Lebenserfahrung, daß sich Menschen an gleiche Ereignisse unterschiedlich erinnern (klassisch: Eheleute), auch noch da mitreinspielt (es sind ja schließlich Menschen, die das Zeugnis abliefern). Wenn man den Wahrheitsgehalt eines Geschehnisses daran festmachen will, daß alle dasselbe bezeugen, kann man die Wahrheitsfindung in Gerichtsverhandlungen beenden - dann hätten viele Taten nie stattgefunden.

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3. Nun zu den Evangelisten:

3.1. Markus

Bei dem von Papias überlieferte Markus soll es sich um den in 1 Petr. 5, 13 erwähnten "Johannes Markus" gehandelt haben, einen Neffen des Barnabas, den man in der alten Überlieferung quasi als Sekretär und Dolmetsch des Petrus ansieht.

Dies wird heute aus folgenden Gründen für völlig unwahrscheinlich gehalten:

Markus macht für einen, der aus Jerusalem stammen soll, recht gravierende geographischen Fehler. So liegt z.B. nach Mk 5, 11 Gerasa am See Genezareth, tatsächlich aber 55km davon entfernt. Für ihn ist der See Genezareth ein Meer…….ein Jerusalemer der bis Rom gekommen ist, hätte in Rom nicht vom galiläischen Meer gesprochen.

Gegen Rom spricht auch, dass er im Münzwesen Angaben macht, die von einer Unkenntnis des römischen Münzwesens, zeigen, während anderseits die Kenntnis der nur im Osten kursierenden herodäischen Münzen gezeigt wird. (Gerd Theißen, Die Entstehung des NeuenTestaments als literaturgeschichtliches Phänomen, Heidelberg 2007 78f; ähnlich Philipp

Vielhauer, Geschichte der urchristlichen Literatur, Einleitung in das Neue Testament, die Apokryphen und die Apostolischen Väter, Berlin, New York 1975, 346f

Lohse (Lohse, 86) weist auch noch darauf hin, dass sich bei Markus kaum Spuren einer petrinischen Theologie finden.

 

3.2. Matthäus:

 

Zu Matthäus schreibt Lohse (Lohse 90f.), dass Bewertung und Auswertung der Quellen, (2 Quellentheorie nämlich Logienquelle und Mk. Ev.) die Behauptung des Papias einer hebräischen Urfassung und deren Übersetzung und die Verfasserschaft eines Mannes aus dem Kreis der Apostel ausschließen. Vielmehr sei der Verfasser unbekannt. Diese Ansicht wird von Vielhauer bestätigt und ist h.L.

 

3.3. Lukas: Dieser wird von der Tradition als Begleiter des Paulus identifiziert. Hier genügt es wohl die Aussagen des Galaterbriefs mit denen der Apostelgeschichte zu vergleichen um die Unhaltbarkeit dieser These evident zu machen. Weitere eingehende Ausführungen zum Stil des Lukas und zu dessen Selbstverständnis als Geschichtsschreiber, insbesondere auch im Hinblick auf die Apostelgeschichte, finden sich bei den genannten Autoren insbesondere bei Vielhauer 371-407.

 

3.4. Johannes

Der von den anderen Evangelien unterschiedliche Zugang des Johannes zu Person Jesu ist nicht Gegenstand der Überlegung.

Man kann dazu vielleicht erwähnen, dass Clemens von Alexandria die Meinung vertritt, dass Johannes erkannt habe, dass das Äußere der Wirksamkeit Jesu ausreichend in den anderen Evangelien beschrieben worden sei (somatische Beschreibung). Daher habe er ein "evengelion pneumatikon" geschrieben.

 

Im Evangelium wird kein Verfassername angegeben. Die Identifikation des dort genannten Lieblingsjüngers mit Johannes, auf der die Zuschreibung des Evangeliums zum Apostel beruht, ist erst ziemlich spät, nämlich erst ca 180 bei Irenäus (adversus heraeses) erfolgt. Die Quellenlage ist jedenfalls so, dass die derzeitige h.L. den Verfasser als unbekannt annimmt (Lohse aaO 113).

 

ad 3.1: Bevor man Reste von Betsaida und Chorazin fand, hielt man die Städte auch für erfunden. Würde Deiner Meinung nach Markus als Verfasser (und somit die gesamte kirkliche Tradition, die das so sieht) rehabilitiert, wenn man Reste fände? Im Kapitel 5 spricht die EÜ nirgendwo von Meer ...

Und zum römischen Münzwesen: frag man hierzulande ein paar im Erwachsenenalter zugereiste Fremdsprachler nach dem einheimischen Münzwesen. die kennen ihr einheimisches auch besser. Warum soll es damals anders gewesen sein?

 

ad 3.2.:

Wenn man eine Quelle, die es bislang nicht gibt (Logienquelle Q) als gegenargument für eine bestehende (Papias) anführt, gewinnt man natürlich immer. Nur: überzeugt das?

 

ad 3.3: Wieso widerspricht der Galaterbrief der Aussage der Tradition, Lukas hätte sein Evangelium u.a. gemäßt der Predigt des Paulus verfaßt?

 

ad 3.4: Irenäus schreibt, sein Lehrer Polykarp sei Schüler des Apostels Johannes gewesen. Mit welcher Begründung gibt es daran Zweifel? Übrigens halte ich deshalb die Frühdatierung von Klaus Berger für falsch, da die alten Quellen eindeutig dagegen sprechen.

bearbeitet von rorro
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ad 3.1: Bevor man Reste von Betsaida und Chorazin fand, hielt man die Städte auch für erfunden. Würde Deiner Meinung nach Markus als Verfasser (und somit die gesamte kirkliche Tradition, die das so sieht) rehabilitiert, wenn man Reste fände? Im Kapitel 5 spricht die EÜ nirgendwo von Meer ...

1.Wir reden nicht von einer "erfundenen" Stadt, sondern einer Stadt die Markus als Gerasa bezeichnet (Mk.5, 1)....diese Stadt braucht man nicht zu "finden" die gibt es nur liegt sie wie gesagt ein ziemliches Stück entfernt vom See Genezaret......

2. Im gesamten 5 Kapitel spricht Markus im griechischen Text durchgehend vom "Meer" (θáλασσα) was auch im "Münchner Neuen Testament" richtig so übersetzt wird. Mein heisser Tipp daher: Man versuche nicht Textexegese mit der EÜ zu machen.

 

ad 3.2.:

Wenn man eine Quelle, die es bislang nicht gibt (Logienquelle Q) als gegenargument für eine bestehende (Papias) anführt, gewinnt man natürlich immer. Nur: überzeugt das?

Ok Lassen wir die Logienquelle weg (auch wenn deren Bestehen heute faktisch von keinem ernsthaften Exegeten bezweifelt wird.) Bleibt dennoch die Feststellung dass Matthäus von Markus abgeschrieben hat und damit die Frage, warum ein angeblicher Augenzeuge von einem abschreiben sollte der selbst nach Deiner Theorie kein Augenzeuge war.

 

ad 3.3: Wieso widerspricht der Galaterbrief der Aussage der Tradition, Lukas hätte sein Evangelium u.a. gemäßt der Predigt des Paulus verfaßt?

1. Weil die Tradition nicht das sagt, was Du behauptest sondern aus Lukas einen Begleiter des Paulus gemacht hat, der ihn aus seiner Missionsreise 51 nach Makedonien und Griechenland begleitet haben soll und ihm sogar noch nach Rom gefolgt sei. Ein solcher Begleiter hätte wohl kaum einen Bericht geschrieben, der dem des Paulus so eklatant widerspricht wie es bei der Apostelgeschichte und dem Galaterbrief der Fall ist. Dagegen spricht auch dasssich Lukas asl Geschichtsschreiber versteht, während Paulus über den historischen Jesus überhaupt nur im Zusammenhang mit seinem Tod gesprochen hat. Er hat Jesus nicht persönlich gekannt, was hätte also Lukas über das Leben Jesu von ihm lernen sollen?

ad 3.4: Irenäus schreibt, sein Lehrer Polykarp sei Schüler des Apostels Johannes gewesen. Mit welcher Begründung gibt es daran Zweifel? Übrigens halte ich deshalb die Frühdatierung von Klaus Berger für falsch, da die alten Quellen eindeutig dagegen sprechen.

Ich verstehe nicht worauf Du mit dieser Frage hinaus willst.

 

So das ist jetzt aber bis Ostersonntag wirklich meine letzte Antwort. Ich wünsch Dir eine gesegnete Karwoche.......

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Eine gesegnete Karwoche wünsche ich Dir auch, wolfgang.

 

- Das mit dem "Meer" kann man Markus nur ankreiden, wenn man genau weiß, wie der See Genesareth nicht nur im Griechischen unter den Christen, sondern auch im Aramäischen hieß - abgesehen davon gibt es viele Meer auch im Deutschen, die bloß Seen sind (bspw. das Steinhuder Meer).

Eigennamen sind nicht zwingend geographische Bezeichnungen. Aber darüber weiß ich nichts genaues, da ich nicht weiß, wie der See ursprünglich hieß. Du bestimmt, oder?

 

- Wie kann man belegen, daß Matthäus von Markus abgeschrieben hat? Wieso eigentlich - hypothetisch - nicht umgekehrt und Markus hat weggelassen, was er nicht selbst gehört hatte? Wieso ist man nciht ernsthaft, wenn man eine unbekannte Quelle nicht als wahr annimmt? Man ist ja auch ernsthaft, wenn man ein womöglich zweites oder anderes Gerasa nicht annimmt.

 

- Wo sind denn die eklatanten(!) Widersprüche zwischen Galaterbrief und Apostelgeschichte?

 

- Worüber Paulus gesprochen hat, wissen wir nicht - wir wissen nur aus einigen Schriften, worüber er geschrieben hat. Lukas hat ja laut eigener angabe nicht nur des Paulus' Überlieferung benutzt, der Paulus selbst bereits empfangen hatte.

bearbeitet von rorro
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- Wo sind denn die eklatanten(!) Widersprüche zwischen Galaterbrief und Apostelgeschichte?

Vergleich mal Gal 2 und Apg 15 über den Beschluss des Apostelkonzils.

 

Lukas erscheint mir deutlich objektiver. Paulus wischt das weg, um seine theologische Line durchzudrücken.

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Ich denke, dass die Diskrepanz zwischen Paulus und den Evangelien noch immer nicht genügend geklärt ist. Paulus spricht niemals über den "historischen" Jesus, außer über den Tod am Kreuz. Er verwendet nicht einmal den Begriff "Jünger". Es wäre interessant, welche Begriffe bei Paulus eine Rolle spielen, die in den Evangelien nicht vorkommen, und anders herum (beim Begriff "Jünger" weiß ich es).

Paulus interessiert sich vor allem für die Deutung des Todes Jesu, was für ihn als Ausgangspunkt für das grundlegende Konzept des Christentums dient. Das Wort vom Kreuz. Und die Klarstellung und die Durchsetzung dieser Linie in den von ihm besuchten Gemeinden. Alles andere ist sekundär. Er ist nicht der Erzähler sondern der konzeptionell denkende Konstrukteur.

 

Dieses Konzept findet sich auch in den Evangelien, aber Paulus präpariert das glasklar heraus. Griechisches abstraktes Denken kommt da zum Vorschein. Sehr schön dieses Analogiedenken und Vergleichen von Adam und dem Christus mit der Herausbildung der Erbsündenlehre in Röm und 1 Kor .

 

Bei der Verklärung wird Jesus noch mit Mose und Eliha verglichen. Paulus wird da grundsätzlicher.

 

Andererseits hat Mk aus den ihm vorliegenden Perikopen ein theologisches Werk geschaffen, das eindeutig konstruiert ist. Allein der Passionsbericht ist von einer solch theologischen Dichte, die vermutlich nicht in der realen Passion Jesu zu spüren war. Er spitzt die Anklage Jesu auf die zwei Bekenntnisse Jesu zu: Ja, ich bin der Sohn Gottes, ja, ich bin der König der Juden - dies sind die beiden letzten Sätze Jesu, bevor er am Kreuz noch das "eloi, eloi, lema sabachtani" betet.

Die Synoptiker kommen mir vor wie brave jüdische Erzähler. Ich fühle mich ans AT erinnert. Warum sollte das gegen Konstruktion sprechen?

 

Bei der oben angeführten Diskrepanz zwischen Paulus und den Evangelisten bzgl. der theologischen Ausrichtung ist aber zu bedenken, dass die nicht die Möglichkeiten zur Kommunikation hatten wie wir heute, so dass mehrere Linien entstanden und diejenigen , die so leidlich zusammenpassten, im NT zusammengefasst sind.

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- Wo sind denn die eklatanten(!) Widersprüche zwischen Galaterbrief und Apostelgeschichte?

Vergleich mal Gal 2 und Apg 15 über den Beschluss des Apostelkonzils.

 

Lukas erscheint mir deutlich objektiver. Paulus wischt das weg, um seine theologische Line durchzudrücken.

 

Das was Paulus schreibt, steckt bei Lukas in dem Nebensätzchen "Als ein heftiger Streit entstand" - denn Paulus war ja nicht gerade diplomatisch vorgegangen.

 

Ich sehe nicht den eklatanten(!) Widerspruch. Zumindest da widerspricht sich nichts.

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Ich habe auch gar nichts dagegen, wenn jemand zu dem Ergebnis kommt, die Evangelien seien kein Geschichtsbuch. Ich habe etwas dagegen, wenn jemand seine persönliche Meinung, bspw. daß Wunder XY nicht passiert sei, als "wissenschaftliche Erkenntnis" verkauft mit dem Anstrich der Wahrheit. Erkenntnisse darf jeder haben, er darf sie auch mitteilen - dann aber bitte als das, was sie sind, als persönliche Erkenntnisse, auch von Professoren.

 

Man kann natürlich meinen, die Heilung von Besessenen bspw. habe es nie gegeben, da der eine von einem, der andere von zwei Besessenen schreibe. Daß die alten Quellen aber sagen, daß der eine (Lukas) das nicht als Augenzeuge schrieb, der andere (Matthäus) dagegen schon, muß man dann schon mißachten. Zudem denke ich, daß die Lebenserfahrung, daß sich Menschen an gleiche Ereignisse unterschiedlich erinnern (klassisch: Eheleute), auch noch da mitreinspielt (es sind ja schließlich Menschen, die das Zeugnis abliefern). Wenn man den Wahrheitsgehalt eines Geschehnisses daran festmachen will, daß alle dasselbe bezeugen, kann man die Wahrheitsfindung in Gerichtsverhandlungen beenden - dann hätten viele Taten nie stattgefunden.

 

Da gebe ich Dir recht, aber das ist auch nicht (mehr) der Stand der aktuellen Forschungsdiskussion, wobei die Fage nach der Historizität eimnzelner Fakten mangels glasklarer Kriterien extrem umstritten ist.

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Wenn die Wikipedia-Angaben stimmen, könnte Papias möglicherweise noch Menschen gekannt haben, die noch Apostel kannten (je nachdem, wie lange man deren Leben ansetzt),

 

Manchmal hilft es, sich die Dimensionen zu veranschaulichen, wenn man etwas in eine besser bekannte Umgebung überträgt.

 

Heute leben noch Menschen, die Menschen persönlich kannten, die gelebt haben, als Bismarck noch lebte.

Trotzdem liegt Bismark für uns heute schon soweit zurück, dass niemand, der jemanden kannte, der Bismark noch kannte, zu irgendeiner besseren Aussage über Bismarck fähig wäre, als einer, dem diese Verbindung völlig fehlt.

 

Aus der Ferne betrachtet sieht veiles nah aus, was aus der Nähe ganz weit weg ist.

 

Von uns aus betrachtet war Papias noch fast ein Zeitgenosse der Evangelisten, aus seiner Sicht hatte er mit ihnen soviel zu tun (im historischen Sinn) wie ich mit Bismarck.

 

Werner

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Manchmal hilft es, sich die Dimensionen zu veranschaulichen, wenn man etwas in eine besser bekannte Umgebung überträgt.

 

Heute leben noch Menschen, die Menschen persönlich kannten, die gelebt haben, als Bismarck noch lebte.

Trotzdem liegt Bismark für uns heute schon soweit zurück, dass niemand, der jemanden kannte, der Bismark noch kannte, zu irgendeiner besseren Aussage über Bismarck fähig wäre, als einer, dem diese Verbindung völlig fehlt.

 

Aus der Ferne betrachtet sieht veiles nah aus, was aus der Nähe ganz weit weg ist.

 

Von uns aus betrachtet war Papias noch fast ein Zeitgenosse der Evangelisten, aus seiner Sicht hatte er mit ihnen soviel zu tun (im historischen Sinn) wie ich mit Bismarck.

 

Werner

 

Das stimmt natürlich. Aber wenn Dein alter Lehrer sagen würde, dessen alter Lehrer wäre der Verfasser einer der bekannten Biographien Bismarcks gewesen, warum solltest Du ihm dann nicht glauben?

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Da gebe ich Dir recht, aber das ist auch nicht (mehr) der Stand der aktuellen Forschungsdiskussion, wobei die Fage nach der Historizität eimnzelner Fakten mangels glasklarer Kriterien extrem umstritten ist.

 

Die aktuelle(!) Forschungsdiskussion, die den Quellen gegenüber offener ist, wird aber leider nur äußerst ungenügend rezipiert, nicht zuletzt bei Diplom-Theologen. Deren Wissen wird ja noch schlimmer auf dem Examens-Stand (minus Halbwertszeit des Wissens) konserviert als bei meinen Kollegen, der Ärzteschaft. Unsrige Fortbildungspflicht(!), größtenteils in der Freizeit, wäre vielleicht auch für Theologen - und hier insbesondere seelsorgl. Tätige - eine angebrachte Sache. Wir tun es, um dem Menschenleib das beste verfügbare Wissen anbieten zu können (cum grano salis). Die Theologen (siehe auch Würzburger Fernkurs, bis vor kurzem noch basierend auf Literatur aus den 70ern, da wurden auch Diakone draus ...) sollten einen ähnlichen Anspruch habe, wenn sie denn einen wissenschaftlichen haben, um für die Menschenseele das bestmögliche Wissen anbieten zu können. Denn dann würden vielleicht solche wie Predigten, wie von mir selbst vor Wochen gehört, beginnend mit dem Satz: "die Sache mit dem 12jähirgen Jesus im Tempel hat definitiv nie so stattgefunden" eher der Vergangenheit angehören. Solche Predigtsätze sind einfach nur überheblich und dumm.

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Da gebe ich Dir recht, aber das ist auch nicht (mehr) der Stand der aktuellen Forschungsdiskussion, wobei die Fage nach der Historizität eimnzelner Fakten mangels glasklarer Kriterien extrem umstritten ist.

 

Die aktuelle(!) Forschungsdiskussion, die den Quellen gegenüber offener ist, wird aber leider nur äußerst ungenügend rezipiert, nicht zuletzt bei Diplom-Theologen. Deren Wissen wird ja noch schlimmer auf dem Examens-Stand (minus Halbwertszeit des Wissens) konserviert als bei meinen Kollegen, der Ärzteschaft. Unsrige Fortbildungspflicht(!), größtenteils in der Freizeit, wäre vielleicht auch für Theologen - und hier insbesondere seelsorgl. Tätige - eine angebrachte Sache. Wir tun es, um dem Menschenleib das beste verfügbare Wissen anbieten zu können (cum grano salis). Die Theologen (siehe auch Würzburger Fernkurs, bis vor kurzem noch basierend auf Literatur aus den 70ern, da wurden auch Diakone draus ...) sollten einen ähnlichen Anspruch habe, wenn sie denn einen wissenschaftlichen haben, um für die Menschenseele das bestmögliche Wissen anbieten zu können. Denn dann würden vielleicht solche wie Predigten, wie von mir selbst vor Wochen gehört, beginnend mit dem Satz: "die Sache mit dem 12jähirgen Jesus im Tempel hat definitiv nie so stattgefunden" eher der Vergangenheit angehören. Solche Predigtsätze sind einfach nur überheblich und dumm.

 

 

Wenigstens die Priester sind von Rechts wegen dazu verpflichtet, sich in der Theologie fortzubilden. Ob sie das dann tun..

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- Wo sind denn die eklatanten(!) Widersprüche zwischen Galaterbrief und Apostelgeschichte?

Vergleich mal Gal 2 und Apg 15 über den Beschluss des Apostelkonzils.

 

Lukas erscheint mir deutlich objektiver. Paulus wischt das weg, um seine theologische Line durchzudrücken.

 

Das was Paulus schreibt, steckt bei Lukas in dem Nebensätzchen "Als ein heftiger Streit entstand" - denn Paulus war ja nicht gerade diplomatisch vorgegangen.

 

Ich sehe nicht den eklatanten(!) Widerspruch. Zumindest da widerspricht sich nichts.

Ein eklatanter Widerspruch ist, dass Lukas als angeblicher Paulusbegleiter ziemlich wenig Ahnung von dem hat, was Paulus so getan und gesagt hat.

Ein eklatanter Widerspruch ist, dass Lukas von Paulus nie als Apostel redet, während es für Paulus ungeheuer wichtig war, sich selber als Apostel zu sehen. Dazu Petr Pokorný in seiner "Theologie der lukanischen Schriften": "Ein direkter Paulusschüler und Mitarbeiter würde seinem Lehrer nie den Aposteltitel absprechen, wie es Lukas in der Apostelgeschichte tut."

Ein eklatanter Widerspruch ist, dass in der Apostelgeschichte von fünf Reisen des Paulus nach Jerusalem die Rede ist, während die Briefe des Paulus nur drei Jerusalemreisen voraussetzen.

Ein eklatanter Widerspruch ist, dass schon das Personal des Apostelkonzils unterschiedlich beschrieben wird. Nach Lukas gab es auf der einen Seite konvertierte Pharisäer, auf der anderen Seite Petrus, Paulus und Barnabas, Jakobus hatte eine Vermittlerrolle. Nach Paulus (Galater 2, Vers 9) standen auf der einen Seite Paulus und Barnabas, auf der anderen Jakobus, Kephas und Johannes.

Udo Schnelle (Einleitung in das Neue Testament, neueste Auflage, S. 285) nennt noch mehr Widersprüche und kommt zu dem Schluss: "Man wird also davon ausgehen müssen, dass Lukas Traditionen über das missionarische Wirken des Paulus kannte, nicht aber ein persönlicher Begleiter des Paulus war".

 

Ich bedauere gerade sehr, dass ich im Moment aus beruflichen Gründen keine Zeit habe, hier intensiver mit zu diskutieren, aber das wollte ich doch schnell angemerkt haben.

 

Alfons

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