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Wertschätzung historischer Quellen in der Exegese


rorro

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Ich sehe nicht den eklatanten(!) Widerspruch. Zumindest da widerspricht sich nichts.

1. Ein eklatanter Widerspruch ist, dass Lukas als angeblicher Paulusbegleiter ziemlich wenig Ahnung von dem hat, was Paulus so getan und gesagt hat.

2. Ein eklatanter Widerspruch ist, dass Lukas von Paulus nie als Apostel redet, während es für Paulus ungeheuer wichtig war, sich selber als Apostel zu sehen. Dazu Petr Pokorný in seiner "Theologie der lukanischen Schriften": "Ein direkter Paulusschüler und Mitarbeiter würde seinem Lehrer nie den Aposteltitel absprechen, wie es Lukas in der Apostelgeschichte tut."

3. Ein eklatanter Widerspruch ist, dass in der Apostelgeschichte von fünf Reisen des Paulus nach Jerusalem die Rede ist, während die Briefe des Paulus nur drei Jerusalemreisen voraussetzen.

4. Ein eklatanter Widerspruch ist, dass schon das Personal des Apostelkonzils unterschiedlich beschrieben wird. Nach Lukas gab es auf der einen Seite konvertierte Pharisäer, auf der anderen Seite Petrus, Paulus und Barnabas, Jakobus hatte eine Vermittlerrolle. Nach Paulus (Galater 2, Vers 9) standen auf der einen Seite Paulus und Barnabas, auf der anderen Jakobus, Kephas und Johannes.

Udo Schnelle (Einleitung in das Neue Testament, neueste Auflage, S. 285) nennt noch mehr Widersprüche und kommt zu dem Schluss: "Man wird also davon ausgehen müssen, dass Lukas Traditionen über das missionarische Wirken des Paulus kannte, nicht aber ein persönlicher Begleiter des Paulus war".

 

Ich bedauere gerade sehr, dass ich im Moment aus beruflichen Gründen keine Zeit habe, hier intensiver mit zu diskutieren, aber das wollte ich doch schnell angemerkt haben.

 

Alfons

 

(Ich habe das mal numeriert)

 

Als Widerspruch (=Gegenrede), also die gegenteilige Behauptung, fallen schon mal die Punkte 1 und 2 auf die Schnelle weg. Unterschiedliche Aussagen sind keine Widersprüche, sondern unterschiedliche Sichtweisen, und die Annahme, "daß XY aber Z sein müßte, damit A" ist bloße Unterstellung und somit müßig. Eben mal wieder ein Vor-Urteil. Ich frage mich auch, woher Petr Pokorný genau weiß, was ein direkter Paulusschüler und Mitarbeiter so alles tun und lassen müßte. Vielleicht hat er ja einen besonderen Zugang zum Seelenleben des Lukas.

 

Punkt 3 wäre nur dann ein Widerspruch, wenn Lukas sagen würde, es habe nur drei Reisen gegeben oder wenn er andere Resien erwähnen würde, die Paulus explizit abelhnt (oder umgekehrt à la "da waren wir nicht" und einer behauptet das Gegenteil). Da auch das nicht sehe, ist da auch kein Widerspruch. Zu unterstellen, daß diese Angaben übereinstimmen müßten, wenn Lukas ein Schüler Pauli gewesen wär, ist auch ein, genau, Vor-Urteil.

 

Auch bei Punkt 4 suche ich bislang noch den Widerspruch und finde ihn nicht. Das habe ich auch schon oben erklärt. Paulus beschreibt den innerapostolischen Zwist, Lukas den größeren Zusammenhang.

 

Die einzigen Widersprüche, die ich sehe, sind Widersprüche gegen vorherige Annahmen oder Unterstellungen (neutral gemeint), nämlich die, daß man schon vorher zu wissen glaubt, wie die Texte sein müssen, damit die eigene Hypothese widerlegt wird. Da man die Texte ja kennt, ist das eine self-fulfilling-prophecy.

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- Wie kann man belegen, daß Matthäus von Markus abgeschrieben hat? Wieso eigentlich - hypothetisch - nicht umgekehrt und Markus hat weggelassen, was er nicht selbst gehört hatte? Wieso ist man nciht ernsthaft, wenn man eine unbekannte Quelle nicht als wahr annimmt? Man ist ja auch ernsthaft, wenn man ein womöglich zweites oder anderes Gerasa nicht annimmt.

 

Es gab auch mal die These der Matthäuspriorität: Griesbach hat die im späten 18. Jh. vertreten und Mk als Exzerpt der beiden ihm vorliegenden Großevangelien Mt und Lk betrachtet. Darüber ist man aber spätestens seit Lachmann bzw. Wilke/Weisse (1830er) hinweg:

 

Für die Markuspriorität gibt es zwei entscheidende Indizien:

Zum einen die Perikopenreihenfolge: nur Mk als gemeinsame Grundlage von Mt/Lk kann die literarischen Abhängigkeiten sinnvoll erklären, etwa die fehlende Übereinstimmung von Mt und Lk in der Perikopenreihenfolge, wenn sie von Mk abweichen. Das zweite Indiz sind die sprachlich-sachlichen Verbesserungen des Mk-Textes bei Mt und Lk, etwa die Verbesserung und Glättung des relativ einfachen Griechisch Markus’ (Vokabeländerungen, Ersetzung von Semitismen, Komposita statt einfacher Verben, Hypotaxen statt Parataxen).

Das Mk-Sondergut (luk. Lücke und minor agreements) bleibt dabei ein noch nicht gelöstes Problem der Zwei-Quellen-Theorie, wobei ein heute verlorener Deuteromarkus als Grundlage für Mt und Lk möglich sein könnte, aber selbst wieder neue Probleme aufwirft.

 

Indiz für die Existenz von Q ist zum einen der gemeinsame Stoff von etwa 4.000 Wörtern mit teilweise hohen Wortlautübereinstimmungen bei Mt und Lk und zum anderen die Existenz von Dubletten und Doppelüberlieferungen (also Texte, die ein oder beide Evangelisten zweimal haben, einmal im Mk-Zusammenhang, einmal aus Q).

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- Wie kann man belegen, daß Matthäus von Markus abgeschrieben hat? Wieso eigentlich - hypothetisch - nicht umgekehrt und Markus hat weggelassen, was er nicht selbst gehört hatte? Wieso ist man nciht ernsthaft, wenn man eine unbekannte Quelle nicht als wahr annimmt? Man ist ja auch ernsthaft, wenn man ein womöglich zweites oder anderes Gerasa nicht annimmt.

 

Es gab auch mal die These der Matthäuspriorität: Griesbach hat die im späten 18. Jh. vertreten und Mk als Exzerpt der beiden ihm vorliegenden Großevangelien Mt und Lk betrachtet. Darüber ist man aber spätestens seit Lachmann bzw. Wilke/Weisse (1830er) hinweg:

 

Für die Markuspriorität gibt es zwei entscheidende Indizien:

Zum einen die Perikopenreihenfolge: nur Mk als gemeinsame Grundlage von Mt/Lk kann die literarischen Abhängigkeiten sinnvoll erklären, etwa die fehlende Übereinstimmung von Mt und Lk in der Perikopenreihenfolge, wenn sie von Mk abweichen. Das zweite Indiz sind die sprachlich-sachlichen Verbesserungen des Mk-Textes bei Mt und Lk, etwa die Verbesserung und Glättung des relativ einfachen Griechisch Markus’ (Vokabeländerungen, Ersetzung von Semitismen, Komposita statt einfacher Verben, Hypotaxen statt Parataxen).

Das Mk-Sondergut (luk. Lücke und minor agreements) bleibt dabei ein noch nicht gelöstes Problem der Zwei-Quellen-Theorie, wobei ein heute verlorener Deuteromarkus als Grundlage für Mt und Lk möglich sein könnte, aber selbst wieder neue Probleme aufwirft.

 

Indiz für die Existenz von Q ist zum einen der gemeinsame Stoff von etwa 4.000 Wörtern mit teilweise hohen Wortlautübereinstimmungen bei Mt und Lk und zum anderen die Existenz von Dubletten und Doppelüberlieferungen (also Texte, die ein oder beide Evangelisten zweimal haben, einmal im Mk-Zusammenhang, einmal aus Q).

 

Papias schreibt, Matthäus habe sein Evangelium ursprünglich auf Hebräisch verfaßt und jemand anderes habe es dann nach bestem Wissen und Gewissen (zu einem uns unbekannten Zeitpunkt) ins Griechische übersetzt. Zumal schreibt er, daß Lukas und Markus beide keine Augenzeugen waren, Matthäus dagegen schon. Anscheinend nimmt das niemand zur Kenntnis, aber damit fällt einiges an Argumenten (sprachliche Glättung, Perikopenreihenfolge) in sich zusammen.

 

Was bitte spricht dagegen?

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Ich frage mich auch, woher Petr Pokorný genau weiß, was ein direkter Paulusschüler und Mitarbeiter so alles tun und lassen müßte. Vielleicht hat er ja einen besonderen Zugang zum Seelenleben des Lukas.

Es braucht keinen besonderen Zugang zur Seele. Paulus' gesamtes Selbstbild und seine gesamte beanspruchte Autorität basiert darauf, dass auch er zum Apostel berufen worden ist.

Ohne die Wahrheit seiner Berufung, die im Gegensatz zu den Zwölfen ja nicht durch den lebenden Jesus von Nazareth erfolgt ist, wäre er ein Nichts, ein Hochstapler. Nur so kann er sagen: "Paulus, zum Apostel berufen, nicht von Menschen oder durch einen Menschen, sondern durch Jesus Christus und durch Gott, den Vater, der ihn von den Toten auferweckt hat. (...) Ich habe es [das Evangelium] ja nicht von einem Menschen übernommen oder gelernt, sondern durch die Offenbarung Jesu Christi empfangen. (...) Als aber Gott, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat, mir in seiner Güte seinen Sohn offenbarte, damit ich ihn unter den Heiden verkündige (...)" (Gal 1)

 

Paulus selbst und auch die Deuteropaulinen legen aus diesem Rechtfertigungsgrund so großen Wert auf den Aposteltitel, so dass es nun mal höchst ungewöhnlich wäre, wenn ein langjähriger Begleiter des Paulus eben diese Basis der paulinischen Autorität nicht erwähnen würde.

Lukas weicht auch in vielen anderen Punkten von Paulus ab. Wenn man auch die von Alfons richtig aufgezählten "äußeren" Indizien (falsche Reise- und Ablaufangaben) für vernachlässigbar hält, so gibt es doch ganz massive theologische Differenzen zwischen Lukas und Paulus, etwa kommt die paulinische Rechtfertigungslehre (bis auf eine Erwähnung in Apg 13) nicht vor, Gesetzesauffassung, Anthropologie und Eschatologie sind ganz anders akzentuiert.

 

Die Kenntnisse über Paulus hatte Lukas wohl zum einen aus mündlichen Tradierungen, zum anderen lag ihm wohl ein "Itinerar" (evtl. aus der paulinischen Schule) der Paulusreisen durch Kleinasien, Makedonien und Griechenland vor, das Reiserouten enthielt und besondere Ereignisse dieser Reisen berichtete.

 

Es ist also tatsächlich höchst unwahrscheinlich, dass der Verfasser von Lk und Apg mit dem in 2 Tim 4,11 u.ö. erwähnten Paulusbegleiter identisch ist.

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Ich frage mich auch, woher Petr Pokorný genau weiß, was ein direkter Paulusschüler und Mitarbeiter so alles tun und lassen müßte. Vielleicht hat er ja einen besonderen Zugang zum Seelenleben des Lukas.

Es braucht keinen besonderen Zugang zur Seele. Paulus' gesamtes Selbstbild und seine gesamte beanspruchte Autorität basiert darauf, dass auch er zum Apostel berufen worden ist.

Ohne die Wahrheit seiner Berufung, die im Gegensatz zu den Zwölfen ja nicht durch den lebenden Jesus von Nazareth erfolgt ist, wäre er ein Nichts, ein Hochstapler. Nur so kann er sagen: "Paulus, zum Apostel berufen, nicht von Menschen oder durch einen Menschen, sondern durch Jesus Christus und durch Gott, den Vater, der ihn von den Toten auferweckt hat. (...) Ich habe es [das Evangelium] ja nicht von einem Menschen übernommen oder gelernt, sondern durch die Offenbarung Jesu Christi empfangen. (...) Als aber Gott, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat, mir in seiner Güte seinen Sohn offenbarte, damit ich ihn unter den Heiden verkündige (...)" (Gal 1)

 

Paulus selbst und auch die Deuteropaulinen legen aus diesem Rechtfertigungsgrund so großen Wert auf den Aposteltitel, so dass es nun mal höchst ungewöhnlich wäre, wenn ein langjähriger Begleiter des Paulus eben diese Basis der paulinischen Autorität nicht erwähnen würde.

Lukas weicht auch in vielen anderen Punkten von Paulus ab. Wenn man auch die von Alfons richtig aufgezählten "äußeren" Indizien (falsche Reise- und Ablaufangaben) für vernachlässigbar hält, so gibt es doch ganz massive theologische Differenzen zwischen Lukas und Paulus, etwa kommt die paulinische Rechtfertigungslehre (bis auf eine Erwähnung in Apg 13) nicht vor, Gesetzesauffassung, Anthropologie und Eschatologie sind ganz anders akzentuiert.

 

Die Kenntnisse über Paulus hatte Lukas wohl zum einen aus mündlichen Tradierungen, zum anderen lag ihm wohl ein "Itinerar" (evtl. aus der paulinischen Schule) der Paulusreisen durch Kleinasien, Makedonien und Griechenland vor, das Reiserouten enthielt und besondere Ereignisse dieser Reisen berichtete.

 

Es ist also tatsächlich höchst unwahrscheinlich, dass der Verfasser von Lk und Apg mit dem in 2 Tim 4,11 u.ö. erwähnten Paulusbegleiter identisch ist.

 

Ich spreche vom Seelenleben des Lukas, nicht vom Selbstbild des Paulus. Wie Paulus sich sah, weiß ich auch. Warum Lukas aber anders hätte schreiben müssen, wenn er der Schüler des Paulus gewesen wäre - auf die Begründung warte ich noch.

 

Und noch einmal: bittebittebitte sauber formulieren: ein Nichtvorkommen ist keine Differenz, eine andere Akzentsezung ebenfalls nicht. Welche Alternativspekulationen (was anderes werden es nie sein) es über Lukas auch noch geben mag, sie beruhen leider anscheinend doch eben auf der Unterstellung, daß nicht sein kann, was nicht sein darf und daß man ein einfache alte Quellenangabe so nicht hinnehmen will.

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Was bitte spricht dagegen?

Dass Du die Papias-Tradition, die 50 Jahre nach dem Mk-Evangelium entstanden ist, verabsolutierst und Hypothesen, die durch literaturwissenschaftliche Methoden und Erkenntnisse relativ gut untermauert sind, ignorierst.

 

Die Papias-Tradition ist ja bzgl. des Mk-Evangeliums ganz deutlich verteidigend, nach dem Motto, dass die fehlende innere Ordnung keinen Mangel darstelle und erst durch die Übersetzung zustande gekommen sei. Wenn man in Rechnung stellt, dass Mk nicht in Rom, sondern auch im kleinasiatischen Raum entstanden sein könnte (Probleme der röm. Gemeinde spielen in Mk ja keine Rolle), dann ist es auch durchaus denkbar, dass Papias nicht als neutraler Chronist agiert, sondern als Bischof des kleinasiatischen Hierapolis sein "Heimat"-Evangelium Mk gegen Vorwürfe der Minderwertigkeit, die aus dem Vergleich mit den wesentlich stringenteren und glatteren Mt und Lk erwuchsen, verteidigen wollte.

 

Die Papias-Tradition ist ein Hinweis, der ernst genommen werden muss, allerdings wie alle historischen Quellen nicht von vorneherein als bare Münze genommen werden darf.

 

Hätte Papias Recht, könnte auch nur das sprachlich-sachliche Indiz in Teilen entkräftet werden, nicht aber die Übereinstimmungen bzw. fehlenden Übereinstimmungen der Perikopenreihung.

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Ich spreche vom Seelenleben des Lukas, nicht vom Selbstbild des Paulus. Wie Paulus sich sah, weiß ich auch. Warum Lukas aber anders hätte schreiben müssen, wenn er der Schüler des Paulus gewesen wäre - auf die Begründung warte ich noch.

 

Und noch einmal: bittebittebitte sauber formulieren: ein Nichtvorkommen ist keine Differenz, eine andere Akzentsezung ebenfalls nicht. Welche Alternativspekulationen (was anderes werden es nie sein) es über Lukas auch noch geben mag, sie beruhen leider anscheinend doch eben auf der Unterstellung, daß nicht sein kann, was nicht sein darf und daß man ein einfache alte Quellenangabe so nicht hinnehmen will.

 

Na, mit dem Vorwurf "dass nicht sein kann..." wäre ich an Deiner Stelle vorsichtig bei einer solchen Verengung auf eine einzige Quelle, wie Du sie hier betreibst.

 

Wenn Lukas Paulusbegleiter gewesen wäre, dann kann man das Bild des Paulus, das Paulus selbst und die Paulusschüler ganz offensichtlich in den Deuteropaulinien gezeichnet haben, nicht außer acht lassen. Und die theologischen Differenzen kannst Du nicht einfach mit einem "bittebitte" wegwischen. In der Frage, wie der Mensch das Heil erlangt, ist Lukas im Gegensatz zu Paulus zum Beispiel überhaupt nicht der Meinung, dass alles auf Gott ankomme, sondern im Gegenteil, dass der Mensch den entscheidenden Schritt zum Heil selbst tun kann und muss (vgl. Tager, Der Mensch und sein Heil, 222.)

 

Das alles sind sowenig "Beweise" wie es die die Papias-Notiz bei dieser historischen Distanz sein kann. Aber die Füller der Indizien wendet sich einfach in eine andere Richtung als Papias das vorschlägt.

bearbeitet von Explorer
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Was bitte spricht dagegen?

Dass Du die Papias-Tradition, die 50 Jahre nach dem Mk-Evangelium entstanden ist, verabsolutierst und Hypothesen, die durch literaturwissenschaftliche Methoden und Erkenntnisse relativ gut untermauert sind, ignorierst.

 

Die Papias-Tradition ist ja bzgl. des Mk-Evangeliums ganz deutlich verteidigend, nach dem Motto, dass die fehlende innere Ordnung keinen Mangel darstelle und erst durch die Übersetzung zustande gekommen sei. Wenn man in Rechnung stellt, dass Mk nicht in Rom, sondern auch im kleinasiatischen Raum entstanden sein könnte (Probleme der röm. Gemeinde spielen in Mk ja keine Rolle), dann ist es auch durchaus denkbar, dass Papias nicht als neutraler Chronist agiert, sondern als Bischof des kleinasiatischen Hierapolis sein "Heimat"-Evangelium Mk gegen Vorwürfe der Minderwertigkeit, die aus dem Vergleich mit den wesentlich stringenteren und glatteren Mt und Lk erwuchsen, verteidigen wollte.

 

Die Papias-Tradition ist ein Hinweis, der ernst genommen werden muss, allerdings wie alle historischen Quellen nicht von vorneherein als bare Münze genommen werden darf.

 

Hätte Papias Recht, könnte auch nur das sprachlich-sachliche Indiz in Teilen entkräftet werden, nicht aber die Übereinstimmungen bzw. fehlenden Übereinstimmungen der Perikopenreihung.

 

Ich verabsolutiere nicht, ich sehe aber nicht ein, warum einer Quelle ohne stichhaltige Argumente, die nicht auf Unterstellungen beruhen, nicht vertraut werden soll - zumal es sich bloß um eine Bemerkung von Papias handelt, er geht ja nicht seitenweise darauf ein.

 

Die Übersetzung war bei Mt, nicht bei Mk, laut Papias. Er schreibt aber auch selbst (siehe ohben), daß Mk Jesu Handeln nicht chronologisch wiedergibt (also paßt das mit der anderen Perikopenreihung eben doch).

 

(Die Bischöfe von früher waren ja nicht doof, die konnten auch lesen.)

 

Man kann vieles in Rechung stellen (also unterstellen) und vieles ist denkbar - aber stellt das die Basis on Historisch-kritischer Exegese dar? Wir schauen mal, ob sich unsere Denkweise da wiederfindet und wo's nicht paßt, postulieren wir diese einfach mal?

 

Das will ich nicht glauben.

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Wenn Lukas Paulusbegleiter gewesen wäre, dann kann man das Bild des Paulus, das die Paulusschüler ganz offensichtlich in den Deuteropaulinien gezeichnet haben, nicht außer acht lassen.

 

Stimmt, die Hypothese von den deuteropaulinischen Schriften gibt es auch noch ...

 

Und die theologischen Differenzen kannst Du nicht einfach mit einem "bittebitte" wegwischen. In der Frage, wie der Mensch das Heil erlangt, ist Lukas im Gegensatz zu Paulus zum Beispiel überhaupt nicht der Meinung, dass alles auf Gott ankomme, sondern im Gegenteil, dass der Mensch den entscheidenden Schritt zum Heil selbst tun kann und muss (vgl. Tager, Der Mensch und sein Heil, 222.)

 

Aristoteles war auch zum Teil gigantisch anderer Meinung als Platon - war er nicht dessen Schüler? Die Meinung von Lukas finde ich übrigens in seinem Evangelium gar nicht. Wo wertet er denn?

 

Das alles sind sowenig "Beweise" wie es die die Papias-Notiz bei dieser historischen Distanz sein kann. Aber die Füller der Indizien wendet sich einfach in eine andere Richtung als Papias das vorschlägt.

 

Nun ja, die Papias-Distanz ist deutlich geringer als die von heute bis damals.

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Ich verabsolutiere nicht, ich sehe aber nicht ein, warum einer Quelle ohne stichhaltige Argumente, die nicht auf Unterstellungen beruhen, nicht vertraut werden soll - zumal es sich bloß um eine Bemerkung von Papias handelt, er geht ja nicht seitenweise darauf ein.

 

Er schreibt aber auch selbst (siehe ohben), daß Mk Jesu Handeln nicht chronologisch wiedergibt (also paßt das mit der anderen Perikopenreihung eben doch).

Nein, es passt nicht, denn das Argument ist ein ganz anderes: Mt folgt im Allgemeinen der markinischen Perikopenreihenfolge (Seine Umstellungen in Mt 8-9 lassen sich leicht damit begründen, dass er eben den Wunderzyklus redaktionell anders gestalten will). Auch Lk nimmt lediglich kleinere Umstellungen an der markinischen Reihenfolge vor - Sowohl Mt als auch Lk folgen also ohne große Kritik an der Chronologie der Mk-Reihenfolge, wenn sie den Mk-Stoff übernehmen.

Wenn Mt und Lk aber nicht Mk folgen, dann stimmen Mt und Lk untereinander in der Reihenfolge (also v.a. in der Anordnung der Q-Stoffe) nicht überein. Das lässt sich literarisch sinnvoll nur damit erklären, dass Mk die gemeinsame Mitte beider anderen synoptischen Evangelien ist. Also Mk-Priorität.

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Stimmt, die Hypothese von den deuteropaulinischen Schriften gibt es auch noch ...

Ach ja, ich vergaß... ;)

 

Die Meinung von Lukas finde ich übrigens in seinem Evangelium gar nicht. Wo wertet er denn?

Du hast ne Literaturangabe - nutze sie.

 

Nun ja, die Papias-Distanz ist deutlich geringer als die von heute bis damals.

Das hebelt die Indizien noch lange nicht aus. Schönes Leben noch...

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Wenn Mt und Lk aber nicht Mk folgen, dann stimmen Mt und Lk untereinander in der Reihenfolge (also v.a. in der Anordnung der Q-Stoffe) nicht überein. Das lässt sich literarisch sinnvoll nur damit erklären, dass Mk die gemeinsame Mitte beider anderen synoptischen Evangelien ist. Also Mk-Priorität.

 

Was sind Q-Stoffe? Meinst Du etwa diese bislang inexistente Quelle?

 

Ich bin vielleicht nur ein blöder Doktor der Medizin mit einer historischen Dissertation, aber warum ist es nicht erlaubt, daß Mt als Augenzeuge schrieb, Lk als Schüler des Paulus noch weiteren Quellen nachging (wie er selbst schreibt) und Mk als Schüler des Petrus schreibt? Warum muß überhaupt der eine aus dem anderen schöpfen? Wo steht das? Kann es nicht sein, daß die orale Tradition damals viel weiter entwickelt war als heute? Ganze Sprachen gibt es nur ohne Verschriftlichung ohne daß es zu massiven Verschiebungen kommt, warum dann nicht die Erzählungen der Geschehnisse im Leben des Jesus aus Nazareth?

 

Übrigens habe ich in der Quelle Lukas-Evangelium nachgeschaut (ich nehmean, diese Literaturangabe meinst Du) - ich finde dort seine persönliche Meinung zu den genannten Themen nicht. Ich nehme dagegen nicht an, daß Du unterstellst, die Worte Jesu seien bloß untergeschobene Worte von Lukas.

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Die aktuelle(!) Forschungsdiskussion, die den Quellen gegenüber offener ist, wird aber leider nur äußerst ungenügend rezipiert (...)

Darauf habe ich jetzt seit der Eröffnung des Threads gewartet. Na, dann mal auf den Tisch mit den aktuellen Forschungsergebnissen, die das, was mir als Stand der theologischen Forschung bekannt ist, obsolet machen.

 

Alfons

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Die aktuelle(!) Forschungsdiskussion, die den Quellen gegenüber offener ist, wird aber leider nur äußerst ungenügend rezipiert (...)

Darauf habe ich jetzt seit der Eröffnung des Threads gewartet. Na, dann mal auf den Tisch mit den aktuellen Forschungsergebnissen, die das, was mir als Stand der theologischen Forschung bekannt ist, obsolet machen.

 

Alfons

 

Ich nehme an, Du wirst nichts dagegen haben, wenn ich nicht nur deutschsprachige, katholische Forschungsarbeit von Theologen darstellen würde?

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Die aktuelle(!) Forschungsdiskussion, die den Quellen gegenüber offener ist, wird aber leider nur äußerst ungenügend rezipiert (...)

Darauf habe ich jetzt seit der Eröffnung des Threads gewartet. Na, dann mal auf den Tisch mit den aktuellen Forschungsergebnissen, die das, was mir als Stand der theologischen Forschung bekannt ist, obsolet machen.

 

Alfons

 

Ich nehme an, Du wirst nichts dagegen haben, wenn ich nicht nur deutschsprachige, katholische Forschungsarbeit von Theologen darstellen würde?

Ach, deutschsprachig wäre schon praktisch, nicht?

 

Alfons

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Die aktuelle(!) Forschungsdiskussion, die den Quellen gegenüber offener ist, wird aber leider nur äußerst ungenügend rezipiert (...)

Darauf habe ich jetzt seit der Eröffnung des Threads gewartet. Na, dann mal auf den Tisch mit den aktuellen Forschungsergebnissen, die das, was mir als Stand der theologischen Forschung bekannt ist, obsolet machen.

 

Alfons

 

Ich nehme an, Du wirst nichts dagegen haben, wenn ich nicht nur deutschsprachige, katholische Forschungsarbeit von Theologen darstellen würde?

Ach, deutschsprachig wäre schon praktisch, nicht?

 

Alfons

 

Wieso? Ist doch ein internationales Thema. Englisch sollte als lingua franca der Forschungswelt mindestens drin sein.

bearbeitet von rorro
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Die Diskussion hier, insbesonder die Statements von rorro veranlassen mich zu einer grundsätzlichen Überlegung und Anmerkung:

1. Ich gehe grundsätzlich einmal davon aus, dass wir alle die wir uns hier mit dem von rorro angesprochenen Problemen beschäftigen mehr oder minder interessierte Laien sind, oder wenn ich mat und dessen offenbar recht fundierten Wissensstand in die Gedanken mit einbeziehe, so doch zumindest keine ausgewiesenen wissenschftlichen Fachleute auf diesem Gebiet.

 

2. Daraus leite ich meine Grundthese ab: Wenn ich mich als Laie in irgendeinem wissenschaftlichen Bereich informieren und bewegen will, so tue ich gut daran mich an dem zu orientieren was als herrschende Lehre oder von mir aus auch wissenschaftlicher Mainstream auf diesem Gebiet gilt. Dies sind in dem in Frage stehenden Bereich jedenfalls jene Meinungen, die

a. Markus vor Matthäus reihen

b. von einer Zwei Quellen Theorie (Logienquelle und Markus) für Matthäus und Lukas ausgehen

c. und im wesentlichen davon ausgehen dass es sich bei den Verfassern der Evangelien um Menschen handelt die man historisch nicht unter bekannte Personen (Apostel bzw Apostelbegleiter) einordnen kann.

 

3. Begeistert man sich für Thesen ausserhalb der "herrschenden Lehre" bzw des Maistreams besteht m.E. das sehr große Risiko dass man sich von "gut bewiesenen" exotischen Thesen blenden läßt, auf die man ohne detaillierte Fachkenntnisse seht schnell hereinfällt.

Ein typisches Beispiel dafür ist hier im Forum Volker der uns laufend mit irgendwelchen amerikanischen "Experten" aus dem Dunstkreis des "Jesusseminars" verblüffen will, deren Reputation wir hier einfach nicht beurteilen können. Auf anerkannte universitäre Exegeten aus dem europäischen oder gar deutschsprachigen Raum geht er jedoch nie ein un d ich behaupte, dass er sei gar nicht kennt, weil ihm der wissenschaftlich seriöse Maistream gegenüber der Sensationshascherei von Aussenseitern zu uninteressant erscheint.

 

4. Man landet mit einer solchen Verachtung des Maistream schnell bei Leuten wie Herrn Illig der behauptet dass die Zeit von September 614 bis August 911

nie stattgefunden hätte, oder bei Herrn Detering der Paulus zu einer rein literarischen Erfindung stempelt.

 

5. Da rorro sich als Mediziner "geoutet" hat.......was würde er wohl sagen, wenn ich die "Krebstheorien" des Herrn Harmer hier der herrschenden Lehre der Fachmedizin gegenüberstellen würde?

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Hallo und Frohe und Gesegnete Ostern Euch allen! Die Gnade des Auferstanden Jesus von Nazareth sei mit uns allen!

 

 

Alfons, ich möchte erst einmal nur zwei Namen erwähnen:

 

- Prof. Dr. Karl Jaros hat 2008 ein Buch beim UTB-Verlag veröffentlicht mit dem Titel "Das Neue Testament und seine Autoren". Darin spricht er sich gegen die gängige Spätdatierung der Evangelien (das haben schon genug andere vor ihm auch getan) und für ein Vertrauen gegenüber den altkirchlichen Überlieferungen bzgl. der Autorenschaft aus. Sehr lesenswert, besitze es zwar nicht, habe es aber mal vor zwei Jahren gelesen.

 

- der bereits früh verstorbene Papyrologe Prof. Carsten Peter Thiede hat ebenfalls aus rein papyrologischer Sicht die zum Teil neuen Funde weitaus früher datiert als bislang mehrheitlich vertreten (nämlich vor die Zerstörung des herodianischen Tempels).

 

 

Wolfgang:

 

ich stimme Dir in einem zu: ich bin interessierter Laie. Selbst habe ich - nachdem ich als Erwachsener zum Glauben kam (bzw. er mir geschenkt wurde) - natürlich auch erst einmal des Kommentaren der Fachwelt geglaubt, so der historischen Reihenfolge der Evangelien (Mk, Mt, Lk, Joh), des Datums der Verfasserschaft (natürlich alle nach 70), der Tatsache, daß sie alle nicht von Augenzeugn stammen könnten etc.

 

Es gabe für mich initial keinen Grund, diesem Konsens der Fachwelt zu mißtrauen, zumal diese ja auch immer mehr als "sichere Erkenntnis" verkündet wurden, sowohl in Zeitschriften als auch von Kanzeln.

 

Problematisch wurde es erst, als ich begann, mich mit den Grundlagen zu beschäftigen, mit den Fragen, warum dies der Konsens ist. Da bemerkte ich, daß dieser auf mehrheitlichen Spekulationen beruht, nicht auf wissenschaflichen Quellenfunden. Dazu herrscht eine Quellenskepsis vor, die ich in bislang noch keiner anderen historischen Disziplin habe finden können.

 

Da die Geisteswissenschaft ganz anders funktioniert als eine Naturwissenschaft wie die moderne Medizin, ist auch der Vergleich mit Hamer nicht so passend. Aber selbst wenn wir ihn mal dalassen: als Privatmeinung kann der sagen, was er will - das darf auch jeder Exeget. Abzulehnen ist es dann, von Hamer wie auch von jedem Exegeten, wenn er diese auf Spekulationen beruhende Annahme als wissenschaftliche Erkenntnis verkauft.

 

Daß es Mainstream-Meinungen gibt, ist unbenommen. In einer Naturwissenschaft könne aber Axiome leichter fallen, da es nur einer Falsifizierung braucht, um Türme einstürzen zu lassen. Doch ist es nicht immer leicht.

 

- Es war leicht nachzuweisen, daß es sich bei den schwarzen Flecken auf dem Mikroskopierglas bei der Gewebeprobe bei einem Zwölffingerdarmgeschwür nicht um Artefakte handelt, wie jahrzentelang angenommen, sondern um den dann so genannten Helicobacter pylori, weil es eben doch Bakterien gibt, die in Säure überleben.

 

- Es war schon etwas schwieriger nachzuweisen, daß bei einer Herzschwäche der Einsatz der sog. Beta-Blocker kein Kunstfehler ist, wie ich es noch zu Beginn des Studiums lernte, sondern es ein Kunstfehler ist, sie nicht einzusetzen.

 

- noch schwieriger war es für den Entdecker Stanley Prusiner, eines der fundamentalen Axiome der Biologie umzuwerfen (ich weiß nicht, in wie vielen Bio-Büchern das noch so steht), daß die DNA und RNA die ausschließlich Träger von weitergebbaren Informationen sind. Es hat ihn über 10 Jahre verlacht-werden auf Kongressen gekostet, bis der Fachwelt klar wurde, daß seine Prionen-Theorie stimme, daß nämlich allein ein kleines verändertes Protein ganz ohne Gen-material ansteckend sein kann.

 

Diese "Funde" stehen bislang in der neutestamentlichen Wissenschaft noch aus - daher ist es wie auch in der Medizin wichtig, sich nicht auf angeblich sicheren Fundamenten auszuruhen, sondern sich stets hinterfragen zu lassen, nicht einfach Gelerntes nachzuplappern (in der Medizin spricht man da von "Eminenz-basiert"), sondern selbst nachzufragen. Muß man natürlich nicht, darf man aber.

 

Wissenschaft ist Irrtum auf dem neuesten Stand.

 

Mehr wird sie nie sein.

bearbeitet von rorro
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- Wo sind denn die eklatanten(!) Widersprüche zwischen Galaterbrief und Apostelgeschichte?

Vergleich mal Gal 2 und Apg 15 über den Beschluss des Apostelkonzils.

 

Lukas erscheint mir deutlich objektiver. Paulus wischt das weg, um seine theologische Line durchzudrücken.

 

Das was Paulus schreibt, steckt bei Lukas in dem Nebensätzchen "Als ein heftiger Streit entstand" - denn Paulus war ja nicht gerade diplomatisch vorgegangen.

 

Ich sehe nicht den eklatanten(!) Widerspruch. Zumindest da widerspricht sich nichts.

Also etwas detaillierter:

 

Anlaß

Gal 2,2 Paulus zieht nach Jerusalem aufgrund einer Offenbarung, also nicht aufgrund eines Rufes von Seiten der Gemeinde, die grundlegende Lehre zu klären.

 

Apg 15,1 Es war schon Streit entstanden, der nun geschlichtet werden muss => Jerusalemer Gemeinde ordnet Paulus und Barnabas nach Jerusalem, damit diese vor der Jerusalemer Gemeinde vorstellig werden. Paulus leitet seine Autorität auf seine unmittelbare Offenbarung von Jesus Christus Gal 1,12 ab und nicht aus der Gemeinschaft mit der Jerusalemer Urgemeinde, so dass Paulus nicht zugeben kann auf Anordnung der Gemeinde nach Jerusalem gezogen zu sein.

Das ist wichtig, um glaubhaft die zentrale Botschaft in Gal 3 den Galatern vermitteln zu können.

 

In solche Zwänge ist Lukas in der Apg nicht eingebunden.

 

Ergebnis

Gal 2,6 ...mir haben die, die das ansehen hatten, nichts weiter auferlegt. Danach sind alle mosaischen Gebote, die die Juden von den Heiden unterscheiden und zur Identitätsbildung beitragen (Speisegebote, Beschneidung) für Christen fallengelassen worden.

Apg 15,29 Auch für Christen gilt: kein Götzenopferfleisch, kein Blut, Tiere müssen geschächtet werden.

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Also etwas detaillierter:

 

Anlaß

Gal 2,2 Paulus zieht nach Jerusalem aufgrund einer Offenbarung, also nicht aufgrund eines Rufes von Seiten der Gemeinde, die grundlegende Lehre zu klären.

 

Apg 15,1 Es war schon Streit entstanden, der nun geschlichtet werden muss => Jerusalemer Gemeinde ordnet Paulus und Barnabas nach Jerusalem, damit diese vor der Jerusalemer Gemeinde vorstellig werden. Paulus leitet seine Autorität auf seine unmittelbare Offenbarung von Jesus Christus Gal 1,12 ab und nicht aus der Gemeinschaft mit der Jerusalemer Urgemeinde, so dass Paulus nicht zugeben kann auf Anordnung der Gemeinde nach Jerusalem gezogen zu sein.

Das ist wichtig, um glaubhaft die zentrale Botschaft in Gal 3 den Galatern vermitteln zu können.

 

In solche Zwänge ist Lukas in der Apg nicht eingebunden.

 

Ergebnis

Gal 2,6 ...mir haben die, die das ansehen hatten, nichts weiter auferlegt. Danach sind alle mosaischen Gebote, die die Juden von den Heiden unterscheiden und zur Identitätsbildung beitragen (Speisegebote, Beschneidung) für Christen fallengelassen worden.

Apg 15,29 Auch für Christen gilt: kein Götzenopferfleisch, kein Blut, Tiere müssen geschächtet werden.

 

Gal 2,2, lautet:

Ich ging hinauf aufgrund einer Offenbarung, legte der Gemeinde und im besonderen den «Angesehenen» das Evangelium vor, das ich unter den Heiden verkündige; ich wollte sicher sein, dass ich nicht vergeblich laufe oder gelaufen bin.

 

Stimmt, die Gemeinde rief ihn nicht, sondern der Geist Gottes - Paulus wollte sich vergewissern, die richtige Lehre zu verkünden. Offensichtlich wurde diese bei den Augenzeugen-Aposteln in den Augen des Paulus unversehrt bewahrt.

 

Besser ist es, das gesamte Kapitel 2 zu zitieren:

 

1 Vierzehn Jahre später ging ich wieder nach Jerusalem hinauf, zusammen mit Barnabas; ich nahm auch Titus mit.

2 Ich ging hinauf aufgrund einer Offenbarung, legte der Gemeinde und im besonderen den «Angesehenen» das Evangelium vor, das ich unter den Heiden verkündige; ich wollte sicher sein, dass ich nicht vergeblich laufe oder gelaufen bin.

3 Doch nicht einmal mein Begleiter Titus, der Grieche ist, wurde gezwungen, sich beschneiden zu lassen.

4 Denn was die falschen Brüder betrifft, jene Eindringlinge, die sich eingeschlichen hatten, um die Freiheit, die wir in Christus Jesus haben, argwöhnisch zu beobachten und uns zu Sklaven zu machen,

5 so haben wir uns keinen Augenblick unterworfen; wir haben ihnen nicht nachgegeben, damit euch die Wahrheit des Evangeliums erhalten bleibe.

6 Aber auch von denen, die Ansehen genießen - was sie früher waren, kümmert mich nicht, Gott schaut nicht auf die Person -, auch von den «Angesehenen» wurde mir nichts auferlegt.

7 Im Gegenteil, sie sahen, dass mir das Evangelium für die Unbeschnittenen anvertraut ist wie dem Petrus für die Beschnittenen -

8 denn Gott, der Petrus die Kraft zum Aposteldienst unter den Beschnittenen gegeben hat, gab sie mir zum Dienst unter den Heiden -

9 und sie erkannten die Gnade, die mir verliehen ist. Deshalb gaben Jakobus, Kephas und Johannes, die als die «Säulen» Ansehen genießen, mir und Barnabas die Hand zum Zeichen der Gemeinschaft: Wir sollten zu den Heiden gehen, sie zu den Beschnittenen.

10 Nur sollten wir an ihre Armen denken; und das zu tun, habe ich mich eifrig bemüht.

11 Als Kephas aber nach Antiochia gekommen war, bin ich ihm offen entgegengetreten, weil er sich ins Unrecht gesetzt hatte.

12 Bevor nämlich Leute aus dem Kreis um Jakobus eintrafen, pflegte er zusammen mit den Heiden zu essen. Nach ihrer Ankunft aber zog er sich von den Heiden zurück und trennte sich von ihnen, weil er die Beschnittenen fürchtete.

13 Ebenso unaufrichtig wie er verhielten sich die anderen Juden, sodass auch Barnabas durch ihre Heuchelei verführt wurde.

14 Als ich aber sah, dass sie von der Wahrheit des Evangeliums abwichen, sagte ich zu Kephas in Gegenwart aller: Wenn du als Jude nach Art der Heiden und nicht nach Art der Juden lebst, wie kannst du dann die Heiden zwingen, wie Juden zu leben?

15 Wir sind zwar von Geburt Juden und nicht Sünder wie die Heiden.

16 Weil wir aber erkannt haben, dass der Mensch nicht durch Werke des Gesetzes gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, sind auch wir dazu gekommen, an Christus Jesus zu glauben, damit wir gerecht werden durch den Glauben an Christus und nicht durch Werke des Gesetzes; denn durch Werke des Gesetzes wird niemand gerecht.

17 Wenn nun auch wir, die wir in Christus gerecht zu werden suchen, als Sünder gelten, ist dann Christus etwa Diener der Sünde? Das ist unmöglich!

18 Wenn ich allerdings das, was ich niedergerissen habe, wieder aufbaue, dann stelle ich mich selbst als Übertreter hin.

19 Ich aber bin durch das Gesetz dem Gesetz gestorben, damit ich für Gott lebe. Ich bin mit Christus gekreuzigt worden;

20 nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat.

21 Ich missachte die Gnade Gottes in keiner Weise; denn käme die Gerechtigkeit durch das Gesetz, so wäre Christus vergeblich gestorben.

 

Wie kann man jetzt erklären, daß das ein Widerspruch zum Apostelkonzil ist? Paulus stellt seine Sicht der Dinge darf, widerspricht auch Petrus in einem Punkt, behält da auch die Oberhand. Allerdings gibt es einen Kompromiß bzgl. der Reinheit, der im Apostelkonzil zum Ausdruck kommt (von wem auch immer angestoßen).

 

Kurz: Paulus geht nach Jerusalem, hört da ein "mach mal so weiter, ist richtig so", dann kommen Einflüsse aus noch mehr judenchristlich orientierten Gruppen, die Petrus auf ihre Seite ziehen, wogegen Paulus dann Einwände erhebt. Das Ergebnis ist ein im Apostelkonzil formulierter Kompromiß.

 

Und deswegen soll Lukas nicht der Schüler des Paulus sein?

 

Heißt Schüler gleich Nachplapperer?

bearbeitet von rorro
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Och rorro,

 

bitte lies doch was ich geschrieben hab.

 

Paulus lehnt den Beschluß des Konzils ab, in dem er den in Apg 15,29 dargestellten Beschluß in Gal 2,2 leugnet.

 

Interessant auch die Verbindung, die Paulus bzgl. der sozialen Lage in der Jerusalemer Gemeinde macht in Gal 2,10 mit der Darstellung des Konzils.

Mein subjektiver Eindruck: Paulus denkt: die Jerusalemer Pappnasen kriegen das Armen-Problem nicht in den Griff, wollen mir aber Vorschriften machen, obwohl ich noch am meisten getan hab, um ihnen zu helfen.

 

Noch spannungsreicher gehts wohl kaum.

 

Wenn Du argumentierst, bitte ich Dich konkret am Text entlang zu argumentieren.

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Och rorro,

 

bitte lies doch was ich geschrieben hab.

 

Paulus lehnt den Beschluß des Konzils ab, in dem er den in Apg 15,29 dargestellten Beschluß in Gal 2,2 leugnet.

 

Interessant auch die Verbindung, die Paulus bzgl. der sozialen Lage in der Jerusalemer Gemeinde macht in Gal 2,10 mit der Darstellung des Konzils.

Mein subjektiver Eindruck: Paulus denkt: die Jerusalemer Pappnasen kriegen das Armen-Problem nicht in den Griff, wollen mir aber Vorschriften machen, obwohl ich noch am meisten getan hab, um ihnen zu helfen.

 

Noch spannungsreicher gehts wohl kaum.

 

Wenn Du argumentierst, bitte ich Dich konkret am Text entlang zu argumentieren.

 

Das heißt nach Deiner Argumentation, daß das, was im Galaterbrief beschrieben wird, sicher nach dem Apostelkonzil geschehen ist.

 

Wie kannst Du das belegen?

 

Denn wie kommst du sonst darauf, daß er sich im Galaterbrief überhaupt aufs Konzil bezieht?

 

Und warum spricht das dagegen, daß Lukas der Schüler des Paulus war?

 

Wie sah denn Deiner Meinung nach das Verhältnis zwischen einem hellenistisch geprägten Judenchristen als Lehrer und einem wahrscheinlich heidenchristlichem Schüler aus? Gibt es dann noch andere Referenzbeispiele im hellenistischen Umfeld zu dieser Zeit mit ähnlich guter Quellenlage?

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Denn wie kommst du sonst darauf, daß er sich im Galaterbrief überhaupt aufs Konzil bezieht?

Sondern?

 

Auf ein anderes Gespräch als die eine Auseinandersetzung beim Konzil natürlich. Mit welchem Textargument kann man denn behaupten, es habe nur die eine gegeben? Das Konzil wird da weder direkt noch indirekt überhaupt erwähnt! Da bedarf es schon gewisser Vor-Urteile, um da einen Bezug herauszulesen.

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Denn wie kommst du sonst darauf, daß er sich im Galaterbrief überhaupt aufs Konzil bezieht?

Sondern?

 

Auf ein anderes Gespräch als die eine Auseinandersetzung beim Konzil natürlich. Mit welchem Textargument kann man denn behaupten, es habe nur die eine gegeben? Das Konzil wird da weder direkt noch indirekt überhaupt erwähnt! Da bedarf es schon gewisser Vor-Urteile, um da einen Bezug herauszulesen.

Ach rorro,

 

das glaubst Du doch selbst nicht.

 

Die auf dem Konzil behandelte Frage war absolut zentral. Es ist erlaubt den Grundtenor der paulinischen Theologie auf der einen Seite und die Schilderungen in Apg zur Kenntnis zu nehmen.

 

Da bespricht man sich nicht mal und kommt einmal zu dem Ergebnis und dann später nochmal und kommt zu einem entgegengesetzten.

Eine solche Kehrtwende wäre irgendwo erwähnt.

Das behandelte Thema war einfach zu elementar wichtig. Dieses Ablegen der Reinheitsvorschriften ist für das Christentum konstituiv. Bitte beachte die theologische Linie Paulus' in Gal und Röm. Da waren für Paulus natürlich grundsätzlich keine Kompromisse denkbar.

 

Auf dem Konzil ging es darum eine Tischgemeinschaft zwischen Judenchristen zu ermöglichen. Trotzdem musste über die Paulinische Theologie eine klare konzeptionelle Grundlage für das Christentum gelegt werden, die sich dann auch langfristig durchsetzte.

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